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Am 27. September 2018 sind in Bonn in der neuen Runde der Exzellenzinitiative die Würfel gefallen. Aus 88 Förderanträgen wurden 57 Exzellenzcluster zur Förderung ausgewählt. Die 57 künftigen Cluster kommen von 34 Universitäten, wobei 40 von einer einzelnen Universität, 14 von zwei und drei von drei Universitäten im Verbund durchgeführt werden. Die Finanzierung der neuen Exzellenzcluster soll am 1. Januar 2019 beginnen. Insgesamt fließen jährlich rund 385 Millionen € Fördermittel an die Cluster, was einem durchschnittlichen Fördervolumen pro Cluster und Jahr von 6,75 Millionen € entspricht.

In der zweiten Phase der Exzellenzinitiative können sich nun Universitäten, die mindestens zwei Exzellenzcluster einwerben konnten, um den Status einer Exzellenzuniversität bewerben. In diesem Wettbewerb sind nun 17 Universitäten mit mindestens zwei Exzellenzclustern und zwei Universitätsverbünde mit mindestens drei Exzellenzclustern zur Antragstellung zugelassen. Die Entscheidungen werden am 19. Juli 2019 fallen.

Und wie haben die Neurowissenschaften abgeschnitten? Schaut man auf die Liste der geförderten Cluster, ist die Anzahl von Clustern überschaubar, an denen Neurologie und Psychiatrie direkt oder indirekt beteiligt sind:

  • TU Dresden: Zentrum für taktiles Internet mit Mensch-Maschine-Interaktion (CeTI)

  • Freiburg: CIBSS-Zentrum für Integrative Biologische Signalstudien — Signalvorgänge über Skalengrenzen. Vom mechanistischen Verständnis zur Kontrolle der Funktion

  • Freiburg: Lebende, adaptive und energieautonome Materialsysteme (livMatS)

  • Köln: Zelluläre Stressantworten bei altersassoziierten Erkrankungen

  • Tübingen: Maschinelles Lernen. Neue Perspektiven für die Wissenschaft

  • Berlin: NeuroCure — Neue Wege in der Erforschung und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems

  • München: Cluster für Systemneurologie München

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Prof. Dr. med. Klaus Lieb

Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz Untere Zahlbacher Straße 8, 55131 Mainz E-Mail: klaus.lieb@unimedizin-mainz.de

Die Grundfinanzierung der Universitäten stagniert seit Jahren

Die Exzellenzinitiative ist mehrfach kritisiert worden. In einer Online-Petition, die von über 3.000 Wissenschaftlern unterzeichnet worden war, wurde ein Ende der Exzellenzinitiative gefordert. Die Argumentation war, dass sie den Trend zu „Pseudo-Märkten“ im Hochschulsektor fördere und die Forschenden in eine „künstlich initiierte Dauerkonkurrenz um staatliche Mittel“ treibe, während die Grundfinanzierung der Universitäten seit Jahren stagniert. Sie „verstärke eine Fassadenkultur der Antragstellung, die Orientierung am Mainstream und prekäre Projekt-Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft“. Weitere Kritikpunkte sind unter https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-gute-forschung-und-lehre-argumente-gegen-die-exzellenzinitiative zu finden.

Entwicklung von Zweiklassen-Universitäten?

Vielfach kritisiert wurde die Förderung der Entwicklung von Zweiklassen-Universitäten durch das „Matthäus-Prinzip“, nach dem Hochschulen, die bereits viele Mittel haben, immer stärker werden, während andere auf der Strecke bleiben. So wirbt beispielsweise die LMU-München etwa 277,8 Millionen € DFG-Mittel ein, während es an der Universität Halle-Wittenberg nur 68,4 Millionen € sind. Gegen Wettbewerb und Streben nach Exzellenz ist in der Hochschulförderung natürlich prinzipiell nichts einzuwenden. Allerdings kann man argumentieren, dass im Vergleich zu Universitäten in den USA die Fördersummen doch relativ klein sind, um international wirklich mithalten zu können. Andererseits wird die Breite der Qualität in der Hochschullandschaft, für die Deutschland bekannt ist, und die eine hohe Anzahl sehr gut qualifizierter Wissenschaftler hervorbringt, gefährdet.

Für mich ist auch folgendes Argument relevant: Viele Nobelpreisträger kamen aus Labors, die keine Mainstream-Forschung betrieben. Innovation ist häufig eben genau das, was nicht den aktuellen Erwartungen an relevante und exzellente Forschung entspricht. So könnte die Exzellenzinitiative auch eine Gefahr für den Wissensfortschritt sein, wenn kleine Wissenschaftsbereiche mit Innovationspotenzial in Zukunft nicht mehr überleben können.