The global nature of climate change calls for the widest possible international cooperation United Nations 2015

1 Einleitung

Im November 2021 ging die COP26 (26. UN-Klimakonferenz, „Conference of Parties“) in Glasgow nicht nur mit einem stark umstrittenen Verhandlungsergebnis zu Ende, sondern auch mit der Bilanz, eine „der exklusivsten, unzugänglichsten und ungerechtesten“ (WECF 2021) Klimakonferenzen überhaupt gewesen zu sein. Viele der am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffenen Menschen und Regionen, insbesondere aus dem globalen Süden, konnten nicht teilnehmen und die Zivilgesellschaft war lediglich Teil des Rahmenprogramms und verließ aus Protest am Ende geschlossen die COP (Unni und Sahu 2021; Brooks 2021). Auch wenn die Bewertungen unterschiedlich ausfallen, zeugen diese Einschätzungen von den Konflikten, die mit den Klimaverhandlungen verbunden sind. Auch jenseits der COP sind Konflikte rund um die Klimakrise allgegenwärtig und die Bewegungen für Klimagerechtigkeit und Degrowth haben die Verknüpfung von sozialen und ökologischen Fragen mit neuer Vehemenz aufgezeigt.

Die Wissenschaften befassen sich seit einiger Zeit intensiver mit dem Klima-Konflikt-Nexus (Detges 2020). Der aktuelle Wissensstand besagt, dass die Klimakrise Konflikte verschärft und auch Maßnahmen des Klimaschutzes Konflikte schüren können (Benner et al. 2020). Bisher jedoch weniger erforscht ist der Zusammenhang zwischen Klima und Frieden (Hardt und Scheffran 2019). Auch die Frage, wie zivile Konfliktbearbeitung zum konstruktiven Umgang mit Klimakonflikten und der Klimakrise eingesetzt werden kann, sollte viel stärkere Beachtung finden (Vinke et al. 2021, S. 14).

Erst in Ansätzen ist verstanden, wie Synergien von Nachhaltigkeit und Friedenssicherung sich in einem positiven Nexus gegenseitig verstärken können. Zum Ausdruck kommt dies in Konzepten des environmental peacebuilding oder des nachhaltigen Friedens […]. Ziel muss es sein, Umwelt‑, Entwicklungs- und Friedenspolitik kohärenter umzusetzen (Benner et al. 2020, S. 35).

Das Nobelpreiskomitee stellte 2004 mit der Vergabe des Friedensnobelpreises an Wangari Maathai erstmals die Bedeutung des Umweltschutzes für den Frieden heraus. Drei Jahre später bekam der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) den Friedensnobelpreis für seinen Beitrag zum Verständnis der vom Menschen verursachten Klimaveränderungen, das als Grundlage für entsprechende Klimapolitik notwendig sei (Nobel Foundation 2022). Schon die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die zwar einen starken Fokus auf Armutsbekämpfung legten, zugleich aber die Bereiche der menschlichen Entwicklung, Demokratie und Menschenrechte mit Frieden, Sicherheit und Abrüstung und dem Schutz der natürlichen Umwelt verknüpften (United Nations 2015). Mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG), die die UN in der Erklärung „Transformation unserer Welt – Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ 2015 festlegten, wird dieser Trend weiter fortgeschrieben (Le Blanc 2015): So befasst sich ein Großteil der 17 Ziele mit Facetten der menschlichen Entwicklung, jedoch sind auch drei Ziele explizit auf Umweltthemen ausgerichtet, wovon eines – SDG 13 – die Maßnahmen zum Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt und SDG 16 „friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern“ will (Bundesregierung 2021, S. 341). Zugleich bestehen enge Verknüpfungen zwischen den einzelnen Zielen, so dass das Verfehlen einzelner Ziele auch die Erreichung anderer Ziele erschwert (UNEP 2021).

Auf der nationalen Ebene werden die SDGs im Rahmen von Nachhaltigkeitsstrategien umgesetzt. In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) wird das „Prinzip dass sich Frieden, Sicherheit und Entwicklung gegenseitig bedingen, [als] Richtschnur deutscher Außenpolitik“ festgelegt, was sich im Einsatz für „dauerhafte Konfliktlösungen unter Einbindung aller Akteure“ (Bundesregierung 2021, S. 12) ausdrücken soll. Die DNS ist damit im Einklang mit den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“, die ihrerseits „Eindämmung der Risiken des Klimawandels“ als wichtige Herausforderung für die Außen- und Sicherheitspolitik definiert (Bundesregierung 2017, S. 13). Allerdings konstatiert der Beirat der Bundesregierung Zivile Krisenprävention und Friedensförderung in seiner Studie „Klimawandel und Konflikte“: „Frieden, Sicherheit und Entwicklung sind auf ein stabiles Weltklima angewiesen. Gerade im außen- und sicherheitspolitischen Bereich fehlen jedoch bisher Strategien und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung von wachsenden Klimarisiken“ (Vinke et al. 2021, S. 4). Ob sich dies nun mit der neuen deutschen „Klimaaußenpolitik“ ändern wird, die in einer „klimapolitischen Gesamtstrategie“ die auswärtige Arbeit der Bundesregierung zum Klimathema zusammenfassen will (Pötter 2022), wird durch den Beschluss der Bundesregierung, den Militärhaushalt drastisch zu erhöhen (Deutscher Bundestag 2022), erheblich in Frage gestellt (VENRO 2022).

Dieser Artikel stellt den Beitrag der Zivile Konfliktbearbeitung (ZKB) zur Bewältigung der Klimakrise in den Mittelpunkt. Wir vertreten die These, dass ZKB ein besonderes Problembewusstsein, Prinzipien und konkrete Gestaltungsansätze mitbringt, die es ermöglichen auf klimabezogene Konflikte so zu reagieren, dass Nachhaltigkeit und Frieden verwirklicht werden. Zunächst setzen wir uns mit dem bisherigen Forschungsstand zum Klima-Konflikt-Nexus auseinander. Hier diagnostizieren wir einen starken Fokus auf Krieg und Sicherheit, wenngleich Debatten zu Klimagerechtigkeit verstärkt geführt werden. Im Anschluss stellen wir die Perspektive der Zivilen Konfliktbearbeitung vor und erörtern wie deren Konzepte und Instrumente für eine friedenspolitische Perspektive der sozial-ökologischen Transformation dienlich sein können.

2 Klima und Konflikt

Es gehört zur Paradoxie des aktuellen Zustands der Welt, dass die Länder und Regionen, die am meisten von den Folgen des Klimawandels bedroht sind, gleichzeitig sehr hohe Gefährdungslagen durch Gewaltkonflikte aufweisen (Rüttinger et al. 2015), während völlig andere Länder und Regionen die höchsten Emissionen von Treibhausgasen und zugleich die meisten Exporte von Rüstungsgütern verantworten (van den Berg et al. 2022; Wezeman et al. 2021). Klimawandel und Gewaltkonflikte liegen also bereits räumlich sowohl nah beieinander als auch weit auseinander. Diese Komplexität zeigt sich auch bei einer genaueren Betrachtung des Klima-Konflikt-Nexus.

2.1 Klimawandel als Konfliktverschärfer

Bereits im ersten Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen aus dem Jahr 1990 wurde auf die potentiell konfliktverschärfende Wirkung des Klimawandels insbesondere mit Blick auf die Nutzung von Wasserressourcen hingewiesen (IPCC 1992, S. 100). Auch in den folgenden Jahren lag der Fokus der „Klimakonfliktforschung“ in erster Linie auf der Frage der Ressourcenknappheit und daraus folgenden Auseinandersetzungen (Detges 2020, S. 23). Neben diesen Konflikten zwischen sozialen Gruppierungen, wird auch die Möglichkeit einer direkten Wirkung des Klimawandels auf Konflikte auf interpersoneller Ebener betrachtet. Die Evidenz für eine direkte konfliktverschärfende Wirkung physiologischer und psychologischer Faktoren ist jedoch ebenso schwach, wie die Evidenz für eine direkte Erhöhung der Ressourcenkonflikte zwischen Gruppen (Koubi 2019, S. 351). Infolgedessen werden vermittelnde Faktoren in den Blick genommen, die durch den Klimawandel beeinflusst werden und durch deren Veränderungen die Wahrscheinlichkeit von Auseinandersetzungen erhöht wird.

Häufig betrachtete Faktoren, die diese vermittelnde Funktion einnehmen könnten, sind eine Verringerung der wirtschaftlichen Einkünfte und eine erhöhte Migrationsrate. Das Eintreten beider Effekte ist zumindest sektoral und regional sehr wahrscheinlich, wenn beispielsweise die Einkünfte aus landwirtschaftlicher Tätigkeit (IPCC 2022, S. 11) oder der steigende Meeresspiegel (IPCC 2021, S. 21) und die Häufigkeit lebensbedrohlicher Hitzeereignisse (Mora et al. 2017) betrachtet werden, wodurch Landstriche unbewohnbar werden (IPCC 2022, S. 15). Deutlich geringer ist demgegenüber jedoch die Evidenzlage für die mittelbare Folge, dass die beschriebenen Faktoren wiederum konfliktverschärfend wirken (Koubi 2019, S. 354). In früheren Studien konnten Bächler et al. beispielsweise zeigen, dass das Aufbrechen von Umweltkonflikten entscheidend vom Vorhandensein bestehender (staatlicher) Strukturen zur Konfliktregelung abhängt (Bächler et al. 1996). Beide Beispiele deuten zudem bereits an, dass die Wirkungen zwischen den vermittelnden Faktoren und Konflikten nicht nur unidirektional sind, sondern auch Konflikte beide Faktoren sowie die sozial-ökologischen Bedingungen beeinflussen, in die diese eingebettet sind (Scheffran 2017).

Schließlich werden auch intensive Debatten um die Rolle des Klimawandels bei spezifischen kriegerischen Auseinandersetzungen geführt, etwa bei den Bürgerkriegen in Syrien und Darfur (Busby 2019, S. 23). Auch wenn das Fehlen einer eindeutigen Evidenz für diese direkten oder mittelbaren Wirkungen des Klimawandels auf Konflikte nicht bedeutet, dass solche Wirkungen nicht existieren (Detges 2017, S. 2), liegt der Fokus der Klimakonfliktforschung mittlerweile zunehmend auf komplexeren Zusammenhängen (Klima-Konflikt-Nexus), deren Wirkungen naturgemäß noch schwerer zu erfassen sind. Hierbei wird vor allem der Einfluss des Klimawandels auf sozioökonomische, politische und ökologische Bedingungen betrachtet, durch deren Veränderungen wiederum bestehende Konflikte verschärft oder deren Dynamiken verändert werden (Detges 2020, S. 23). Trotz der genannten Unsicherheiten und analytischen Problemstellungen, sollte der Rolle des Klimawandels in diesen komplexen Interdependenzen weiterhin politisch und wissenschaftlich Beachtung geschenkt werden (Mach et al. 2019).

2.2 Klima- und Umweltbelastung durch Militär und Krieg

Verschärfen sich Konflikte zu kriegerischen Auseinandersetzungen, sind die Folgen für Umwelt und Klima besonders dramatisch. Zwischen 2003 und 2007 waren die jährlichen CO2-Emissionen des Irakkriegs höher als die jährlichen Emissionen von 139 Nationen der Welt (Hynes 2014, S. 3). Ebenso führt die durch Kriegshandlungen verursachte Zerstörung von Ökosystemen einerseits zu direkten Umweltschäden (Scheffran 2020) und andererseits, wie das Beispiel der Entwaldung (Lacombe und Pierret 2013) deutlich zeigt, zu einer Verringerung der klimaregulierenden Funktionen von Ökosystemen. Darüber hinaus hat der militärische Sektor auch in Friedenszeiten enorme CO2-Emissionen zu verzeichnen (Ben Afia und Harbi 2018) und trägt als „öldurstigster“ Sektor der Welt stark zum Klimawandel bei (Solarin et al. 2018, S. 30958).

2.3 Versicherheitlichung der Klimakrise

Diese enormen Auswirkungen des Militärs auf das Klima stehen im starken Gegensatz zu den Ausgaben, die viele Länder für den Klimaschutz tätigen. Das Beispiel der USA, mit den weltweit höchsten Militärausgaben, illustriert dies besonders drastisch: Pemberton et al. (2016, S. 26) errechnen für die US-Militärausgaben der Jahre 2015-2017 nahezu das 30-fache der nationalen Ausgaben für Klimaschutz und -anpassung. In diesem Zusammenhang zeigt sich mit der z.T. aus militärischen Budgets finanzierten „Klimasicherheitsforschung“ (Busby 2019, S. 9) der nächste Problemkontext: Die Versicherheitlichung der politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatte zum Klimawandel.

In Anbetracht der oben dargelegten Debatten zur Ressourcenverknappung, zu wirtschaftlichen Folgen, Migration und Konfliktverschärfung ist es nicht verwunderlich, dass der Klimawandel in Politik und Wissenschaft auch als Sicherheitsrisiko betrachtet, diskutiert und untersucht wird (Dröge 2019; Vinke et al. 2021; von Uexkull und Buhaug 2021). Allerdings gibt es auch Wissenschaftler*innen, die vor dieser Versicherheitlichung des Klimawandels warnen. Die Fokussierung auf eine reine Sicherheitsproblematik kann zu einer Einengung der Handlungsoptionen auf Reaktion und Symptombekämpfung führen (Scheffran 2017, S.28) und somit zugleich dazu, dass viele der oben beschriebenen Faktoren im Nexus von Konflikt und Klimawandel übersehen werden (Brzoska 2009, S. 143–144). Sicherheitspolitische Mittel erhalten demnach stärkeren Einzug in Katastrophenschutz, Entwicklungs‑, Verteidigungs- und Migrationspolitik (Brzoska und Oels 2012, S. 51) und verengen das Blickfeld auf mögliche Sicherheitsrisiken, was im Allgemeinen „politische Ausnahmezustände legitimiert“ (Brzoska und Oels 2012, S. 58) und im Speziellen z.B. in der Migrationspolitik zu Abschottung und Dehumanisierung führen kann, wenn Migrant*innen und Flüchtende als Sicherheitsrisiko für die ‚einheimische‘ Bevölkerung betrachtet werden (Duffield und Waddell 2006, S. 19). In Folge dieser Konzentrierung auf Risiken und Sicherheit werden die beschriebenen komplexen Wirkzusammenhänge vernachlässigt, (klimapolitisch) kontraproduktive Maßnahmen – wie militärische Aufrüstung – gefördert und Ursachen sowie Präventionsmöglichkeiten übersehen (Benner et al. 2020, S. 28). Da somit auch Entwicklungspotentiale außer Acht gelassen werden (Oels 2012, S. 202), kommen Benner und Kolleg*innen zu der Einschätzung, dass „[t]raditionelle sicherheitspolitische Instrumente [..] für die Bewältigung der Klimakrise ungeeignet“ (Benner et al. 2020, S. 28) sind.

2.4 Klimaschutz und -anpassung als Konflikt

Doch auch bei Maßnahmen, die auf den Klimaschutz oder die Anpassung an den Klimawandel zielen, besteht Konfliktpotential. In Deutschland und der EU wird dies vor allem beim Ausbau erneuerbarer Energien deutlich, bei denen trotz einer grundsätzlichen Zustimmung in breiten Teilen der Bevölkerung (Friedrich und Stieß 2019, S. 9), die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung und somit die Frage des Konfliktpotentials immer wieder eine große Umsetzungshürde darstellen (Spiess et al. 2019). Hierbei ist vor allem das sogenannte NIMBY-Phänomen (‚not in my backyard‘) von Bedeutung, das beschreibt, wie die grundsätzliche Akzeptanz von Bürger*innen verloren geht, wenn Baumaßnahmen in der nahen Umgebung der Bürger*innen erfolgen sollen (Friedrich und Stieß 2019, S. 6). Nicht selten wird in den folgenden Auseinandersetzungen von Bürger*inneninitiativen auf grundsätzlich berechtigte Probleme der erneuerbaren Energien wie das Sterben von Vögeln und den Abbau seltener Erden für Windräder oder den Lithiumabbau für Energiespeicher verwiesen.

Wenngleich diese Probleme natürlich nicht allein den Sektor der erneuerbaren Energien betreffen, verweisen insbesondere der Bedarf nach seltenen Erden und Lithium auf weitere wichtige globale Konkurrenz- und Konfliktsituationen (Dabelko et al. 2013, S. 20–22). Dabei ist zu beobachten, dass Staaten des Globalen Nordens Projekte der Entwicklungszusammenarbeit umwidmen, um durch Klimaschutzmaßnahmen im Globalen Süden die eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Neben dieser Verantwortungsverschiebung kommt es in diesen Projekten zudem immer wieder dazu, dass landwirtschaftliche Anbauflächen für erneuerbare Energieträger oder als Schutzgebiete umgenutzt werden und diese für die lokale Bevölkerung verloren gehen oder gar Maßnahmen zur Zwangsumsiedlung vollzogen werden (Benner et al. 2020, S. 38). Neben dieser (unvollständigen) Aufzählung von Konflikten im Bereich des Klimaschutzes, bieten auch Klimaanpassungsmaßnahmen (wie etwa die Erschließung neuer Wasserquellen), insbesondere im Zusammenspiel zwischen Globalem Norden und Süden viel Potential für Konflikte. Greifen externe Akteur*innen in lokale Kontexte ein, investieren Gelder und arbeiten dabei (nur) mit einzelnen lokalen Akteur*innen zusammen, dann verändern sie damit die Marktsituation, Ressourcen- und Machtverteilung (Tänzler und Scherer 2018).

2.5 Klimagerechtigkeit als Konflikt

Ein wichtiger Grund für das Entstehen solcher Konflikte ist das grundsätzliche Machtungleichgewicht zwischen reichen und ärmeren Staaten, das auf Jahrhunderten von Kolonialgeschichte beruht (van den Berg et al. 2022, S. 17). Dieses hat nicht nur die ökonomischen und politischen Machtunterschiede geschaffen und gefestigt, sondern auch das zentrale Missverhältnis, das hinter dem Ausdruck Klimaungerechtigkeit steht: Die Staaten, die den geringsten Beitrag zum Ausstoß von Treibhausgasen geleistet haben und leisten, sind genau die Staaten, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind (van den Berg et al. 2022, S. 13). Diese globalen Machtunterschiede machen sich natürlich auch in den Ergebnissen der internationalen Klimaverhandlungen bemerkbar (Kenfack 2022) und zeigen sich ebenso auf subnationaler Ebene zwischen reichen und armen Bevölkerungsgruppen. Seine vielleicht größte Zuspitzung findet dies in der Situation indigener Bevölkerungsgruppen, deren historische Marginalisierung häufig zu einer Unterrepräsentation in (nationalen) Entscheidungspositionen führt, die sich somit auch in der mangelnden Beteiligung an internationalen Klimaverhandlungen widerspiegelt (Comberti et al. 2019). Diese fehlende Teilhabe stellt nicht nur ein Gerechtigkeitsproblem dar, sondern sie führt auch dazu, dass die hohe kulturelle und Wissensvielfalt indigener Gruppen nicht berücksichtigt wird, die selbst eine wichtige Grundlage für Klimaanpassungsmaßnahmen bildet (Comberti et al. 2019, S. 15). Neben diesem intragenerationellen Aspekt von Klimagerechtigkeit, ist auch die intergenerationelle Gerechtigkeit, die insbesondere in den Protesten junger Menschen zu Tage tritt (von Wehrden et al. 2019) sehr bedeutsam (Pottier et al. 2017, S. 5–7). Besonders augenscheinlich wird dieses Potential im Rahmen von Aktionen zivilen Ungehorsams, wie Straßenblockaden (DiSalvo 2020), Besetzungen von Kohlegruben und durch von Abholzung bedrohten Wäldern (Sander 2017).

3 Frieden, Konflikt und Zivile Konfliktbearbeitung

In den Ausführungen wurde deutlich, dass es nicht nur wichtig ist, auf welche Konflikte wir schauen, sondern auch welchen Konfliktbegriff wir haben. Wenngleich Konflikte auf vielen verschiedenen Ebenen verortet werden können, blicken die meisten Disziplinen auf Konflikte zwischen Menschen – so genannte ‚soziale Konflikte‘ zwischen Individuen, Gruppen oder menschlichen Zusammenschlüssen wie Organisationen oder Staaten. Soziale Konflikte werden als wahrgenommene Differenzen bzw. Unvereinbarkeiten von Interessen, Bedürfnissen und Wünschen zwischen menschlichen Akteur*innen verstanden (Glasl 2011, S. 17). Auch im Kontext von Klimakonflikten werden hauptsächlich die Rückkopplungen der Klimakrise mit sozialen Konflikten betrachtet (Detges 2020). Intrapersonale Konflikte werden hauptsächlich in der Umweltpsychologie thematisiert und spielen vor allem in Bezug auf Konsum, Lebensstilfragen und individuelles Verhalten eine Rolle im Klima-Konflikt-Nexus (Koubi 2019).

Ob bei gesellschaftlichen Naturverhältnissen von Konflikten zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Akteur*innen gesprochen werden sollte, ist in den Wissenschaften noch nicht ausdiskutiert. Und genau wie Tier- und Pflanzenarten, Ökosysteme usw. können auch zukünftige menschliche Generationen im klassischen Konfliktverständnis keine Konfliktparteien sein, da sie (noch) keine Interessen artikulieren und kein Verhalten an den Tag legen können. Jedoch wird genau in dieser Tatsache deutlich, dass es sich um Machtungleichgewichte handelt. Ohne andere – menschliche – Akteur*innen, könnten die existenziellen Bedrohungen, die vielfach mit Fragen von Leben und Tod einhergehen (Artensterben etc.), nicht formuliert werden. Völker- und umweltrechtliche Diskussionen um die Natur als Rechtssubjekt (Geddis und Ruru 2020; Morris und Ruru 2010) und Ökozid als Straftatbestand (Higgins et al. 2013; Scheffran 2022) machen deutlich, wie versucht wird, dieser Besonderheit von Umweltkonflikten habhaft zu werden.

Ein wichtiger Beitrag der Friedens- und Konfliktforschung ist nicht nur die Schärfung des Konfliktbegriffs, sondern auch die Differenzierung zwischen den Grundkonzepten Konflikt, Frieden, Gewalt und Krieg. Konflikte sollten nicht mit Gewalt gleichgesetzt werden. Vielmehr kann Gewalt eine Ausprägungsform von Konflikten sein, wenn Konflikte auf destruktive Weise ausgetragen werden. Die gewaltsamen und zerstörerischen Austragungsformen stellen daher das Problem dar und nicht die Konflikte selbst (Debiel et al. 2011, S. 315). Stattdessen kann festgestellt werden, dass Konflikte unverzichtbar zum Leben dazugehören. Sie können „als störendes und zugleich integratives Moment der Gesellschaft“ (Gulowski und Weller 2017, S. 394) verstanden werden, die zwar einerseits Risiken der gewaltsamen Eskalation aber andererseits auch Chancen für konstruktive Veränderungen in sich tragen.

3.1 Umgang mit Konflikten

Ob Risiken oder Chancen von Konflikten überwiegen, hängt davon ab, wie mit ihnen umgegangen wird. Ansätze der Zivilen Konfliktbearbeitung (ZKB) und gewaltfreien Konflikttransformation zielen darauf ab, die negativen und zerstörerischen Phänomene (Gewalt, Krieg) wahrzunehmen und abzubauen und zugleich nach positiven und lebensfördernden Phänomenen (Konflikt, Frieden) zu suchen (Austin und Gießmann 2019, S. 450). Kennzeichen der Zivilen Konfliktbearbeitung ist, „dass die Wahl der Mittel mit den angestrebten Zielen in Einklang stehen soll: Um Friedensprozesse und sozialen Wandel nachhaltig voranzubringen, müssen [...] friedliche und zivile Formen der Problem- und Konfliktbearbeitung angewandt werden“ (Pastoors 2019).

Gulowski und Weller verstehen ZKB als „intentionales, auf gesellschaftlichen Wandel abzielendes Handeln“ (2017, S. 394), dessen Ziel „die Ermöglichung sozialen Wandels durch Vergesellschaftungsprozesse [ist], in denen die Bearbeitung von Konflikten durch Transformationen auf struktureller, institutioneller und/ oder Akteur*innen-Ebene erfolgt“ (Gulowski und Weller 2017, S. 407).

Im Gegensatz zu ‚technokratischen‘ Ansätzen, die die schnelle Beendigung, das Management, die Lösung oder die Regulierung von Konflikten in den Vordergrund stellen, geht mit dem oben skizzierten Konfliktverständnis eine transformative Herangehensweise einher. Sowohl im Anspruch als auch in der Zielrichtung geht es dabei „um mehr als die Bearbeitung von unmittelbar sichtbaren Symptomen. Konflikttransformation postuliert die Notwendigkeit tiefgreifenden und grundlegenden Wandels“ (Austin und Gießmann 2019, S. 450-451). Im transformativen Ansatz der Zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung steht der Prozess der „Veränderung von Beziehungen, Einstellungen, Verhaltensweisen, Interessen und Diskursen“ im Zentrum und es wird danach gefragt, welche „Strukturen, Kulturen und Institutionen“ einem Konflikt zugrunde liegen, um dort anzusetzen (Bernarding und Austin 2020, S. 163). Ein zentraler Aspekt des transformativen Paradigmas ist, dass der Prozess selbst und die Art und Weise, wie dieser ausgestaltet wird, entscheidend sind (Pastoors 2021, S. 353). Damit wird deutlich, dass Beziehungen „das Herz von Konflikttransformation“ sind und allein durch die „Entwicklung konstruktiver Beziehungen Rahmenbedingungen entstehen, die einen anderen, freieren, zugleich weniger vorbestimmten Zugang zur Problembewältigung eröffnen“ (Austin und Gießmann 2019, S. 458).

Ein solches Verständnis von Konflikten und Konfliktbearbeitung spiegelt sich auch in einem entsprechenden Friedensverständnis wider. Statt Frieden als fernes, schwer erreichbares Ziel anzusehen, kann Frieden vielmehr als komplexer, langfristiger und vielschichtiger Prozess verstanden werden, der sich dadurch auszeichnet, dass Gewalt schrittweise ab- und Gerechtigkeit zunimmt (Sönsken et al. 2020, S. 38). Statt nur die Abwesenheit von Krieg und physischer, direkter Gewalt zu betonen, geht der positive Friedensbegriff weit darüber hinaus und bezieht die Überwindung von struktureller und kultureller Gewalt mit ein, die sich in der Etablierung einer ‚Kultur des Friedens‘ im weltweiten Zusammenleben ausdrückt (Sönsken et al. 2020, S. 37). Meyers spricht hier von Neuentwürfen „komplexer ganzheitlicher Gesellschaftsmodelle“, die dieses ‚Mehr‘ des Friedens in unterschiedlicher Weise realisieren wollen (Meyers 2019, S. 22). Wenn Frieden nicht nur als Zustand, sondern auch als Prozess verstanden wird, geht es wieder um konstruktive Konfliktaustragung und die gerechte „Neugestaltung von Beziehungen“ (Austin und Gießmann 2019, S. 450), so dass die Förderung von Frieden und die Transformation von Konflikten Hand in Hand gehen.

3.2 Beispiel für Zivile Konfliktbearbeitung

Basierend auf diesen Verständnissen von Frieden, Konflikt und Konflikttransformation ist die Friedens- und Konfliktarbeit ein weites Feld mit vielfältigen Akteur*innen, Programmen und Aktivitäten. Im engeren Kontext der Zivilen Konfliktbearbeitung lässt sich immer noch eine große Anzahl an Ansätzen und Akteur*innen ausmachen. So sind Mediation, Täter*innen-Opfer-Ausgleich, Schlichtungen, (moderierte) Verhandlung, runde Tische und Dialogforen prominente Beispiele für ZKB, aber auch andere Formen der Gewaltprävention, Diplomatie, des Peacebuildings und des zivilen Peacekeepings sind Beispiele dafür. Allein im deutschsprachigen Raum gibt es diverse zivilgesellschaftliche und auch einige staatlich getragene Institutionen, die sich um Friedensförderung und Konfliktbearbeitung im In- und Ausland bemühen. So vereint beispielsweise die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung ca. 60 Organisationen (und viele Einzelpersonen), in der Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung arbeiten staatliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen zusammen und im Zentrum für Internationale Friedenseinsätze werden zivile Fachkräfte für Missionen der Vereinten Nationen ausgebildet. Für ZKB im Inland hat sich der Ansatz der Kommunalen Konfliktberatung etabliert, der Kommunen dabei unterstützt, Konfliktpotentiale zu entschärfen, Veränderungsprozesse konstruktiv zu gestalten und die Zusammenarbeit zu fördern. Für die Anwendung von ZKB im Ausland bietet der Zivile Friedensdienst (ZFD) anschauliche Beispiele:

Der ZFD ist ein Programm für Friedensförderung und Gewaltprävention in Krisen- und Konfliktregionen und setzt sich für die konstruktive Bearbeitung von Konflikten ein. Dies geschieht, indem Friedensakteur*innen vor Ort in ihrem Engagement gestärkt und durch ZFD-Fachkräfte unterstützt werden. Getragen wird der ZFD von neun in Deutschland angesiedelten Friedens- und Entwicklungsorganisationen, die sich als Träger*innen im ZFD-Konsortium zusammengeschlossen haben und gemeinsam mit den lokalen Partnerorganisationen die ZFD-Projekte durchführen. Finanziert wird der ZFD durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das seit 1999 die Entsendung bzw. Vermittlung von Fachkräften über das Entwicklungshelfergesetz ermöglicht. Aktuell arbeiten rund 370 internationale ZFD-Fachkräfte in 44 Ländern (Ziviler Friedensdienst 2021). Das Herzstück des ZFD ist die Zivile Konfliktbearbeitung und die Arbeitsansätze können dabei so vielfältig sein wie die Konfliktfelder: von Menschenrechtsbeobachtung über Mediation, Moderation und Dialog bis hin zu Friedensbildung, von konfliktsensiblem Journalismus über Vergangenheitsarbeit und Erinnerungsarbeit bis hin zu Reintegration und psychosoziale Unterstützung für Gewaltbetroffene. Die Projekte basieren auf Konflikt- und Kontextanalysen mit deren Hilfe passende Ansatzpunkte zur Transformation der Konflikte identifiziert werden.

4 Zivile Konfliktbearbeitung im Kontext der Klimakrise

Die Felder Ziviler Konfliktbearbeitung sind vielfältig und auch Umwelt- und Klimakonflikte werden schon seit langem mit dem Repertoire der ZKB angegangen. Was die Perspektive der Friedensförderung und Konflikttransformation im Besonderen zur Bewältigung der Klimakrise beitragen kann, wird nun im Folgenden erörtert.

4.1 Zivile Friedenspolitik ist Klimapolitik

Am Sonntag, den 27.02.2022 hat sich der Bundestag in einer Sondersitzung mit dem Krieg in der Ukraine befasst und Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte für die Bundesregierung, dass sie nicht nur im Bundeshaushalt 2022 ein Sondervermögen von einmalig 100 Milliarden Euro für Rüstungsvorhaben der Bundeswehr bereitstellt, sondern zudem „von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“ will (Deutscher Bundestag 2022).

So bietet der Überfall Russlands auf die Ukraine nicht nur den Anlass für eine einmalige, sondern für eine grundsätzliche und dauerhafte Erhöhung des Militärhaushalts, um die jahrelang gestritten wurde. Friedens- und klimapolitische Bemühungen stehen somit in der Gefahr über den Haufen geworfen zu werden und sich dem Primat der Sicherheitspolitik unterordnen zu müssen. Und das obwohl Gewaltkonflikte durch Militär und Waffen gleich doppelt befeuert werden: direkt und indirekt über die Verschärfung der Klimakrise (siehe 2.2). Wenn stattdessen im Kontext der Klimakrise – und im Umgang mit gewaltvoll eskalierten Konflikten erst recht – vermehrt auf Zivile Konfliktbearbeitung gesetzt wird, können nicht nur große Summen aus den Militärhaushalten eingespart und andernorts zur Bewältigung der Klimakrise eingesetzt werden, sondern es werden auch direkt enorme Emissionsmengen eingespart.

Um die Folgen der Klimakrise abzufedern, werden beträchtliche Finanzmittel benötigt. Deutschland als einer der Hauptverursacher steht hier in der Pflicht, seine internationale Klimafinanzierung deutlich zu erhöhen. […] Der Klimaschutz darf in den kommenden Haushaltsverhandlungen nicht sicherheitspolitischen Interessen geopfert werden (VENRO 2022).

Die Klimabilanz des Militärs zunächst überhaupt zu berechnen und regulär offenzulegen, ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Politik, die sowohl die Klimakrise als auch den Klima-Konflikt-Nexus ernst nimmt (Belcher et al. 2020). Viele Menschenrechtsverteidiger*innen und Klimaaktivist*innen weltweit zeigen diese Zusammenhänge auf und setzen sich lokal und global für Klimagerechtigkeit und Entmilitarisierung ein. Vielfach werden sie wegen ihres Einsatzes bedroht und sind extrem gefährdet. Schutzbegleitung und Menschenrechtsbeobachtung sind Ansätze Ziviler Konfliktbearbeitung, die genau hier wirksam werden (ZFD 2021). Erst das Ende von Krieg und Gewalt ermöglicht überhaupt sich der Bewältigung der Klimakrise zuzuwenden. Friedenspolitik ist daher in mehrfacher Hinsicht Wegbereiterin für Klimapolitik.

Gerade in Zeiten von großer Konfrontation und Gewalteskalation gilt es, nicht die Nerven zu verlieren und den Leitstern des nachhaltigen Friedens nicht aus den Augen zu verlieren. Gewalt führt zu mehr Gewalt. Sie kann die Eskalationsspirale nicht unterbrechen. So anstrengend, mühevoll und oft auch enttäuschend die häufig als schwach diffamierte Diplomatie und Friedensbemühungen sein mögen – Kooperation ist der einzige Weg um nachhaltigen Frieden zu schaffen.

4.2 Von Konkurrenz und Konfrontation zur Kooperation

Sowohl Umsetzungsberichte als auch Studien zeigen, dass auch der Klima-Konflikt-Nexus von der deutschen und internationalen Politik bisher vor allem unter dem Aspekt des Sicherheitsrisikos betrachtet wird (Benner et al. 2020; Brzoska und Oels 2012). Statt menschliches und planetares Wohlergehen zu fokussieren, führt die Versicherheitlichung (siehe Abschnitt 2.3) des Diskurses jedoch oftmals dazu, dass Geld in militärische ‚Sicherheitsmaßnahmen‘ fließt und für die erforderlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise fehlt. Einerseits werden diese Mittel für Klimaschutz und -anpassung sowie für den Ausgleich von Klimaschäden im globalen Süden gebraucht, andererseits gerät aus dem Blick, dass Investitionen in Entwicklung und Frieden zentral zur Bewältigung der Krise sind. Denn es geht primär darum, dass Menschen in Würde leben und ihre Bedürfnisse erfüllen können, um auf diese Weise gewaltsamen Konflikteskalationen vorzubeugen. Außerdem ist die Förderung der nachhaltigen menschlichen Entwicklung letztlich der einzige langfristig wirksame Ansatz, der dazu beitragen kann, die Klimakrise selbst zu entschärfen. Nur wenn die Menschheit gemeinsam den Weg einer nachhaltigen Entwicklung einschlägt, kann die Bewältigung der Klimakrise gelingen. Dazu gehört es, den Fokus von den Bedrohungsszenarien der Konfrontation und Konkurrenz um Ressourcen, wie die Narrative des Klimasicherheitsdiskurses lauten, auf die Klimakrise als gemeinsame Herausforderung zu lenken, für die Kooperation das zentrale Schlüsselmoment ist.

4.3 Environmental Peacebuilding umsetzen

Ein Bereich, in dem diese kooperative Sichtweise bereits stärker im Fokus steht, ist die Zusammenarbeit in Umweltprojekten, bei der mit dem Konzept des Environmental Peacebuilding die Kooperation zum Ausgangspunkt gemacht wird (Ide et al. 2021). Unter der „ökologischen Friedensförderung“ werden Bemühungen verstanden, die „friedlichere Beziehungen durch Umweltzusammenarbeit, Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, Anpassung an den Klimawandel und Reduzierung des Katastrophenrisikos“ aufbauen (Benner et al. 2020. 42). Wenn Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden, muss Konfliktsensibilität ein zentraler Leitstern sein, an dem die Maßnahmen geprüft und so ausgerichtet werden, dass sie bestehende Konflikte nicht nur nicht weiter anheizen (Stichwort: Do no harm), sondern dass die Maßnahmen im Gegenteil sogar mit zur Entschärfung beitragen.

Friedensförderung und Umweltschutz werden in diesem Feld als synergetisch wahrgenommen und deren Umsetzung als sich gegenseitig verstärkend konzipiert. Die Environmental Peacebuilding Association (2022) spricht von der Integration des Managements natürlicher Ressourcen in friedensfördernde Maßnahmen, mit dem Ziel die Widerstandsfähigkeit von konfliktbetroffenen Gemeinschaften zu stärken. Der Fokus wird auf Zusammenarbeit im Kontext von Umwelt, Ressourcen und Klima gelegt, denn wenn eine Notwendigkeit zum gemeinsamen Handeln gegeben ist, kann dies als friedensförderlicher Faktor genutzt werden (Ide 2020). Andersherum lassen sich auch Friedensprojekte – wie alles andere Handeln – auf ihre Auswirkungen auf Umwelt und Klima hin befragen (Rüttinger 2020) und Friedensakteur*innen müssen über solides Wissen in Bezug auf Klima, Umwelt und natürliche Ressourcen verfügen (Rüttinger et al. 2015, S. 104). Die Friedensarbeit zu Land- und Ressourcenkonflikten, wie sie beispielsweise im ZFD umgesetzt wird, bietet viele Beispiele für diese wichtige Herangehensweise.

4.4 Konfliktanalyse zum Ausgangspunkt machen

Wie oben beschrieben (3.2) ist das Herzstück des ZFD die Zivile Konfliktbearbeitung, für die wiederum die Konfliktanalyse eine zentrale Rolle spielt. Denn schon die Frage, was als Problem angesehen und wie der Konfliktgegenstand definiert wird, ist bedeutsam: Dieser Ausgangspunkt entscheidet über alle weiteren Handlungsschritte, in welches Ressort das Thema fällt und wie der Konflikt angegangen wird. Die Friedens- und Konfliktforschung und die Praxis der ZKB haben eine Vielfalt an Konfliktanalysemethoden entwickelt, mit deren Hilfe unterschiedliche Facetten der komplexen Konfliktrealität näher beleuchtet werden können. So gilt es die Konfliktakteur*innen und ihr Beziehungsgeflecht, ihre Positionen, Befürchtungen, Interessen und Bedürfnisse sowie ihre unterschiedlichen Perspektiven und Verständnisse des Konfliktgegenstandes zu untersuchen. Zudem lässt sich systemisch analysieren, welche Ursachen zur Entstehung des Konflikts beigetragen haben, welche Auswirkungen, Wechselwirkungen und gegenseitig verstärkenden Effekte es gibt und welche Faktoren den Konflikt stabilisieren, verschärfen oder anheizen und trennend wirken bzw. welche Faktoren sich hingegen friedensförderlich und verbindend auswirken können. Zudem ist eine Differenzierung zwischen dem sichtbaren Verhalten und den dahinterliegenden Einstellungen, Annahmen, Widersprüchen und Zielen mit Hilfe von Techniken der Konfliktanalyse möglich. Erst diese Wissensbasis ermöglicht es, (Klimaschutz-)maßnahmen konfliktsensibel umzusetzen und dafür zu sorgen, dass durch sie keine weiteren Konflikte geschürt werden.

Konfliktanalysemethoden stellen beispielsweise im Zivilen Friedensdienst die Ausgangsbasis für die Konzeption der Projekte dar. So ist der Klimawandel in vielen Analysen bereits als ein konfliktverschärfender Faktor identifiziert worden und wenn Klimaschutzprojekte konfliktsensibel gestaltet werden sollen, dann sind „systemische, klimasensible Konfliktanalysen“ (Rathje 2021) unabdingbar, die Fragestellungen von Klimawandelanpassung und Emissionsreduktion integrieren. Mit diesem konfliktanalytischen Blick können wir auch auf Klimakrise und Gewaltkonflikte blicken und nach gemeinsamen Ursachen und Treibern suchen – auch und erst recht vor der ‚eigenen Haustür‘ – und im Anschluss daran Lösungsansätze entwickeln, die für die verschiedenen Krisen konstruktive Antworten bieten.

Gerade die Klimagerechtigkeits- und Degrowth-Bewegung hat aufgezeigt, dass eine andere Definition des Konfliktgegenstandes zu gänzlich anderen politischen Forderungen und Umsetzungsstrategien führt. Wenn die Produktionsweise des globalen Kapitalismus als Ursache der Klimakrise erkannt wird, ist klar, dass z. B. ein Green New Deal mit Ausbau von erneuerbaren Energien zur Bearbeitung des Konflikts allein nicht ausreicht, wenn weitere systemische Aspekte nicht verändert werden.

4.5 Klimagerechtigkeit durch Konflikttransformation

Die Klimagerechtigkeitsbewegung setzt genau da an und sieht den Klimawandel als Produkt des zerstörerischen Wirtschaftssystems, seiner Wachstumsideologie und der damit verbundenen globalen Ungleichheit (Sander 2016, S. 10). Sie sieht die Klimakrise als Gerechtigkeitsproblem und argumentiert menschenrechtlich für eine gerechte Klimaschutzpolitik. Diejenigen, die die Klimakrise am stärksten verursacht haben, sollen auch die Hauptverantwortung für die Bewältigung tragen und diejenigen unterstützen, die am stärksten darunter leiden. Technische Lösungen allein reichen nicht aus, sondern es braucht ein grundlegendes Umdenken.

Wir haben in Glasgow gesehen, dass die lange bestehende Blockadehaltung der Industrieländer weiter fortgeführt wurde. In der Summe war es ein sehr schwaches Ergebnis, insbesondere im Vergleich zu dem, was die Verhandlungsgruppen der Entwicklungsländer gefordert hatten. […] Am Ende kann man sagen: Die internationale Gemeinschaft hat dabei versagt, angemessene und vor allem bedarfsgerechte Unterstützung für die betroffenen Länder – die in der Regel am allerwenigsten zum Klimawandel beigetragen haben – bereitzustellen (Sanders 2021).

So äußert sich Vera Künzel, die als Vertreterin von Germanwatch an der COP26 teilgenommen hat.

Für die Bemühungen um Klimagerechtigkeit bietet die Perspektive der Konflikttransformation einen passenden Ansatzpunkt, da wie beschrieben nicht nur die Symptome von Konflikten angegangen, sondern die Beziehungen und Strukturen in den Blick genommen werden (siehe Abschnitt 3.1).

In Bezug auf die Klimakrise scheint das Konflikttransformationsmodell von Diana Francis (2004) besonders aufschlussreich anwendbar zu sein (siehe Abb. 1). Ihr Modell fokussiert auf Situationen ungleicher Machtverhältnisse und beschreibt einen mehrstufigen Prozess, der damit beginnt, dass ein ungerechter Zustand zunächst überhaupt als solcher erfasst und als latenter Konflikt – zunächst nur von einzelnen Akteur*innen – wahrgenommen wird. Der allererste Schritt besteht dann darin, diesen bisher nicht beachteten Konflikt überhaupt sichtbar und die vorherrschende Situation zum Thema zu machen. Dies ist nur möglich, wenn Stimmen sich Gehör verschaffen, was mit einer Veränderung der Machtverhältnisse einhergeht. Erst wenn durch Aufklärung und Sensibilisierungsarbeit nach und nach ein Bewusstsein für die Ungerechtigkeit entsteht, können weitere Verschiebungen der Machtverhältnisse zu einer Manifestation des Konflikts führen, so dass dieser offen ausgetragen wird. Diese Entwicklung beschreibt Francis als eine notwendige Voraussetzung, um in die direkte Phase der Konfliktbearbeitung einzutreten, in der dann Gespräche vorbereitet, Verhandlungen geführt oder Mediationsprozesse begonnen werden.

Abb. 1
figure 1

Vereinfachte eigene Darstellung des Konflikttransformationsmodells nach Diana Francis (2004, S. 8)

In der Klimakrise hilft das Modell vor allem zum Verständnis in Bezug auf die Konflikte, die direkt mit Klimaungerechtigkeit verbunden sind. Rückblickend lässt sich gut erkennen, wie stark die verschiedenen Generationen zivilgesellschaftlicher Bewegungen an diversen Orten der Welt dafür kämpfen mussten, um zunächst Umwelt- und Naturschutzthemen und schließlich auch Klimaschutz und Klimagerechtigkeit selbst auf die Tagesordnung zu setzen. Als die Klimabewegung insbesondere mit Fridays for Future breiter wurde und erreichte, dass weite Teile der Öffentlichkeit über die Auswirkungen des Klimawandels diskutierten, Klimanotstände ausgerufen wurden und diverse politische Ebenen sich damit befassen mussten, war ein weiterer power shift geglückt. Mit einer stärkeren Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen – und insbesondere von mehr MAPAs (Most Affected People and Areas) – kann der Schritt zur direkten Konfliktbearbeitung im Rahmen internationaler Klimaverhandlungen markiert werden.

4.6 Teilhabe und Partizipation bei Klimaverhandlungen stärken

Die Klimaverhandlungen finden statt, auch wenn nicht alle Stakeholder am Tisch sitzen. Wie bei allen UN-Konferenzen sind Staaten die Hauptakteur*innen und die Zivilgesellschaft hat nur beratende und beobachtende Funktionen. Viele Betroffene bezweifeln, dass ihre wirkliche Partizipation überhaupt erwünscht ist, da mit ihr einhergeht, dass die grundlegenden Themen auf den Tisch kommen: „Die Cop26 ist eine Vorstellung. Sie ist eine Illusion, die konstruiert wurde, um die kapitalistische Wirtschaft zu retten, die ihre Wurzeln in der Rohstoffgewinnung und im Kolonialismus hat“, zitiert der Guardian die indigene Aktivistin Ta’Kaiya Blaney (Brooks 2021). Konflikttransformativ gedacht stellen sich verschiedene Fragen, wenn es darum geht, in diese Phase der direkten Konfliktbearbeitung einzutreten. Welche Akteur*innen sind betroffen, wer muss beteiligt werden? Was brauchen die besonders stark Betroffenen, um teilhaben zu können? Wie werden z. B. die Kosten der Anreise und des Aufenthalts finanziert? Welches Wissen haben die Beteiligten über Abläufe und Regeln? Sich mit diesen Fragen zu befassen, sich darum zu bemühen marginalisierte Gruppen einzubinden und bestehende Machtungleichgewichte weiter abzumildern, sind daher zentrale Aufgaben von klimasensibler Friedensarbeit, wie sie beispielsweise im ZFD umgesetzt wird. Es geht um „Gestaltung von inklusiven und partizipativen (Aushandlungs- und Entscheidungs‑) Prozessen“ (Kruckow und Vorwerk-Halve 2019).

Auf diese Weise wird der Weg geebnet, um Dialoge und Verhandlungen überhaupt möglich zu machen, in denen auch marginalisierte Stimmen Gehör finden. Genau das steht im Kontext internationaler Klimaverhandlungen noch aus. Auf lokaler Ebene ist die Situation zumeist ähnlich und ist hier ist Partizipation mindestens genauso wichtig. Dialogforen und Bürger*innenräte sollten immer möglichst inklusiv gestaltet sein und sich intensiv darum bemühen, marginalisierte und besonders stark betroffene Personengruppen einzubeziehen. Und wenn diese Beteiligungsformate zunächst für Maßnahmen zum Klimaschutz eingesetzt werden und sich etablieren, können sie auch für weitere Konfliktthemen genutzt werden (Rathje 2021).

Die Phase der Aufarbeitung der Vergangenheit spiegelt sich im Klimakontext darin wieder, dass die ökologisch und sozial zerstörerischen Auswirkungen des Kolonialismus anerkannt werden. Vermutlich können erst dann Vereinbarungen über loss and damages getroffen werden. Das Konflikttransformationsmodell endet zudem nicht mit der Unterschrift unter einen Vertrag. Diana Francis beschreibt, dass es im Anschluss weiter darum geht, gesunde Machtbeziehungen herzustellen und aufrechtzuerhalten. Dies ist ein langfristiger Prozess und kann durch den Aufbau demokratischer, partizipativer Strukturen und durch nachhaltige und faire Kooperationsbeziehungen gefördert werden. So sind im Bereich der erneuerbaren Energien Bürger*innengenossenschaften ein gutes Beispiel dafür, wie durch aktive Einbindung von Nutzer*innen als „prosumer“ das Konfliktpotential beim Bau der Anlagen sinkt und die Akzeptanz enorm steigt (Friedrich und Stieß, S. 9‑10). Solche Modelle lassen sich konflikttransformativ als Win-Win-Lösungen beschreiben, da sie sich sowohl positiv auf die soziale Gemeinschaft (und ihre wirtschaftliche Situation) als auch auf Klima und Umwelt auswirken.

4.7 Die Verbindung von Umwelt, Entwicklung und Frieden erkennen

Die grundlegenden Prämissen der hier dargelegten Zusammenhänge lassen in der untenstehenden Abbildung 2 konzeptionell visualisieren und auf den Punkt bringen. Schon in den 1990er Jahren wurde der Zusammenhang zwischen Umwelt, Entwicklung und Frieden untersucht und herausgearbeitet, wie eng die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen mit der Entfaltung der menschlichen Entwicklung und der Gestaltung des friedlichen Zusammenlebens auf dem Planeten verbunden ist (Scheffran 1996, 1997, 1999). Das positive Zusammenwirken in diesem Dreiecksverhältnis steht den zerstörerischen Kopplungen von Gewalt, Wachstum und Macht entgegen, das eine negative Verstärkung von Unfrieden, Umweltzerstörung und Unterentwicklung hervorbringt (Scheffran 1999, 39).

Abb. 2
figure 2

Die Verbindung von Frieden, Umwelt und Entwicklung bildet die Grundlage für eine sozial-ökologische Transformation zur Gestaltung einer erhaltenden Entfaltung (eigene Darstellung in Anlehnung an Scheffran 1999: 39)

Dabei wird deutlich, wie die Definitionen von Frieden und nachhaltiger Entwicklung ineinander aufgehen und einander bedingen (Scheffran 1996, 2011). Nachhaltige Entwicklung lässt sich demnach auch mit „erhaltender Entfaltung“ (Scheffran 1996) übersetzen, da es darum geht, die Bedürfnisbefriedigung der menschlichen Spezies mit den Bedürfnissen des weiteren Lebens auf der Erde in Einklang zu bringen. Dies steht in enger Verbindung mit Friedensverständnissen, die die Entfaltung des Menschen sowie die friedlichen Beziehungen mit allen Lebewesen und dem Planeten einbeziehen (Meyers 2019, S. 22). „Kurz gesagt, es geht für die Menschen darum, Frieden mit sich selbst, mit anderen und mit der Natur zu schaffen“ (Scheffran 2011, S. 320).

Abbildung 2 visualisiert diese Verknüpfung und ergänzt diesen Ansatz durch eine begriffliche Erweiterung des Modells im Inneren des Dreiecks. So lassen sich die drei Kernbegriffe Umwelt, Entwicklung und Frieden auch folgendermaßen beschreiben: Bei der menschlichen Entwicklung geht es primär um soziale Aspekte, die Umwelt stellt die Einbettung in die Ökologie dar. So kann die nachhaltige Entwicklung auch als sozial-ökologischer Prozess beschrieben werden. Wenn wir darüber hinaus das Friedensverständnis zu Grunde legen, das Frieden nicht nur als Zustand, sondern vor allem auch als Gestaltungsprozess konstruktiver Konflikttransformation begreift, erweitert sich auch diese Dimension des Dreiecks. Die ‚sozial-ökologische Transformation‘ bringt letztlich die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung also die ‚Gestaltung einer erhaltenden Entfaltung‘ im Verhältnis von Umwelt, Entwicklung und Frieden auf den Punkt.

5 Fazit: Frieden in sozial-ökologischen Transformationen

„There can be no sustainable development without peace and no peace without sustainable development“ (United Nations 2015, S. 3).

Auch in diesem Zitat aus der Agenda 2030 der Vereinten Nationen wird die wechselseitige Verbindung zwischen Frieden, Umwelt und Entwicklung deutlich. Anders ausgedrückt können die Sustainable Development Goals nur im Rahmen der planetaren Grenzen realisiert werden (Drees et al. 2021). Eine sozial-ökologische Herangehensweise an die Krise des Klimas und der menschlichen Entwicklung auf diesem Planeten ist daher zwingend notwendig. Wenn mit der Friedensdimension die Aspekte der Gestaltung und der (Konflikt-)transformation hinzukommen, richtet sich der Blick auf den Weg, den Prozess und darauf wie dieser vonstattengeht. Genauso wie im Konzept der „vielen Frieden“ (Dietrich 2006) betont wird, dass es nicht um ‚den einen Frieden‘ (‚OnePeace‘) als universalen, fernen Zustand geht (Hardt und Scheffran 2019, S. 13-15), bedeutet das Prozessverständnis im Kontext der nachhaltigen Entwicklung eine Absage an eine (dem Prozess vorausgehende) Zieldefinition einer sozial-ökologischen Transformation. Nicht die eine ‚Große Transformation‘ wird weltumspannend angestrebt, sondern die lokalen und situativen Besonderheiten und die Vielfalt der jeweiligen Akteur*innen führen dazu, dass es vielmehr darum geht, das ‚Wie‘ der sozial-ökologischen Transformationen – im Plural – zu definieren und die Gestaltungsprozesse in den Mittelpunkt zu rücken (Jahn et al. 2020).

Ansätze Ziviler Konfliktbearbeitung können dabei helfen, die konflikthaften Ausprägungen dieser Gestaltungsprozesse zu begleiten und konstruktiv zu nutzen. Keine sozial-ökologische Transformation geht vermutlich ohne Konflikte vonstatten und der konstruktive Umgang mit ihnen ist bereits ein wichtiges Prinzip des Gestaltungsprozesses. ZKB kann auch dabei helfen, die Vielfalt der Friedens- und Transformationsprozesse sichtbar zu machen und Akteur*innen des Wandels dabei unterstützen in Dialog zu treten und Synergien zwischen unterschiedlichsten Entwürfen gesellschaftlicher Naturverhältnisse herzustellen. So stellen beispielsweise „radical well-being approaches“ (Kothari et al. 2014) wie Buen Vivir, Ubuntu und Degrowth konkrete Gestaltungsansätze sozial-ökologischer Transformationen dar und denken planetares, kollektives und individuelles Wohlergehen zusammen. So vielfältig diese Ansätze sind, so haben sie doch eine gemeinsame Basis: Bei ihnen steht das Leben im Zentrum und sie fußen auf dem Verständnis, dass alles Leben miteinander verbunden ist und alles miteinander in wechselseitiger Beziehung steht (Kothari et al. 2014, S. 370-371). Die Gestaltung orientiert sich in diesen „radical well-being approaches“ an Gemeinschaft, Gemeinwohl und Bedürfnissen und sie setzen dafür auf Umverteilung, Selbstbestimmung, Anerkennung von Vielfalt und das Vorsorgeprinzip (Kothari et al. 2014, S. 370-371). Viele ZFD-Projekte arbeiten weltweit mit Friedensakteur*innen zusammen, die mit Hilfe dieser Ansätze gesellschaftliche Veränderungsprozesse gestalten. Sie können dazu beitragen, gemeinsame Lernprozesse zu initiieren und Beziehungen zwischen Akteuren zu stärken, so dass innerhalb und zwischen Gesellschaften Wissen und Fähigkeiten für die Gestaltung von erhaltender Entfaltung geteilt werden kann – gerade in Zeiten einer fortschreitenden Klimakrise.

Dieser Artikel hat gezeigt, dass Zivile Konfliktbearbeitung wertvolle Impulse für den Umgang mit Klimawandel und für die Bewältigung der damit verbundenen Krisen und Konflikte bietet. Neben vielen konkreten Gestaltungsansätzen und -prinzipien (wie Konfliktanalysen und Partizipation) lenkt sie mit der Friedensperspektive den Blick auf die zu Grunde liegenden Paradigmen (Kooperation statt Konkurrenz) und erinnert daran, dass es primär um die gerechte und ausgewogene Gestaltung von Beziehungen geht. Interessanterweise benennen 16 SDGs einzelne Ziele und Teilbereiche der nachhaltigen Entwicklung, wohingegen Ziel 17 übergreifend ist und die notwendige Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Erreichung aller Ziele betont (United Nations 2015, S. 27-29). Die Kooperation selbst wird also zum Ziel erhoben, das dabei hilft, alle anderen Ziele umzusetzen – worin die gestalterische Bedeutung der Friedensdimension für die Erhaltung und Entfaltung des Lebens deutlich wird.