Fragestellung: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Amyloid-Positron-Emissions-Tomografie (PET) und Änderungen der klinischen Diagnose und der Behandlung von Patienten in einer Gedächtnisklinik-Kohorte?

Hintergrund: Das Amyloid-PET ist ein etabliertes Diagnostikum zum nicht invasiven Nachweis einer Alzheimer-Pathologie, welches jedoch aufgrund der hohen Kosten im klinischen Alltag praktisch keine Rolle spielt. Die Liquordiagnostik ist bei älteren Patienten jedoch nicht immer oder einfach einzusetzen. Insbesondere mit Blick auf zukünftige Therapiestrategien wird einer frühen, nicht invasiven und validen Diagnostik der Alzheimer-Erkrankung eine entscheidende Rolle zukommen.

Patienten und Methodik: In dieser prospektiven diagnostischen Studie wurden 507 Patienten (Durchschnittalter 65 Jahre, Durchschnitts-MMST 25 Punkte) aus niederländischen Spezialzentren für Gedächtnisstörungen eingeschlossen. Für jeden Patienten bestimmten die Neurologen eine Prä- und eine Post-Amyloid-PET-Diagnose, die sowohl ein klinisches Syndrom (Demenz, leichte kognitive Beeinträchtigung oder subjektive kognitive Defizite, SCD) als auch eine vermutete Ätiologie (Alzheimer-Krankheit [AD] oder nicht AD) beinhaltete. Darüber hinaus legte der Neurologe die Behandlung in Form von Zusatzuntersuchungen, Medikamenten und Pflege fest. Jeder Patient erhielt ein Jahr nach dem Scan ein klinisches Follow-up. Prä-PET wurde bei 164 (32 %) Patienten eine AD-Demenz diagnostiziert, bei 70 (14 %) eine Nicht-AD-Demenz, bei 114 (23 %) eine leichte kognitive Beeinträchtigung und bei 159 (31 %) SCD. Amyloid-PET-Ergebnisse waren für 242 Patienten (48 %) positiv. Die vermutete Ätiologie änderte sich bei 125 Patienten (25 %) nach einer Amyloid-PET, überraschenderweise häufiger aufgrund eines negativen als eines positiven (31 % vs. 18 %) PET-Ergebnisses (p < 0,01). Zudem traten Veränderungen der vermuteten Ätiologie entgegen der Erwartung häufiger bei älteren (also „typischen“) Patienten auf (> 65 Jahre; 29 % vs. 20 %; p <0,05). Bei 123 Patienten (24 %) gab es eine Therapieänderung nach PET.

Schlussfolgerungen: Selbst in maximalversorgenden Zentren mit klinischer Erfahrung bei Gedächtnisstörungen führte ein Amyloid-PET bei einem Viertel der Fälle zu einer Revision der Diagnose. Überraschenderweise führte nicht nur ein positiver Amyloidnachweis zu einer Revision, sondern häufiger noch eine nicht ausreichende Amyloidlast im PET, insbesondere bei älteren Patienten. Das resultierte sehr häufig in Änderungen der Diagnose und Behandlung, sowohl bei Patienten mit als auch ohne Demenz.

Kommentar von Thomas Duning, Münster

Der frühe Amyloidnachweis wird zukünftig eine wichtige Rolle spielen

Insbesondere mit Blick auf zukünftige Therapiestrategien ist diese niederländische Studie sehr interessant, weil in den aktuell laufenden Phase-III-Alzheimer-Studien praktisch nur Patienten behandelt werden, die klinisch kaum oder nur sehr leicht betroffen sind. Der frühe und sichere Amyloidnachweis wird damit in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Therapie der Alzheimer-Demenz spielen. Neben der Entwicklung krankheitsmodifizierender Medikamente kommt deshalb der frühen Diagnostik der Alzheimer-Krankheit ein mindestens gleichwertiger Stellenwert zu.

Man wird nicht bei allen Patienten mit leichten kognitiven Defiziten eine Liquorpunktion durchführen können, sodass ein weniger invasiver Biomarkernachweis dringend notwendig ist. Kürzlich wurden vielversprechende Ergebnisse von Amyloid-Bluttests publiziert, jedoch ist hierfür bisher ein kaum akzeptabler Aufwand notwendig (Massenspektrometrie [1]). In die aktuell relevanten Phase-II-/III-Studien werden bereits jetzt nur noch Patienten mit Amyloidnachweis im PET eingeschlossen. Hier ist das Diagnostikum bereits etabliert.

Diese Studie zeigt, dass bereits vernünftige diagnostische Mittel mit sehr hoher klinischer Relevanz existieren, die jedoch derzeit sozioökonomisch nicht abzubilden sind. So war es mit der Magnetresonanztomografie in der Neurologie jedoch auch lange Zeit.

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Prof. Dr. med. Thomas Duning, Münster