Fragestellung: Wie ist die Langzeitprognose von Patienten mit TIA oder leichtem ischämischem Insult?

Hintergrund: Das multinationale TIA-Register hatte vor zwei Jahren Daten zum 1-Jahres-Risiko für Schlaganfälle und vaskuläre Ereignisse bei Patienten nach TIA und leichtem ischämischen Insult publiziert [1]. Dabei zeigte sich, dass das Risiko eines erneuten Schlaganfalls in den ersten zehn Tagen nach den initialen Ereignissen am höchsten ist. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass der ABCD2 mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert ist, wenn der Wert 4 Punkte oder mehr beträgt. Jetzt werden die 5-Jahres Beobachtungszahlen präsentiert.

Patienten und Methodik: In das multinationale Register wurden Patienten aufgenommen, die entweder eine TIA oder einen leichten ischämischen Insult innerhalb der letzten sieben Tage erlitten hatten. Die Patienten wurden im Mittel fünf Jahre nachverfolgt und einmal jährlich entweder nachuntersucht oder per Telefoninterview befragt. Der primäre Endpunkt der Studie war der kombinierte Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Schlaganfall und nicht tödlichem Myokardinfarkt. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem Tod jedweder Ursache, TIA, intrazerebrale Blutungen, akutes Koronarsyndrom und schwerwiegende Blutungskomplikationen. Insgesamt wurden 3.847 Patienten in das Register aufgenommen. Nach fünf Jahren waren Daten von 93 % der Patienten verfügbar.

Ergebnisse: Die Patienten waren beim Einschluss in die Studie im Mittel 66 Jahre alt und 60 % waren Männer. Nach fünf Jahren wurden 71 % der Patienten mit Thrombozytenfunktionshemmer behandelt und 17 % wurden antikoaguliert. Fast alle Patienten erhielten ein Statin und 17 % eine medikamentöse Therapie eines Diabetes mellitus. Der kombinierte primäre Endpunkt trat nach fünf Jahren bei 449 Patienten auf (entsprechend 12,9 %). Die meisten Endpunkte waren nicht tödliche Schlaganfälle mit 8,1 %. Nicht tödliche akute Koronarsyndrome waren mit 76 Fällen (entsprechend 2,1 %) deutlich seltener. Schlaganfälle traten über fünf Jahre bei 345 Patienten auf (entsprechend 9,5 %) und TIA bei 307 Patienten (entsprechend 8,3 %) (▶Abb. 1). Die Rate mittelschwerer und schwerwiegender Blutungen betrug jeweils 1,5 %.

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5-Jahres-Prognose nach leichtem Erstschlaganfall oder TIA.

Amarenco P et al. N Engl J MEd 2018;378:2182–90

Schlussfolgerungen: In einer Langzeitbeobachtungsstudie von Patienten mit TIA und leichtem Schlaganfall beträgt die Rate schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse im ersten Jahr 6,4 % und in den folgenden vier Jahren ebenfalls 6,4 %.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Sehr begrenzter wissenschaftlicher Zugewinn

Es ist immer wieder erstaunlich, dass es bestimmte Studien schaffen im New England Journal publiziert zu werden. Der wissenschaftliche Zugewinn des hier vorliegenden Registers ist sehr begrenzt. Es ist zwar schön zu wissen, welche Ereignisse in einem 5-Jahres-Zeitraum nach TIA oder leichtem ischämischen Insult auftreten. Für die Planung von Therapiestudien ist dies allerdings weitgehend irrelevant, da die meisten Studien nur eine Beobachtungszeit von zwei bis drei Jahren haben.

Für die Planung von Sekundärpräventionsstudien ist aber relevant, dass das höchste Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ereignisse in den ersten drei Monaten nach dem Initialereignis besteht. Dies spiegelt sich in Studiendesigns der letzten Jahre wieder, wobei in diese frühen Sekundärpräventionsstudien Patienten aufgenommen werden, die über einen Zeitraum von drei Monaten nach dem Initialereignis behandelt werden. Ein wesentliches Ergebnis ist jedoch, dass ein ABCD2-Score von 4 Punkten oder mehr tatsächlich ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende vaskuläre Ereignisse voraussagt.