High-Tech-Einrichtungen wie das Heidelberger Ionenstrahltherapiezentrum (HIT) mit einer 670 Tonnen schweren beweglichen Gantry (▶Abb. 1) wirken auf die Patienten äußerst beeindruckend. Ob das auch auf Gliomzellen zutreffe, sei jedoch eine andere Frage, sagte Professor Uwe Schlegel vom Klinikum der Ruhr-Universität Bochum. Die Ionenstrahltherapie sei vor allem für Tumoren geeignet, die sich in enger Nachbarschaft zu empfindlichem Gewebe befinden, etwa Schädelbasistumoren am Nervus opticus. Hier bestehe mit der konventionellen intensitätsmodulierten Röntgenbestrahlung (IMRT) ein erhebliches Risiko, den Sehnerv zu beschädigen, erläuterte Schlegel. Die Protonenbestrahlung ermögliche zwar eine Energieabgabe in einem lokal begrenzten Bereich auch tief im Inneren des Schädels. Dies bedeute jedoch nicht, dass eine Schwerionen- oder Protonenbestrahlung auch bei leichter zugänglichen malignen Gliomen Vorteile gegenüber einer konventionellen Radiatio habe. Hierzu gab es bislang keine prospektiv kontrollierte Studie. Ein nicht randomisierter unizentrischer Vergleich deutet jedoch auf nahezu identische progressionsfreie und Gesamtüberlebenszeiten.

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Die Gantry des Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrums HIT, eine weltweit einmalige um 360 ° drehbare Strahlführung für Schwerionen.

© Universitätsklinikum Heidelberg

Häufiger kognitive Probleme nach Protonenbestrahlung

Aufhorchen lasse daher die Zwischenauswertung einer kontrollierten Phase-II-Vergleichsstudie mit 90 Glioblastompatienten [1]. Eine Hälfte erhielt eine IMRT, die andere eine intensitätsmodulierte Protonenbestrahlung. Veröffentlicht wurden bislang nur Sicherheitsdaten: Danach kam es mit der Protonentherapie signifikant häufiger zu einer kognitiven Verschlechterung als mit der IMRT (59 % vs. 37 %). „Derzeit liegen keine Informationen darüber vor, ob eine Strahlentherapie mit Protonen- oder Schwerionen bei Gliomen besser oder auch nur genauso gut wirksam ist wie die IMRT“, so Schlegel. Vielmehr sei eine raschere kognitive Verschlechterung zu befürchten. Sein Fazit: „Im Augenblick gibt es keine Rechtfertigung, Patienten mit einem differenzierten oder malignen Gliom außerhalb einer klinischen Studie einer Therapie mit Schwerionen oder Protonen zuzuweisen.“

Immerhin laufen derzeit am DKFZ in Heidelberg drei Studien mit Kohlenstoffionen: CLEOPATRA (Glioblastom), CINDERELLA (Gliomrezidive) und MARCIE (Grad-4/5-Meningiome). Ebenfalls keine Rechtfertigung sieht Schlegel in der mittlerweile weit verbreiteten Methadonbehandlung. Seit der Veröffentlichung einer tierexperimentellen Studie mit positiven Resultaten würden viele Gliompatienten auf eine Methadonverordnung drängen, die ihnen dann häufig Palliativmediziner gewährten. Der Neuroonkologe hat jedoch Zweifel daran, dass die Methadonkonzentrationen aus den Tierexperimenten bei Menschen ohne erhebliche Nebenwirkungen überhaupt erreichbar sind. Besonders ärgert ihn, dass Methadonkonsumenten Nebenwirkungen wie psychomotorische Einschränkungen, Vigilanzminderung und kognitive Probleme häufig auf den Tumor zurückführen und deswegen dann beim Onkologen vorsprechen. Immerhin werde jetzt angestrebt, eine adjuvante Methadontherapie auch klinisch zu prüfen.

Bereits veröffentlicht ist die Studie E14 zu Tumortherapiefeldern (TTF). Bei dem Verfahren bekommen Patienten eine Haube mit großflächigen Keramik-Gel-Pads auf den Schädel gesetzt. Diese sind an einen Stimulator angeschlossen, der ein elektrisches Wechselfeld erzeugt und so die Zellteilung stören soll. Die Studienresultate sind beeindruckend: Mit der Therapie lebten Glioblastompatienten nach einer kombinierten Radiochemotherapie im Mittel 21 Monate, ohne 16. Das progressionsfreie Überleben war mit 6,7 versus 4,0 Monaten ebenfalls signifikant länger [2]. Allerdings wurde die Studie vorzeitig abgebrochen, nachdem der primäre Endpunkt erreicht worden war, zudem gab es keine Placebogruppe mit einer Scheinstimulation. Der GBA fordert aus diesem Grund — und wohl auch aufgrund der hohen Therapiekosten — vor einer Kostenerstattung eine weitere klinische Studie.