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Zur regionalen Differenzierung von Wassernutzungsabgaben

Zone Pricing—the Case of Water Use Charges

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Raumforschung und Raumordnung

Zusammenfassung

Lenkende Wassernutzungsabgaben bezwecken eine knappheitsorientierte Umstrukturierung der Inanspruchnahme von Gewässern. Sie treffen dabei auf ein räumlich differenziertes Bild von Nutzungsansprüchen und Gewässerzuständen. Eine regionale Differenzierung des Knappheitssignals der Abgabe erscheint daher sachgerecht. Auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie mit ihrem regionalen Bewirtschaftungsansatz und der Ausrichtung auf Flussgebietseinheiten bzw. Wasserkörper scheint eine regionale gewässerbezogene Differenzierung von Wassernutzungsabgaben nahezulegen. Dessen ungeachtet werden in Deutschland bisher Wassernutzungsabgaben sowohl in Form der Abwasserabgabe bundesweit einheitlich als auch in Form der Wasserentnahmeentgelte in elf Bundesländern unterschiedlich erhoben, jedoch ohne regionalen Knappheitsbezug. Mit der Föderalismusreform hat der Bund seit 2006 sogar die Kompetenz, Wasserentnahmeentgelte bundesweit einheitlich zu regeln. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Beitrag mit den Möglichkeiten und Grenzen regionalisierter Wassernutzungsabgaben in Deutschland. Zunächst wird geprüft, inwieweit die Wasserrahmenrichtlinie mit ihrem kombinierten Ansatz aus Immissions- und Emissionsnormen eine Regionalisierung verlangt bzw. sinnvoll erscheinen lässt. Den Schwerpunkt der Untersuchung bilden die konzeptionellen Elemente und Ausgestaltungsoptionen einer möglichen Regionalisierung. Erörtert werden neben ökologischen, rechtlichen und politischen Aspekten vor allem ökonomische Gesichtspunkte. Als Schlussfolgerung kann festgehalten werden, dass regional differenzierte Wassernutzungsabgaben möglich und begründbar sind. Insbesondere aus Gründen des Küsten- und Meeresschutzes sowie der Unterliegerproblematik sollte aber eine Abwasserabgabe weiterhin emissionsorientiert bundeseinheitliche Standards setzen, während bei den mengenbezogenen Entnahmeentgelten regionale (wasserkörperbezogene) Differenzierungen innerhalb einer bundesrechtlich kodifizierten Abgabe zu empfehlen sind.

Abstract

Regulatory water use charges aim at restructuring water uses according to scarcity of regional water services. Hence, a spatial differentiation of the charge design appears to be an appropriate means of water pricing policy. Similarly, the European Water Framework Directive with its requirement of regional water resources management and its focus on river basins and water bodies could demand or indicate regional differentiations. However, in Germany two water use charges exist mainly unrelated to regional scarcity patterns: a nationwide effluent charge and different water extraction charges in 11 German States. Moreover, in 2006 the federal government has obtained the competence to implement a nationwide charge on water withdrawal without any regional differentiations. Against this background, the paper analyses the scope and limitations of regionally differentiated water use charges in Germany. First, the Water Framework Directive is examined as to whether the so-called combined approach of both emissions and immissions requirements makes a regional approach for charges mandatory. Second, the paper investigates the main conceptual elements and options of a regionalisation and their ecological, economic, legal and political aspects. The authors conclude that regionally differentiated water use charges are feasible as well as justifiable. However, with particular respect to the environmental objectives of protection of coastal water and marine ecosystems an effluent charge should still provide nationwide incentives according to the emissions principle. For water extraction charges the authors recommend a nationwide regulation framework yet completed by legal options for regional differentiations on e.g. water body level.

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Notes

  1. Ausgenommen sind lediglich stoff- und anlagenbezogene Regelungen.

  2. Vgl. dazu die Pionierarbeiten von Bonus (1984: 332): „Ein und dieselbe … [Umwelt-] Qualität kann nach der Emissionsstandard-Philosophie defizient sein (weil technisch mehr zu machen wäre), nach der… Qualitätsstandard-Philosophie hingegen schon zu anspruchsvoll (weil unter dem Zielwert liegend). Umgekehrt kann eine bestimmte… [Umwelt-] Qualität aber auch für die Emissionsstandard-Philosophie zu anspruchsvoll sein (weil technisch nicht zu realisieren), während sie in den Augen der… [Umwelt-] Qualitätsstandard-Philosophie völlig unzureichend ist (weil die Immission über den Zielwerten liegt)”; vgl. dazu auch Gawel (1999: 237 ff.).

  3. Umgekehrt ist aber eine regionale Differenzierung der Wassernutzungsabgabe als Mittel der regionalen Wirtschaftsförderung von vorneherein ungeeignet (Ewringmann/Irmer/Rincke 1976: 380).

  4. Eine Weiterentwicklung stellt der sogenannte FOCJ-Ansatz dar, der aufgabenspezifisch unterschiedliche („überlappende“) Kompetenzräume nebeneinander stellt (Frey/Eichenberger 1999).

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  6. BVerfGE 93: 134

  7. BVerfGE 93: 342 ff.

  8. Auch könnte durch eine regional unterschiedlich ausgestaltete Abwasserabgabe langfristig effektiver auf die heute noch nicht absehbaren örtlichen Auswirkungen des Klimawandels eingegangen werden (Störmer 2008: 844).

  9. Daher haben Einleiterverbände aus nachvollziehbaren Gründen bereits die Immissionsausrichtung und ihr „Entlastungspotenzial“ fest im Blick (VKU 2008: 4).

  10. Hessen und Thüringen haben ihre Wasserentnahmeentgelte wieder abgeschafft. Nordrhein-Westfalen hat 2011 den „Ausstieg aus dem Ausstieg“ beschlossen; Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt planen die Einführung.

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Gawel, E., Möckel, S. Zur regionalen Differenzierung von Wassernutzungsabgaben. Raumforsch Raumordn 69, 333–345 (2011). https://doi.org/10.1007/s13147-011-0115-1

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