„Insofern hebt die Reflexion auf Gesellschaft dort an, wo Verstehbarkeit endet. Sie bleibt jedoch partikular, weil sie sich bei der Nichtverstehbarkeit beruhigt. Stattdessen wäre die Nichtverstehbarkeit zu verstehen.“(nach Adorno 1972, S. 12)
Zusammenfassung
Der Review-Prozess deutscher Außenpolitik nimmt die Gesellschaft als zentralen Referenzpunkt von dessen Legitimität. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass diese, aufgrund eines auf die Gegenwart nicht mehr passenden Vokabulars, unangemessen repräsentiert wird. Der Beitrag zeigt, wie und warum es zu deren unterkomplexen Verständnis kommen konnte. Er bietet ein alternatives Imaginär von Gesellschaft an, das aufweist, wie man diese grundlegender in die (Neu-)Gestaltung deutscher Außenpolitik einbeziehen könnte.
Abstract
The review process of German foreign policy takes society as the chief point of reference of its legitimacy. Upon closer inspection, however, it shows that society is rather ill defined due to the use of a vocabulary that no longer matches social realities. The contribution shows how and why such a reductionist understanding came about. It offers an alternative image of society that shows how society may still be more foundationally included in the (re-)making of German foreign policy.
Notes
Das Gleiche gilt fraglos auch für Leser!
Noch ein Adorno-Zitat (1962, S. 7) – heute würde man vielleicht ergänzen: „der Hochabstraktion“.
Siehe: www.review2014.de
Vgl. zur „Grabenmetapher“ Steinmeier 2014a.
Die Anführungszeichen um „die Außenpolitik“ entfallen im Folgenden aus ästhetischen Gründen, werden aber zugleich sozusagen als „unsichtbare Fußnote“ weiter mitgeführt. Der Hintergrundgedanke ist klar: Wie „die Wissenschaft“, ist Außenpolitik auch kein homogenes Feld mit ebenso wenig homogenen Akteuren.
Vgl. ausführlicher zur Hinfälligkeit der Unterscheidung Luhmann (2005a).
Unter dem geteilten beobachtungstechnischen Bezugsproblem wäre das „Belehrungsverhältnis“ selbstverständlich umtauschbar – hier kommuniziert aber nun mal ein wissenschaftlicher Beobachter.
Man könnte auch von „falschen Voraussetzungen“ sprechen, die der Außenminister selbst erwähnt (Steinmeier 2014a).
Geschlossen werden muss! „Doch Politik hat keine Wahl – sie muss sich über solche Gräben bewegen, um überhaupt handlungsfähig zu sein“ (Steinmeier 2014a).
Mehr hierzu bei Luhmann (1997, S. 912–931, 1016–1036).
Die bei der Eröffnung des Review-Prozesse daher auch nicht zufällig mitgeliefert wurde (vgl. Körber-Stiftung 2014).
Zur Werteproblematik siehe den Beitrag von Benjamin Herborth in diesem Band.
Andere grundlegende Probleme, wie die Frage, inwiefern es die Umfrage rechtfertigen kann, dem Oktopus die richtigen 80.766.000 Arme gestutzt und ihm die 1000 repräsentativsten gelassen zu haben (Körber-Stiftung 2014, S. 2), sollen hier nicht unbemerkt, aber leider unbeantwortet bleiben.
Der zweite Wert (nicht-A) negiert als Reflexionswert innerhalb dieser Form also alles, was nicht dem Bezeichneten (A) entspricht und leitet die Beobachtung somit wieder auf A zurück.
So auch Dux (1982, S. 291). Wichtig ist, dass es sich bei dieser Form nicht um die Grund-Logik der Welt handelt. Es ist vielmehr eine, wenn auch die dominante, sozio-historisch konditionierte Weise der kognitiven Erschließung von (westlicher) Welt.
Dies hält sich sogar in manchen Reflexionstheorien bis heute durch. So sehen Theorien realistischer Couleur allesamt den Staat als Repräsentant der Gesellschaft und behandeln diesen als Blackbox (vgl. Waltz 1979).
Vgl. insbesondere Luhmann (2000) für die historischen Aspekte des Folgenden.
Zur historischen Entstehung von Außenpolitik siehe den Beitrag von Mathias Albert in diesem Band.
Siehe ähnlich für das Problem des Politischen im Allgemeinen Göbel (1995, S. 276–277).
An dieser Stelle sieht man auch, wie sehr Grammatik und Semantik ein bestimmtes Verständnis implizieren, denn das hier bezeichnete „Teil“ ist keines im Sinne des oben kritisierten Ganzem/Teil-Verständnis. Mehr dazu im Folgenden.
„[N]ur im Dreiklang [von Experten, Öffentlichkeit und Auswärtigen Amt] wird ein Schuh draus – im Gespräch und Austausch der drei Ebenen“ (Steinmeier 2014a).
Hierzu klassisch Gotthard Günther 1979.
Diese sind somit bestenfalls nur noch in Differenz zueinander als Einheit denkbar.
In der Tat: Man muss letztendlich zu einer Unterscheidung bzw. Entscheidung darüber kommen, wie man Außenpolitik beobachten und machen will. Zudem ist auch eine Nicht-Entscheidung eine Entscheidung.
Literatur
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Jacobi, D. „Außenpolitik machen“: Über die Erreichbarkeit der Gesellschaft. Z Außen Sicherheitspolit 8 (Suppl 1), 67–87 (2015). https://doi.org/10.1007/s12399-014-0447-3
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