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Seemacht im internationalen Staatensystem und die Krise im Südchinesischen Meer

Seapower in the International Maritime System and the Crisis in the South China Sea

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Zusammenfassung

Die Analyse untersucht die Bedeutung von Seemacht im internationalen Staatensystem unter den nun herrschenden Gegebenheiten. Diese sind von einer Auseinandersetzung der noch globalen Führungsmacht USA und der aufstrebenden Macht China geprägt. Die derzeit im Südchinesischen Meer auftretenden Spannungen über Hoheitsansprüche in Küstengewässern und darüber hinaus die Bedeutung der durch dieses Meer führenden Seewege sowie die Konsequenzen der Problematik in Ostasien stellen den Operationsraum für eine zunächst regionale Auseinandersetzung mit hohem Potenzial für eine globale Ausweitung dar.

Abstract

The analysis examines the importance of maritime power in the international state system under currently prevailing circumstances. These are characterised by an incipient conflict between the United States and the emergent power, China. Rising tensions in the South China Sea over sovereignity in coastal waters, maritime routes, and political consequences of concurrent problems in East Asia, are creating a scenario in the operational theatre that could spark a regional conflict with the potential for global escalation.

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Notes

  1. Klasse I: major global force projection complete; Klasse II: major global force projection partial; Klasse III: medium force projection; Klasse IV: medium regional force projection.

  2. Beim fleet in being handelt es sich um ein strategisches Konzept im Seekrieg. Die Präsenzflotte ist eine Flotte, die durch bloße Existenz, ohne den Hafen verlassen zu müssen, das Kriegsgeschehen beeinflusst – die Flotte existiert, agiert aber nicht. Die bloße Möglichkeit des Auslaufens dieser Flotte zwingt den Gegner, ausreichend Streitkräfte bereitzuhalten, um die Präsenzflotte im Fall eines Einsatzes bekämpfen zu können.

  3. Forward deployment bedeutet im militärischen Sinn die Vorwärts-Stationierung/Entsendung von militärischem Potenzial, primär Marinestreitkräften, um in einem theater oder Operationsraum präsent zu sein.

  4. Mit Machtprojektion bzw. power projection bezeichnet man im Rahmen der Politikwissenschaft und des Militärwesens die Fähigkeit eines Staates, seine politischen Interessen mit Androhung oder Anwendung von Gewalt auch weit entfernt von seinem eigenen Territorium durchzusetzen.

  5. Offshore balancing ist ein strategisches Konzept des Realismus im Bereich der Analyse internationaler Beziehungen. Es beschreibt eine Strategie, in der Großmächte favorisierte regionale Mächte zur Vertretung ihrer Interessen ohne oder mit dem geringsten, notwendigen direkten militärischen Einsatz ausstatten. John Mearsheimer hat diesen Begriff in seinen theoretischen Arbeiten tiefgreifend erforscht und führt u. a. Großbritannien in seiner Haltung gegenüber dem kontinentalen Europa vom 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts als klassischen offshore balancer an (Mearsheimer 2001; Mearsheimer und Walt 2016).

  6. Ein multiple independently targetable reentry vehicle (MIRV) ist ein nuklearer Mehrfachsprengkopf für Interkontinentalraketen (ICBM), die pro Rakete über unabhängige Zielansprachen so viele Ziele wie Sprengköpfe vorhanden, bekämpfen können. Das Zwischensystem zum Einfachsprengkopf wird multiple reentry vehicle (MRV) genannt und hat wohl mehrere Sprengköpfe pro Rakete, allerdings keine unabhängige Zielansprache.

  7. Mutually Assured Destruction (MAD) ist ein Terminus des Kalten Krieges und bezeichnete dort einen Atompatt bzw. eine erwiesene, gegenseitig abgesicherte Zerstörungskraft.

  8. Anti-access/area-denial (A2/AD) bezeichnet ein taktisch-operatives Konzept gegen einen potenziellen maritimen Gegner, der über eine starke Projektionsfähigkeit verfügt. Einfach gesagt, sollen eigene militärische, auch landgestützte Fähigkeiten, einen starken Gegner vom Zugang zur eigenen Küste abhalten (anti-access, A2) und besonders in Küstennähe sein Einsatzpotenzial so weit wie möglich einschränken.

  9. Die Nimitz-Klasse umfasst nuklear angetriebene Flugzeugträger der U.S. Navy. Die erste Einheit der Klasse, die USS Nimitz (CVN-68), wurde 1975 in Dienst gestellt, die 10. und letzte, USS Bush (CVN-77), Anfang 2009. Mit einer Verdrängung von rund 100.000 t sind die Träger die größten Kriegsschiffe der Welt. Sie können bis zu 85 Flugzeuge tragen. Die Träger sind auf Grund des Nuklearantriebs fast unbegrenzt einsetzbar, nur Kerosin- und Lebensmittelvorräte müssen regelmäßig ergänzt werden. Der Bau eines Schiffs der Nimitz-Klasse kostete bis zu (heute) 6 Mrd. US-$ und dauerte von der Kiellegung bis zur Indienststellung rund 5 Jahre. Die Schiffe sind für eine Nutzungsdauer von rund 50 Jahren ausgelegt.

  10. Von 10 Flugzeugträgern (Kampfgruppen) sind maximal 6‑7 real einsetzbar; meist 2, maximal 3 im Einsatz; weitere 3‑4 kurz- bzw. mittelfristig verfügbar und ca. 3 ständig und für längere Zeit (bis zu 36 Monate) in Überholungs‑, Wartungs- und Modernisierungsarbeiten eingebunden.

  11. Als konzeptionelle Antwort auf das A2/AD-Konzept hat das US-Verteidigungsministerium die Erweiterung des Joint-Konzeptes ausgearbeitet und den griffigen Titel Air-Sea Battle (ASB) gewählt. Dabei handelt es sich weder um einen operationellen Plan noch taktische Richtlinien, sondern eine grundsätzliche Konzeption, um den durch einen starken A2/AD-Gegner möglicherweise bedrohten Zugang bis in Küstennähe durch die U.S. Navy (und damit das U.S. Marine Corps) unter allen Bedingungen sicherzustellen.

  12. Hier ist das Verhältnis Leistung zu Größe auf einem Kriegsschiff entscheidend.

  13. Die naval task group (NTG) ist eine carrier strike group (CSG), die über bedeutende U.S. Marine Corps-Kräfte (von Bataillons- bis Divisionsstärke) verfügt und daher auch amphibisch wirken kann.

  14. Das Aegis-System bzw. Aegis Combat System (ACS) ist ein integriertes maritimes Waffensystem, das ursprünglich von der Radio Corporation of America (RCA) entwickelt wurde und heute von Lokheed Martin hergestellt und weiterentwickelt wird; eine hochstehende Computer- und Radartechnologie zum Aufspüren und Steuern von Waffensystemen zur Zerstörung gegnerischer Ziele, ursprünglich nur von der U.S. Navy benutzt. Heute benutzen auch die japanische, spanische, norwegische und südkoreanische Marine das System. Mehr als 100 mit dem Aegis-System ausgestattete Schiffe sind in 5 navies weltweit im Einsatz.

  15. Vom 1. Juni 1937 bis 8. September 1945.

  16. UNCLOS bezeichnet eine Reihe von Seerechtskonventionen der Vereinten Nationen.

  17. Die U.S. Navy hat im Gegensatz zur PLAN von heute Weltklasseniveau – nicht ausschließlich wegen der materiell-operationellen Überlegenheit, sondern weil die USA das strategische Ziel starker Streitkräfte seit nun über 70 Jahren konsequent und zielstrebig verfolgt und weiterentwickelt haben.

  18. Die Monroe-Doktrin geht auf die Rede zur Lage der Nation vom 2. Dezember 1823 zurück, in der US-Präsident James Monroe vor dem Kongress die Grundzüge einer langfristigen Außenpolitik der USA entwarf.

  19. Bandwagoning bezeichnet nach Gärtner in den Internationalen Beziehungen den Anschluss eines oder mehrerer Staaten an einen Staat, der ein höheres Machtpotential aufweist. Es kann demnach auch als eine Art Mitläufer-Effekt in den Internationalen Beziehungen verstanden werden (Gärtner 2005).

  20. One Belt, One Road bündelt ab 2013 die chinesischen Ziele zum Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Netzes zwischen China, weiteren Ländern Asiens, Europa und einigen Ländern Afrikas.

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Scholik, N. Seemacht im internationalen Staatensystem und die Krise im Südchinesischen Meer. Z Außen Sicherheitspolit 11, 25–38 (2018). https://doi.org/10.1007/s12399-017-0689-y

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