Aufgrund der Pandemie wurde der EULAR 2020 komplett ins Internet verlagert. Die Organisation der EULAR-Verantwortlichen war perfekt. So weltumspannend alle Kollegen/innen zeitgerecht zur Präsentation live zusammenzugeschalten wurden und so stabil die Vorträge abliefen, zeigt was möglich ist – Respekt.

Über 6000 Abstracts und eine Vielzahl an Präsentationen sowie Symposien spiegeln die Stärke solch eines Kongresses insbesondere im internationalen Vergleich wider. Um die Beiträge und Poster korrekt beurteilen zu können, wird mittlerweile viel Hintergrundwissen vorausgesetzt. Wie sehen die Basisdaten aus, was war Plazebo, zB NSAR oder Methotrexat (MTX), und wie lange dauerte die Studie? Auch die primären Endpunkte unterscheiden sich, sodass ein direkter Vergleich schwierig wird. Vergleiche stellen wir selbstredend an, denn wir müssen in der Praxis entscheiden.

The winners are …? Adalimumab und Methotrexat (MTX)!

An diesen beiden Medikamenten müssen sich alle messen. Es wird von den Mitbewerbern versucht diese zu schlagen, was nicht immer gelingt. Kopf-an-Kopf (H-2-H) Studien sind relevant geworden. Adalimumab sowie MTX sind die Medikamente die in 300 Abstracts vorkommen. Wenn sie sich also in Sicherheit und Effizienz wiegen wollen, sind Adalimumab und MTX die Wahl!

Neue Empfehlungen

J. Smolen präsentierte die neuen Empfehlungen („Recommendations“) zur Rheumatoiden Arthritis. Dies sind keine Richtlinien, sondern Empfehlungen. Der Unterschied ist groß: Empfehlungen sind weniger restriktiv verglichen mit einer Richtlinie und bieten größere Flexibilität. Darauf wird Wert gelegt, um auf die individuellen Situationen reagieren zu können. Zu Beginn Methotrexat in Verbindung mit einer Glukokortokoidtherapie, wenn nach 3 bzw. 6 Monaten das Ziel einer Remission oder einen niedrigen Krankheitsaktivität nicht erreicht wird, sollte eine Therapieintensivierung erfolgen. Als erste Option bieten sich die TNF-alfa-Inhibitoren an, es kann aber aufgrund individueller Umstände durchaus eine JAK-Inhibitoren-Therapie in Erwägung gezogen werden.

L. Gossec stellte die neuen Empfehlungen für die Psoriasis Arthritis (PsA) vor. In den letzten fünf Jahren hat sich immens viel getan. 12(!) neue biologische Medikamente sind dazugekommen. Auch bei den neuen EULAR PsA „Recommendations“ (siehe Abb. 1.) wird im Detail sehr genau auf die jeweilige Ausprägung bzw. die führende Manifestation eingegangen.

Abb. 1
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EULAR-Empfehlungen 2019 zur Therapie der PsA zusammengefasst, ein schrittweiser Ansatz [1]

Als Ausgangpunkt gilt nach wie vor MTX, falls dann erforderlich die TNF-alfa-Inhibitoren. Man sollte betonen, dass trotz nicht ausreichender Evidenz an MTX festgehalten wird, denn es wirkt eigentlich auch nicht überzeugend in der Praxis. Ist die Psoriasis führend, wird auf die Dermatologie verwiesen – auch unter dem Aspekt der Effizienz der IL-17 Inhibitoren, die an der Haut (PsO) eine guten Datenlage aufweisen, durchaus über den TNF-alfa-Inhibitoren.

Da die Patienten mit den oralen Therapieformen sehr zufrieden sind, sind die neuen JAK-Inhibitoren eine Überlegung wert, wenn z. B. eine Adhärenzproblematik zur subkutanen Applikation besteht („Spritzenangst“). Mit den JAK-Inhibitoren bietet sich jetzt erstmals die Option eine orale Therapie auf dem Niveau der subkutanen Biologika an.

Studien, über die gesprochen werden wird

„Nordstar“, eine skandinavische Strategiestudie, untersucht welches Therapiekonzept zu Beginn rascher zu einer Remission führen könnte. 812 RA-Patienten wurden in vier Gruppen randomisiert. 1. Gruppe „ACT“ – Active conventional therapy: MTX bis 25 mg innerhalb von 4 Wochen gesteigert, zu Beginn auch mit einer Glukokortikoidtherapie – Start mit 20 mg/d, reduzierend in 9 Wochen, als Alternative Leflunomid oder Sulphasalazin (2 g/T), bzw. Hydoxychloroquin, optional Lokaltherapien – also durchwegs praxisrelevant, wie in den Empfehlungen der EULAR/ACR.

Die weiteren drei Gruppen erhielten zu MTX entweder TNF-alfa-Inhibitoren (Certolizumab), IL‑6 Inhibitoren (Tocilizumab) oder T‑Zell-Co-Stimulation Abatacept. Der primäre Endpunkt war das Erreichen einer Remission, gemessen am CDAI <2,8 zur Woche 24. Zwischen den vier Gruppen ergab sich kein(!) signifikanter Unterschied, 40 % erreichten eine Remission.

Zusammenfassend kann dazu angeführt werden, dass Glukokortikoide zu Beginn ideal sind und die Wirksamkeit einer aktiven konventionellen Therapie mit MTX + Glucocorticoiden zu unterstreichen ist. Wieder wird gezeigt, wie schon seit der BEST-Studie (die mittlerweile 17 Jahre alt ist), wie effektiv einer Frühbehandlung ist.

Viele Beiträge befassten sich mit den neuen JAK-Inhibitoren. Diese neuen zellulär wirkenden Medikamente zeichnen sich durch ein sehr breites Wirkspektrum aus – rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Psoriasis-Arthritis, Spondylitis ankylosans, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, wirken sie Juckreiz bessernd und unterstützen schlussendlich auch Zunahme des Haarwachstums bei Alopezie.

Die Verträglichkeit wird von Patientenseite als sehr gut angeführt. Nur wenn etwas breit wirkt, kommen andere Nebenaspekte in den Vordergrund, die bei TNF-Inhibitoren keine so bedeutende Rolle spielen. Da wäre einmal der Herpes Zoster, wo das Risiko der JAKs bei 25/1000 py liegt, gegenüber den Biologika bei 10/1000 py. Die deutliche Risikozunahme von Thrombosen bzw. Lungenembolien unter einer Therapie mit Tofacitinib 2 × 10 mg um den Faktor 6, führte zum Abbruch der Studie. Diese 10 mg Tofacitinib Dosis ist zwar in der rheumatioden Arthritis nicht zugelassen, war aber mitverantwortlich, dass ein „Rote Hand“-Brief als Warnung bezüglich der JAK-Inhibitoren und TVT/PAE ausgegeben wurde, wenngleich die anderen JAK-Inhibitoren Upadacitinib und Filgotinib keine erhöhten TVT/PAE Ereignisse aufzuweisen hatten.

Noch warten wir ab, Experten rechnen damit, dass es mit den Thrombosen in 3–5 Jahren so wie mit den TNF-alfa sein wird. Nicht ohne Bedeutung zu erwähnen, gerade diese kardiovaskulären Ereignisse sind unter einer TNF-alfa-Inhibitoren-Therapie gegenüber einer csDMARD-Therapie geringer ausgefallen, wie das Deutsche Rabbit Register aufzeigt.

Spondyloarthropathien

Wie schon im oberen Teil angemerkt, sind aufgrund der vielen Therapieoptionen die neuen Empfehlungen herausgegeben worden. Seit 2015 sind im Vergleich zu 2020 12 neue Medikamente dazugekommen. Hier den Überblick zu bewahren, in Bezug auf Effizienz Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofile wird zunehmend aufwändig. Die IL-17-Inhibitoren zeigen eine gute Wirksamkeit an der Haut, sind den TNF-Inhibitoren an den Gelenken nicht überlegen.

Unter einer IL-17 Inhibitoren Therapie zeigt sich aber kein Ansprechen bei CED, es kann eventuell sich auch eine Progression darstellen. IL-23 Inhibitoren sind an der Haut (Pso) sehr effektiv, des weiteren auch bei CED. Die Studien der IL-23-Inhibitoren zur ankylosierenden Spondylitis wurden primär negativ beendet, doch zeigte die neue IL-23-Inhibitor-Therapie mit Guselkumab doch ein Ansprechen, wenn auch geringer als die IL-17-Inhibitoren, aber immerhin nicht komplett negativ, interessant …!

Die Studienlage zu MTX bei PsA war bisher schlecht, und es wurde zu Recht die hochrangige Empfehlung der Gesellschaften kritisiert, dass MTX als Erstlinienpräparat einzusetzen ist. Die neuen Studien belegen zwar die Wirksamkeit von MTX, aber im Zeitalter der TNF-alfa-Inhibitoren wo sich nach 16 Wochen eine minimale Krankheitsaktivität in der TNF-alfa Gruppe von 40 % abzeichnet, gegenüber einer nur 16 %-igen Besserung in der MTX Gruppe, wird es schwer den Einsatz zu rechtfertigen. Auch an den Sehnen, für die Patienten oft eine deutliche Belastung, ist MTX nicht die erste Wahl.

Rheuma und Beruf

Viele Beiträge des EULAR 2020 beschäftigten sich auch mit den Auswirkungen einer rheumatischen Erkrankung auf den Berufsalltag. Die Patienten sind wieder häufiger am Arbeitsplatz und auch die Fehltage werden geringer, aber die Arbeitsleistung hat noch nicht so zugenommen wie erwartet, vielleicht auch dem späten (zu späten) Therapiebeginn geschuldet. Die Einschränkungen können nach jahrelanger Krankheitsdauer schon beträchtlich sein, wie sich aus den Funktionsindices herauslesen lässt.

Die MRT-Diagnostik stellt durchaus eine Option dar, die Früherkennung eventuell soweit auszubauen, dass es zu keiner Versteifung kommt. X. Baraliakos, ein ausgewiesener Spezialist für radiologische Manifestationen der SpA an der Wirbelsäule, hat sich damit beschäftigt, wer am meisten von einer TNF-alfa-Therapie profitieren würde.

Wenn im MRT spezielle Sequenzen schon eine Verfettung der Wirbelsäulen-Läsionen abbilden, ist der weitere Umbau bis hin zur Verknöcherung nur eine Frage der Zeit. Sollte aber innerhalb der ersten 12 Wochen eine biologische Therapie begonnen werden, dann wäre der Prozess am Knochen reversibel. Anzumerken ist aber schon, dass nicht alle Patienten versteifen und auch NSAR die entzündlichen Prozesse bis hin zu einer Remission stoppen können.

Mittlerweile sind die TNF-alfa-Inhibitoren ja auch seit 20 Jahren im Rahmen der SpA im Einsatz und um diese radiologische Progressionshemmung wird weiter viel diskutiert. Da die MRT-Diagnostik zunehmend aufwendig wird, hat die künstliche Intelligenz auch hier Einzug gehalten. Derzeit sind die Ergebnisse „Arzt gegen EDV“ zu ungenau, noch klar in Richtung Radiologen verschoben, die Sensitivität der künstlichen Intelligenz liegt bei 63 %, also knapp über einem Münzwurf, aber es ist nur eine Frage der Zeit …

Die Zusammenfassung endet fast ganz COVID-19 frei! „Unsere“ biologischen Medikamente wurden und werden nach wie vor für die COVID-19 Infektion eingesetzt. Zu Beginn wurde es fast zur Katastrophe, als für die SLE-Patienten die Hydroxychloroquintherapie ausverkauft und dann nicht lieferbar war. Wenn die Rheumatologen mit solch einer Datenlage die Therapiealgorithmen etabliert hätten, wäre die Experten als äußert unprofessionell dargestellt worden.