Fragestellung: Ist ein körperliches Trainingsprogramm bei Patienten mit Demenz in der Lage, das Fortschreiten der kognitiven Störung zu beeinflussen?

Hintergrund: Die Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Ursache einer Demenz. Bei der Pathophysiologie der Erkrankung spielen auch vaskuläre Risikofaktoren eine Rolle. Epidemiologische Studien legen nahe, das Menschen die sich regelmäßig körperlich betätigen, ein geringeres Risiko für eine Demenz haben, und dass die Krankheit möglicherweise bei Menschen, die sich regelmäßig bewegen, langsamer fortschreitet. Die Frage, ob ein regelmäßiges körperliches Belastungsprogramm die Prognose verbesserte, wurde jetzt in einer kleinen Studie in Oxford untersucht.

Patienten und Methodik: Es handelte sich um eine multizentrische pragmatische randomisierte kontrollierte Studie. Die Patienten wurden in 15 Regionen in England in Ambulanzen rekrutiert, die Demenzpatienten behandeln. Eingeschlossen wurden Patienten mit leichter und mittelschwerer Demenz, bei denen eine Betreuung durch die Familienangehörigen garantiert war. Einschlusskriterium in die Studie war ein Wert auf der Mini-Mental-Scala von 10 oder größer und erhaltene Gehfähigkeit. Die Patienten wurden im Verhältnis 2 : 1 zu einem systematischen Krafttraining randomisiert oder zu der üblichen Behandlung. Das entsprechende Trainingsprogramm wurde an die Bedürfnisse der einzelnen Patienten angepasst. Das Training umfasste 60 bis 90 Minuten zweimal pro Woche über einen Zeitraum von vier Monaten. Die Patienten, die im aktiven Arm der Studie behandelt wurden, sollten zusätzlich zuhause trainieren.

Primärer Endpunkt war der Wert auf der Alzheimer’s disease assessment scale-cognitive subscale (ADAS-cog) nach zwölf Monaten. Außerdem wurden die Fähigkeit zur Bewältigung von Alltagsaktivitäten, neuropsychiatrische Symptome, Lebensqualität und die Einschätzung durch die betreuenden Angehörigen erfasst und der 6-Minuten-Gehtest durchgeführt.

Ergebnisse: Es wurden 494 Patienten randomisiert, davon 165 in die übliche Therapie und 329 in das Trainingsprogramm. Am Ende der Studie standen 137 und 281 Patienten für die Endauswertung zur Verfügung. Die Patienten waren im Mittel 77 Jahre alt und 61 % waren Männer. Der ADAS-cog-Score betrug zu Beginn in der Therapiegruppe 21,4 und in der Kontrollgruppe 21,8. Nach zwölf Monaten hatte sich der Wert auf 25,2 in der Trainings- und 23,8 in der Kontrollgruppe verbessert (▶Abb. 1). Der geringe Unterschied zwischen den beiden Therapiegruppen war zuungunsten des aktiven Behandlungsarms mit einem p-Wert von 0,03 signifikant. Alle anderen sekundären Outcome-Parameter waren nicht unterschiedlich.

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Bewegung beeinflusste den ADAS-cog-Score nur gering.

Lamb SE et al. BMJ 2018;361:k1675

Schlussfolgerungen: Die Autoren folgern, dass ein körperliches Trainingsprogramm bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz die Prognose und das Fortschreiten der Erkrankung nicht beeinflusst.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Die Schlussfolgerung der Autoren kann so nicht validiert werden

Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung, dass ein körperliches Training bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz nicht empfohlen werden kann. Die Studie ist allerdings nicht geeignet, ihre Schlussfolgerung zu validieren. Die Studie war mit 500 Patienten sehr klein und es wäre unwahrscheinlich, dass ein viermonatiges Behandlungsprogramm Auswirkungen auf das Fortschreiten der Erkrankung hat. Die Frage, ob ein körperliches Trainingsprogramm von Nutzen ist, könnte nur beantwortet werden, wenn eine große Population über einen längeren Zeitraum von beispielsweise 18 bis 24 Monaten behandelt wird. Studien aus Finnland legen nahe, dass ein körperliches Ertüchtigungstraining, in Kombination mit kognitivem Training, tatsächlich das Fortschreiten der Demenz verlangsamt.