Wettkampfbezogene Emotionen im Sport

Positive und negative Emotionen spielen im Sport eine wichtige Rolle. SpielerInnen einer Mannschaft sind bspw. zu Tode betrübt, wenn die sicher geglaubte Meisterschaft noch aus der Hand gegeben oder der Abstieg doch nicht verhindert wird. Hingegen sind sie ausgelassen und euphorisiert, wenn sie mit ihrem Team in die nächsthöhere Spielklasse aufsteigen oder den Lokalkontrahenten besiegen. Nicht nur Sieg und Niederlage können zu intensiven Emotionen führen, sondern auch das Erleben schmerzhafter Erlebnisse, wie Verletzungen (z. B. ein Sturz im Ski-alpin) oder das Misslingen einer sportlichen Leistung (z. B. ein verschossener Elfmeter).

Obwohl Emotionen im Sport und in anderen alltäglichen Kontexten ein ständiger Begleiter sind und jede/r ein gewisses intuitives Verständnis davon zu haben scheint, was es bedeutet „emotional“ zu sein, wird die wissenschaftliche Konzeption und Definition des Begriffs Emotion seit Beginn ihrer Erforschung, angefangen durch den Philosophen Hume (1739) und später durch Darwin (1872), James (1884) und Lange (1885), kontrovers diskutiert (Furley & Laborde, 2020; Gendron & Feldman Barrett, 2009). In diesem Beitrag folgen wir gängigen psychologischen Theorien, die Emotionen als aktuelle, zeitlich begrenzte Zustände (engl.: „state“) definieren, die zu einer charakteristischen Form subjektiven Erlebens bestimmter physiologischer Veränderungen und zu typischen Verhaltens- bzw. Ausdrucksweisen führen (Meyer, Reisenzein, & Schützwohl, 2001; Schmidt-Atzert, Peper, & Stemmler, 2014). Durch die individuelle Bewertung einer bestimmten Situation werden unterschiedliche Emotionen ausgelöst, die einen steigernden oder hemmenden Einfluss auf die Psyche und Physis haben können (Jekauc, 2018; Hanin, 2007). Laut Ekman (1982) gibt es sechs Basisemotionen (Ärger, Angst, Ekel, Freude, Trauer, Überraschung), später durch eine siebte (Verachtung) ergänzt, die unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder Ethnie auftreten sowie bei anderen erkannt und entschlüsselt werden können. Diese Basisemotionen bilden die Grundlage für sämtliche Unteremotionen. Weitere emotionstheoretische Modelle, wie z. B. von Plutchik (1980) oder Izard (1994), verdeutlichen die Rolle von Basisemotionen bei der Verarbeitung emotionserzeugender Zustände. Beispielsweise gibt es laut Plutchik (1980) acht primäre Emotionen, die auf einer genetischen Grundlage beruhen und einer biologischen Funktion entsprechen (schützen = Furcht, zerstören = Ärger, fortpflanzen = Freude, reintegrieren = Traurigkeit, akzeptieren = Vertrauen, zurückweisen = Ekel, erkunden = Erwarten, orientieren = Überraschung). Alle weiteren bekannten Emotionen seien eine Kombination dieser Basisemotionen. Izard (1994) definiert sogar zehn komplexe, angeborene und somit nicht erlernte Basisemotionen (Freude, Interesse, Überraschung, Verachtung, Scham, Furcht, Schuld, Trauer, Ekel, Wut). Gemein ist diesen Ansätzen, dass sich der emotionale Ausdruck in Mimik, Gestik, Körpersprache, Verhalten sowie physischen Reaktionen des Menschen widerspiegelt (Plutchik, 1980; Izard, 1994).

Die verschiedenen Ausdrucksweisen von Emotionen im Sport spielen vor allem in Wettkampfsituationen eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, zu einem bestimmten Zeitpunkt die optimale Leistung abzurufen (Lane, Beedie, Jones, Uphill, & Devonport, 2012). Denn Emotionen können die sportliche Leistung auf mehreren Ebenen beeinflussen (Jones, 2012; Myers, 2014). Laut der Zwei-Faktoren-Theorie von Schachter und Singer (1962) wirken sie auf der physiologischen Ebene und nehmen somit Einfluss auf die kardiovaskulären Funktionen des Sporttreibenden. Weiterhin können Emotionen aber auch die Leistung durch eine Veränderung kognitiver Prozesse, wie Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, beispielsweise durch ablenkende Gedanken, beeinflussen. Daraus resultierend wirken die auftretenden Emotionen im Wettkampf auf der expressiven und instrumentellen Verhaltensebene, etwa in der Angst vor dem Gegner und damit verbundener schlechter Leistung, aber auch dem Erzielen einer Bestleistung durch die optimale Ausprägung der individuell benötigten Emotionen, dem Jubel und Umarmungen nach Erfolgen oder auch in der Aggression gegenüber KontrahentInnen/SchiedsrichterInnen (Campo et al., 2019). Diese Wirkebenen von Emotionen können, wie in den Beispielen ersichtlich, sowohl leistungsfördernd als auch hemmend sein. Ob eine Emotion funktional oder dysfunktional wirksam wird, hängt zu einem erheblichen Teil von der eigenen Einschätzung der Situation ab, d. h. von der subjektiven Bewertung auftretender Emotionen und der bestehenden Ressourcen (Lazarus, 2006). So kann eine bestimmte Wettkampfsituation, bspw. ein Qualifikationsturnier, bei jemandem positive Gefühle auslösen. Die Vorfreude, endlich die Trainingserfolge präsentieren zu dürfen, kann zu Bestleistungen verhelfen. Andere sind zu euphorisch, so dass die Emotionen eher beeinträchtigend wirken. Ebenso kann die gleiche sportliche Situation negative Gefühle hervorrufen. Bei manchen kann die Angst vor Fehlern negative Auswirkungen haben, und bei anderen wird dieses gewisse Maß an Angst und Wut benötigt, um voll fokussiert und unter Druck Höchstleistungen zu erzielen. Für einen leistungssteigernden Einfluss ist es notwendig, sein eigenes Verhalten und Erleben im Rahmen sportlicher Aktivität und damit sich selbst, die Reaktionen des Körpers, der Gedanken und Gefühle, besser kennenzulernen. Erst dann können gezielte Emotionsregulationsstrategien eingesetzt werden, um den optimalen Zustand für eine maximale Leistung zu erzielen (Alfermann, Pfeffer, & Stoll, 2010; Jones, 2012).

Durch die leistungsbeeinflussenden Wirkungen von Emotionen im Sport wird die Bedeutung wettkampfbezogener Emotionen in der vorliegenden Studie in den Fokus gerückt und innerhalb eines s. g. Scoping-Reviews untersucht (Tricco et al., 2018). Scoping-Reviews gehören zu den weniger bekannten Review-Typen, werden jedoch aktuell als Erweiterung des Vorgehens bei einem systematischen Review nach dem PRISMA-Statement (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses [Moher, Liberati, Tetzlaff, & Altmann, 2010]) verwendet, wenn es darum geht, einen Überblick über ein breites Forschungsfeld (im vorliegenden Manuskript über wettkampfbezogene Emotionen im Sport) zu erlangen. Aus den Ergebnissen lassen sich nach Von Elm, Schreiber, und Haupt, (2019) weitere Forschungsfragen präzisieren und Empfehlungen für zukünftige Arbeiten ableiten.

Da Emotionen einen bedeutenden Einfluss auf den verschiedenen Ebenen (physiologisch, perzeptuell-kognitiv, behavioral) von Sporttreibenden und dementsprechend auf deren sportliche Leistung haben, besteht in der Sportpsychologie großes Interesse sowohl positive als auch negative Emotionen zu erfassen (Brand, Ehrlenspiel, & Graf, 2009; Jekauc, 2018; Schlattmann & Hackfort, 1991). Eine besondere Bedeutung, die sich ebenso in diesem Artikel abzeichnen soll, hat dabei die regelmäßige Erfassung wettkampfbezogener Emotionen, um den individuellen emotionalen Bereich für optimale Leistungen herauszufinden und diese bei Bedarf durch geeignete Interventionen (Greenspan & Feltz, 1989), Maßnahmen (Brand et al., 2009; Hanin, 2000) und Strategien der Emotionsregulation (z. B. Lane et al., 2012; Jones, 2012) herzustellen. Es gilt, die emotionalen Zustände im Kontext optimaler Leistungsbereitschaft zu evaluieren, damit AthletInnen ihr sportliches Potenzial kontinuierlich im Wettkampf voll ausschöpfen können und nicht durch dysfunktionale Emotionen daran gehindert werden. Für die Erfassung von Emotionen durch TrainerInnen und SportpsychologInnen im Training und Wettkampf eignen sich vorwiegend Fragebögen, die optimalerweise zu mehreren Messzeitpunkten (z. B. vor und nach einem Wettkampf oder vor mehreren Wettkämpfen innerhalb einer Saison) standardisiert und ökonomisch zum Einsatz kommen. Für den vorliegenden Übersichtsartikel zu wettkampfbezogenen Emotionen im Sport haben wir daher die Literaturanalyse auf solche Studien eingegrenzt, die Emotionen mittels Fragebögen erhoben haben. Nicht berücksichtigt werden Arbeiten zu Gemütszuständen, Stress, Emotionsregulations- und Copingstrategien, überdauernden persönlichen Eigenschaften (engl.: „trait“) sowie zur Emotionserkennung bei anderen (emotionale Intelligenz). Ähnliche Arbeiten zu Emotionen im Sport existieren bereits von Campo, Mellalieu, Ferrand, Martinent, und Rosnet (2012) und von Janelle, Fawver, und Beatty (2020). Campo et al. (2012) erstellten ein Review mit dem Ziel herauszufinden, welche Emotionen am häufigsten im Mannschaftskontaktsport untersucht wurden. Janelle et al. (2020) klären in ihrem Buchkapitel mit dem Titel Emotion and Sport Performance über die theoretischen Grundlagen und Entstehung von Emotionen und deren Abgrenzung zu Gemütszuständen auf. Anschließend liegt der Fokus des Buchkapitels auf den Mechanismen, die den Einfluss von Emotionen auf die Leistung erklären, wie z. B. Aufmerksamkeitsverzerrungen, Blickverhalten oder motorisch-behaviorale Mechanismen. Das vorliegende Scoping-Review dagegen strebt an, einen Überblick darüber zu geben, welche Auswirkung wettkampfbezogene Emotionen für Sporttreibende, unabhängig von Sportart, Leistungsniveau und Alter, rund um die Leistungserbringung haben. Es beruht – im Gegensatz zu rein narrativen Überblicksbeiträgen (z. B. Janelle et al., 2020) – auf einer strukturierten Review-Methodik. Damit sollen nicht zuletzt Anregungen für zukünftige Arbeiten hinsichtlich der Erfassung eines breiten Spektrums von Emotionen in variierenden Settings (verschiedenen Sportarten, Leistungsniveaus, Altersklassen …) an die sportpsychologische Diagnostik und deren Einsatz in der Praxis gegeben werden.

Methode

Die Literatursuche erfolgte in Anlehnung an die Checkliste zur PRISMA-Erweiterung für Scoping-Reviews (Tricco et al., 2018), die 22 Schritte beinhaltet. Dabei werden auf Basis des theoretischen Hintergrunds und der Zielstellung Suchkriterien für eine umfassende Suche zur Identifizierung von Evidenzquellen festgelegt, welche in geeigneten Datenbanken eingesetzt werden. Die aus dem zweistufigen Screening durch die Autoren resultierenden Arbeiten (Abb. 1) werden im Folgenden zusammengetragen und vorgestellt. Abschließend sollen Implikationen für die sportpsychologische Forschung sowie für die Praxis aufgezeigt werden.

Abb. 1
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Flussdiagramm mit den Ergebnissen der Literaturrecherche

Literaturrecherche

Die Recherche thematisch geeigneter Arbeiten wurde im September 2019 in den für die Sportpsychologie relevanten wissenschaftlichen Datenbanken PubPsych, Pubmed, Web of Science und BISp surf durchgeführt. Für die Literatursuche wurden Schlagworte recherchiert und festgelegt, die mit der Thematik assoziiert werden und eine umfangreiche und gezielte Suche gewährleisten. Dafür wurden englische und deutsche Worte genutzt, um sowohl englisch- als auch deutschsprachige Arbeiten zu finden. Für englischsprachige Arbeiten wurden Schlagworte der drei Kategorien Emotionen („emotions“), Fragebogen („questionnaire, scale“) und Sport („sports, competition, physical activity, exercise“) mit Hilfe von Operatoren miteinander kombiniert. Zusätzlich wurde ein „*“ hinter die jeweiligen Schlagworte gesetzt, welches eine Suche ähnlicher Begriffe integriert. Die Begriffskombinationen bestanden somit aus den Verbindungen „emotions* AND questionnaire*/scale* AND sports*/competition*/physical activity*/exercise*“. Auf diese Weise wurden acht Sucheingaben für englischsprachige Arbeiten generiert. Deutschsprachige Arbeiten wurden in gleicher Weise mit der Sucheingabe der Wörter „Emotionen* UND Fragebogen*/Skala* UND Sport*“ gesucht. Um den aktuellen Stand der Thematik ermitteln zu können, wurde die Suche auf Arbeiten der letzten zehn Jahre begrenzt. Im Suchzeitraum September 2019 führte die initiale Suche, nach Ausschluss doppelter Arbeiten, zu insgesamt 1126 Treffern. Die einzelnen Trefferanzahlen für jede der Suchkombinationen in den jeweiligen Suchmaschinen sind in Tab. 1 sichtbar.

Tab. 1 Anzahl der Treffer in den einzelnen Suchmaschinen zu den jeweiligen Schlagwortkombinationen

Selektionskriterien

Die Auswahl der Studien erfolgte in Anlehnung an die Prisma-Erweiterung für Scoping-Reviews (Tricco et al., 2018). Wie in Abb. 1 dargestellt, ergab die Datenbankrecherche in der Identifikationsphase eine Gesamttrefferzahl von 1488 Arbeiten, nach Ausschluss von Dopplungen 1126 Arbeiten. Im folgenden Schritt wurden die Titel und Schlagwörter der identifizierten Literatur geprüft. Dabei wurden 847 Arbeiten ausgeschlossen, die augenscheinlich mit einem anderen Forschungsfeld (z. B. medizinische Forschung oder Gesundheitssport) im Zusammenhang standen. Arbeiten, die nicht eindeutig ausgeschlossen werden konnten, wurden in diesem Schritt noch nicht entfernt. Die aus dem ersten Überprüfungsschritt resultierenden 279 Arbeiten wurden im nächsten Schritt auf folgende Kriterien überprüft: a) Die Arbeiten müssen zum besseren Verständnis der AutorInnen vollständig in Englisch oder Deutsch publiziert worden sein; b) zur Erfassung wettkampfspezifischer Emotionen müssen situative („state“) Emotionen thematisiert werden, welche mittels validierter Fragebögen (ebenfalls in englischer oder deutscher Version) erfasst wurden; c) dafür müssen die Untersuchungen im Wettkampfsetting, d. h. vor, während oder nach der Leistungserbringung durchgeführt worden sein und d) für die Erfassung des aktuellen Forschungsstands wurden nur Arbeiten aus den letzten zehn Jahren berücksichtigt (seit 2009). Für die Prüfung wurden die vollständigen Texte gelesen und begutachtet. Insgesamt 15 Arbeiten erfüllten die aufgestellten Einschlusskriterien.

Ergebnisse

In den 15 verbliebenen Arbeiten wurden Emotionen von Sporttreibenden vor, während oder nach einem Wettkampf in Kombination mit verschiedenen Zusatzparametern erfasst. In Tab. 2 sind alle herausgefilterten Arbeiten zusammengefasst und dargestellt. Zudem sind Erscheinungsjahr, Anzahl und Alter der Versuchspersonen, untersuchte Sportart und Leistungsniveau sowie Studienziel und -ergebnisse, verwendete Messinstrumente und deren Messzeitpunkt angegeben. Im Folgenden werden allgemeine Daten der Studien wie Alter, Leistungsniveaus und die Art der untersuchten Sportarten (Mannschafts- oder Individualsportarten) zusammenfassend dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse hinsichtlich ihrer Themenschwerpunkte aufgeführt und abschließend diskutiert.

Tab. 2 Eigenschaften der herausgefilterten Studien zur Emotionserfassung im Wettkampfsport

Demografische Daten

Untersucht wurden insgesamt 4552 sportbetreibende Probanden (MGes = 252,89, SDGes = 229,13; Vpnmin = 46 Vpn; McCarthy, Allen & Jones, 2011; Vpnmax = 827 Vpn; Nicholls, Perry, & Calmeiro, 2014), wovon 1724 weiblich und 2363 männlich waren. Das Durchschnittsalter lag bei Mage = 22,61 (SDage = 4,94), welches Schulkinder (M = 10,30; McCarthy et al., 2011) sowie erwachsene Sporttreibende (M = 48,28; Dewar & Kavussanu, 2012) beinhaltet. Eine ebenfalls große Streuung gab es auf dem Leistungsniveau, das sich von SportanfängerInnen (Nicholls, Polman & Levy, 2012a; Nicholls et al., 2014), über Schul- und Universitätsmannschaften (Britton, Kavanagh & Polman, 2019; Kavussanu, Dewar, & Boardley, 2014, 2012; Allen, Jones, & Sheffield, 2009a) bis hin zu internationalen ElitesportlerInnen (Stanger, Chettle, Whittle, & Poolton, 2018; Hagan, Pollmann, & Schack, 2017; Coelho et al., 2012; Vast, Young, & Thomas, 2010) erstreckte. In sieben Arbeiten wurden Sporttreibende aus dem Individualsport sowie dem Mannschaftssport betrachtet (Britton et al., 2019; Stanger et al., 2018; Kavussanu et al., 2014; Nicholls et al., 2014; Dewar & Kavussanu, 2012; Nicholls et al., 2012a; Nicholls, Polman, Levy, & Hulleman, 2012b). Fünf Arbeiten befassten sich lediglich mit IndividualsportlerInnen (Hagan et al., 2017; Koehn, 2013; Coelho et al., 2012; McCarthy et al., 2011; Allen, Jones, & Sheffield, 2009b) und drei Arbeiten mit MannschaftssportlerInnen (Allen, Jones, McCarthy, Sheehan-Mansfield, & Sheffield, 2013; Vast et al., 2010; Allen et al., 2009a).

Themenschwerpunkte der Arbeiten

Bei der Analyse der Literatur ergab sich, dass folgende Aspekte in Bezug auf wettkampfbezogene Emotionen im Sport untersucht wurden. Einen relevanten Aspekt bildete die Thematik ab, wie auftretende Emotionen im Wettkampfgeschehen z. B. auf Kognitionen und ablenkende Gedanken wirken, welche wiederum die Wettkampfleistung beeinflussen können (Stanger et al., 2018; Allen et al., 2013; Koehn, 2013; Coelho et al., 2012; McCarthy et al., 2011; Vast et al., 2010). Weiterhin schien der Zusammenhang zwischen auftretenden Emotionen und der subjektiven Leistungsbeurteilung und damit verbundener Stress beachtenswert (Britton et al., 2019; Nicholls et al., 2014, 53,54,a, b), bzw. ob individuelle Leistungsziele (Kavussanu et al., 2014; Dewar & Kavussanu, 2012) oder die Kausalzuschreibung eigener Leistungen einen Einfluss auf die Emotionen haben (Allen et al., 4,5,a, b). So kann beispielsweise ein im Vergleich zu anderen SportlerInnen schlechteres Ergebnis eine individuelle Bestleistung sein und somit positive Emotionen hervorrufen. Im Gegensatz dazu kann ein Sieg negative Emotionen hervorrufen, wenn der Erfolg nicht der eigenen Leistung zugeschrieben wird. Des Weiteren wurde thematisiert, ob sich die Ausprägung der wettkampfspezifischen Emotionen abhängig vom Geschlecht, Alter und Leistungsniveau aufgrund von Erfahrungswerten (mehr Wettkämpfe, erlernte Regulationsstrategien …) unterscheiden (Hagan et al., 2017). Die detektierten Arbeiten wurden bezüglich ihrer Schwerpunkte zusammengefasst und dargestellt. Der anschließende Fokus liegt auf der Betrachtung und Darstellung der in den vorgestellten Studien verwendeten emotionserfassenden Messinstrumente.

Emotionen, Kognitionen und Angst

Der Forschungsschwerpunkt folgender sechs Studien (Stanger et al., 2018; Allen et al., 2013; Koehn, 2013; Coelho et al., 2012; McCarthy et al., 2011; Vast et al., 2010) lag auf der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen auftretenden Emotionen und kognitiven Störungen, wie ablenkenden Gedanken und Konzentrationsstörungen. Dafür wurden die Probanden vor dem Wettkampf (McCarthy et al., 2011), vor und nach dem Wettkampf (Allen et al., 2013; Coelho et al., 2012) oder lediglich nach dem Wettkampf (Stanger et al., 2018; Koehn, 2013; Vast et al., 2010) nach ihrer subjektiven Einschätzung befragt. Die emotionalen Parameter wurden in den Arbeiten durch die Messinstrumente Sport Emotion Questionnaire (SEQ – Jones, Lane, Bray, Uphill, & Catlin, 2005), Competitive Sport Anxiety Inventory (CSAI-2 – Martens, Burton, Vealey, Bump, & Smith, 1990; CSAI-2d – Swain & Jones, 1993) und Sport Anxiety Scale (SAS‑2 Smith, Smoll, Cumming, & Grossbard, 2006) erfasst. Vast et al. (2010) erfassten die Emotionen der Sporttreibenden mittels SEQ unmittelbar nach Abschluss des sportlichen Ereignisses und an weiteren drei Messzeitpunkten innerhalb von zwei Monaten. Zudem wurden Likert-Skalen von eins bis sieben zur Einschätzung der Gesamtkonzentration, sportlichen Leistung und subjektiven Bewertung des Einflusses der jeweiligen SEQ-Dimensionen auf die Aufmerksamkeit erfragt. Dabei zeigte sich, dass die erfassten positiven Emotionsdimensionen Glück und Aufregung eher mit einer hohen Konzentration verbunden waren als die negativen Emotionsdimensionen Angst, Niedergeschlagenheit und Wut. Allerdings erforderte Aufregung im Vergleich zu den negativen Emotionen mehr Aufmerksamkeit (Vast et al., 2010). Die Forschungsgruppe um Allen et al. (2013) setzten den SEQ in Kombination mit dem Angstinventar SAS‑2 innerhalb einer Stunde vor dem Spiel und ausschließlich das Inventar SAS‑2 innerhalb einer Stunde nach dem Wettkampf ein. Es zeigten sich vorab geringe bis mittlere Ausprägungen der negativen Emotionen Wut und Angst und mittlere bis hohe Ausprägungen in den eher positiven Emotionen Aufregung und Glück. Nach dem Wettkampf wurde eine mittlere bis hohe mentale Anstrengung, jedoch eine geringe Konzentrationsstörung von den Sporttreibenden wahrgenommen. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Angstempfinden vor und Konzentrationsstörungen während des Wettkampfs konnte bestätigt werden. Die Forschungsgruppe um McCarthy et al. (2011) setzte ebenfalls die Instrumente SEQ und SAS‑2 ein, gemeinsam mit dem Thought Occurence Questionnaire for Sport (TOQS – Hatzigeorgiadis & Biddle, 2000). Die Befragung erfolgte unmittelbar vor dem sportlichen Wettkampf, um Zusammenhänge zwischen Emotionen mit kognitiven Störungen und Konzentrationsstörungen zu betrachten. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte lediglich einen geringen Einfluss von positiven und negativen Emotionen auf Konzentrationsstörungen, allerdings einen signifikanten Zusammenhang zwischen auftretenden Fluchtgedanken, den Wettkampf zu verlassen, und einer geringen sportlichen Leistung. In der Studie von Stanger et al. (2018) wurden zu den Emotionsparametern (erfasst durch die Instrumente SEQ und CSAI‑2) auch die ablenkenden Gedanken durch den TOQS gemessen. Dazu kam die Erfassung der Neubewertung nach emotionalen Erlebnissen durch den Emotion Regulation Questionnaire (ERQ – Gross & John, 2003). Die Befragung erfolgte jedoch im Anschluss an das sportliche Ereignis, mit dem Ergebnis, dass kognitive Störungen durch die negativen Emotionen Angst und Niedergeschlagenheit, aber auch die positive Emotion Freude verstärkt, jedoch durch ein gewisses Maß an Aufregung geschwächt wurden.

Weiter eingesetzt wurde das Angstinventar CSAI-2d (Swain & Jones, 1993) in der modifizierten Version, welche die Subskalen der kognitiven und somatischen Angst sowie des Selbstvertrauens mit einer Richtungswahrnehmungsskala erfasst, kombiniert mit der Flow State Scale (FSS‑2 – Jackson & Eklund, 2002) von Koehn (2013). Die Annahme, dass Ängste und mangelndes Selbstvertrauen den Flow-Zustand beeinflussen, bestätigte sich dabei nur zum Teil. Coelho et al. (2012) kombinierten das Angstinventar mit einem Stressinventar (Perceived Stress Scale – Cohen, Kamarck, & Mermelstein, 1983) und setzten diese unmittelbar vor dem ersten und letzten Wettkampf der Saison ein. In der Zwischenzeit absolvierte die Hälfte der Stichprobe dreimal wöchentlich ein multimodales Vorstellungstraining, mit dem Ergebnis, dass diese Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe im Post-Test Unterschiede im Erleben kognitiver Angst, des Selbstvertrauens und der Stresswahrnehmung aufzeigte.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Untersuchungen, die sowohl im Mannschafts- als auch im Individualsport aller Leistungsniveaus durchgeführt wurden, zeigen, dass Angst in Bezug auf einen Wettkampf einen negativen Einfluss auf die Kognitionen hat. Konzentrationsstörungen und ablenkende Gedanken werden dadurch verstärkt. Empfundene Aufregung hat dagegen einen schwächenden Einfluss auf kognitive Störungen, da diese mehr Aufmerksamkeit benötigt.

Emotionen, Leistungsbeurteilung und Stress

Die folgenden vier Studien (Britton et al., 2019; Nicholls et al., 2014, 53,54,a, b) untersuchten den Zusammenhang eines breiten Spektrums von Emotionen und der Stresswahrnehmung von Sporttreibenden. In allen vier Studien wurde die subjektive Einschätzung der wettkampfbezogenen Emotionen durch den SEQ und die Stresskomponente unter anderem durch das Coping Inventar for Competitive Sports (CICS – Gaudreau & Blondin, 2002) entweder vor und nach einem Wettkampf (Britton et al., 2019; Nicholls et al., 2012b) oder lediglich nach dem sportlichen Ereignis (Nicholls, et al., 2014, 2012a) erfasst. Nicholls et al. (2012a) setzten zu den beiden Messinstrumenten die Perceived Stress Scale und eine Likert-Skala von eins bis zehn zur Einschätzung der subjektiven Leistung ein. Die Forschungsgruppe verzeichnete einen positiven Zusammenhang zwischen dem wahrgenommenen Stress und negativen Emotionen (Angst, Ärger, Niedergeschlagenheit) der SportlerInnen sowie einen negativen Zusammenhang mit den positiven Emotionen (Glück). Zudem hingen Glück, Aufregung und funktionierende Strategien mentalen Vorstellungsvermögens mit der subjektiven Einschätzung der sportlichen Leistung zusammen. Das Forschungsteam um Britton (2019) erfasste im Vorfeld an den Wettkampf die Stressreaktivität durch die Perceived Stress Reactivity Scale Adolscent Athletics (PSRS-AA – Britton, Kavanagh & Polman, 2017) sowie die subjektive Wettbewerbsbeurteilung und relative Bedeutung durch das Stressthermometer (Kowalski & Crocker, 2001). Im Anschluss an den Wettbewerb wurde die Kombination SEQ, CICS und Likert-Skala (eins bis zehn) zur Erfassung der subjektiven Leistung eingesetzt. Die Ergebnisse zeigten eine Beeinflussung der Stressreaktivität durch die subjektive Stressintensität, wahrgenommene Bedrohung durch die Wettkampfsituation, auftretende negative Emotionen sowie maladaptive Bewältigungsstrategien. In einer weiteren Studie von Nicholls et al. (20122) erfolgte die Erfassung von Emotionen und Stress im Vorfeld an den Wettkampf durch den SEQ und das Stressinventar Stress Appraisal Measure (SAM – Peacock & Wong, 1990). Nach der Leistungserbringung wurde die subjektive Leistungszufriedenheit über die zehnstufige Likert-Skala und die Stressbewältigung durch die Skala CICS erfragt. Es zeigte sich, dass eine eingeschätzte eigene Unkontrollierbarkeit der Situation mit einer erhöhten Stressbelastung und Bedrohung verbunden wurde. Zudem hing diese Bedrohungsbeurteilung mit negativen Emotionen, Ablenkungs- und Rückzugsstrategien zusammen, und eine wahrgenommene Selbstbeherrschung wurde in Verbindung mit der Bedeutung der Herausforderung und mit einer aufgabenorientierten Bewältigung gebracht. Die aufgabenorientierte Bewältigung war wiederum positiv mit einer überlegenen subjektiven Leistungseinschätzung verbunden. Ebenso wurden die Instrumente SEQ, CICS und SAM von Nicholls et al. (2014), jedoch im Anschluss an den sportlichen Wettbewerb eingesetzt, ergänzt durch den Achievement Goals Questionnaire for Sport (AGQ – Conroy, Elliot, & Hofer, 2003). Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Beurteilung der Wettbewerbssituation und die in diesem Kontext auftretenden Emotionen für die Gestaltung der Stressbewältigung wichtig sind.

Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass negative Emotionen rund um den Wettkampf das Stressempfinden, die Stressreaktivität und auch die Stressbewältigung der Sporttreibenden negativ beeinflussen. Stress stellt im Wettkampfkontext egal ob auf nationaler, internationaler Ebene, im Individualsport oder Mannschaftssport eine Bedrohung dar und korreliert demnach positiv mit negativen Emotionen und negativ mit positiven Emotionen. Zudem beeinflusst das Stressempfinden die subjektiv wahrgenommene sportliche Leistung.

Emotionen und Leistungsziele

In zwei der selektierten Arbeiten lag der Forschungsschwerpunkt auf der Überprüfung des Zusammenhangs von wettkampfbezogenen Emotionen, Leistungszielen und vorhandener Motivation. Die Erhebung erfolgte vor dem sportlichen Wettkampf (Kavussanu et al., 2014; Dewar & Kavussanu, 2012; Studie 1) oder im Anschluss an diesen (Dewar & Kavussanu, 2012; Studie 2). In beiden Arbeiten wurde eine Vielzahl an Messinstrumenten eingesetzt. Kavussanu et al. (2014) erfassten in Bezug auf die bevorstehende Leistungserfassung den wahrgenommenen Erfolg anhand des Perception of Success Questionnaire (POSQ – Roberts, Treasure, & Balague, 1998), die Angstkomponenten durch den SAS‑2 und die kognitive Bewertung mittels Cognitive Appraisals of Sport Comopetition (Adie, Duda, & Ntoumanis, 2010). Zudem wurden die Subskalen wahrgenommene Kompetenz (Intrinsic Motivation Inventory – Ryan, 1982), Aufregung (SEQ) und Hoffnung (Achievement Emotion Questionnaire – Pekrun, Goetz, & Perry, 2005) erfragt. Die Ergebnisse zeigten, dass Aufgabenziele in einem positiven Zusammenhang mit der Aufregung und Hoffnung standen und es eine Beziehung zwischen den Aufgabenzielen und auftretenden Konzentrationsstörungen gab. Zudem stellten sie fest, dass Leistungsziele die Emotionen durch kognitive Beurteilungen beeinflussen konnten. In der Arbeit von Dewar und Kavussanu (2012) wurden drei Studien zum Thema Emotionserfassung im Sport in verschiedenen Sportarten, zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt. Das Studiendesign und auch die Ergebnisse der ersten Studie gleichen der Untersuchung von Kavussanu et al. (2014). Zusätzlich kamen sie zu dem Ergebnis, dass eine Aufgabeninvolvierung einen positiven Einfluss auf die kognitive Beurteilung und die positiven Emotionen hat. Zudem untersuchte die Forschungsgruppe in einer weiteren Studie den Zusammenhang von Leistungszielen durch den POSQ, auftretenden Emotionen mittels SEQ und der subjektiven Leistung, wobei sich eine Beziehung zwischen der wahrgenommenen Leistung und den Dimensionen Glück, Aufregung und Niedergeschlagenheit ergab. In einer dritten Studie wurde der POSQ gemeinsam mit der Angstskala SAS‑2, den Emotionssubskalen Glück und Niedergeschlagenheit, den Subskalen Hoffnung (AEQ), Stolz und Scham (State Shame and Guilt Scale – Marschall, Sanftner, & Tangney, 1994) sowie der subjektiv wahrgenommenen Leistung als auch dem objektiven Ergebnis im Anschluss an den Wettbewerb erfasst. Die Auswertung zeigte vergleichbare Ergebnisse zu den vorangegangenen Studien. Die Aufgabenbeteiligung war positiv mit Glück, Stolz und Hoffnung verbunden und negativ mit Niedergeschlagenheit und Scham. Die Aufgabenbeteiligung kann jedoch die Emotionen durch wahrgenommene Leistung beeinflussen, während die Beziehung zwischen der Ich-Beteiligung und den Emotionen von der Wahrnehmung der Leistung und dem sportlichen Ergebnis abhing.

Festzustellen ist, dass von Schulteams bis hin zu ElitesportlerInnen im Mannschafts- und Individualsport gesetzte Ziele, insbesondere Aufgabenziele in einem positiven Zusammenhang mit wettkampfbezogener Hoffnung und Aufregung sowie in einem negativen Zusammenhang mit Konzentrationsstörungen stehen.

Unterschiede emotionaler Ausprägung im Geschlecht und Leistungsniveau

Die Forschungsgruppe um Hagan et al. (2017) spezialisierte sich auf die Untersuchung der Wechselwirkung von Geschlecht und Leistungsniveau bezüglich der auftretenden Wettbewerbsangst. Dafür wurde das Angstinventar CSAI-2d zu drei Messzeitpunkten eingesetzt; sieben Tage, zwei Tage und eine Stunde vor der Leistungserbringung im Tischtennis. Die Ergebnisse zeigten, dass SportlerInnen, die auf einem internationalen Niveau spielen, weniger kognitive Ängstlichkeit zeigen, seltener somatische Angstsymptome aufweisen und diese weniger interpretieren als die männlichen Sportler auf diesem Leistungslevel. Unabhängig vom Geschlecht wiesen die international aktiven SportlerInnen ein hohes Maß an sportbezogenem Selbstvertrauen auf, welches hinsichtlich des Wettkampfs stetig zunahm. Im Durchschnitt aller AthletInnen wurde eine Schwankung der wahrgenommenen Angst verzeichnet, wobei die Intensität der kognitiven Angst in Bezug auf den Wettkampf stetig zunahm, während die somatischen Angstsymptome eine Stunde vor dem Match abnahmen.

Anzunehmen ist also, dass ein gewisses Leistungsniveau mit mehr erlebten Erfolgen in Verbindung steht, wodurch das Selbstvertrauen höher ist als bei SportlerInnen auf einem niedrigeren Leistungsniveau.

Einfluss von Kausalzuschreibungen auf die Emotionen

Die folgenden zwei Arbeiten fokussierten sich auf die Untersuchung von wettkampfbezogenen Emotionen und deren Kausalzuschreibung vor und nach der Leistungserbringung im Mannschaftssport (Allen et al., 2009a) sowie im Anschluss an den sportlichen Wettkampf im Individualsport (Allen et al., 2009b). Allen et al. (2009a) erfassten dafür Daten der Skala Causal Dimension Scale-Team (CDS‑T – Greenless, Lane, Thelwell, Holder, & Hobson, 2005), des Fragebogens zur Erfassung kollektiver Wirksamkeit Collective Efficacy (Bandura, 1997) und des Emotionsinstruments SEQ 30 min vor dem Wettbewerb. Zudem betrachteten sie die Bedeutung des Wettbewerbs anhand einer vierstufigen Likert-Skala, die subjektive Leistung, die nach Beendigung der Leistungserbringung durch eine siebenstufige Likert-Skala erfasst wurde, und die objektive Leistung. Die Ergebnisse zeigten, dass bei einem Mannschaftssieg die Zuschreibung der Teamkontrolle mit einem höheren Maß an Glück verbunden war als bei einer Niederlage. Die kollektive Wirksamkeit wurde nur durch instabile Zustände beeinflusst, wenn die Niederlage der Mannschaft als kontrollierbar und nicht unter Kontrolle anderer wahrgenommen wurde. Bei der Überprüfung der IndividualsportlerInnen (Allen et al., 2009b) erfasste die Forschungsgruppe die Daten zu drei Messzeitpunkten nach der Leistungserbringung (30 min, fünf Stunden und zwei Tage danach) durch die Sport Attributional Style Scale (SASS – Hanrahan, Grove, & Hattie, 1989) und den SEQ. Wie bereits in der vorherigen Studie wurden zudem eine vierstufige Likert-Skala zur Bedeutung des Wettbewerbs, eine siebenstufige Likert-Skala zur Einschätzung der subjektiven Leistung sowie die objektive Leistung betrachtet. Trotz der mehrstufigen Datenerfassung änderte sich die Ursachenzuschreibung der erbrachten Leistung nicht, jedoch nahm die Ausprägung der Emotionen stetig ab. Bei einer wenig erfolgreichen Leistung war die Ausprägung der negativen Emotionen Wut und Niedergeschlagenheit wahrscheinlicher. Außerdem erlebten die Sporttreibenden Wut über einen längeren Zeitraum, wenn sie die Ursache für die schlechte Leistung als stabil identifizierten.

Positive Emotionen Glück und Aufregung werden demnach empfunden, wenn die sportliche Leistung mit einer internalen Kausalattribution verbunden wird. Die Emotionen nehmen jedoch mit Abstand zum Wettkampfgeschehen ab, wobei die Ursachenzuschreibung der Leistung (internal bzw. external und variabel bzw. stabil) konstant bleibt. Mit der Vorstellung der Studien konnte gezeigt werden, welchen Einfluss Emotionen im sportlichen Wettkampf sowohl vorher, währenddessen oder auch im Anschluss auf die Kognitionen, das Stressempfinden und die sportliche Leistung haben. Im Folgenden werden die Messinstrumente genauer vorgestellt, welche in den Studien zur Emotionserfassung eingesetzt wurden.

Messinstrumente

Zur Erfassung der emotionalen Komponente wurden die Fragebögen Sport Emotion Questionnaire – SEQ (Britton et al., 2019; Stanger et al., 2018; Kavussanu et al., 2014; Nicholls et al., 2014, 53,54,a, b; Allen et al., 2013, 4,5,a, b; Dewar & Kavussanu, 2012; McCarthy et al., 2011; Vast et al., 2010), Competitive State Anxiety Inventory – CSAI‑2 (Stanger et al., 2018; Coelho et al., 2012)/CSAI-2d (Hagan et al., 2017; Koehn, 2013) oder die State Anxiety Scale – SAS‑2 (Kavussanu et al., 2014; Allen et al., 2013; Dewar & Kavussanu, 2012; McCarthy et al., 2011) verwendet. Der SEQ (Jones et al., 2005) erfasst anhand von fünf Dimensionen ganzheitlich sowohl positive (Aufregung, Glück) als auch negative Emotionen (Angst, Niedergeschlagenheit, Ärger) von Sporttreibenden vor, während oder nach einer sportlichen Leistungserfassung. Die insgesamt 22 Items werden durch eine fünftstufige Likert-Skala erfragt. Die Inventare CSAI (CSAI‑2 – Martens et al., 1990; CSAI-2d – Swain & Jones, 1993) und SAS‑2 (Smith et al., 2006) beziehen sich lediglich auf Angstdimensionen. Beim CSAI werden dafür die drei Dimensionen Selbstvertrauen, kognitive Angst und somatische Angst durch 27 Items gemessen. Das Messinstrument zählt als gängige Methode, um wettkampfbezogene Angst zu erfassen und wurde unter anderem durch Swain und Jones (1993) zur CSAI-2d oder durch Cox, Martens und Russel (2003) zur CSAI-2R modifiziert. Die abgewandelten bzw. ergänzten Inventare messen sowohl die Intensität als auch die Richtung der Dimensionen. Die Angstskala SAS‑2 (Smith et al., 2006) misst dagegen die Wettkampfängstlichkeit, die als überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal („trait“) angesehen wird. Dafür werden 15 Items in den drei Dimensionen somatische Angst, Konzentrationsstörungen und Sorge erfasst.

Aktuell auftretende wettkampfbezogene („state“) Emotionen wurden in den herausgefilterten und vorgestellten englischsprachigen Arbeiten letztendlich lediglich durch die Messinstrumente SEQ (Jones et al., 2005) und CSAI (Martens et al., 1990) gemessen. Dies deutet darauf hin, dass die beiden validierten Inventare im englischsprachigen Raum als gängiges Verfahren zur Erfassung von Emotionen im Wettkampfsetting gelten. Im deutschsprachigen Raum existieren mittlerweile von beiden Fragebögen validierte deutschsprachige Versionen. Der SEQ‑d (Wetzel, Weigelt, & Klingsieck, 2020Footnote 1) bietet in der deutschen Fassung eine Kurzskala, die anhand von 13 Items die Dimensionen negative Emotionen, positive Emotionen und Anspannung misst. Ebenso als Kurzskala liegt das Wettkampf-Angst-Inventar-State (Brand et al., 2009) vor, das mit zwölf Items die Dimensionen somatische Angst, Besorgnis und Zuversicht in Bezug auf einen Wettkampf erfasst.

Diskussion

Ziel des vorliegenden Reviews war es, einen Überblick von Arbeiten zur Erfassung wettkampfbezogener („state“) Emotionen im Sport der letzten zehn Jahre zu geben. Dafür wurde in Anlehnung an die PRISMA-Erweiterung für Scoping-Reviews (Tricco et al., 2018) eine Literaturrecherche durchgeführt. Arbeiten, bei denen der Schwerpunkt auf der Erfassung von Stimmungszuständen (engl.: „mood“), Emotionsregulationsstrategien oder emotionaler Intelligenz lag, wurden in diesem Review nicht berücksichtigt. Aus der Recherche gingen 15 selektierte Arbeiten hervor, die alle aufgestellten Kriterien erfüllten. Diese wurden in fünf thematische Schwerpunkte unterteilt und erläutert. Die vorgestellten Studien umfassten die Untersuchung der Beziehung von Emotionen zu kognitiven Störungen, Stress, Leistungszielen, Geschlecht und Leistungsniveau sowie der Kausalzuschreibung. Auffällig war, dass die Komponente der auftretenden Emotionen in Bezug auf den sportlichen Leistungsabruf durch lediglich zwei Messinstrumente (SEQ sowie Versionen des CSAI) erfasst wurden. Letztgenannten Aspekt wollen wir mit Bezug zur sportpsychologischen Diagnostik abschließend ausführlich diskutieren.

Bedeutung für die sportpsychologische Diagnostik

Die sportpsychologische Diagnostik wird zur präzisen Ermittlung der subjektiv empfundenen Emotionen Sporttreibender in Bezug auf einen Wettkampf benötigt. Wie die Ergebnisse der Recherche ergeben haben, liegen der Sportpsychologie nur wenige Messinstrumente vor, welche die Ausprägung sowohl negativer als auch positiver „state“-Emotionen im Rahmen sportlichen Handelns und deren Auswirkung auf der physischen, perzeptuell-kognitiven und behavioralen Ebenen Sporttreibender messen (Brand, Ehrlenspiel, & Graf, 2007; Jekauc, 2018). Fehlende oder unzureichende diagnostische Instrumente führen zu folgenden Problemen: Ohne geeignete Messinstrumente können die Effekte emotionaler Ausprägungen nicht empirisch überprüft werden, womit der sportpsychologischen Forschung relevante Daten fehlen, anhand derer konkrete Vorschläge und Handlungsanweisungen für angemessene Interventionen in der Sportpraxis getätigt werden könnten. Zudem ist die Überprüfung bestehender Theorien ohne eine standardisierte Erfassung von Emotionen nur schwer möglich. Durchgeführte Interventionen (z. B. zur Emotionsregulation) in der angewandten Sportpsychologie können hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nicht adäquat evaluiert werden. Ihr Erfolg kann lediglich anhand der subjektiven Bewertung des/der SportpsychologIn bzw. des/der Trainers/in bemessen werden. Solche Bewertungsprozesse unterliegen Verzerrungen und sind nicht objektiv (Eberspächer, 1993). Betrachtet man die vorgestellten emotionserfassenden Fragebögen auf Eignung des Einsatzes in der angewandten Sportpsychologie, lässt sich Folgendes feststellen: Der englischsprachige Fragebogen CSAI‑2 (Martens et al., 1990), von dem es mit dem Wettkampf-Angst-Inventar (State) (WAI‑S; Brand et al., 2009) eine abgeleitete deutschsprachige Version gibt, misst die auftretende Wettkampfangst als situationsspezifische Dimension („state“). Die jeweiligen Skalen erfassen zwar multidimensionale Merkmale (kognitive-, somatische Angst und Zuversicht), allerdings nur bezüglich der Emotion Angst. Haben Sporttreibende vorrangig Probleme damit, mit ihren Angstzuständen im Sport richtig umzugehen, eignet sich dieser Fragebogen für die praktische Anwendung sehr gut.

Zur Erfassung des gesamten Spektrums aktuell auftretender Emotionen eignet sich das Inventar SEQ (Jones, et al., 2005; deutschsprachige Version SEQ-d – Wetzel et al., 2020) für die angewandte sportpsychologische Praxis. Es misst sowohl negative als auch positive Emotionsdimensionen und lässt sich durch die geringe Item-Anzahl schnell und ökonomisch in Bezug auf einen bevorstehenden oder vergangenen Leistungsabruf einsetzen. Ebenso kann das Inventar schnell ausgewertet werden und somit die Intensität der einzelnen Emotionen aufzeigen. Die Entwicklung neuer Messinstrumente oder auch die Übersetzung und Validierung bestehender Fragebögen zur Erfassung eines möglichst breiten Spektrums situativ auftretender Emotionen stellt aus unserer Sicht deshalb ein Anliegen an die sportpsychologische Forschung dar. Zudem sollte generell der Forschungsschwerpunkt Emotionen, neben den Schwerpunkten Kognition und Motivation sportlichen Erlebens, mehr in den Fokus sportpsychologischer Forschung und Diagnostik rücken.

Bedeutung für die angewandte Sportpsychologie

Die Erfassung von wettkampfbezogenen („state“) Emotionen ist ein wesentlicher Bestandteil der angewandten Sportpsychologie und auch der optimalen Leistungserbringung. In zehn der herausgefilterten Arbeiten wurden zusätzlich zu den emotionserfassenden Messinstrumenten (SEQ – Jones et al., 2005; CSAI-2 – Martens et al., 1990) die Parameter der subjektiven Leistungswahrnehmung bzw. der wahrgenommenen Kompetenz erfasst. Bei einer regelmäßigen Erfassung der auftretenden Emotionen in Bezug auf einen Leistungsabruf und zudem der wahrgenommenen erbrachten Leistung, könnte ein individuell optimaler emotionaler Zustand herausgefiltert werden. In unmittelbarer Wettkampfvorbereitung könnten so gezielte emotionsregulierende Strategien eingesetzt werden, um diesen optimalen Zustand des jeweiligen Sporttreibenden zu erreichen. Diese individuellen Strategien, wie z. B. Aktivierungs- oder Entspannungstechniken, müssten dafür jedoch im Vorfeld durch die Begleitung eines/einer Trainers/Trainerin oder eines/einer sportpsychologischen ExpertIn erlernt werden. Die Erfassung eines gesamten Emotionsspektrums, optimalerweise an mehreren Messzeitpunkten und unter Berücksichtigung der Änderungssensitivität von Emotionen, scheint ein besonders wichtiges Anliegen der angewandten Sportpsychologie zu sein, da für jeden Sporttreibenden eine unterschiedliche Balance von negativen und positiven Emotionen innerhalb eines individuellen Bereichs benötigt wird, um einen optimalen sportlichen Leistungsabruf zu begünstigen. Sportpsychologische Interventionen können sich je nach Testergebnis und gewünschtem Emotionszustand der Regulation negativer Emotionen sowie der Verstärkung positiver Emotionen widmen.

Die vorgestellten emotionserfassenden Fragebögen können im Individualsport und im Mannschaftssport eingesetzt werden und sollten in der Regel innerhalb einer Stunde vor dem Wettkampf ausgefüllt werden, um tatsächlich die aktuellen Emotionen zu erfassen, die in Bezug auf dieses Ereignis empfunden werden. Auf der Basis zahlreicher Studien eignen sich alle Inventare ebenfalls für den Einsatz während des Wettkampfs und nach Beendigung der Leistungserbringung (u. a. Jones et al., 2005; Nicholls et al., 2014; Allen et al., 4,5,a, b). Dabei scheint die zukünftige Untersuchung eines möglichen Unterschieds zwischen MannschaftssportlerInnen und IndividualsportlerInnen spannend. Ebenso, ob es einen bedeutungsvollen Unterschied zwischen den emotionalen Ausprägungen bei Sportreibenden aus verschiedenen Sportarten, unterschiedlichen Sportsystemen und für verschiedene Leistungsniveaus gibt. Außerdem sollte intensiver betrachtet werden, ob es einen Unterschied der Bedeutsamkeit von Emotionen in den verschiedenen Sportarten gibt. Denn der Sportbegriff ist weit gefächert und integriert den Breitensport, in dem eher der Spaß- und Anschlussfaktor im Vordergrund stehen, aber auch den Leistungssport, wo der Leistungs- und Erfolgsaspekt entscheidend sind. Zudem gibt es eine Vielzahl an Mannschafts- und Individualsportarten, die alle ein anderes Anforderungsprofil hinsichtlich physiologischer und psychologischer Beanspruchung mit sich bringen (bspw. Fußball vs. Radsport vs. Judo). Diese angemerkten Punkte sollten zukünftig Aufgabenfelder der angewandten Sportpsychologie darstellen.

Fazit

Wie in diesem Übersichtsartikel deutlich wird, spielen Emotionen im Wettkampfsetting eine bedeutende Rolle, indem sie einen direkten Einfluss auf die Kognitionen, das Verhalten und somit auf die sportliche Leistung von Sporttreibenden haben. Um das regelmäßige Auftreten der aktuellen („state“) Emotionen hinsichtlich eines sportlichen Ereignisses valide erfassen zu können, steht der sportpsychologischen Diagnostik bisher jedoch nur eine begrenzte Anzahl an Messinstrumenten zur Verfügung (SEQ‑d, CSAI, WAI-S). Eine davon abgeleitete Aufgabe für die deutschsprachige sportpsychologische Forschung könnte demnach die systematische Validierung von Messinstrumenten sein, die aktuell in der Sportpraxis eingesetzt werden, jedoch bisher ohne ausreichende Prüfung der Gütekriterien existieren.

Aus Sicht der Autoren sollten Emotionsfragebögen („state“) regelmäßig rund um das Wettkampfgeschehen eingesetzt werden, um die jeweilige optimale Emotions-Leistungs-Relation von Sporttreibenden (in Anlehnung an Hanin, 2000) erfassen zu können. Denn Emotionen sind zeitlich begrenzt und werden aufgrund bestimmter Ereignisse oder Reize ausgelöst bzw. verändert (Schmidt-Atzert et al., 2014). Das einmalige Ausfüllen des Inventars würde lediglich den aktuellen emotionalen Zustand in Bezug auf diese eine bestimmte Situation widerspiegeln. Ein Ziel für die angewandte Sportpsychologie könnte demnach sein, einen Fragebogen, wie beispielsweise den SEQ oder das WAI, regelmäßig vor, aber auch während oder nach einem Leistungsabruf einzusetzen und die Testergebnisse mit der anschließenden sportlichen Leistung zu vergleichen. So könnten optimale emotionale Zustände von Sportmannschaften aber auch der individuell optimale Emotionszustand einzelner Mannschaftsmitglieder oder IndividualsportlerInnen für das Erbringen maximaler Leistung ermittelt werden. Bei abweichenden Werten vor einem Leistungsabruf könnten gezielte Interventionsstrategien erarbeitet und eingesetzt werden, um den (bekannten) optimalen emotionalen Zielzustand zu erreichen. Als weiteren möglichen Auftrag könnte die Digitalisierung von Messinstrumenten bspw. in Form einer App abgeleitet werden. Somit könnte das Ausfüllen direkt auf einem Tablett oder Smartphone erfolgen, und der/die VersuchsleiterIn (TrainerIn oder SportpsychologIn) erhält unmittelbar danach die errechneten Testergebnisse. Eine digitale Version wäre somit nicht nur testökonomischer, sondern entspräche auch eher der aktuellen Lebenswelt der Sporttreibenden.