1 Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation

Das Rehabilitationssystem in Deutschland unterscheidet Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung sowie unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen. Da sich diese Leistungen an Menschen mit Behinderung bzw. von Behinderung bedrohten Menschen richten, sind die übergreifenden Bestimmungen der Leistungen zur Rehabilitation im Zuge der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in das Sozialgesetzbuch (SGB) IX übertragen worden. Übergeordnete Ziele sind daher die Förderung der Selbstbestimmung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (§1 SGB IX).

Die im Kern soziale Zielstellung der medizinischen Rehabilitation wird in Abhängigkeit der Leistungsträgerschaft weiter ausdifferenziert. Dabei wird nach dem Ziel der Reha-Maßnahme unterschieden. So können Maßnahmen von Personen im berufsfähigen Alter durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) auf Antrag bewilligt werden. Damit verbunden ist eine besondere Fokussierung der Teilhabe am Arbeitsleben („Reha vor Rente“ vgl. §9 SGB VI). Im Vergleich der Kostenträger übernahmen 2019 die DRV ca. 39,2 % der Kosten aller Leistungen in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (Gesamtvolumen; 10.644 Mio. Euro). Darauf folgten u. a. die GKV mit 29,8 % (BAR 2021). Differenzierte Daten zu den Rehabilitationsmaßnahmen hält die DRV vor, die 2019 für über eine Million medizinische Rehabilitationsleistungen aufgekommen ist. Etwa 81,0 % der Leistungen für Erwachsene werden stationär erbracht. Zu den wichtigsten Indikationsbereichen zählen die muskuloskeletalen Krankheiten mit ca. 42,0 % aller stationären Leistungen, sowie, seit einiger Zeit mit steigendem Anteil, die psychischen Erkrankungen (ca. 17,0 %). Die durchschnittliche Dauer eines stationären Aufenthalts lag exklusive Rehabilitationsleistungen bei Abhängigkeitserkrankungen (ca. 87,4 Tage) und psychischen Erkrankungen (ca. 37,3 Tagen) zwischen 23,4 und 29,7 Tagen (DRV Bund 2021).

Sozialdienstmitarbeiter*innen der Reha-Einrichtungen arbeiten unter ärztlicher Aufsicht und in enger Kooperation mit den anderen Berufsgruppen (z. B. Psychologie, Therapie, Pflege) zusammen. Fallbezogene Aufgaben sind die finanzielle Absicherung für die Zeit des Reha-Aufenthalts, die berufliche und gesellschaftliche (Re‑)Integration sowie die Organisation nachsorgender Leistungen (Knoop und Anton 2022). Methodisch orientiert sich die Soziale Arbeit in diesem Arbeitsfeld hauptsächlich an der Einzelfallhilfe (Lukasczik et al., 2019). Instrumente der Qualitätssicherung der DRV, die eine wirtschaftliche Bedeutung für die von der DRV federführend belegten Einrichtungen haben (Zeisberger et al. 2019), bestimmen mit ihren Vorgaben die Ausgestaltung und Inhalte der Leistungen der Sozialen Arbeit maßgeblich mit (Knoop und Anton 2022). Hinsichtlich der Strukturqualität der Sozialdienste werden Vorgaben für die personelle Ausstattung der Reha-Einrichtungen gemacht. Diese liegen in der ganztägig ambulanten Rehabilitation (1,25 Vollzeitstellen je 100 Behandlungsplätze, Vorgaben nur für Orthopädie, Kardiologie und Neurologie) und der stationären psychosomatischen Rehabilitation (1,2 Vollzeitstellen je 100 Betten) höher als in der stationären somatischen Rehabilitation (1,0 Vollzeitstellen je 100 Betten). Indikationsübergreifend wurden Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der sog. Klassifikation therapeutischer Leistungen (KTL, DRV Bund 2021) zusammengeführt. Die KTL dient als ein zentrales Instrument zur Sicherung der Prozessqualität. Für einzelne Leistungen sind u. a. die notwendige Ausbildung der leistenden Berufsgruppen, die Inhalte sowie die Häufigkeit und Dauer der Leistungen festgelegt. Aktuell erhalten ca. 96,0 % aller Rehabilitand*innen mindestens einmalig Leistungen aus dem Leistungsbereich der Sozialen Arbeit. Diese verteilen sich auf 1,2 Leistungen pro Woche und dauern dabei im Schnitt 36 min pro Woche (DRV Bund 2021). Indikationsbezogen wurden die KTL zur Entwicklung sog. Reha-Therapiestandards (RTS) genutzt, um die Versorgung bestimmter Indikationsgruppen entsprechend evidenzbasierter Therapievorgaben zu vereinheitlichen. Im Vergleich zu den im Gesundheitswesen sonst üblichen Leitlinien mit einem algorithmusbasierten Vorgehen für den individuellen Behandlungsfall wurde eine modulare Beschreibung der Versorgung anhand sog. evidenzbasierter Therapiemodule (ETM) inklusive Vorgaben zum Mindestanteil behandelter Rehabilitand*innen einer Reha-Einrichtung und zur Mindestdauer gewählt. Im Rahmen der Entwicklung der RTS und ihrer Aktualisierung (Farin et al. 2018) ließen sich keine geeigneten empirischen Studien zur Begründung der Leistungen Sozialer Arbeit finden. Trotzdem unterscheiden sich die RTS hinsichtlich der Vorgaben der Module, die u. a. sozialarbeiterische Leistungen enthalten (ETM: soziale und berufliche Integration bzw. ETM: Organisation der Nachsorge). Eine an die Aktualisierung der RTS anschließende Literaturrecherche zeigte, dass die Inanspruchnahme der Leistungen eine große Variation aufweist und aufgrund fehlender randomisiert-kontrollierter Studien keine Aussagen zur Wirksamkeit der Interventionen getroffen werden können (Knoop et al. 2019). In einer Analyse von Routinedaten der DRV konnte die variable Inanspruchnahme nur zu einem geringen Teil mit Merkmalen der Rehabilitand*innen oder der Rehabilitationsmaßnahme erklärt werden (Knoop und Meyer 2019).

In der Zwischenzeit wurden Studien zur Wirksamkeit sozialarbeiterischer Leistungen veröffentlicht. Knoop und Meyer (2020) untersuchten den Effekt einer sozialarbeiterischen Beratungsleistung in der orthopädischen und kardiologischen Rehabilitation. Diese quasi-experimentelle Studie wertete Routinedaten der DRV aus, die neben Informationen aus KTL-Daten (DRV Bund 2007a), aus der Befragung der DRV zur subjektiven Bewertung des Reha-Aufenthalts sowie -Erfolgs (DRV Bund 2007b) und zum Reha-Aufenthalt auch soziodemografische Angaben aus den Versichertenkonten der Rehabilitand*innen enthielten. Rehabilitand*innen, die während ihres Aufenthalts mindestens einmal Beratungsleistungen aus dem Sozialdienst erhielten, wurden mit Rehabilitand*innen, die diese Leistungen nicht erhielten, anhand eines an der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF; DIMDI 2005) orientierten Outcome-Index verglichen. Zur Berücksichtigung der fehlenden Vergleichbarkeit der Gruppen in potenziellen Einflussfaktoren auf die Teilhabemöglichkeiten der Rehabilitand*innen (Soziodemografie, -ökonomie, sozialmedizinische und Reha-prozessbezogene Paramater) wurden lediglich Rehabilitand*innen in die Auswertung miteinbezogen, die nach einem Propensity Score Matching (Guo und Fraser 2011) einen statistischen Zwilling hatten. Der Vergleich der beiden Gruppen zeigte sowohl für die kardiologische als auch für die orthopädische Rehabilitation eine Überlegenheit im Reha-Erfolg mit kleiner Effektgröße für die Gruppe ohne Sozialberatung. Unter Berücksichtigung der Limitationen des methodischen Vorgehens wurde mit dieser Studie erstmals die Wirksamkeit sozialarbeiterischer Leistungen mit hoher externer Validität untersucht. Weitere veröffentlichte Studien zur Wirksamkeit der Leistungen komplettieren ein inkonsistentes Bild, mit positiver Wirkung einer telefonischen Nachsorgeintervention bei orthopädischen Rehabilitand*innen mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL) in der beruflichen Teilhabe (Vogel et al. 2017) bzw. keiner signifikanten Wirkung einer intensivierten Gruppenintervention von Sozialarbeiter*innen mit kardiologischen Rehabilitand*innen mit BBPL beim „return to work“ oder der Lebensqualität (Salzwedel et al. 2019).

Die fehlenden Wirksamkeitsnachweise und die Variation in der Inanspruchnahme veranlasste die DRV dazu, sozialarbeiterische Leistungen in der medizinischen Rehabilitation weiter zu standardisieren. Dafür wurden Praxisempfehlungen für die Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation entwickelt und veröffentlicht (DRV Bund 2022). Entlang thematischer Schwerpunkte und verschiedener Bedarfslagen werden im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes Interventionen erläutert. In Ermangelung externer Evidenz und in Folge der unklaren Übertragbarkeit internationaler Forschung sind die Praxisempfehlungen primär unter Rückgriff auf Erfahrungswissen entwickelt worden und bilden den Status quo ab. Dies entspricht den Zielen des Vorhabens und trägt für klinisch tätige Sozialarbeiter*innen praktisches und konsentiertes Wissen zusammen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der sozialarbeiterischen Praxis erfolgt allerdings nicht. Wird diese Auseinandersetzung z. B. durch den Vergleich der drei oben genannten Studien im Hinblick auf deren Vergleichbarkeit und Aufklärung des Zustandekommens der Ergebnisse angestrebt, wird ein zusätzlicher Nachholbedarf zur Erklärung solcher empirischer Phänomene offengelegt: Es fehlt an einer theoretischen Erläuterung bzw. Explikation der Interventionen Sozialer Arbeit in der medizinischen Rehabilitation unter Bezugnahme auf die Zielgruppe und Erfolgskriterien.

2 Sozialarbeiterische Wirkmechanismen in der medizinischen Rehabilitation (SWIMMER)

Das Projekt SWIMMER setzt an diesen Punkten an und soll zu einer Entwicklung und Weiterentwicklung von Maßnahmen und Bewertungsmaßstäben beitragen. Ziel der von der Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften NRW e. V. geförderten Studie ist eine Wirksamkeitsnachweisen vorgeschaltete grundlagenorientierte Forschung, indem mit einem qualitativen, fallvergleichenden Studiendesign (Meyer et al. 2012) in zehn teilnehmenden Reha-Einrichtungen Handlungsbegründungen der Sozialarbeiter*innen sowie die Rahmenbedingungen in den Blick genommen werden sollen. Unter Berücksichtigung der Samplingstrategien (theoretisches Sampling) und Auswertungsschritte der Grounded Theory (Corbin und Strauss 1990) sollen mögliche Gründe für die Versorgungsvariation identifiziert und eine Programmtheorie zur Abbildung potenzieller Wirkmechanismen Sozialer Arbeit in der medizinischen Rehabilitation entwickelt werden. Die gezielte Auswahl der Einrichtungen und der systematische Vergleich sollen die Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden ermöglichen. Im Folgenden werden die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen, auf denen die genannte Studie aufbaut, vorgestellt und im Rahmen dessen eine Verortung der Studie vorgenommen.

3 Theoretische und konzeptionelle Bezugspunkte

Aus Perspektive der Sozialen Arbeit orientiert sich das Projekt SWIMMER theoretisch am Tripelmandat und der Theorie Sozialer Arbeit als Wissenschaft und Praxis der Erklärung, Lösung und Vorbeugung sozialer Probleme (Staub-Bernasconi 2018, 2019), die im Folgenden erläutert werdenFootnote 1. Darauf folgt zum besseren Verständnis des Projektrahmens eine Darstellung weiterer konzeptioneller und theoretischer Bezüge der Projektverantwortlichen, bevor Vorannahmen und die Methodik des Projekts unter Berücksichtigung sämtlicher theoretischer und konzeptioneller Perspektiven dargestellt werden.

Neben normierten Aufträgen (vgl. z. B. §1 SGB IX für die Rehabilitation) an die praktisch tätigen Sozialarbeiter*innen existieren weitere mehr oder weniger explizite Beauftragungen ohne konkrete Handlungsanweisungen – im Folgenden als Mandate bezeichnet. Staub-Bernasconi (2019) unterscheidet drei Mandate, die sie aus den berufsethischen Kodizes internationaler Berufsverbände ableitet. Das erste Mandat wird seitens der Gesellschaft formuliert und oftmals über den Träger vermittelt. Bedeutsam für die Praxis der Sozialen Arbeit ist die Zweidimensionalität dieses Mandats aus Hilfe und Kontrolle (Thieme 2017), deren Beschreibung und Übertragbarkeit für das Arbeitsfeld der Rehabilitation noch aussteht. Das zweite Mandat wird durch die Klientel vergeben. Professionelle gehen auf die Sichtweise der Klient*innen selbst ein und berücksichtigen deren Versuche zur Problemlösung. Eine weitere Möglichkeit ist die Unterstützung bei der Formulierung eines Bedarfs bis hin zur anwaltschaftlichen Vertretung. Das dritte ebenfalls zweidimensionale Mandat, das Staub-Bernasconi als Voraussetzung einer selbstständigen Profession Sozialer Arbeit einführt, gibt sich die Profession selbst. Mandate der Profession basieren sowohl auf der Berufsethik (DBSH, 2014: Achtung der Autonomie, Wohlwollen, Nichtschaden, Solidarität, Gerechtigkeit, Effektivität) als auch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen („Handeln nach bestem Wissen und Gewissen“, Staub-Bernasconi 2019, S. 87). Die Professionalität für die Praxis der Sozialen Arbeit entsteht im Vergleich zu einem weisungsgebundenen Beruf durch die damit eingeführte relative Unabhängigkeit der Profession von den anderen Mandaten. Es erlaubt ihr eine kritische Betrachtung der anderen Mandate. So können Sozialarbeiter*innen fragwürdige Mandate der Klientel, aber insbesondere die Passung von Vorgaben der Träger zu den ethischen Standards der Profession reflektieren. Menschenrechte werden dabei vor dem Hintergrund der häufig benachteiligten Klientel Sozialer Arbeit als ethische Leitlinie des „People-First-Prinzip[s]“ gedeutet (Staub-Bernasconi 2019, S. 92) und die Soziale Arbeit damit vorrangig in die Verantwortung der Klientel gestellt. Das Mandat der Profession selbst kann auch einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. So kritisiert Staub-Bernasconi eine zu starke Moralisierung des eigenen Handelns auf Kosten der Kompetenz bei der wissenschaftlichen Problemanalyse und der darauf aufbauenden Entwicklung von Strategien.

Voraussetzungen einer (Selbst‑)Erteilung eines professionellen Mandats sind eine theoretische Beschreibung des Gegenstands Sozialer Arbeit sowie daran anknüpfende Handlungstheorien. Staub-Bernasconis Theorie der Sozialen Arbeit, ein weiterer theoretischer Bezugspunkt des SWIMMER-Projekts, ist als eine solche, transdisziplinäre Theorie zu verstehen. In Tradition von Ilse Arlt und Werner Obrechts biopsychosozialkulturellen Bedürfnistheorien entwickelt sie ihre Theorie einer systemtheoretischen Denkschule folgend, d. h. der integrierten Betrachtung sowohl individueller als auch soziostruktureller und -kultureller Systeme sowie deren Regeln zur Aufrechterhaltung und Veränderung. Die Deskription und Analyse sozialer Probleme werden als Aufgaben der Disziplin Sozialer Arbeit verstanden. Aufgrund des an der Erklärung der Praxis ausgerichteten SWIMMER-Projekts sollen im Folgenden die Kritik und Veränderung sozialer Probleme unter Berücksichtigung des transdisziplinären Erklärungswissens im Fokus der Vorstellung der Theorie stehen.

Soziale Probleme sind dabei

jenes Bündel von praktischen Problemen, die sich für ein Individuum im Zusammenhang mit der Befriedigung seiner Bedürfnisse nach einer befriedigenden Form der Einbindung in die sozialen Systeme seiner Umwelt ergeben. (Obrecht 2005, S. 132f.)

In ihrem Grundmodell unterscheidet Staub-Bernasconi (1992, 2018) bei den Anlässen für den Arbeitskontakt zwischen Sozialarbeiter*innen und den Klient*innen bzw. Gruppen von Klient*innen (sog. „Problematisierungen“ Staub Bernasconi 2018, S. 211) zwischen (1) individuellen Ausstattungsproblemen, (2) sozialen Interaktions- und Austauschproblemen und (3) Ohnmacht und Unrechtsordnungen mit kultureller Legitimation (Staub-Bernasconi 1992, S. 41–43; 2018, S. 221–23).

Aufgabe der Sozialen Arbeit ist, die mehr oder weniger verdeckten Problematiken in der Kommunikation und Interaktion mit der Klientel und anderen Akteur*innen zu erörtern. Zur Profession der Sozialen Arbeit gehört auch die Erklärung der Entwicklung sozialer Probleme sowie eine Bewertung, ab wann ein Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit besteht. Anknüpfend an das systemtheoretische Paradigma sind soziale Probleme entweder inter- oder transdisziplinär, aus Perspektive der Sozialen Arbeit also nur unter Zugriff auf Bezugswissenschaften zu erklären. Dabei sollen sich die Erklärungsansätze entweder an einer Bottom-up- (Einfluss des Verhaltens von Individuen bzw. der Interaktion zwischen diesen auf die gesellschaftlichen Strukturen) oder einer Top-down-Strategie (strukturelle/kulturelle Bedingungen und deren Einfluss auf das individuelle Verhalten) orientieren. Eine Bewertung von Soll-Zuständen für die Sozialarbeiter*innen ergibt sich auf zwei Ebenen: Erstens soll die Soziale Arbeit zur Bedürfnisbefriedigung der Klientel beitragen („subjektiv erfahrbares Wohlbefinden“ Staub-Bernasconi 2018, S. 231). Zweitens und soweit wie möglich soll sie soziale Regeln, die diese Bedürfnisbefriedigung ver-/behindern, menschengerechter ausgestalten, d. h. zu sozialer Gerechtigkeit beitragen. Anknüpfend daran ergeben sich neben dem in Tab. 1 beschriebenen Empowerment weitere Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit. Sozialarbeiter*innen können die Ressourcen der o. g. Ausstattungsmerkmale mobilisieren. Sie können zur Bewusstseinsbildung, zum Kompetenzerwerb, zur Identitätsveränderung oder zur sozialen Vernetzung beitragen. Ansatzpunkte sind auch die unterstützte Einführung neuer sozialer Regeln sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Diese Ansätze werden nicht nebeneinander, sondern im Rahmen eines „mehrniveaunale[n] und mehrsystemische[n]“ (ebd., S. 242) Interventionsspektrums gedacht.

Tab. 1 Soziale Probleme in der sozialarbeiterischen Praxis (Staub-Bernasconi 2018)

Zusätzlich zu diesen Orientierungspunkten aus der Sozialen Arbeit hat das SWIMMER-Projekt weitere konzeptionelle und theoretische Bezüge, die im Folgenden zum besseren Verständnis des Projektrahmens vorgestellt werden. Die Bezugspunkte ergeben sich aus dem untersuchten Versorgungsbereich, vorherigen Studien sowie der disziplinären Verortung der Forschenden. Dazu zählen zum einen die konzeptionellen Überlegungen zur Rehabilitation als Gesundheitsstrategie des 21. Jahrhunderts inklusive der Bedeutung der Funktionsfähigkeit als Gesundheitsindikator. Zum anderen ist das Projekt SWIMMER der Versorgungsforschung zuzuordnen, mithilfe derer sich die Zielsetzung sowie die theoretische Orientierung ergibt. Ein weiterer Bezugspunkt ist die Orientierung am Konzept einer evidenzbasierten Praxis zur Unterstützung der professionellen Entscheidungsfindung inklusive dem Diskurs um deren Weiterentwicklung.

Zur Beschreibung der Rehabilitation als Gesundheitsstrategie (Stucki et al. 2018) hat die Entwicklung der ICF (Abb. 1, DIMDI 2005) durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen großen Beitrag geleistet. Funktionsfähigkeit ist der zentrale Begriff des Gesundheitsmodells der ICF. Er integriert funktionelle Aspekte der physischen und psychischen Gesundheit, im Modell durch die Komponenten Körperfunktionen und -strukturen wiedergegeben, mit den Komponenten Aktivitäten und TeilhabeFootnote 2. Funktionsfähigkeit drückt ein Kontinuum aus, auf dessen einem Pol die vollständige Funktionsfähigkeit und auf dessen anderem Pol umfassende/vollständige Behinderung stehen. Das bedeutet, Behinderung ist in der ICF keine Kategorie, sondern beschreibt das Ausmaß der Einschränkungen der Funktionsfähigkeit. Die Funktionsfähigkeit wird auf der einen Seite beeinflusst vom Gesundheitszustand einer Person, z. B. einer diagnostizierten Erkrankung, auf der anderen Seite von sog. Kontextfaktoren – den Umweltfaktoren sowie den personbezogenen Faktoren. Körperfunktionen beschreiben physische und psychische Funktionen des Körpers und Geistes, Körperstrukturen die anatomischen Teile des Körpers. Mit diesen Komponenten kann das Leistungsvermögen („capacity“) einer Person eingeschätzt werden. Mithilfe der Aktivitäten und Teilhabe kann dagegen die faktische Leistung (Performanz) im Alltag bzw. als Resultat der Interaktion mit dem Gesundheitszustand sowie den Umwelt- und personbezogenen Faktoren verstanden werden. Mit der ICF liegt erstmals ein weltweit akzeptiertes Modell von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit vor. Es zeichnet sich auch und insbesondere dadurch aus, dass es medizinische Vorstellungen von Behinderung mit sozialen Vorstellungen von Behinderung zusammenführt. Die ICF bietet zudem ein Klassifikationssystem, das eine Operationalisierung der meisten Komponenten vorgibt und zur Anwendung bereitsteht (Bickenbach und Stucki 2022).

Abb. 1
figure 1

International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) nach DIMDI (2005)

Aufbauend auf den epidemiologischen (Anstieg sog. nicht übertragbarer Erkrankungen, insbesondere chronischer Erkrankungen) und demografischen (Überalterung) Trends der nächsten 30 Jahre unterstreichen Stucki et al. (2018) die Bedeutung der Funktionsfähigkeit und Behinderung für die gesundheitliche Versorgung. Die größte Herausforderung bei dieser Entwicklung liegt in der Gestaltung der gesundheitlichen Versorgung. Diese orientiert sich vorwiegend an der Akuität von Erkrankungen und damit an ihrer Morbidität und Mortalität. Die Begleitung chronisch kranker Menschen und der Umgang mit Funktionseinschränkungen haben trotz ihrer Bedeutung für das Alltagsleben der Betroffenen hingegen einen vergleichsweisen geringen Stellenwert. Die gesundheitliche Versorgung muss auf einen Anstieg der Einschränkungen von Körperfunktionen und -strukturen sowie auf eine damit verbundene Abnahme des Leistungsvermögens reagieren können. Rehabilitation ist eine der von der WHO definierten fünf Gesundheitsstrategien (inkl. Prävention, Gesundheitsförderung, Kuration, Palliation) und thematisiert die gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhundert umfassend, da ihre Leistungen im Wesentlichen auf das Leben mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung ausgerichtet sind (Stucki et al. 2018). Die Gesundheitsstrategien sind zudem Basis des Selbstverständnisses der Gesundheitsberufe, welches sich in der Behandlung widerspiegelt. Ziel der Rehabilitation ist die Optimierung der Funktionsfähigkeit im Sinne der ICF (Meyer et al. 2011) durch eine Verbesserung der physisch-psychischen Gesundheit, der Förderung von Alltagsaktivitäten und Teilhabe, und damit auch der erlebten Gesundheit, sowie durch Anpassungen von Kontextfaktoren (z. B. Anpassungen des Arbeitsplatzes, Stärkung von Krankheitsbewältigungsstrategien). Die Rehabilitation als Gesundheitsstrategie bedeutet die Orientierung an den zwei Ebenen der Funktionsfähigkeit. So sind neben der Behandlung der Gesundheitsprobleme die Förderung psychischer Ressourcen und das Schaffen einer förderlichen physischen und sozialen Umgebung Aufgaben im Rehabilitationsprozess. Die Ergebnisse der Rehabilitation gilt es letztlich, in den Alltag zu übersetzen und damit einhergehend eine Besserung der erlebten Gesundheit zu ermöglichen. (Bickenbach und Stucki 2022).

Ein anderes übergreifendes Thema ist der noch vergleichsweise junge Forschungs- und Wissenschaftsbereich, in dem das SWIMMER-Projekt verortet wird. Aufgaben der multidisziplinären VersorgungsforschungFootnote 3 sind die Beschreibung und Untersuchung der vorhandenen Ressourcen, Strukturen und Prozesse der Gesundheitsversorgung auf Mikro‑, Meso- und Makroebene. Grundprinzipien sind dabei u. a. die Orientierung an den Patient*innen, und an der Verbesserung der Versorgung (Schrappe und Pfaff 2016). Themen der Versorgungsforschung sind der Zugang, Qualität und Kosten der Gesundheitsversorgung sowie der Praxisalltag. In der Auseinandersetzung mit Letzterem ergeben sich zwei wichtige Fragen: Warum erhalten Versorgungsforscher*innen bei Untersuchungen im Versorgungssystem nicht die gleichen Studienergebnisse zur Wirksamkeit wie die inhaltlich verwandten klinischen Forscher*innen (vgl. „effectiveness gap“ Schrappe und Pfaff 2016)? Welche Rolle spielt dabei der (komplexe) Kontext der Versorgung, und welche Rolle die Komplexität der Interventionen? Um die Kontextabhängigkeit und die Komplexität der untersuchten Intervention bei ihrer Evaluation zu berücksichtigen, hat das britische Medical Research Council ein Rahmenkonzept zur Entwicklung bzw. Beschreibung und Evaluation komplexer Interventionen (weiter)entwickelt (MRC Framework, Skivington et al. 2021; Craig et al. 2008). Ein zentrales Element des Frameworks ist dabei die Beschreibung und im Forschungsprozess laufende Anpassung einer Programmtheorie der Intervention. Theoretisch knüpft das MRC Framework an die „realist evaluation“ (Pawson und Tilley 1997) an. Grundsätzlich orientiert sich diese an der Gleichung „context + mechanism = outcome“ (sog. CMO-Konfigurationen) und betont dabei sowohl die Rolle des Kontextes für die Implementierung und Durchführung der Intervention als auch die Bedeutung von Veränderungen, die durch die Intervention im Zusammenspiel mit dem Kontext ausgelöst werden. Im MRC-Framework wird entsprechend auf die Bedeutung einer theoretischen Beschreibung der untersuchten komplexen Interventionen, bestehend aus Informationen zu den Voraussetzungen einer Implementierung, zugrundeliegenden Wirkmechanismen und zur Kontextsensitivität, im gesamten Evaluationsprozess verwiesen. Für Aussagen über die Wirksamkeit der Interventionen bzw. einzelner Komponenten wird das Studiendesign der randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) empfohlen. Durch eine begleitende Prozessevaluation können zusätzlich Aussagen über Kombinationseffekte des in der RCT untersuchten Mechanismus mit weiteren Mechanismen und Kontextbedingungen getroffen werden. Die qualitative Versorgungsforschung spielt insbesondere bei diesen Fragestellungen eine wichtige Rolle (Moore et al. 2015; Meyer und Xyländer 2020). Die Bedeutung der Kontextfaktoren für die Intervention ist in hohem Maße abhängig von der alltäglichen Praxis in den Interventionssettings. Zweifellos spielen die Aktivitäten und Interpretationen der Beteiligten eine besondere Rolle. Die qualitative Forschung orientiert sich am Alltag der Praxis, fokussiert Kontextfaktoren und richtet sich am Verstehen von Interpretationen aus (Blackwood et al. 2010; Meyer und Xyländer 2020). Daneben ist das sog. Throughput-Modell (Abb. 2) der Versorgungsforschung ein weiterer Bezugspunkt (Schrappe und Pfaff 2016). Das Modell beschreibt den Transformationsprozess der Inputfaktoren bis hin zum Output und Outcome. Maßgeblich für die Transformation des Inputs in Throughput sind die komplexe Intervention und der komplexe Kontext, deren Zusammenwirken nicht nur die Inputfaktoren beeinflusst, sondern auch durch eine gegenseitige Beeinflussung gekennzeichnet ist. Der Output ist z. B. durch die erbrachten Versorgungsleistungen und die Verhaltensweisen von Akteur*innen der Gesundheitsprofessionen charakterisiert. Unter Outcome werden patientenbezogene Endpunkte und Populationseffekte gefasst. Zudem beinhaltet das Modell, ausgehend von Output und Outcome, Rückkopplungsschleifen, die wiederum den Input und den Throughput beeinflussen. Das Throughput-Modell hebt somit die entscheidende Rolle von komplexen Interventionen und Kontextbedingungen für Versorgungsergebnisse hervor und ermöglicht eine schematische Darstellung von Versorgungsstrukturen und -prozessen. Es trägt letztlich zur Systematisierung der für den „effectiveness gap“ verantwortlichen Faktoren bei (ebd.).

Abb. 2
figure 2

Throughput-Modell nach Schrappe und Pfaff (2016)

Wie die Versorgungsforschung hat die evidenzbasierte Praxis (EBP) ihren Ursprung u. a. in der klinischen Epidemiologie, sodass sich inhaltliche Überschneidungen ergeben. Die EBP soll als weiterer Orientierungsrahmen erläutert werden. Wie die evidenzbasierte Medizin (EbMFootnote 4) empfiehlt EBP die professionelle Entscheidungsfindung anhand von drei Informationssystemen: externe Evidenz, klinische Expertise, Erwartungen der Patient*innen. Praktiker*innen sollen durch die Begutachtung von Ergebnissen systematischer Forschung Handlungsmöglichkeiten und -alternativen aufgezeigt bekommen. Mit dieser Aufgabe ist die zu erlernende professionelle Fähigkeit der kritischen Würdigung von Studien verbunden, um die Validität und Übertragbarkeit von Studienergebnissen einzuschätzen. Die sog. Evidenzhierarchie, bei der systematische Übersichtsarbeiten zu Studien mit randomisiert-kontrollierten Design den höchsten Grad der Evidenz zugeschrieben bekommen, steht jedoch wiederholt in der Kritik. Zwar zeichnet diese methodische Strenge die EbM durch die damit erreichte Integrität aus. Von EBP-Protagonist*innen selbst wird diese Diskussion, z. B. im Hinblick auf Übersichtsarbeiten zu komplexen Interventionen (Noyes et al. 2016), jedoch ebenfalls kritisch geführt. Evidenz aus anderen Studiendesigns gewinnt zunehmend an Bedeutung (zur qualitativen Forschung in der EbM vgl. Meyer 2007 oder in EBP vgl. Fisher 2016). Aus der Kritik ist in Verbindung mit den Erkenntnissen aus der Versorgungsforschung aus einer What-works-Agenda zusätzlich eine Why-does-it-work-Agenda geworden, die neben Ergebnissen zur Wirksamkeit auch Implementations- und Prozessdaten benötigt (Moore et al. 2015; Fisher 2016).

4 Vorannahmen im SWIMMER-Projekt

Aus den oben beschriebenen Bezugspunkten lassen sich folgende Vorannahmen des Forschungsprojekts zu den Zielen des SWIMMER-Projekts bzw. anfängliche Perspektiven der Projektmitarbeiter*innen auf das Material ableiten. Durch die Orientierung an den Themen der Versorgungsforschung stehen in der Studie Erkenntnisse zum Zugang und zum Praxisalltag der Sozialarbeiter*innen im Fokus. Es ist zudem von einer substanziellen Einflussnahme der Rahmenbedingungen auf die Inanspruchnahme und Ausgestaltung der Leistungen der Sozialdienste auszugehen. Zu den Rahmenbedingungen zählen die sozialrechtlich verbrieften Rechte auf Selbstbestimmung (§1 SGB IX) und das Wunsch- und Wahlrecht (§8 SGB IX), die im Kontext einer zielorientierten Rehabilitation und vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erwartungen an die Rehabilitation der Behandler*innen und Rehabilitand*innen bereits untersucht wurden (Meyer und Pohontsch 2015). Auch vor dem Hintergrund des Tripelmandats (Staub-Bernasconi 2019) war deshalb ein Ziel der Datenerhebung, Einblicke in den Umgang der Sozialarbeiter*innen mit Ziel(konflikt)en der Rehabilitand*innen zu bekommen. Anhaltspunkte für ein gesellschaftliches Mandat finden sich in der medizinischen Rehabilitation neben dem oben genannten Globalziel und dem Wunsch- und Wahlrecht auch in den bereits benannten Prinzip Reha vor Rente (§ 42 (1) SGB XIFootnote 5). Die Auflösung der Zielkonflikte und die Vermittlung der unterschiedlichen Mandate wird als wichtiger Ausgangspunkt für die Erklärung der Variation gesehen. Eine weitere Facette ist die Arbeit im interdisziplinären Reha-Team sowie deren Bedeutung für den Erfolg (Kleineke et al. 2015). In der medizinischen Rehabilitation ist die Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Dienst insbesondere bei der Einschätzung der sozialmedizinischen Leistungsfähigkeit von Bedeutung. Es ist denkbar, dass dieses Spannungsfeld und der Umgang damit die Variation der Praxis erklären sowie auch Einfluss auf die Wirkung der sozialarbeiterischen Maßnahmen haben können.

Zwei für die Auswertung herangezogene Theorien sozialarbeitswissenschaftlicher Praxis (Blom und Morén 2010; Hüttemann et al. 2017) beziehen sich aufeinander und orientieren sich an der „realist evaluation“ (Pawson und Tilley 1997). Damit lässt sich bereits die Fokussierung auf Wirkmechanismen im zweiten Forschungsziel herleiten. Das vorgestellte MRC-Framework (Skivington et al. 2021; Moore et al. 2015) ergänzt die beiden Theorien jedoch hinsichtlich der notwendigen Daten zur Implementation in die gesundheitliche Versorgung. Hinsichtlich einer Programmtheorie zur Sozialen Arbeit in der medizinischen Rehabilitation sollen zudem Aussagen zu notwendigen Input- und Throughput-Faktoren bzw. Wirkfaktoren in den Einrichtungen getroffen werden (Schrappe und Pfaff 2016). Um die Handlungsbegründungen der Sozialarbeiter*innen zu verstehen, wird die Praxis der Sozialen Arbeit mit der Theorie sozialer Probleme als Gegenstand der Sozialen Arbeit (Staub-Bernasconi 2018) verglichen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Identifikation von sozialen Problemen zur Fallbeschreibung in der medizinischen Rehabilitation. Hinsichtlich der Outcomes, die ebenfalls Teil der entwickelten Programmtheorie sein sollen, informiert die Auseinandersetzung mit der Funktionsfähigkeit als Gesundheitsindikator (Bickenbach und Stucki 2022) und die Orientierung am Wohlbefinden (Staub-Bernasconi 2018) die Auswertung der Daten. Die Orientierung an den Kriterien der EBP soll den Blick dafür schärfen, dass die zu entwickelnden Hypothesen zu Wirkungsmechanismen möglichst im Rahmen von randomisiert-kontrollierten Forschungsdesigns überprüft werden können.

5 Fazit

Die vielfältigen theoretischen und konzeptionellen Bezugspunkte des SWIMMER-Projekts wurden dargelegt. Mit diesem Ansatz erhoffen sich die Projektverantwortlichen zum einen, die Anknüpfungsfähigkeit des Projekts an den aktuellen Wirksamkeitsdiskurs in der gesundheitlichen Versorgung sicherzustellen, und zum anderen, die Nachteile einer verkürzten What-works-Agenda hinter sich zu lassen. Die „realist evaluation“ thematisiert die für die Praxis der Sozialen Arbeit wichtige Variable des Kontextes und ermöglicht die Beschreibung von Wirkmechanismen. Gleichzeitig wird weiterhin ein Wirkungsbegriff verfolgt, der sich aus dem Verständnis von Ursache und Wirkung ableitet, nach dem nur nach einem Vergleich des kontrafaktischen Zustands Aussagen über die Wirkung einer Intervention (für eine bestimmte Gruppe und unter bestimmten Bedingungen) getroffen werden können. Diese Form der Erkenntnisse sind Grundlage politischer bzw. im Spezialfall der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland, öffentlich-rechtlicher Allokationsentscheidungen, stellen für die Projektverantwortlichen jedoch nur eine Möglichkeit zur Beurteilung kausaler Zusammenhänge dar.