Mobilität ist die Grundlage für Selbstständigkeit, Lebensqualität und Wohlbefinden im Alter (Webber, Porter, & Menec, 2010). Circa 75% der Personen mit Pflegebedarf in Deutschland weisen beim Einzug in eine Pflegeeinrichtung eine Mobilitätsbeeinträchtigung auf, die in der Folge weiter fortschreitet (Wingenfeld, 2014). Gleichzeitig treten Krankheitsereignisse wie Frakturen und Dekubitalgeschwüre bei Immobilität drei Mal häufiger auf (Kleina, 2014). Ursachen hierfür liegen in der sich reduzierenden körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit, welche mit einer sinkenden Selbstständigkeit für Alltagsaktivitäten einhergeht (Almomani, McDowd, Bani-Issa, & Almomani, 2014). Ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen verbringen zudem überdurchschnittlich viel Zeit im Sitzen, wodurch sich das Risiko fortschreitender Immobilität erhöht (Chastin et al., 2015). Im geriatrischen Setting sind Stürze, Gelenkkontrakturen, zunehmende soziale Isolation (Chastin et al., 2015) und ein vermindertes Selbstwertgefühl mit Immobilität assoziiert (Kleina, 2014).

Die Beurteilung von Mobilität und Immobilität von Personen mit Pflegebedarf ist vornehmlich durch eine geriatrische oder pflegewissenschaftliche Perspektive geprägt. Die Definitionen für Mobilität sind dabei vielfältig und reichen von einer simplen Fortbewegung vom Ursprungsort (Webber et al., 2010) bis hin zur Eigenbewegung des Menschen zur Fortbewegung oder Lageveränderung des Körpers (Dialogzentrum Leben im Alter, 2021).

Eine aktuellere Definition, aus einer Delphi-Umfrage unter Einbezug sportwissenschaftlicher Expertise, lautet übersetzt wie folgt:

„Mobilität ist die Fähigkeit, sich frei und selbstständig fortzubewegen (z. B. aus dem Bett aufzustehen, zu sitzen, zu stehen, sich in der Umgebung zu bewegen), uneingeschränkt an den Aktivitäten des täglichen Lebens und am sozialen Leben teilzunehmen und Zugang zu essentiellen Bereichen zu haben (z. B. Esszimmer, Friseur), auch unter Verwendung von Hilfsmitteln wie Gehhilfen, Rollstühlen, Scootern, öffentlichen Verkehrsmitteln sowie anderen Fahrzeugen und Hilfsmitteln“ (Vogel et al., 2022, S. 8).

Mobilität steht zudem in komplexer Interaktion mit zahlreichen Einflussfaktoren. Dazu gehören beispielsweise Erkrankungen, Therapiemaßnahmen, die räumliche und soziale Umgebung (Vogel et al., 2022) sowie das Geschlecht und biografische Gegebenheiten (Webber et al., 2010). Aus dieser Komplexität ergeben sich unterschiedlichste Anforderungen an die Mobilitätsförderung. Sportwissenschaftlich geprägte Gesundheitsförderungsmaßnahmen und Projekte werden jedoch in der Pflege noch zu selten umgesetzt.

Regelmäßige Bewegung bzw. körperliche Aktivität sowie ein aktiver Lebensstil beeinflussen nachweislich positiv die altersbedingten Veränderungen und deren negative Konsequenzen und trägt somit zum Erhalt und zur Verbesserung der Mobilität bei (Miko et al., 2020). Körperliche Inaktivität hingegen erhöht die Wahrscheinlichkeit verschiedener Erkrankungen und geht mit einer erhöhten Gesamtmortalität einher (Park et al., 2020).

Eine sichere Fortbewegung (inkl. eines stabilen Gangbildes) ist ein wichtiger Indikator für den Erhalt der Mobilität und demnach für Gesundheit und Selbstständigkeit von Personen mit Pflegebedarf, denn sie ermöglicht eine dauerhafte gesellschaftliche Teilhabe und beugt Stürzen vor. Hierfür wiederum ist der Ressourcenerhalt sowie die Wiederherstellung und Verbesserung der motorischen Basisfähigkeiten (insbesondere Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) unabdingbar (Cadore, Rodríguez-Mañas, Sinclair, & Izquierdo, 2013; Valenzuela et al., 2020; Vlietstra, Hendrickx, & Waters, 2018).

Allerdings ist die wichtige Rolle von Bewegung und körperlicher Aktivität und die Bedeutung trainings- und sportwissenschaftlicher Erkenntnisse im Bereich der Versorgungsforschung noch unterrepräsentiert.

Seit 2015 wird im Zuge des Präventionsgesetzes (GKV-Spitzenverband, 2021) zunehmend der Fokus auf die Präventionsarbeit sowie Gesundheitsförderung von multimorbiden Bewohner*innen gelegt. Die Mobilitätsförderung ist hier teilweise im Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege“ (Dialogzentrum Leben im Alter, 2021) formuliert und schließt neben individueller Beratung oder Hinweisen zur Gestaltung der räumlichen Umgebung auch gezielte, kontinuierlich stattfinde Bewegungsangebote ein. Individuell angepasste Maßnahmen sollten daher unter Einbezug der Pflegefachkräfte geplant, durchgeführt und evaluiert werden (Vogel et al., 2022).

Die COVID-19-Pandemie wirkte sich durch die Etablierung von umfangreichen Schutzmaßnahmen ebenfalls stark auf die Mobilität von Personen mit Pflegebedarf aus. Personen mit Pflegebedarf sind während der Pflegemaßnahmen oder bei Gruppenaktivitäten einem besonders hohen Infektionsrisiko ausgesetzt (Schweickert et al., 2021). Quarantänemaßnahmen und Besuchsverbote resultierten zudem in einer Abnahme der psychischen und physischen Gesundheit (Deutscher Ethikrat, 2020). Zusätzlich erhöht soziale Isolation die Inzidenz chronischer Erkrankungen, verschlechtert den Verlauf einer Infektion und hat negative Auswirkungen auf die Compliance (Wirth et al., 2021). Alltagshürden ergeben sich weiterhin aus dem Fachkräftemangel, unzureichend geschulten Fachkräften bezüglich Infektionsschutz sowie eingeschränkten räumlichen Möglichkeiten (Schweickert et al., 2021).

Den Pflegeeinrichtungen stehen zur Mobilitätsförderung viele Optionen zur Verfügung (z. B. Einzel- oder Gruppenmaßnahmen, Einbindung in Alltagsaktivitäten wie Gartenarbeit).

Interventionen, z. B. Mehrkomponententraining im Sitzen, erhöhen die motorische und kognitive Leistung bei immobilen Bewohner*innen signifikant (Cordes, Schoene, Kemmler, & Wollesen, 2021). Des Weiteren zeigen Mehrkomponentenprogramme positive Effekte hinsichtlich der körperlichen Leistungsfähigkeit und dem psychosozialen Wohlbefinden mit hoher Akzeptanz der Teilnehmenden (Cordes et al., 2019). Auch demenziell Erkrankte profitieren von einem Mehrkomponententraining (Kruse, Cordes, Schulz, & Wollesen, 2021). Stürze und die resultierende Sturzangst stellen dennoch potenzielle Hürden dar und sollten daher in Interventionen gezielt adressiert werden (Schoene et al., 2019).

Mobilitätsfördernde Maßnahmen sollten aufgrund genannter zahlreicher präventiver und psychosozialer Effekte auch unter Pandemiebedingungen umgesetzt werden. Die Konsequenzen der COVID-19-Pandemie auf die Mobilitätsförderung in deutschen Pflegeeinrichtungen sind bislang selten untersucht. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Maßnahmen zur Mobilitätsförderung in den Pflegeeinrichtungen über die Selbstauskunft der Einrichtungen zu erfassen sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf deren Umsetzung darzustellen. Ergänzend wird untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen und den Merkmalen „Anzahl der Pflegeplätze (AP)“ und „Höhe des Eigenanteils (EA)“ vorliegt, um Unterschiede hinsichtlich der Größe einer Einrichtung und des sozioökonomischen Status zu identifizieren.

Methodik

Studiendesign

Dem Forschungsvorhaben liegt ein exploratives zweistufiges Forschungsdesign (qualitativ, quantitativ) zugrunde. In einem ersten Schritt wurden qualitative leitfadengestützte Telefoninterviews durchgeführt. Die qualitativen Aussagen der Interviews wurden zunächst kategorisiert und in einem zweiten Schritt quantitativ ausgewertet.

Die leitfadenbasierte Telefoninterviews und wurde im Rahmen eines Projekts von April bis Mitte Juni 2021 durchgeführt. Ein positives Ethikvotum (AZ2021_367) der Ethikkommission der Universität Hamburg lag vor und die Studienumsetzung erfolgte im Einklang mit der Deklaration von Helsinki (2013).

Stichprobe

Zur Umsetzung der Befragung wurde ein Mindestumfang von 15 Pflegeeinrichtungen angestrebt. Um eine heterogene Stichprobe zu erzielen, erfolgte der Einbezug von jeweils mindestens einer Einrichtung mit den folgenden Grundvoraussetzungen: >/< 50 Pflegeplätze, Stadt/Land, sozial stark/sozial schwach. Die über Online-Datenbanken (z. B. Heimverzeichnis) recherchierten Einrichtungen wurden anhand dieser Kriterien gefiltert. Ausgeschlossen wurden Einrichtungen, die bereits am Projekt teilnahmen.

Nach telefonischer Kontaktaufnahme zu 105 Einrichtungen willigten freiwillig 16 Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen (6 Männer und 10 Frauen) ein, an der Befragung teilzunehmen. Die Einrichtungen befanden sich in den Regionen Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfahlen. Außerdem wurden die Anzahl der Pflegeplätze (AP) und die Höhe des monatlichen Eigenanteils in den Pflegegraden 2–5 (EA) ermittelt. Gründe für die Nichtteilnahme waren Schwierigkeiten in der Kontaktaufnahme (z. B. Einrichtung nicht erreicht, fehlender Rückruf) oder fehlende zeitliche Ressourcen der Einrichtungs- oder Pflegedienstleitungen.

Durchführung der Erhebung

Die 30-minütigen Interviews führten drei Mitarbeiterinnen des Projekts telefonisch durch. Der selbstentwickelte Interviewleitfaden wurde mit Expert*innen mit Erfahrungen in der stationären Altenpflege (z. B. aus Sportwissenschaft, Pflegewissenschaft, Medizin) abgestimmt. Er umfasste 15 Fragen, von denen zwei Fragen handlungsleitend zur Beantwortung der Forschungsfragen waren (siehe Supplement):

  1. a)

    Wie fördern Sie die Mobilität der Bewohner*innen?

  2. b)

    Inwiefern hat sich die Corona-Pandemie in Ihrer Einrichtung auf die Mobilität und Bewegung im Alltag der Bewohner*innen ausgewirkt?

Auswertungsverfahren

Die Transkription erfolgte anhand der Software MAXQDA (MAXQDA, Berlin, Deutschland; VERBI Software, 2019), welche auch für die anschließende strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) genutzt wurde. Die erhobenen Inhalte wurden anschließend für die weitere Auswertung kodiert. Die Kategorienbildung integrierte in den Haupt- und Subcodes die Aussagen der Befragten über Mobilitätsförderungsmaßnahmen und des Einflusses von COVID-19 (siehe Tab. 1; weitere Informationen nach der Consolidated criteria for reporting qualitative research (COREQ) Checkliste können bei den Autor*innen angefragt werden). Die Einrichtungen wurden zur Kategorisierung der Variable AP nach der durchschnittlichen Kapazität deutscher Pflegeheime (76 Plätze; Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2022) in die Gruppen „Groß“ und „Klein“ (je acht Einrichtungen) untergliedert. Die Klassifizierung des EA richtete sich nach dem Bundesdurchschnitt in Höhe von 1664 € ohne Investitionskosten (Verband der Ersatzkassen, 2022a) und identifizierte sieben Einrichtungen als „günstig“ (< 1664 €) und neun Einrichtungen als „teuer“ (> 1664 €). Die entsprechenden Angaben wurden der Website pflegelotse.de (Verband der Ersatzkassen, 2022b) entnommen.

Die statistische Datenauswertung erfolgte mittels IBM SPSS Statistics 26 (Armonk, NY, USA). Neben der deskriptiven Statistik wurden nach Überprüfung der Voraussetzungen (Test auf Normalverteilung Shapiro-Wilk) eine zweiseitige Korrelationsanalyse nach Speamans-Rho durchgeführt (Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,05). Die Wertung der Ergebnisse erfolgte über Effektstärken nach Cohen (2013) (Werte < 0,5 kleiner Effekt, 0,5 bis 0,8 mittlerer Effekt und Werte > 0,8 großer Effekt).

Ergebnisse

Ergebnisse der qualitativen Analyse

Wie fördern Pflegeeinrichtungen die Mobilität ihrer Bewohner*innen?

Tab. 1 Verteilung der Haupt- und Subcodes der Fragestellung: „Wie fördern Pflegeeinrichtungen die Mobilität ihrer Bewohner*innen?“

Die Auswertung (Tab. 1) zeigte, dass 14 von 16 Einrichtungen (87,5%) die Mobilität ihrer Bewohner*innen direkt durch das Pflegepersonal förderten. Die Maßnahmen umfassten Bewegungsangebote, wie beispielsweise Bewegungstraining, Sitzgymnastik oder Gleichgewichtsübungen. Das Pflegepersonal integrierte Mobilitätsförderung durch Elemente der aktivierenden Pflege oder durch Freizeitaktivitäten. Weitere Mobilitätsförderung wurde durch spezielle Beratungsgespräche und Aufklärung gewährleistet (z. B. Erfassung des aktuellen Mobilitätsstandes, Festlegung von Zielen zur Mobilität im Alltag, Aufklärung über Maßnahmen). Neben der Förderung durch das Pflegepersonal berichtete die Hälfte aller Einrichtungen von einer Förderung durch Bewegungsübungen und Krankengymnastik, durchgeführt von externen Gesundheitsdienstleistenden, wie z. B. Physiotherapeut*innen. Drei Einrichtungen (18,8%) nahmen an speziellen Bewegungsprojekten teil.

Inwiefern hat sich die Corona-Pandemie in Ihrer Einrichtung auf die Mobilität und Bewegung im Alltag der Bewohner*innen ausgewirkt?

Alle Einrichtungen berichteten von einem negativen Einfluss der Corona-Pandemie auf die Möglichkeiten der Mobilitätsförderung (Tab. 2; Abb. 1). Dies umfasste eine Reduktion der Mobilität von Bewohner*innen u. a. bedingt durch die Isolation und Quarantäne (56,3%), den Ausfall von Freizeitaktivitäten (50%) und die psychischen Leiden der Bewohner*innen (Angst, Demotivation, sozialer Rückzug) (37,5%).

Tab. 2 Verteilung der Haupt- und Subcodes der Fragestellung: „Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auf die Mobilität der Bewohner*innen?“
Abb. 1
figure 1

Verteilung der Subcodes der Hauptkategorie: Veränderungen der Maßnahmen durch COVID-19

Für das Merkmal AP (Mittelwert [MW] = 85,31, Standardabweichung [SD] = 34,19) konnte in Bezug auf die Förderung der Mobilität im Zwei-Fälle-Modell dargestellt werden (Abb. 2), dass größere Einrichtungen auf ein größeres Spektrum an Maßnahmen zur Mobilitätsförderung zurückgreifen. Drei Einrichtungen berichteten von der Teilnahme an öffentlichen Bewegungsprojekten, von denen zwei zu den kleinen Einrichtungen zugeordnet werden konnten.

Abb. 2
figure 2

Zwei-Fälle-Modell Zusammenhang Mobilitätsförderung und Anzahl der Pflegeplätze (AP)

Hinsichtlich der Höhe des EA (MW= 1775,23, SD= 438,67) wurde deutlich, dass die teureren Einrichtungen auf eine größere Bandbreite an Maßnahmen zurückgriffen, an öffentlichen Bewegungsprogrammen teilnahmen und Informationsvermittlung als Maßnahme inkludierten (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Zwei-Fälle-Modell hinsichtlich der Förderung von Mobilität und Höhe des Eigenanteils (EA)

Hinsichtlich der AP, des EA und dem Einfluss von Corona konnten kaum aussagekräftige Unterschiede abgeleitet werden: Größere und kleinere Einrichtungen berichteten von adaptierten Maßnahmen, nur kleinere Einrichtungen haben durch pandemiebedingten Personalmangel ihre Maßnahmen nicht durchführen können. Teurere Einrichtungen verzeichneten vermehrten pandemiebedingten Ausfall von Mobilitätsförderungsmaßnahmen.

Ergebnisse der quantitativen Analyse

Die Korrelationsanalyse ergab einen nicht signifikanten Zusammenhang zwischen der Förderung von Mobilität (Anzahl an Maßnahmen: 4,40 ± 1,55) und der Anzahl von Pflegeplätzen (85,31 ± 34,19; r = 0,502; p = 0,057). Somit ist zu vermuten, dass mit steigender Anzahl an Pflegeplätzen auch die Anzahl von Maßnahmen zur Mobilitätsförderung stieg. Dies gilt es jedoch in größeren Studien zu überprüfen. Weiterhin korrelierte die Förderung der Mobilität (Anzahl an Maßnahmen: 4,40 ± 1,55) positiv mit der Höhe des Eigenanteils (1775,23 ± 438,67 €; r = 0,788; p< 0,001). Größere und teurere Einrichtungen förderten demnach die Mobilität in einem größeren Ausmaß. Der Einfluss von Corona (Anzahl an Nennungen: 3,06 ± 0,93) korrelierte mit keiner der untersuchten Variablen.

Diskussion

Ziel der vorliegenden Studie war die Überprüfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Mobilitätsförderung von Pflegeheimbewohnenden unter Berücksichtigung der Anzahl an Pflegeplätzen und der Höhe des Eigenanteils in den untersuchten Einrichtungen.

Die Ergebnisse zeigen auf, dass die Einrichtungen mobilitätsfördernde Maßnahmen, wie beispielsweise Bewegungstraining umsetzen. Bedingt durch die geringe Anzahl an befragten Pflegeeinrichtungen, sind die Ergebnisse jedoch vorsichtig zu interpretieren. Das Pflegepersonal scheint, wie im Expertenstandard (Dialogzentrum Leben im Alter, 2021) beschrieben, den Großteil der Förderung zu übernehmen. Die Förderung der Mobilität erfolgte zudem passiv anhand spezieller Informationsvermittlung von Seiten der Einrichtungen. Diese Informationsvermittlung hilft den Bewohner*innen und deren Angehörigen, die Ursachen und Therapien von mobilitätsbezogenen Krankheiten zu verstehen, und könnte somit aufgrund einer gesteigerten Sinnhaftigkeit zur Motivationsbildung beitragen (Banzer, 2017). Trotz der zahlreichen möglichen mobilitätsfördernden Maßnahmen geben Studien jedoch einen Hinweis darauf, dass Bewohner*innen nach Einzug in eine Pflegeeinrichtung Mobilitätsverluste erleben (Wingenfeld, 2014). Das Pflegepersonal sollte daher aufgrund des engen Umgangs mit den Bewohner*innen geschult werden, mögliche Ursachen und Einflussfaktoren auf eingeschränkte Mobilität zu erkennen und passgenaue Interventionen auszuwählen (Reuther, 2014).

Auffällig ist die geringe Teilnahme von Einrichtungen an Bewegungsprojekten, trotz der großen Auswahl an Projekten zur Förderung der Bewegung Pflegeheimbewohnender und deren nachgewiesener Effektivität sowie dem einfachen Zugang (Stiftung ZQP, 2020). Dies könnte auf eine unzureichende Bekanntheit derartiger Projekte und zugehöriger Fördermöglichkeiten zurückzuführen sein. Die teilnehmenden Einrichtungen wiesen eine geringe Größe sowie einen hohen EA auf. Die quantitative Analyse ergab, dass vor allem EA mit dem Ausmaß der Mobilitätsförderung korreliert. Der Zusammenhang zwischen der Einrichtungsgröße und der Mobilitätsförderung war nicht signifikant (p = 0,057), dennoch ist in Summe zu vermuten, dass personelle Engpässe, fehlende Finanzierung oder verschiedene Prioritätensetzungen der Einrichtungen in kleineren oder günstigeren Einrichtungen zu der verminderten Mobilitätsförderung beitragen könnten. Zukünftige Studien könnten dies zum Anlass nehmen, um generell die Qualität hinsichtlich unterschiedlicher Preisklassen staatlicher Einrichtungen zu vergleichen. Weiterhin sollten Einrichtungen mit geringen finanziellen Ressourcen in Fördermaßnahmen eingebunden werden.

Die COVID-19-Pandemie führte bei allen befragten Einrichtungen zur Reduktion ihrer mobilitätsfördernden Maßnahmen, was aufgrund der zahlreichen Infektionsschutzmaßnahmen zu erwarten war. Die befragten Einrichtungen berichteten über negative Emotionen, wie Angst und Demotivation auf Seiten der Bewohner*innen, was sich mit den Beobachtungen anderer Studien deckt (Benzinger et al., 2021). Um eine Förderung von Mobilität in Pandemiezeiten zu gewähren, setzen Einrichtungen vermehrt auf Kohortenbildung (z. B. in Wohnbereichen) oder die Verlegung der Maßnahmen nach draußen. Mögliche Alternativmaßnahmen könnten Telemedizin oder frei verfügbare digitale Kurse darstellen (Kienle et al., 2021). Da digitale Angebote aufgrund möglicher Gesundheitsrisiken und Datenschutzprobleme jedoch nur bedingt eingesetzt werden können (Kienle et al., 2021), könnte beispielsweise Sitzgymnastik (Cordes et al., 2021) auf den teilweise engen Zimmern mit Anleitungen über Flur oder Fenster eine Alternative darstellen. Um mobilitätsfördernde Maßnahmen auch während einer Pandemie zu gewährleisten, wären interdisziplinäre Leitlinien empfehlenswert. Diese könnten den Pflegeeinrichtungen auch hinsichtlich zukünftiger zu erwartender Pandemien und sonstiger Infektionswellen (Benzinger et al., 2021; Mercer, 2018) einen Handlungsspielraum vorgeben.

Limitationen

Die Aussagekraft der vorliegenden Studie wurde durch diverse Faktoren beeinflusst, welche in zukünftigen Arbeiten weiter optimiert werden könnten. Eine größere Stichprobe und ein quantitatives Design könnte die Repräsentativität von Ergebnissen erhöhen, eine Generalisierbarkeit zulassen und die Robustheit statistischer Aussagen auf Basis der Datenlage verbessern. Die Selbstauskunft der befragten Personen zur Mobilitätsförderung könnte bedingt durch die soziale Erwünschtheit Verzerrungen aufweisen, weshalb die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten sind. Zukünftig könnten ebenfalls Pflegeheimbewohner*innen in die Studie eingeschlossen werden, um eine weitere Perspektive abzudecken und möglicherweise unbeachtete Aspekte mit einzubeziehen. Eine Auswertung der erhobenen Daten von mehreren unabhängigen Personen würde zudem die Objektivität der Auswertung steigern bzw. prüfbar machen.

Fazit

  • Pflegeeinrichtungen nutzen eine Bandbreite von Maßnahmen zur Mobilitätsförderung, hierbei übernimmt das interne Pflegepersonal die primäre Umsetzung.

  • Während der COVID-19-Pandemie war die Mobilitätsförderung durch Eindämmungsmaßnahmen stark eingeschränkt und resultierte in psychischem und physischem Abbau auf Seiten der Bewohner*innen.

  • Viele Einrichtungen entwickelten adaptierte Maßnahmen, um eine Förderung zu gewährleisten.

  • Alternativen könnten z. B. zimmerfreundliche Sitz-Gymnastik oder digitale Angebote darstellen.

  • Besonders bei digitalen Interventionen ohne persönliche Betreuung sind Faktoren wie Datenschutz, Sturzgefahr und andere Gefahrenmöglichkeiten abzuschätzen.

  • Leitlinien zur Mobilitätsförderung während Pandemiezeiten sind erwünscht.