Fragestellung: Hat die aggressive Senkung erhöhter Blutdruckwerte bei Patienten mit intrazerebralen Blutungen eine Auswirkung auf den funktionellen Outcome?

Hintergrund: Etwa 15 % aller Schlaganfälle sind in Europa durch intrazerebrale Blutungen bedingt. Bei den meisten Patienten liegt zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme ein erhöhter Blutdruck vor. Zwei große randomisierte Studien untersuchten bei Patienten mit akuten zerebralen Blutungen den Einfluss einer intensiven Blutdrucksenkung im Vergleich zu einer moderaten Blutdrucksenkung. Es handelte sich um die Studien INTERACT2 [1] und ATACH II [2]. Beide Studien schlossen Patienten mit spontanen, nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen ein. Beide Studien verpassten aber ihren primären Endpunkt. In einer vordefinierten gepoolten Analyse individueller Patientendaten wurde jetzt der Einfluss der Blutdrucksenkung auf den funktionellen Outcome untersucht, um die Frage zu beantworten, ob es Parameter gibt, die einen Therapieerfolg voraussagen können.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine Analyse individueller Patientendaten aus zwei randomisierten Studien, in denen bei Patienten mit akuten, nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen jeweils eine aggressive blutdrucksenkende Therapie mit einer Standardtherapie untersucht wurde. In die Analyse wurden die Blutdruckreduktion innerhalb der ersten Stunde, der erreichte systolische Blutdruck und die Variation des systolischen Blutdrucks über 24 Stunden einbezogen. Der primäre Endpunkt war der funktionelle Status, gemessen mit der Verteilung der Scores der modifizierten Rankin-Skala (mRS) nach 90 Tagen. Die systolischen Blutdruckwerte wurden als kontinuierliche Variable in die statistische Analyse einbezogen.

Ergebnisse: In den beiden Studien wurden zusammen 3.829 Patienten behandelt (mittleres Alter: 63 Jahre, 37 % Frauen). 65 % der Studienteilnehmer wurden in Asien rekrutiert. Der mediane Wert auf der NIHSS betrug 11. Die mittlere Zeit zwischen Beginn der Symptomatik und Randomisierung lag bei 3,6 Stunden. In der Behandlungsgruppe mit aggressiver blutdrucksenkender Therapie hatte der systolische Blutdruck nach einer Stunde im Median um 29 mmHg abgenommen, im Mittel wurde ein systolischer Blutdruck von 147 mmHg erreicht. Die Variabilität betrug 14 mmHg. In der statistischen Analyse war der erreichte systolische Blutdruck als kontinuierliche Variable signifikant mit dem funktionellen Outcome assoziiert. Eine Reduktion des systolischen Blutdrucks um 10 mmHg verbesserte die Prognose um 10 % (Odds Ratio: 0,90; 95 %-Konfidenzintervall: 0,87-0,94; p < 0,001).

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit akuten, nicht traumatischen intrazerebralen Blutungen ist die aggressive Reduktion erhöhter Blutdruckwerte mit einem besseren funktionellen Outcome assoziiert.

Moullaali TJ, Wang X, Martin RH et al. Blood pressure control and clinical outcomes in acute intracerebral haemorrhage: a preplanned pooled analysis of individual participant data. Lancet Neurol 2019; 18: 857-64