Zusammenfassung
Aus bisherigen Studien zur Achsenspiegelung sind bereits einige Merkmale bekannt, die die Schwierigkeit von Aufgaben zur Achsenspiegelung beeinflussen. Diese Erkenntnisse sind jedoch eher punktuell und erlauben keine systematischen Aussagen zu einer Abstufung einzelner Schwierigkeiten bei Aufgaben zur Achsenspiegelung. Dieser Beitrag nimmt die vorliegenden empirischen Erkenntnisse als Ausgangspunkt für eine systematische Aufgabenanalyse, mit dem Ziel, Anforderungen bei der Achsenspiegelung im Unterricht der Grundschule zu identifizieren und zu präzisieren. Dazu wird eine Stichprobe aus Erprobungsstudien der bundesweiten Vergleichsarbeiten (durchgeführt durch das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen) in Jahrgangsstufe 3 genutzt. Die Basis für eine fundierte inhaltliche Analyse schwierigkeitsgenerierender Merkmale bilden 37 raschskalierte Aufgaben zur Achsenspiegelung mit jeweils ca. 250 Bearbeitungen pro Aufgabe. Der Abgleich von psychometrisch erfassten Aufgabenschwierigkeiten mit inhaltlich fachdidaktischen Analysen und theoretischen Erkenntnissen zur Achsenspiegelung führt zu einem Kategorienschema mit unterschiedlichen schwierigkeitsgenerierenden Merkmalen bei Aufgaben zur Achsenspiegelung und deren Ausprägungen. Dieses Kategorienschema kann hilfreich sein, gezielt Aufgaben zur Achsenspiegelung zu entwickeln und es kann auch förderdiagnostisch genutzt werden.
Abstract
Studies on different single reflection tasks identified characteristics of reflection items influencing the solution rates. Even if the analysis of those studies provides information on typical errors of children on reflection items, detailed conclusions on difficulty-generating characteristics of reflection items in primary school mathematics cannot be drawn. By systematically developing further items on the basis of these studies, this article aims to refine facets of complexity on reflection tasks. A sample of 37 items—each solved by approximately 250 pupils in 3rd grade—taken out from nationwide tests in Germany was therefore analyzed. A profound content analysis of reflection tasks (Rasch scaled) was used to enlarge findings on typical characteristics influencing demands for solving reflection tasks. Thereby the psychometric scaled difficulty of tasks will be combined with content-related didactical analyses to generate a categorical scheme on specific characteristics of reflection items. This scheme offers a detailed description of complexity characteristics for reflections at primary school age.
Notes
Diese Figuren sind durch das Rotieren der vertikalen Achse (0°) um 45 Grad entstanden.
Küchemann (1981) unterscheidet bei der Komplexität des Objektes Punkte, Strecken und Fahnen, ohne diese Wahl weiter auszuführen.
Das Erhebungsdesign, die Datenerhebung, die Codierung der Daten sowie die Datenanalysen wurden am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen – Wissenschaftliche Einrichtung der Länder an der Humboldt-Universität zu Berlin e. V. durchgeführt und werden hier nur berichtet.
Die Aufgaben können größtenteils nicht veröffentlicht werden, an geeigneten Stellen wird im Folgenden immer wieder auf Beispielaufgaben zurückgegriffen.
Die Verteilung der Aufgaben in Tab. 2 ist unausgeglichen, da eine systematische Variation der Aufgaben nur im Jahr 2017 und 2018 stattfand. Aufgaben aus den Jahren 2012 und 2013 konnten nicht systematisch entwickelt werden und somit war keine vollständige systematische Variation möglich.
Diese Aufgaben wurden den Merkmalen der Originalaufgaben entsprechend so nachentwickelt, dass die zentralen Charakteristika deutlich werden. Alle in dieser Studie verwendeten Originalaufgaben dürfen nicht veröffentlicht werden. Für weitere Details aller Aufgaben siehe Anhang.
Bei der Figur in Aufgabe 6 handelt es sich um ein auf der Spitze stehendes Quadrat. Beide Figuren berühren die Achse je in einem Punkt.
Hier sind nur 34 von insgesamt 37 Aufgaben erfasst, da im Aufgabenpool drei Aufgaben enthalten sind, bei welchen lediglich angekreuzte Kästchen gespiegelt wurden und dementsprechend eine Zuordnung der Aufgaben zum Merkmal „Lage der Seiten der Figur zur Achse“ nicht möglich ist.
Für die Aufgaben 22 und 28 siehe Abb. 4.
In dieser Studie wurden symmetrische Figuren betrachtet, die dann gespiegelt werden sollten, wie z. B. Rechtecke oder Quadrate.
Literatur
Ben-Haim, D., Lappan, G., & Houang, R. T. (1985). Vizualizing rectangular solids made of small cubes: Analyzing and effecting students’ performance. Educational Studies in Mathematics, 16(4), 389–409.
Bond, T. G., & Fox, C. M. (2015). Applying the Rasch Model. Fundament measurement in the human sciences (3. Aufl.). New York: Taylor & Francis Group.
Bornstein, M. H., & Stiles-Davis, J. (1984). Discrimination and memory for symmetry in young children. Developmental Psychology, 20(4), 637–649.
Denys, B., & Grenier, D. (1986). Symétrie orthogonale: des élèves français et japonais face à une même tâche de construction. Petit x, (12), 33–56.
Deutscher, T. (2012). Arithmetische und geometrische Fähigkeiten von Schulanfängern. Eine empirische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des Bereichs Muster und Strukturen. Wiesbaden: Vieweg+Teubner Verlag.
Franke, M., & Reinhold, S. (2016). Didaktik der Geometrie in der Grundschule (3. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum.
Genkins, E. F. (1978). Der Begriff der Achsensymmetrie bei Kindern. Der Mathematikunterricht, 24(2), 20–43.
Götz, D., & Gasteiger, H. (2018). Typische Schülerfehler bei der Achsenspiegelung – Eine Analyse von Schülerantworten. In Fachgruppe Didaktik der Mathematik der Universität Paderborn (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht (S. 631–634). Münster: WTM.
Grenier, D. (1985a). Middle school pupils’ conceptions about reflections according to a task of construction. In L. Streefland (Hrsg.), Proceedings of the ninth international conference for the psychology of mathematics education (Bd. 1, S. 183–188). Utrecht: State University of Utrecht.
Grenier, D. (1985b). Quelques aspects de la symétrie orthogonale pour des élèves de classes de 4ème et 3ème. Petit x, 7, 57–69.
van Hiele, P. M., & van Hiele-Geldorf, D. (1978). Die Bedeutung der Denkebenen im Unterrichtssystem nach der deduktiven Methode. In H.-G. Steiner (Hrsg.), Didaktik der Mathematik (S. 127–139). Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Höglinger, S., & Senftleben, H.-G. (1997). Schulanfänger lösen geometrische Aufgaben. Grundschulunterricht, 44(5), 36–39.
Kirsche, P. (1992). Kongruenzabbildungen im Geometrieunterricht der Primarstufe. Bad Salzdetfurth: Franzbecker.
Kirsche, P. (1996). Zum Herstellen spiegelsymmetrischer und punktsymmetrischer Figuren im Unterricht der Primarstufe. Der Mathematikunterricht, 42(1), 5–13.
Küchemann, D. (1981). Reflections and rotations. In K. M. Hart (Hrsg.), Children’s understanding of mathematics (S. 137–157). London: Murray.
Kultusministerkonferenz (2005). Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich. Beschluss vom 15.10.2004. München, Neuwied: Luchterhand.
Kultusministerkonferenz (2013). Kompetenzstufenmodell zu den Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich (Jahrgangssstufe 4). https:// www.iqb.hu-berlin.de / bista/ ksm/ KSM_ GS_ Mathemati_ 2.pdf. Zugegriffen: 4. Juli 2018. Auf Grundlage des Ländervergleichs 2011 überarbeitete Version in der Fassung vom 11. Februar 2013, Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen.
Kurina, F., Ticha, M., & Hospesova, A. (1998). What geometric ideas do the preschoolers have? Journal of the Korea Society of Mathematical Education, 2(2), 57–69.
Merschmeyer-Brüwer, C. (1999). Raumstrukturierungsprozesse von Grundschülern bei der Analyse von Bildern zu Würfelkonfigurationen. Fallstudien mit Augenbewegungsanalysen. In I. Wachsmuth & B. Jung (Hrsg.), Proceedings der 4. Fachtagung der Gesellschaft für Kognitionswissenschaft. KogWis99. (S. 61–66). Sankt Augustin: Infix.
Merschmeyer-Brüwer, C. (2002). Räumliche Strukturierungsweisen bei Grundschulkindern zu Bildern von Würfelkonfigurationen. Augenbewegungen als Indikatoren für mentale Prozesse. Journal für Mathematik-Didaktik, 23(1), 28–50.
Niedersächsisches Kultusministerium (2017). Kerncurriculum für die Grundschule Schuljahrgänge 1–4. Mathematik. http:// www.cuvo.nibis.de. Zugegriffen: 30. Nov. 2018.
Zur Oeveste, H. (1987). Kognitive Entwicklung im Vor- und Grundschulalter. Göttingen: Hogrefe.
Piaget, J., & Inhelder, B. (1971). Die Entwicklung des räumlichen Denkens beim Kinde. Stuttgart: Klett.
Reinhold, S. (2007). Mentale Rotation von Würfelkonfigurationen. theoretischer Abriss, mathematikdidaktische Perspektiven und Analysen zu Strategien von Grundschulkindern in einer konstruktiven Arbeitsumgebung. Hannover: Gottfried Wilhelm-Leibniz-Universität.
Reiss, K., & Winkelmann, H. (2008). Step by step. Ein Kompetenzstufenmodell für das Fach Mathematik. Grundschule, 10, 34–37.
Reiss, K., & Winkelmann, H. (2009). Kompetenzstufenmodelle für das Fach Mathematik im Primarbereich. In D. Granzer, O. Köller, A. Bremerich-Vos, M. van den Heuvel-Panhuizen, K. Reiss & G. Walther (Hrsg.), Bildungsstandards Deutsch und Mathematik (S. 125–147). Weinheim und Basel: Beltz.
Scheid, H., & Schwarz, W. (2017). Elemente der Geometrie (5. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum.
Schmidt, R. (1986). Geometrische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten am Ende der Grundschulzeit: Ergebnisse einer Untersuchung. Gießen: Justus-Liebig-Universität.
Sodian, B. (2012). Denken. In W. Schneider & U. Lindenberger (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (7. Aufl. S. 385–411). Weinheim: Beltz.
Vollrath, H.-J. (1984). Methodik des Begriffslehrens im Mathematikunterricht. Stuttgart: Klett.
Wittmann, E. C. (1999). Konstruktion eines Geometriecurriculums ausgehend von Grundideen der Elementargeometrie. In H. Henning (Hrsg.), Mathematik lernen durch Handeln und Erfahrung. Festschrift zum 75. Geburtstag von Heinrich Besuden (S. 205–223). Oldenburg: Bültmann & Gerriets.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Anhang
Anhang
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Götz, D., Gasteiger, H. Anforderungen bei der Achsenspiegelung – Ein empirisch gestütztes Kategorienschema. J Math Didakt 40, 289–322 (2019). https://doi.org/10.1007/s13138-019-00145-z
Received:
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s13138-019-00145-z