Unter dem Begriff der kognitiven Aktivierung untersucht die Unterrichtsforschung das Potenzial von Lerngelegenheiten zur fachspezifischen Lernwirksamkeit (Lipowsky 2015). Der Begriff wurde im Rahmen der TIMSS-Studie zur Beschreibung von Unterrichtsmerkmalen in die Mathematikdidaktik eingebracht (Klieme et al. 2001). Empirische Studien erhärten die Annahme, dass kognitive Aktivierung den Lernerfolg im Unterricht unterstützt (Leuders und Holzäpfel 2011).

Das Konstrukt wird vor dem Hintergrund des Konstruktivismus und der Conceptual-Change-Forschung diskutiert und entwickelt (Lipowsky 2015). Lipowsky (2015) beschreibt kognitive Aktivierung als die Anregung zum vertieften Nachdenken und zur elaborierten Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand. Das Ziel von Unterricht sei vor diesem Hintergrund der Aufbau von konzeptionellem und anwendbarem Wissen. Wild und Möller (2015, S. 445) definieren kognitive Aktivierung „in Abgrenzung zu handlungsorientierten Konzepten“ und betonen, „dass der Wissenserwerb nicht von der sichtbaren Aktivität des Lerners abhängt, sondern von dem Grad, indem der Unterricht zu einer gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand motiviert.“ Lerngelegenheiten werden demnach als kognitiv aktivierend bezeichnet, wenn Lernende zur aktiven Auseinandersetzung mit den Lerninhalten auf einem für sie – und den Inhalt – angemessenen, das heißt lernwirksamen Niveau angeregt werden (Leuders und Holzäpfel 2011).

Für körperlich-ästhetische Fächer ergibt sich eine Unschärfe in der begrifflichen Bestimmung von kognitiver Aktivierung. Diese theoretische Unschärfe ist vor allem für den Sportunterricht folgenreich. Bereits in der „Abgrenzung zu handlungsorientierten Konzepten“ (Wild und Möller 2015, S. 445) zeigt sich ein grundlegendes Problem für die Übernahme in die Sportpädagogik. Im Sportunterricht schließt die kognitive Auseinandersetzung unmittelbar an Bewegungshandlungen (körperlich-leibliche Aktivität) an und wird wiederum über diese sichtbar. Daran binden sich im sportpädagogischen Kontext zentrale sportpädagogische Legitimations- und Bildungsansprüche (Ehni 1977; Kurz 1990). Auch sind Bewegungshandlungen vielerorts (z. B. Deutschland, Österreich, Schweiz) in Curricula verankert. Zudem sind Handlungen und Verhalten für die Erklärung der Informationsverarbeitung im Sportunterricht richtungsweisend (Munzert und Raab 2009). So ist Kognition im Sportunterricht nicht von Bewegungshandlungen abgrenzbar und mit den vorliegenden Grundannahmen zur kognitiven Aktivierung nicht zur Gänze konzipierbar. Aus fachdidaktischer Sicht verwundert es daher nicht, dass eine spezifische Auslegung der kognitiven Aktivierung für den Sportunterricht zu leisten ist (Herrmann et al. 2015; Klieme und Rakoczy 2008). Auch wenn der Begriff kognitive Aktivierung bereits in die fachdidaktische Diskussion eingeführt wurde (Gogoll 2010; Pfitzner et al. 2012), fehlt bisher eine Einordnung in den sportwissenschaftlichen Gesamtkontext. Diese Problematik zeigt sich in den aktuell geführten Diskussionen, die bspw. eine kritische Betrachtung der postulierten positive Wirkung expliziter kognitiver Prozesse auf das Bewegungslernen einfordert (Laging 2015; Scherer 2015).

Für eine entsprechende Konzeptualisierung der kognitiven Aktivität und Aktivierung im Sportunterricht schlagen die Autoren die „handlungstheoretische Perspektive“ (Cranach et al. 1980; Kaminski 1984; Munzert 1995; Nitsch 1986), im Sinne einer holistischen Systemtheorie, als integrative BasistheorieFootnote 1 vor. Menschliches Verhalten wird darin als intentional, transaktional eingebunden sowie psychisch reguliert im Kontext biographischer und kulturhistorischer Erfahrungen beschrieben. Denk-, Sprach- und Bewegungshandlungen werden unter dem gleichen Aspekt betrachtet: Eine Person handelt in einer Umwelt, in der sie sich sieht, aufgrund von Aufgaben, die sich ihr stellen. Wesentlich ist, dass die Person als ein zielgerichtet Informationen verarbeitendes Wesen betrachtet wird und dass die kognitive Aktivität als Mechanismus der Informationsverarbeitung angesehen wird. Es ist davon auszugehen, dass vor, während und im Anschluss an Handlungen kognitive, emotionale und automatische Regulationsmechanismen zusammenspielen (Nitsch 1986). Die handlungstheoretische Perspektive bietet integrative Schnittstellen zur intra- und interdisziplinären Konzeptualisierung. Erkenntnisse aus Sportpädagogik (inkl. Didaktik und Bildungswissenschaft), Sportpsychologie und der (psychologisch orientierten) Bewegungswissenschaft können zusammengeführt werden (Bietz et al. 2015; Lenk 1984; Scherer und Bietz 2013; Seiler 1995).

Sportunterricht kann aus handlungstheoretischer Sicht (Cranach 1991; Munzert 1995) als pädagogische Umwelt betrachtet werden, in der die wahrgenommene Umwelt und Ziele der Lernenden ständig mit den Bildungs- und Erziehungszielen abgeglichen werden müssen. Wie Handlungssituationen von Lernenden wahrgenommen werden, hängt auch davon ab, welche pädagogischen und didaktischen Absichten im Sinne von Aufgaben- und Umweltgestaltung von der Lehrkraft in den Sportunterricht hineingetragen werden. So beschreibt auch Schierz (1993) die pädagogische Umwelt im Sportunterricht als Eigenwelt, die sich beispielsweise durch eigene Regeln oder den verpflichtenden Charakter von der Welt des Sports unterscheidet. Kompetenzmodelle definieren in dieser Umwelt das, was Lernende im Sportunterricht können, wollen und wissen sollen (Amesberger und Stadler 2014; Gissel 2014; Gogoll 2012; Messmer 2013). Die abgeleiteten Bildungs- und Erziehungsaufträge werden von professionellen Lehrkräften umgesetzt und eingefordert.

Sportlehrpersonen, als Gestalter des schulischen Auftrags, müssen neben Aspekten der Erziehung also auch Kompetenzen der Lernenden berücksichtigen und sie in Bewegungs- und Lernsituationen gezielt ansteuern. Das Steuern der Lernsituationen kann mit Blick auf eine Erhöhung der Bildungsrelevanz des Faches auch unter dem Aspekt der Professionalisierung diskutiert werden. Dies setzt eine fachdidaktische Rahmentheorie voraus. An der Stelle setzt dieser Beitrag an und stellt ein Struktur- und Prozessmodell der kognitiven Aktivierung und Aktivität im Sportunterricht zur Diskussion. Ausgehend von einer gedächtnistheoretischen Modellierung und darauf bezogenen handlungstheoretischen Überlegungen wird (1) ein theoretisches Rahmenmodell der kognitiven Aktivität im Sportunterricht vorgestellt, das kognitionspsychologische Handlungsrepräsentationen als strukturelle Grundlage für Bewegungshandlungen im Sportunterricht modelliert. Aufbauend darauf wird (2) ein Prozessmodell der kognitiven Aktivierung eingeführt, das fachdidaktische Interaktionen zwischen Lehrperson und Lernenden eröffnet. Entsprechend werden kognitive Aktivität (als kognitiver Prozess der Lernenden) und kognitive Aktivierung (als explizite Intention einer Lehrperson, bei Lernenden eine kognitive Aktivität auszulösen) differenziert und so eine Schnittstelle für didaktische Inszenierungen geschaffen. Zudem werden (3) praxisrelevante Aspekte dieser Unterscheidung für die Aufgabenkultur im Sportunterricht aufgezeigt.

Folgende Arbeitsdefinition für kognitive Aktivierung wird vorab vorgeschlagen. Sie bezieht sich auf Lerninteraktionen, die auf intentionalen Bewegungen und sportlicher Aktivität von Lernenden basiert und soll zusammen mit zwei Fallbeispielen durch diesen konzeptionellen Beitrag führen.

FormalPara Infobox Kognitive Aktivierung

Kognitive Aktivierung im Sportunterricht ist die explizite und ethisch begründete Intention der Sportlehrkraft, in Lernsituationen und -prozessen eine kognitive Aktivität bei Lernenden auszulösen. Lehrkrafthandlungen können dann als kognitiv aktivierend bezeichnet werden, wenn die Lernsituation Informationsverarbeitungsprozesse berücksichtigt, auf eine Verhaltensänderung abzielt, Lernenden eine unterstützende kognitive Auseinandersetzung ermöglicht und sie eine Handlungskonsequenz für Lernende haben. Bei Lernenden führt kognitive Aktivität zu einer verbindlichen Annahme der Lernsituation sowie der Lernevaluation.

Hauptteil

Repräsentationen als Strukturen kognitiver Prozesse

Die heute dominierende gedächtnistheoretische Modellierung geht davon aus, dass kognitive Repräsentationen Gedächtnisinhalte strukturieren, speichern und abrufbar machen (Anderson 2013; Eysenck und Keane 2015). Repräsentationen sind in der Informationsverarbeitung von besonderer Bedeutung, da sie zum einen während des Verarbeitungsprozesses aufgebaut und verändert werden, zum anderen ihrerseits diesen Prozess steuern. Damit bilden Repräsentationen die grundlegende und organisatorische Struktur im Gedächtnis, und Informationen können effizient verarbeitet, intern organisiert und abgerufen werden. Allgemein versteht man unter Repräsentationen, dass von den Reizen, auf die eine Person in der Umwelt trifft, ein inneres Abbild im Kopf aufgebaut wird (Paivio 1986). Das würde bedeuten, dass ein Reiz im kognitiven System des Menschen in eine entsprechende Form übersetzt wird. Im Umgang mit der Welt werden also kognitive Strukturen konstruiert, die vom Individuum erkannte Strukturen aus der Umwelt im Gedächtnis „repräsentieren“ (Anderson 2013).

An dieser Stelle kann nur einordnend diskutiert werden, in welchen Zeichensystemen (Modalitäten) das Wissen repräsentiert wird. In Anlehnung an Anderson (2013) und Paivio (1986) kann prinzipiell zwischen wahrnehmungs- (imaginalen) und bedeutungsbezogenen (konzeptuellen) Repräsentationen unterschieden werden. Wahrnehmungen können beispielsweise visuell-bildlich und auditiv-klanglich repräsentiert sein. Im Gegensatz dazu sind bedeutungsbezogene Repräsentationen von der perzeptiv-sinnlichen Erfahrung losgelöst. Sie speichern stärker das Semantische bzw. das Konzeptuelle der wahrgenommenen Information und sind vom direkten Stimulus losgelöst. Für den sportbezogenen Bewegungs- und Handlungskontext können multimodale oder amodale Ansätze der verkörperten („embodied“) Kognition (Thelen 2000) aufschlussreich sein (z. B. Engelkamp 1990). Entsprechend verfügen Menschen über verschiedene Repräsentationen (visuell, verbal, motorisch, sonstige), die jeweils an verschiedene perzeptuelle und motorische Systeme gebunden sind (Anderson 2013). Amodale Ansätze erklären sich Handlungen dadurch, dass ein kognitiv repräsentiertes Bild der Handlung als visuelle Repräsentation vorerst in eine abstrakte Repräsentation seiner Bedeutung umgewandelt und anschließend in eine motorische Repräsentation konvertiert wird (Anderson 2013). Zu den wenigen Ansätzen der kognitiven Psychologie, die motorische Systeme explizit im Kontext von gedächtnistheoretischen Annahmen thematisieren, gehört die multimodale Gedächtnistheorie von Engelkamp (1990). Sie postuliert eine strikte Trennung von konzeptuellen und sensorisch-motorischen Repräsentationen. Gedächtnissysteme, die für die Verarbeitung und Speicherung sinnesspezifischer Informationen zuständig sind, werden von solchen der Speicherung von motorischen Informationen getrennt. Orthogonal dazu stehen sprachlich und nichtsprachliche Teilsysteme (Engelkamp 1990). Allen Ansätzen ist gemein, dass Menschen von dem, was sie erleben, nicht die Details, sondern die wesentliche Bedeutung abbilden, die den Einzelfall mit einschließt.

Damit Personen Informationen effizient verarbeiten können, benötigen sie eine gut organisierte Gedächtnisstruktur. Im folgenden Kapitel soll zunächst dargelegt werden, welche systemische Struktur Handlungsrepräsentationen im sportbezogenen Bewegungs- und Handlungskontext aufweisen. Dabei soll deutlich werden, welche ganzheitlichen Strukturen bei Schülerinnen und Schüler im Sportunterricht angenommen werden. Aufbauend auf der Präzisierung dieser Gedächtnisstrukturen werden die konstitutive Informationsverarbeitung während Bewegungshandlungen und der Erwerb von Handlungswissen als fachtypische kognitive Aktivität im Sportunterricht dargelegt.

Handlungsrepräsentationen im Sportunterricht

Kognitive Strukturen zur Ermöglichung von Motorik, Bewegung und Bewegungshandlungen werden in der Sportwissenschaft als (Handlungs-)Repräsentationen thematisiert (Bietz 2002; Munzert 1997; Munzert und Raab 2009; Schack 2010). Je nach Forschungsinteresse sind unterschiedliche Repräsentationen oder Repräsentationsebenen beschrieben, die hier nicht einzeln dargelegt werden können. Expliziert werden spezifische Repräsentationen z. B. im Zusammenhang mit Bewegungsvorstellungen (Bietz 2002), mit Bewegungsausführungen (Schack 2010) oder mit der Organisation von Bewegung (Munzert 1997) beschrieben. Handlungsrepräsentationen werden hier für die Konzeptualisierung von kognitiver Aktivierung und Aktivität in Wissensrepräsentationen sowie motorische und emotionale Repräsentationen unterteilt (Amesberger 2014; Munzert und Raab 2009). Grundsätzlich ist anzunehmen, dass Repräsentationen das Wissen über mögliche aufzunehmende Informationen sowie über mögliche Handlungspläne abbilden und damit die Informationsaufnahme und Verarbeitung strukturieren. Die Kodierung von Informationen in Form von Handlungsrepräsentationen führt zu Gedächtnisinhalten, die einer emotionalen, kognitiven und motorischen Wissentlichkeit über Bewegungshandlungen entsprechen.

Wissensrepräsentationen bilden Wissen über Bewegungen, Fertigkeiten und Handlungen ab. Ein wichtiges Merkmal ist, dass zumindest Teilaspekte der Wissensbestände verbalisierbar, also deklarativ sind (McPherson und Vickers 2004). Das ist für die Interaktion zwischen Lehrkraft und Lernenden bedeutsam. Drei Wissensrepräsentationen sind für den Sportunterricht von zentraler Bedeutung (Munzert und Raab 2009). Das (1) deklarative Wissen (Faktenwissen) umfasst bspw. das Wissen über Spielregeln, Trainingsmethoden oder biomechanische Zusammenhänge. (2) Episodisches Wissen beinhaltet Repräsentationen verschiedener Situationen, wie bspw. die Erinnerung daran, dass der Schüler von den Mitschülern für seinen Torschuss bewundert wurde. Als (3) prozedurales Wissen werden typische Abfolgen von Handlungsschritten oder Situation-Aktion-Kopplungen gespeichert.

Aus pädagogischer Perspektive muss eine übergeordnete Wissensrepräsentation ergänzt werden, in der Sichtweisen über das Wissen vorhanden sind (Gruber et al. 2001). Dies können Sichtweisen über kulturelle, schulische Besonderheiten, Gruppendynamiken, ethische Grundsätze, Präkonzepte oder Werteorientierung sein. Sie wird hier als (4) Metarepräsentation Footnote 2 beschrieben und in individuelles und differenzielles Metawissen unterteilt und integriert somit das Anlage-Umwelt-Problem (Gruber et al. 2001) in das Modell. Das (4.1) individuell-subjektive Metawissen repräsentiert z. B. Intentionen, Einstellungen und Sinnzuschreibungen über Bewegung und Sport, die zum subjektiven Erkennen und Respektieren von individuellen Einschränkungen führen. Es wird handlungsrelevant, wenn beispielsweise ein Schüler demotiviert in den Sportunterricht kommt und sagt, dass er die Schule hasst. Im (4.2) differenziell-objektiven Metawissen werden pädagogische Ziele, Gewohnheiten oder Sinnstiftungen gespeichert, die von Sportlehrkräften angeboten oder eingefordert werden. Bei Lernenden zeigt sich dieses Wissen z. B. in der Äußerung: „Bei diesem Lehrer müssen wir die Regeln befolgen!“. Das differenziell-objektive Metawissen bezieht folglich Rahmenbedingungen mit ein und kann verschiedene Umwelten unterscheiden. Eine ähnliche Differenzierung findet sich im sportpädagogisch-didaktischen Diskurs bereits bei Gogoll (2008) und Pfitzner et al. (2012).

Die motorische Repräsentation beinhaltet implizite, kognitive Aspekte der Bewegungsausführung und ist im Gegensatz zu Wissensrepräsentationen nicht verbalisierbar. Auch das hat Implikationen für Interaktionen in Lernsituationen (siehe Infobox Exkurs). Eine Abgrenzung zur Wissensrepräsentation ist für die Sportmotorik relevant (Schack 2010). Wenn ein Lernender weiß, wie ein Felgaufschwung funktioniert, diesen aber trotz seines Wissens nicht adäquat ausführen kann, so wird deutlich, dass motorische und Wissensrepräsentationen unterschiedliche Güte besitzen. Dies zeigt sich auch darin, dass sich motorische Repräsentationen und Motorik langsamer entwickeln als Handlungswissen (Munzert und Hossner 2008).

Die emotionalen Repräsentationen werden in diesem Beitrag nicht ausgeführtFootnote 3. Aufgrund von bisher wenig elaborierten Konzepten sind bestehende Befunde schwierig einzuordnen (Reicherts und Horn 2009; Vallerand und Blanchard 2000). Dennoch wird mitgedacht, dass sich das emotionale Regulationssystem „auf die individuelle Gesamtsituation“ bezieht (Nitsch 1986, S. 225). Es beruht auf erworbenen Motiven und Befriedigungserfahrungen, die Basis für „Bedeutungserlebnisse“ bilden. Daraus entstehen erfahrungsbezogene emotional-implizite Verknüpfungen von Bedeutungszuschreibungen und Verhaltensmustern die sowohl handlungsorganisierende als auch energetisierende Funktion haben. Diese emotionalen Repräsentationen lösen in verschiedenen Situationen generalisierte emotionale Reaktionen aus. So kann z. B. das Vorzeigen im Sportunterricht mit Furcht oder Freude repräsentiert sein.

Vermutlich sind Metarepräsentationen nicht klar von emotionalen Repräsentationen trennbar (Reicherts und Horn 2009). So ist anzunehmen, dass Metarepräsentationen kognitive Aspekte von Emotionen implizieren und beeinflussen. Handlungswirksam werden die kognitiven Anteile der Emotionen vermutlich in der Wahrnehmung, Selektion und integrierenden Repräsentation der Veränderung, die in verschiedenen Aspekten (Appraisal, Physiologie, Motorik und Ausdruck, Motivation) bei Emotionen auftreten (Reicherts und Horn 2009). Die impliziten Anteile der Emotion regeln hingegen komplexes Beziehungsgeschehen. Auch sind auf dieser Ebene rekursive Interaktionsprozesse zwischen Emotion und Kognition in Form kognitiver (Neu-)Bewertung und Emotionsregulation anzunehmen. Gogoll (2010) konnte hierzu nachweisen, dass der Aufbau von intrinsischer Lernmotivation im Sportunterricht voraussetzt, dass ein Lernender etwas über den Gegenstand weiß.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Handlungen von drei Systemen (kognitiv, emotional und automatisch) reguliert werden und als solche repräsentiert sind. Sie besitzen multimodale Bedeutung für Handlungen. Diese Systeme sind über die gesamte Handlungsspanne vor (Antizipationsphase), während (Regulationsphase) und nach der Handlung (Interpretationsphase) aktiv (Nitsch 1986). Als Handlungswissen werden zentrale Wissensaspekte für Handlungen repräsentiert, die in den wesentlichen Aspekten verbalisierbar sind. Als motorische Repräsentationen sind nicht verbalisierbare Aspekte der Bewegungssteuerung und -regulierung abgespeichert. Beides hat Konsequenzen für die lernwirksame Interaktion zwischen Lehrkraft und Lernenden. Daraus kann die Struktur zum Modell der kognitiven Aktivität im Sportunterricht (Abb. 1) abgeleitet werden. Zentral für Situationen und Lehrkräfte im Sportunterricht sind, im Unterschied zu Sportvereinen, verbindliche Lehr- und Lernaspekte, die dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag unterworfen sind (Aschebrock und Stibbe 2013; Gogoll, 2015). Dies impliziert eine für Bewegung und Sport spezifische kognitive Aktivität.

Abb. 1
figure 1

Kognitive Aktivität als Strukturgrundlage für Handlungen und Verhalten im Sportunterricht (in Anlehnung an Amesberger 2014 und Munzert und Raab, 2009); Anmerkung: – nicht berücksichtigt

Kognitive Aktivität der Lernenden

Als kognitive Aktivität im Sportunterricht können alle kognitiven Prozesse des Lernenden gelten, welche die Aufnahme und Verarbeitung sowie das Abrufen und Entwickeln von Repräsentationen betreffen. Im Folgenden werden nun (zum Teil geprüfte) bewegungswissenschaftliche und kognitionspsychologische Annahmen dargelegt. Anhand des Fallbeispiels I (http://www.sportdidaktik.ch/fallarchiv/) wird illustriert, welche Rolle die kognitive Aktivität bei der Informationsverarbeitung spielen kann.

Infobox Fallbeispiel I: Die effiziente Strategie

Unihockey steht auf dem Programm. Als Teil des Aufwärmens treten vier Teams in diversen Stafetten gegeneinander an. Der Sportlehrer erklärt die Aufgabe für die letzte Stafettenform. Ziel des Laufes ist es, mit zwei Hallenwänden einen Doppelpass zu spielen, anschließend hinter dem Tor durchzulaufen und den Ball dem Mitspieler zu übergeben; dies natürlich so schnell wie möglich. Einige Schüler stellen sich auf, während andere sich eine aus ihrer Sicht gewinnbringende Strategie auszudenken scheinen. Das Rennen beginnt. Das gelbe Team scheint eine besonders gewiefte, effiziente Strategie zu verfolgen: Sie passen an die ihnen am nächsten gelegenen Wände. Eine davon ist die Wand hinter ihnen, an die die anderen Teams und auch der Sportlehrer selbst überhaupt nicht gedacht zu haben scheinen. Das gelbe Team ist innert wenigen Sekunden fertig und gewinnt den Lauf mit großem Vorsprung. Die anderen Teams bleiben ihrem Lauf treu und können bestenfalls Zweite werden.

Informationsverarbeitung

Die Verhaltenswissenschaft geht davon aus, dass die äußerlich sichtbare und messbare Bewegung ein Indikator für interne Informationsverarbeitungsprozesse ist (Herrmann 1988). Verhaltensdaten und Handlungseffekte sind damit ein Indiz für die nicht beobachtbare kognitive Aktivität (Abb. 1). Wesentlich strukturbestimmend für die intrapersonale Organisation von Handlungsoptionen ist die Aufgabe, die der Lernende bewältigen soll (siehe weiter unten). Dabei legt der gegebene Aufgabenkontext den Rahmen fest, innerhalb dessen kognitive Aktivität und (Bewegungs-)Handlungen möglich sind. Im Fallbeispiel wären das die Vorgaben, Regeln und der Unihockeyparcours selbst. So erfordert die jeweilige Aufgabe eine AktivierungFootnote 4 von repräsentierten Handlungen, die sich an einem übergeordneten ZielFootnote 5 ausrichteten. Das Ziel im Fallbeispiel wäre, so schnell wie möglich durch den Stafettenparcours zu kommen. Der implizite motorische Repräsentationsanteil wäre dann die komplexe, möglichst schnelle Bewegungssteuerung und -regulierung von Schläger und Laufrichtungen, der explizite Anteil wäre, die besprochene Taktik in den Bewegungsablauf einfließen zu lassen.

Die Informationsverarbeitung in Handlungssituationen wird nach Munzert und Raab (2009) in drei Verarbeitungsstufen unterteilt. Anfangs wird (a) die Information aufgenommen (Wahrnehmung und selektive Aufmerksamkeit). Darauf folgt (b) die Entscheidung für eine konkrete Handlungsvariante. Auf dritter Stufe findet (c) die Organisation der Bewegungsausführung statt. Die Stufen können sich überlappen, parallel ablaufen und sich gegenseitig beeinflussen. Handlungstheoretisch muss (d) die Interpretation als abschließende Verarbeitungsstufe ergänzt werden (Nitsch 1986). Sie ist im Sportunterricht zur Sicherung von Lernprozessen besonders bedeutungsvoll. Sofern die Lehrperson im Fallbeispiel nichts an die Lernenden rückgemeldet hat, bleibt ihnen die Evaluation und Attribution der Handlungseffekte überlassen. Bei der (a) Informationsaufnahme ist es sinnvoll, zwischen (a.a) „Bottom-up‑“ und (a.b) „Top-down-Prozessen“ zu unterscheiden. „Bottom-up-Prozesse“ beschreiben Verarbeitungsketten von der sportunterrichtlichen Umwelt bis zu den höchsten Verarbeitungszentren der Lernenden. „Bottom-up“ verarbeiten Lernende im Fallbeispiel bspw. die deklarativen, episodischen und prozeduralen Informationsanteile im Parcours (Winkel des Doppelpasses mit der Wand, Lage des Tors, Position der gegnerischen Mannschaft etc.). In „Bottom-up-Prozessen“ werden gleichzeitig motorische Repräsentationen aufgebaut oder angepasst. „Top-down-Prozesse“ dagegen charakterisieren den Einfluss der gespeicherten Repräsentationen in Form von Intentionen oder Wissensbeständen auf aktuelle Verarbeitungsschritte und Handlungen. „Top-down“ verändern sich die Bedingungen der Wahrnehmung also in Abhängigkeit der bisher aufgebauten und in Form von Handlungswissen abrufbaren Repräsentationen. „Top-down“ wird bspw. die als deklaratives Wissen aufgenommene Taktik für das Stafettenspiel handlungswirksam oder die „bottom-up“ gewonnene Einsicht, dass der erste Doppelpass zu stark ausgeführt wurde. Mit dieser Unterscheidung wird jedoch nicht nahegelegt, dass „top-down“ immer bewusste und verbalisierbare und „bottom-up“ zumeist unbewusste und nicht verbalisierbare Prozesse darstellen (Munzert und Raab 2009). In Erweiterung der „Scherenmetapher“ (Simon 1955) sind nach Raab und Gigerenzer (2005) der (a) Informationsaufnahme die (i) Suche nach Informationen und der (ii) Stopp der Informationssuche vorgelagert, die letztlich in die (b) Entscheidung bzw. Ausführung der Handlung übergehen. Diese Bausteine sind auf den Ebenen der Sensorik (Wahrnehmung und Aufmerksamkeit), der höheren Kognition (denken, urteilen, entscheiden) und der Motorik angesiedelt (Munzert und Raab 2009). Eine weiterführende Diskussion der Informationsverarbeitung im Sport und Beispiele der angewandten Forschung können bei Munzert und Raab (2009) nachgelesen werden.

Erwerb von Handlungswissen

Beim Lernen als Erwerb von Handlungswissen im Sportunterricht geht es um den Aufbau, den Abruf oder die Veränderung von Wissensaspekten der Handlungsrepräsentationen. Im Sportunterricht kann Handlungswissen durch assoziative oder nichtassoziative Lernprozesse erworben werden (Zaunbauer und Möller 2009). Jedoch stellt sich zunächst die Frage, wie motorische, also nichtsprachliche Repräsentationen mit den verbalisierbaren Wissensrepräsentationen zusammenspielen.

Die Motorikwissenschaft orientiert sich dazu an einer ideomotorischen Konzeptualisierung motorischer Kontrollprozesse. Dabei wird angenommen, dass die in der Umwelt erzeugten Effekte nicht nur ein Folgeprodukt der eigentlichen Bewegung sind, sondern dass auch die Bewegungskontrolle durch die intendierten und antizipierten Effekte erfolgt (Hossner 2015). Bewegungskontrolle zielt in einer Situation demnach auf die gewünschte, mit Bewegungseffekten verbundene Situationsveränderung ab. „Es findet also eine interne Modellierung der ‚Welt‘ statt, in der Sprache von Effektoptionen und Effekterwartungen“ (Hossner 2015, S. 65). Die Handlungsrepräsentation der intendierten und antizipierten Effekte werden bei Erfolg verstärkt, ein Nichterreichen gibt Anlass zur Veränderung. Auch die Sportpsychologie postuliert zielgerichtetes Verhalten als vom zukünftigen Ergebnis her strukturiert (Munzert und Raab 2009). Für das Lernen von Bewegungen und Bewegungshandlungen impliziert dies, dass sich die Person den Zielzustand im Sinne eines vorweggenommenen Ereignisses vorstellen kann. So ist die Bewegungsvorstellung nach dem Action-Language-Imagination-Modell (ALI-Model, Annett 1996) auch zentrale Vermittlungsinstanz zwischen Motorik und Sprache. Dabei stehen vorerst Motorik und Sprache in keinem direkten Zusammenhang und können lediglich durch einen Wechsel des Verarbeitungsstranges wechselseitig beeinflusst werden. Dieser Wechsel bedingt einerseits einen höheren Verarbeitungsaufwand, andererseits aber auch eine verstärkte Verarbeitungstiefe und konzeptuelle Verarbeitungsprozesse (Engelkamp 1990). Im aktuellen Verarbeitungsprozess kommt es zwar zu Verlusten, jedoch ist bei hoch geübten Sportlern langfristig ein deutlicher Lerngewinn ersichtlich. Dies zeigt sich bspw. in der geschickten Koppelung von expliziten und impliziten Aspekten (Amesberger 2014; Munzert und Raab 2009).

Der Erwerb von Handlungswissen wird häufig mit der Adaptive Control of Thought – Rational Theory (ACT-R-Theorie, Anderson und Lebiere 1998) erklärt (Zaunbauer und Möller 2009). Demnach ist deklaratives Wissen ein Netzwerk von verbundenen Konzepten, sogenannten ChunksFootnote 6. Das Vorhandensein von deklarativen Chunks ist allerdings nutzlos, sofern sie nicht mit prozeduralen Aspekten zur Anwendung gebracht werden. Denn erst in Verbindung mit prozeduralem Wissen werden sie handlungsrelevant. Es ist also anzunehmen, dass prozedurales Wissen leistungsbestimmender ist als episodische Chunks. Prozedurale Verbindungen erleichtern damit den Entscheidungs- und Ausführungsprozess in Handlungssituationen. Deutlich wird dieser Zusammenhang beim Erlernen des Umgangs mit einem Ball. Erst das prozedurale Wissen über das Spielen des Balles steuert die Ausführung. Die ACT-R-Theorie geht davon aus, dass die Steuerung auf Grundlage von Produktionsregeln funktioniert (Anderson und Lebiere 1998). Die Regeln legen fest, unter welchen Bedingungen welches Verhalten gezeigt werden soll. Im Bedingungsteil Wenn wird auf deklaratives Wissen Bezug genommen. Liegt der entsprechende Chunk der Zielhandlung vor, wird das Aktionsteil Dann ausgeführt – z. B. Wenn ich einen bestimmten Ball spielen will, Dann muss ich in einem Wechselspiel von Wahrnehmung und Gedächtnis die richtige Position zum Ball einnehmen. Das Aktionsteil ist dann in der Lage, verschiedene Prozesse auszulösen. Dazu zählt der bedeutende Teil der motorischen Aktivierung (Anderson und Lebiere 1998). Der differenzielle Strukturiertheitsgrad dieser kleinsten Bausteine im Handlungsschema bestimmt damit zugleich den Grad der Flexibilität und die Offenheit der Informationsverarbeitung (Seiler 1990).

Die differenzielle Sportpsychologie erforscht weitere Effekte, die zum Aufbau von Handlungswissen führen (Sudeck et al. 2008). So ist bekannt, dass prozedurale Wenn-Dann-Schemata durch Generalisierung von episodischem Wissen aufgebaut werden (Munzert und Hossner 2008; Zaunbauer und Möller 2009). Episodisches Wissen kann vermutlich auch mit deklarativem Wissen verknüpft und so prozedurales Wissen anreichern. Auch werden Lerneffekte über motorische Resonanz, dem antizipativen Verhalten oder der Intentionsbildung untersucht (Sudeck et al. 2008).

Assoziativ und nicht assoziativ

Es gibt mehrere Möglichkeiten, kognitive Aktivität im Sportunterricht zu unterscheiden (Zaunbauer und Möller 2009). In der Bewegungswissenschaft werden häufig explizite und implizite kognitive Verarbeitungsstränge unterschieden (Amesberger 2014). Explizite bzw. assoziative Handlungsrepräsentationen bestehen dabei aus formulierbarem und reproduzierbarem Wissen. Sie sind den Akteuren bewusst und in ihrer Anwendung logisch nachvollziehbar. Die Lern- und Verarbeitungsprozesse sind zumeist zielgerichtet. Dagegen sind implizite bzw. nichtassoziative Handlungsrepräsentationen sprachlich nicht direkt mitteilbar, sondern in Handlungsrepräsentationen oder Routinen eingelagert (Neuweg 1999). Implizite Repräsentationen werden bspw. beim Erlernen von Fahrradfahren ersichtlich. Der Akteur kann nur schwer in Worte fassen, wie er Fahrrad fährt, ohne dabei umzufallen. Es ist anzunehmen, dass in motorischen Lern- und informationsverarbeitenden Prozessen vorwiegend implizites bzw. nichtassoziatives prozedurales Wissen aufgebaut wird. Im Gegenzug werden Lernsituationen, die auf deklarative Wissensbestände oder Metawissen zugreifen expliziter bzw. assoziativer (Abb. 1). Dennoch wirken implizites und explizites Wissen sowohl bei absichtsvollem wie auch bei unbeabsichtigtem Lernen und Handeln mit (Amesberger 2014).

Zusammenfassend ist die kognitive Aktivität im Sportunterricht Ausdruck impliziter und expliziter Informationsverarbeitungsprozesse. Sie wird im Wesentlichen durch Informationen strukturiert, welche die Aufgabe und Umwelt betreffen. Dabei werden Handlungsoptionen erkannt und genutzt. Die enthaltenen Informationen werden hierarchisch oder heterarchisch verarbeitet und führen zu Handlungsentscheidungen. Diese müssen organisiert, ausgeführt und im Anschluss interpretiert werden. Folglich zeigt sich kognitive Aktivität in sportunterrichtlichen Lernsituationen in Verhaltensdaten bzw. in den Handlungseffekten der Lernenden. Informationsverarbeitung hat im Sportunterricht zumeist den Aufbau oder eine Veränderung von Handlungswissen zur Folge. Der absichtsvolle und unbeabsichtigte Aufbau von Handlungswissen unterliegt nach der ACT-R-Theorie (Anderson und Lebiere 1998) bestimmten Wenn-Dann-Produktionsregeln, die deklarative und prozedurale Anteile besitzen und dadurch erfolgreiches Bewegungshandeln ermöglichen.

Kognitive Aktivierung durch die Lehrperson

Eine Kompetenz von Lehrkräften besteht darin, die kognitive Aktivität der Lernenden im Sportunterricht in Interaktionen anzuregen und durch professionelles Handeln zu begleiten. Intentionale und zielführende Teilhandlungen dieser kognitiven Aktivierung stellen Qualitätsmerkmale professionellen Lehrkrafthandelns dar (Oser 2013). Als wesentliche Schnittstellen dienen dafür verbalisierbare Wissensrepräsentationen (Seiler 1995) und Bewegungsvorstellungen der Schülerinnen und Schüler. Allerdings existieren kaum theoretische Ansätze, die Bedingungen der Umwelt (also des Unterrichts und der Lehrkraft) mit den Informationsverarbeitungsprozessen der Person (also den Lernenden) und der Handlungsausführung in Verbindung setzen. Diese heuristische Systematik wird von Raab und Gigerenzer (2005) beschrieben. Die Autoren konzeptionieren die Bausteine der Informationsverarbeitung bis zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lernenden. Somit eröffnet sich eine theoretische Schnittstelle für unterstützende Inszenierungsmöglichkeiten zwischen Lehrkraft und Lernenden im Sportunterricht. Die Inszenierungen und Aktivitäten der Lehrkraft werden hier als kognitive Aktivierung bezeichnet. Um den kognitiv aktivierenden Interaktionsprozess zwischen Sportlehrkraft und Lernenden zu beschreiben, wird Fallbeispiel II (http://www.sportdidaktik.ch/fallarchiv/) aufgegriffen.

Infobox Fallbeispiel II: Zu hoch gepokert

Die Doppelstunde beginnt mit einem Brennball-Spiel. Während die Klasse konzentriert im Kreis sitzt, werden die gängigen Regeln erklärt. Nach der Instruktion des Lehrers stellt eine Gruppe das nötige Material in der Halle auf und die abwerfende Gruppe überlegt sich ihre Strategie. Die motivierte Eva erkundigt sich, ob beim Abwurf auch „Kicken“ erlaubt sei, was vom Lehrer jedoch verneint wird. Vor dem ersten Abwurf ist die Gruppe noch unschlüssig, wer loslaufen soll. Als schließlich nur eine Schülerin losrennt, bemerkt wiederum Eva, dass gleichzeitig auch mehrere Schülerinnen loslaufen könnten und fragt dies erneut beim Lehrer nach. Dieser antwortet lediglich mit: „Ihr kennt die Regeln!“. Beim zweiten Abwurf laufen mit Ausnahme einer Schülerin alle los. Das überstürzte Loslaufen wird gleich mit mehreren „verbrannten“ Schülerinnen bestraft. Proteste von Janina aus dem gegnerischen Team: „Der, der kickt muss doch auch laufen, oder?“, werden vom Lehrer ignoriert. Währenddessen bemerkt Vera aus Evas Team, dass sich bei der Abwurfstation zu viele Schülerinnen gleichzeitig aufhalten. Sie ruft ihren Mitspielerinnen zu: „Auf geht’s! Lauft alle außer Einer!“. Plötzlich ging ihre risikofreudige Taktik nicht mehr auf. Niemand aus Evas Team erreichte rechtzeitig das Ziel. Somit war die ganze Gruppe „verbrannt“. Das Team von Eva und Vera verlor das Spiel.

Beobachtet man also das Fallbeispiel II unter Berücksichtigung des heuristischen Modells von Raab und Gigerenzer (2005), so kommt man zu folgenden Erkenntnissen:

  • Die Suche nach Informationen bezieht sich auf Hinweisreize, die dem Lernenden helfen, zwischen verschiedenen Handlungsalternativen zu unterscheiden oder Handlungsalternativen zu generieren. Diese Suche kann intrapersonal ablaufen oder durch die dynamische Veränderung des Sportunterrichts (durch die Lehrkraft) bewirkt werden. Im Fallbeispiel II bleibt die Instruktion der Lehrkraft für Evas Team unvollständig. Trotz wiederholter Fragen (also eine verbalisierte Handlungsunsicherheit), wurden den Schülerinnen die Aufgabenbedingungen nicht klar. Das führte im Spiel möglicherweise zu Unsicherheiten in der Generierung von Handlungsalternativen.

  • Auch das Beenden der Informationssuche wird durch interne und externe Faktoren bestimmt. Sobald der Brennball in der Luft war, musste das Team von Eva die Suche nach Informationen prompt beenden, obwohl ihnen die Regeln immer noch nicht klar waren. Die Lehrkraft hatte in mehreren Interaktionen die Möglichkeit, die Regeln zu klären und die Lernenden die Möglichkeit, diese zu verstehen.

  • Zentral für das Verhalten ist dann, wie Informationen in eine entsprechende Handlungsentscheidung und schließlich in der Handlungsausführung umgesetzt werden. Der Lernende wählt aus den Handlungsalternativen und den verschiedenen Ausführungsmerkmalen. In der prompten Entscheidung ist das gesamte Team von Eva losgelaufen. Das führte anfangs zu mehreren „Verbrannten“ und letztlich zur Niederlage. Dass das gegnerische Team aus den Unsicherheiten von Evas Team gelernt und deswegen gewonnen hat, sei als Vermutung nahegelegt.

Sofern der Lehrkraft zu den Bausteinen verbalisierte oder beobachtbare Aspekte vorliegen, bietet sich die Möglichkeit, kognitiv aktivierend einzuwirken. Die Erklärung und adaptiven Ergänzungen der Sportlehrkraft im Fallbeispiel II haben die Schülerinnen und Schüler in der vorliegenden Form zwar kognitiv aktiviert, aber zumindest für Evas Team keine unterstützende kognitive Aktivität ausgelöst. Sofern die Lehrkraft mit der Erklärung ein chancengleiches Spiel auslösen wollte (wovon auszugehen ist), hätte sie (mit der Prämisse einer unterstützenden kognitiven Aktivierung) sicherstellen müssen, dass die deklarativen Spielregeln wirklich im Handlungswissen aller repräsentiert sind. In Fallbeispiel II hat die Lehrkraft (durch die für Lernende verwirrende Erklärung) vermutlich dazu beigetragen, dass dieses Brennball-Spiel für Evas Team zumindest kurzfristig mit negativen Emotionen repräsentiert war.

Lernen als Interaktion zwischen Lehrkraft und Lernenden

Die Bausteine der Informationsverarbeitung (Raab und Gigerenzer 2005) eröffnen aus theoretischer Sicht (z. B. durch die „Suche nach Informationen“ der Schülerinnen und Schüler) eine Schnittstelle zwischen der kognitiven Aktivität und einer kognitiven Aktivierung. Für die professionelle Handlung der Lehrkraft im Sportunterricht ist die kognitive Aktivierung entlang den Bausteinen allerdings schwierig umzusetzen. Zu motorischen Aspekten liegen nicht immer verbalisierte oder beobachtbare Aspekte vor. Auch bedingt die Geschwindigkeit bestimmter Lernsituationen, dass manche Bausteine der Informationsverarbeitung keine Interaktion zulassen und erst im Anschluss zusammen mit der Lehrkraft evaluiert werden können.

Bewusste kognitive Aktivität, die als Referenz der kognitiven Aktivierung für die Lehrkraft gilt, kann an verschiedenen Momenten eines Handlungsablaufes auftreten und differiert in ihrer bewussten Repräsentation, je nachdem wie die Aufmerksamkeit auf das Geschehen gelenkt wird. In Anlehnung an eine „handlungstheoretische Perspektive“ (Munzert 1995) wird hier vorgeschlagen, den Prozess der kognitiven Aktivierung im Kontext von jeglichen Aufgaben in Antizipationsphase, Realisationsphase und Interpretationsphase zu strukturieren. Auch Scherer und Bietz (2013) ordnen die Instruktionen hinsichtlich eines zeitlichen Bezugs vor, während und nach der Bewegung an. Nach funktionaler und zeitlicher Relation lassen sich bewusste Kognitionen zu einer bestimmten Aktivität in (a) steuernde, (b) kontrollierende, (c) bewertende und (d) nicht zur aktuellen Handlung gehörende Kognitionen unterscheiden (Cranach et al. 1980). Kognitive Aktivierung der Lehrkraft könnte im Sportunterricht anhand dieser Ebenen strukturiert und untersucht werden.

An den Aspekten der Handlungsplanung lässt sich exemplarisch zeigen, wie eine Akzentuierung des Repräsentationssystems abläuft. Viele planende und reflexive Prozesse des Handelns laufen in der Antizipationsphase ab (Munzert 1995). Somit kann der Planungsprozess vom Ausführungsprozess getrennt werden. Solche Planungsprozesse können nach Munzert (1995) teilweise von anderen, also z. B. auch von Lehrkräften übernommen werden. Dies ist z. B. der Fall wenn sich das Team von Eva eine deklarative Taktik zurechtlegt, dass alle außer einem laufen. Sobald der „Brennball“ in der Luft ist, muss keiner im Team situativ Informationen suchen; die Handlungsstrategie kann abgerufen und dementsprechend schneller gehandelt werden. Auch wenn Rahmenbedingungen die Handlungsoptionen deutlich einschränken können, kann Handeln – konzeptionell – nie vollständig von außen determiniert sein. So postuliert Munzert (1995, S. 81; in Anlehnung an Cranach 1991) über das Menschenbild der „handlungstheoretischen Perspektive“, dass Menschen sich zu ihrer relativen Autonomie verhalten können und selbst „Verursacher“ des eigenen Musters von Handlungsfreiheit oder Determination sind. Die Person kann sich frei entscheiden, ob sie die „bottom-up“ erhaltene Information der Lehrkraft (bzw. im Praxisbeispiel von Eva) während ihrer Suche nach Informationen in der Handlungssituation auch „top-down“ nutzen will oder sich in ihrer Autonomie lediglich auf situativ erhaltene Informationen stützt. Durch die Handlungsphasen wird also ein praktikabler Rahmen geschaffen, in dem eine unterstützende kognitive Aktivierung möglich ist. Vorausgesetzt die Lernenden nehmen die Informationen der Lehrperson als handlungsleitende Umwelt (was sie als verantwortlicher Akteur, Rahmengeber bzw. professioneller Erziehungs- und Bildungsexperte zumeist wird) und die Aufgabe als solche wahr, kann das Modell der kognitiven Aktivität (Abb. 1) ergänzt und in den Gesamtkontext der kognitiven Aktivierung im Sportunterricht (Abb. 2) eingefügt werden.

Abb. 2
figure 2

Fachdidaktisches Struktur- und Prozessmodell der kognitiven Aktivierung im Sportunterricht; Anmerkung: – nicht berücksichtigt

Der Lehrkraft steht an dieser Schnittstelle eine Vielzahl didaktischer Formen (Messmer 2013) zur Verfügung, um lernwirksamen Sportunterricht zu inszenieren und damit ein kognitiv aktivierendes Angebot zu gestalten. Kognitive Aktivierung bedeutet also, dass Lehrkräfte didaktische Formen verwenden, die den Informationsverarbeitungsprozessen der Lernenden entsprechen. Dies setzt eine entsprechende Diagnostik von Verhaltensmerkmalen voraus und hat eine adaptive (Beck et al. 2008) Setzung der Aufgaben und des Rahmens zur Folge. Die Interaktionsmöglichkeiten können aber auch als strukturverändernde Merkmale von Aufgabe und Umwelt eingesetzt werden. Konkret können Lehrpersonen die Rahmenbedingungen und Aufgaben zielorientiert setzen, um eine bestimmte kognitive Aktivität zu forcieren (bspw. Informationen weglassen, die von den Lernenden erarbeitet werden sollen). Dies setzt aus Sicht der Lehrkraft ein Wissen über die Wirksamkeit der eigenen professionellen Handlungspraxis voraus (Combe und Kolbe 2008).

Instruktionen (im außerschulischen Kontext auch als Anweisungen oder Anregung bezeichnet) und Interventionen der Sportlehrpersonen können damit (vorerst theoretisch begründet) zur LernwirksamkeitFootnote 7 beitragen. Einzelne Inszenierungsmerkmale können hier nur kursorisch angesprochen werden. Für eine vertiefende Beschreibung zum Bewegungslernen wird auf Scherer und Bietz (2013), zum methodischen und didaktischen Handeln im Sportunterricht auf Messmer (2013) und zu didaktischen Ableitungen aus der oben postulierten Verbindung zwischen Sprache und Bewegungshandlungen auf Munzert (1995, 1997) verwiesen. Aus der angewandten Sportwissenschaft ist bekannt, dass in Instruktionen die Informationsverteilung, die Anzahl der Informationen, die Informationsmodalität oder auch die Hervorhebung von Informationen massive Wirkung auf die Auswahl und Ausführung von Bewegungen haben (Munzert und Hossner 2008). Auch kann die Instruktion der Aufgabe bei Lernenden eine Einstellung auf wahrzunehmende Objekte oder Situationen bewirken und durch Bereitschaftsaktivierung die Wahrnehmungsschwelle verändern (Seiler 1990). Jeisy (2014) konnte in einer schulischen Interventionsstudie anhand von den drei Lernchoreographien „Problembasiertes Lernen“, „Erfahrungsorientiertes Lernen“ und „Lernen am Modell“ aufzeigen, dass die Sportlehrkraft durch Steuerung der kognitiven Aktivität zur Lernwirksamkeit beitragen kannFootnote 8. Die Kognitionspsychologie kann weitere orientierende Ergebnisse aus dem Forschungskontext Schule vorweisen (Gadgil et al. 2012; Kwon et al. 2011; Stern et al. 2005; Ziegler und Stern 2014). Einige werden im Folgenden kurz dargelegt. „Vergleichen und Kontrastieren“ hilft den Lernenden, eine deklarative Oberflächenbetrachtung zu überwinden und die zugrundeliegenden Strukturen zu erkennen. Für den Aufbau und den Erwerb von Handlungswissen ist es entscheidend, dass beim aktivierten Vorwissen angesetzt wird. „Selbsterklärungen“ sind dazu verbindliche Reflexions- und Kontrollaufforderungen. Dabei werden neue Informationen gezielt in bestehendes Vorwissen integriert. In Selbsterklärungen konstruieren Lernende zudem fachspezifische Prinzipien. „Metakognitive Strategien“ leiten Reflexionen über die eigenen Lernprozesse an. Mit inhaltsbezogenen Fragen kann dabei sowohl das Fachwissen, insbesondere auch das fachtypische Denken gefördert werden. Auf den Mangel an Erkenntnissen im Sportunterricht wird mehrfach hingewiesen (z. B. Scherer und Bietz 2013). Die meisten Erkenntnisse stammen bisher aus der Motorikforschung und müssen um erziehungs- und bildungstheoretische Ansätze erweitert werden.

Zusammenfassend würde das für den Sportunterricht bedeuten, dass die Sportlehrkraft als Erziehungs- und Bildungsexperte adaptiv InformationenFootnote 9 durch Aufgaben und Umwelten zur Verfügung stellt (kognitive Aktivierung), die bei Lernenden zu Aufmerksamkeitsprozessen führen, entsprechende Lernprozesse anregen und zu Handlungen führen, die lernrelevant sind (kognitive Aktivität).

Aufgaben als struktureller Rahmen der kognitiven Aktivität im Sportunterricht

Die praktische Relevanz der Differenzierung zwischen kognitiver Aktivierung und kognitiver Aktivität kann im Sportunterricht im Rahmen der Aufgabenkultur verdeutlicht werden (zum aktuellen Diskussionsstand der Aufgabenkultur vgl. Pfitzner 2014 und Frankhauser et al. 2014). Im Sportunterricht werden Aufgaben als Hebel zur Steigerung der Unterrichtsqualität verstanden. Im Sinne des für die kognitive Aktivität wesentlich strukturbestimmenden Elements der Aufgabe, sind verschiedene Aufgabenarten hervorzuheben. Dabei wird das Potenzial von Bewegungs-, Lern- und Kontrollaufgaben aus sportpädagogischer und sportdidaktischer Perspektive diskutiert (Frankhauser et al. 2014; Laging 2015; Pfitzner 2014).

Bewegungsaufgaben als genuine Maßnahmen des Sportunterrichts, verfolgen die Idee der Aufforderung zum selbstständigen und problemorientieren Bewegungshandeln. Ziel ist eine körperliche Aktivierung, die als nichtassoziatives bzw. implizites Handlungswissen das Handeln leitet, sich als Erfahrungs- und Köperwissen zeigt und leibanthropologisch in den Bildungsdiskurs eingebunden ist (Laging 2015, S. 136).

Die Lernaufgabe beschreibt ein spezifisches Format der Bewegungsaufgabe (Neuber 2014; Schlechter und Pfitzner 2014). Sie ist im Gegensatz zur Bewegungsaufgabe eine kompetenzorientierte Maßnahme, die sich im Bildungsgehalt von der Bewegungsaufgabe unterscheidet (Pfitzner 2014, S. 32). Die Lernaufgabe grenzt damit das Potenzial der Bewegungsaufgabe ein, indem sie einen Teilaspekt expliziert. Dies wird in dieser Form kritisch diskutiert (Laging 2015; Scherer 2015). Dieser explizite, also assoziative kognitive Anteil der Lernaufgabe, wird in der Praxis meist von Lehrkräften ausgewählt und gesteuert. Dazu müssen Lehrkräfte thematisch zielführende Wissensbestände ermitteln und für die Nutzung im Unterricht aufbereiten. Dies ist ein Aspekt der Professionalisierung von Sportlehrkräften und setzt eine Orientierung an Kompetenzmodellen voraus. Der ExkursFootnote 10 (siehe Infobox Exkurs) soll die Problematik von bewusster Kognition im Zuge der Lernaufgabe im Kontext motorischen Lernens verdeutlichen.

Infobox Exkurs

Vorsicht beim Lehren und Lernen von sportmotorischen Fertigkeiten!

Theorien des motorischen Lernens und entsprechender methodischer Vorgangsweisen werden in der Sportwissenschaft nach wie vor sehr kontrovers diskutiert (Birklbauer 2006; Künzell und Hossner 2012; Lee et al. 1994; Munzert und Hossner 2008; Roth und Willimczik 1999; Schöllhorn et al. 2009). Der Einfluss kognitiver Prozesse auf das motorische Lernen steht dabei außer Frage (Lee et al. 1994; Munzert und Hossner 2008). Einige Ansätze werden auch im Sportunterricht erforscht und angewendet (Beckmann und Wichmann 2005; Herrmann et al. 2015). Zwei wesentliche Erkenntnisse liegen vor, die eine kritische Auseinandersetzung mit dem Plädoyer für eine assoziative kognitive Lernaktivität im Sportunterricht herausfordern.

Motorisches Lernen zielt bspw. im differenziellen Lernen implizit über differenzielle Bewegungserfahrungen auf automatisiertes, selbstorganisiertes Handeln ab (Schöllhorn et al. 2009). Fertigkeiten können über mehrere Wochen aufgebaut und automatisiert werden. Motorische Repräsentationen sind dann implizit abrufbar (Munzert und Hossner 2008; Schöllhorn et al. 2009). Instruierte Aufmerksamkeitsfokussierung kann den Aufbau und die Veränderung impliziter Handlungsrepräsentationen stören (Hänsel 2003; Wulf und Prinz 2001). Entsprechend ist im Kontext Sportunterricht zu hinterfragen, welche expliziten Instruktionen auf motorischer Ebene lernhinderlich sein könnten (Raab 2001). Eine falsch angesetzte Reflexivität insbesondere in Realisations- und Interpretationsphasen könnte den impliziten Aufbau von Repräsentationen beeinträchtigen. In diesem Kontext besteht allerdings noch hoher Forschungsbedarf. Dieses Problem umgeht die Bewegungsaufgabe, indem sie lediglich den Anspruch verfolgt, implizites Wissen aufzubauen (Laging 2015). Aus sportdidaktischer Sicht wird argumentiert, dass die grundlegenden Aspekte des Trainierens (welche sich im Unterrichtskontinuum von Üben und Problemlösen im jeweiligen Kompetenzaufbau unterscheiden [Frankhauser et al. 2014]) im Sportunterricht mit Tätigkeiten verknüpft sind, die reflexive Momente oder offene Problemstellungen tendenziell ausschließen. Um das motorische Lernen nicht zu behindern, sind der Zeitpunkt, der Abstraktionsgrad und der Aufmerksamkeitsfokus (inkl. Informationsdichte) der verbalen Instruktion hilfreiche Maßregler zur Repräsentationsteuerung von expliziter und impliziter kognitiver Aktivität (Munzert und Hossner 2008).

Sportunterricht muss seine Funktion im Kontext motorischen Lernens auch vor dem Hintergrund der Aneignungsdauer hinterfragen. So dauern motorische Lernprozesse meist über mehrere Wochen. Von motorischer Expertise wird erst nach ca. 10 Jahren gesprochen (Munzert und Hossner 2008). Das heißt, dass motorisches Lernen durch das geringe und selten optimal aufgeteilte Stundenkontingent nicht zur Gänze im Sportunterricht ablaufen kann. Sportunterricht muss daher auch Lernen außerhalb der Lektionen anregen – bspw. über das Aufgabenformat der Hausaufgabe (Tab. 1). Auch stellen konsekutiv aufbauende motorische Basisqualifikationen für den Sportunterricht hier einen Lösungsansatz dar (Herrmann et al. 2015). Dies verdeutlicht auch die Bedeutung langfristiger Lernplanungen, die sogar über eine Jahresplanung hinausgehen sollte.

Tab. 1 Lern- und Kontrollaufgaben im Sportunterricht. (Aus: Frankhauser et al. 2014)

Frankhauser et al. (2014) differenzieren Aufgaben im Sportunterricht aus fachdidaktischer Sicht in Lern-Footnote 11 und Kontrollaufgaben (Tab. 1).

Aus „handlungstheoretischer Perspektive“ ist eine didaktische Differenzierung in verschiedene Aufgabenarten durch die Lehrkraft zweckmäßig. Die Trennung verdeutlicht für Lernende den Rahmen anhand von situativ unterschiedlichen Umständen und Folgen. Der Lernende steht bspw. beim Einstieg in eine neue Sportart vor einer anderen Aufgabe als bei der Aufgabe zur Strukturierung (Tab. 1). Durch die Trennung werden der individuelle Handlungsrahmen und die jeweiligen Ziele klarer, was wiederum die Informationsverarbeitung und den Aufbau von Handlungswissen durch eine Eingrenzung der Handlungsoptionen erleichtert. Die Rahmenbedingungen der Einstiegsaufgabe lassen orientierende Erkundungstätigkeiten zu, wogegen die Stukturierungsaufgabe eine zielgerichtete kognitive Aktivität benötigt und geschlossenere Lösungen fordert. Am deutlichsten wird der Unterschied bei Test- und Prüfungsaufgaben (Tab. 1). Bei letzteren sind die Rahmenbedingungen so, dass jeder Fehler Konsequenzen in Form von Noten hat, was zu Handlungswirksamkeit von emotionalen Repräsentationen führen könnte. Aufgaben lösen grundsätzlich kognitive Aktivität aus und geben Ziele und Rahmen vor. Kommuniziert die Lehrkraft die Aufgabenart, dann kann von einer unterstützenden kognitiven Aktivierung gesprochen werden.

Fazit und Ausblick

Eine Konzeptionierung der kognitiven Aktivierung und Aktivität auf Basis der „handlungstheoretischen Perspektive“ zeigt sich aus fachdidaktischer (Aschebrock und Stibbe 2013; Frankhauser et al. 2014), bewegungswissenschaftlicher (Munzert und Hossner 2008; Scherer und Bietz 2013) und sportpsychologischer Perspektive (Munzert und Raab 2009) als gewinnbringend. Im vorliegenden Beitrag wurde versucht, kognitionspsychologische, bewegungswissenschaftliche und fachdidaktische Erkenntnisse zu Aufgaben zusammenzuführen, um daraus einen fachdidaktisch begründeten Definitionsvorschlag sowie ein theoriegeleitetes Prozessmodell für kognitive Aktivierung und Aktivität im Sportunterricht zu erarbeiten. Als Fazit lässt sich Folgendes ableiten: Die professionelle Sportlehrkraft stellt im Sportunterricht adaptiv Informationen zur Verfügung (kognitive Aktivierung), die bei den Lernenden zu Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsprozessen führen, entsprechende Lernprozesse anregen und zu Handlungen führen, die für sie lernrelevant sind (kognitive Aktivität). Das Struktur- und Prozessmodell zeigt des Weiteren auf, welche kognitiven Strukturen und welche darin repräsentierten Inhalte aktiviert werden können sowie über welche Schnittstelle Lernwirksamkeit vermutet wird. Dieser Beitrag kommt somit der Forderung nach einer fachspezifischen Auslegung von kognitiver Aktivierung im Sportunterricht nach (Herrmann et al. 2015; Klieme und Rakoczy 2008) und ist in einen sportwissenschaftlichen Gesamtkontext eingebettet.

Die vorliegende Konzeption legt theoretische und empirische Forschungsdesiderate offen. Das Prozessmodell ist zwar anschlussfähig an den pädagogischen Erziehungs- und Bildungsauftrag des Faches, jedoch wird damit noch nicht definiert, welche fachdidaktischen Ziele und Inhalte (Meta- und Wissensrepräsentationen) Lehrkräfte im Sportunterricht ansteuern sollen – dies kann in Verbindung mit den vorhandenen Kompetenzmodellen oder den normativen fachdidaktischen Lesearten sichtbar werden. Es bleibt weiter offen, wie sich die vielfältigen Möglichkeiten der kognitiven Aktivierung strukturieren lassen. Kognitive Aktivität hat nach einem ideomotorischen Ansatz beim Erwerb von neuen Bewegungen vor allem zwei Funktionen: (1) antizipatorische Funktion der Orientierung im Sinne von Bedeutungszuweisung, Planung und Kalkulation sowie (2) interpretatorische Funktion der Bewertungszuschreibung und Evaluation (Hossner 2015; Seiler 1995). So könnten (1) kognitive Aktivierung zur Steuerung von sportlicher Tätigkeit und (2) kognitive Aktivierung zur Interpretation bzw. Reflexion sportlicher Tätigkeit in ihren Wirkungen genauer erforscht werden. Inwiefern eine solche kognitive Aktivierung durch bewusste kognitive Aktivität das Bewegungslernen verbessert, ist kritisch zu betrachten (siehe Infobox Exkurs). Für den Handlungsablauf kann eine kognitive Aktivierung entlang der steuernden, kontrollierenden, bewertenden und nicht zur aktuellen Handlung gehörenden bewussten kognitiven Aktivität vorgeschlagen werden (Cranach et al. 1980; Kalbermatten 1984). Um den Bildungsgehalt des Faches mit explizitem Handlungswissen zu erhöhen, benötigt es weitere Forschungsbemühungen, welche die Schnittstelle zwischen der expliziten und impliziten Informationsverarbeitung beleuchteten. Im Sportunterricht ist nicht zuletzt auch die Langfristigkeit der Lernsicherung, und damit der Blick auf die Entwicklung, ein wesentliches, noch wenig beforschtes Thema. Vielversprechend erscheinen Forschungsansätze zum „cognitive effort“ (Solmon 2003), die der Forschung zur Lernaufgabe (Schlechter und Pfitzner 2014) nahe stehen. Als weiteres Forschungsdesiderat bleibt die Frage, ob und wann die Lehrperson von den Lernenden als Umwelt bzw. Aufgaben als lernrelevant wahrgenommen werden.

Die theoretische Konzeption kognitiver Aktivierung insbesondere in Relation zur kognitiven Aktivität im Rahmen eines Struktur- und Prozessmodells soll somit als fachdidaktische Rahmentheorie zur Erforschung der Lernwirksamkeit von Sportunterricht dienen, um systematisch Forschungsdesiderate herauszufiltern und der Bearbeitung zuzuführen.