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Der Einfluss des Salafismus auf den internationalen Terrorismus

The Influence of Salafism on International Terrorism

  • Analyse
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Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung:

Der Einfluss des Salafismus auf den internationalen islamistischen Terrorismus wird derzeit umfassend diskutiert. Zwar ist die Mehrzahl der SalafistInnen quietistischer und apolitischer Natur, indem ihre Konzentration ausschließlich auf die rechtmäßige Durchführung gottesdienstlicher Handlungen gerichtet ist und sie politische Partizipation sowie Interessensbildung dezidiert als Blasphemie und menschlichen Hochmut ablehnen. Doch diese apolitische Haltung weist ebenso eine Schnittmenge zu salafistischen DjihadistInnen auf, die gewaltsam jede Form von politischer Ideenlehre und menschengemachter Gesetze bekämpfen, denn ihrer Auffassung nach stehen sie der Implementierung der Scharia und dem Willen Gottes im Wege.

Abstract:

The influence of salafism and its practise of the early Muslim generation on international Islamist terrorism is heavily discussed by experts currently. Indeed, most of the salafis are quietist and apolitical, focusing on the right form of worship in every detail as prescribed by the Prophet himself and rejecting political participation as well as the articulation of worldly interests as blasphemy and human pride. This apolitical stance has yet an intersection with salafist-jihadists, who fight every form of political ideology and man-made law as opposed to the implementation of Sharia and God’s will.

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Notes

  1. Hanafismus, Malikismus, Shafismus und Hanbalismus sind die offiziellen Rechtsschulen des Islam. Sie stammen allesamt aus der formativen Periode der islamischen Kultur und waren bereits zum Ende des 10. Jahrhunderts ausgereift. Alle Rechtsschulen sind mehr oder weniger offizielle Rechtsschulen eines islamischen Landes und sind regionalspezifisch. Da SalafistInnen die formative Periode aufgrund der spekulativen Tätigkeit muslimischer Theologen ablehnen und daher offiziell keiner Rechtsschule folgen, haben sich bedeutende Gelehrte des Salafismus (Albani, Kettani) in der Moderne zur zahiritischen Rechtsschule bekannt, die nach dem 11. Jahrhundert sukzessive an Bedeutung verlor. Zahir bedeutet Äußeres. Zahiriten beziehen sich ausschließlich auf den koranischen Wortlaut sowie auf die Überlieferungen des Propheten. Andere Quellen besitzen für sie keine Relevanz, da nach ihrer Auffassung eine spekulative und auch hermeneutische Tätigkeit im Hinblick auf göttliche Gesetze und Regeln letztlich subjektiver Natur sind und einem gefährlichen Relativismus Vorschub leisten. Der eminenteste Anhänger des Zahirismus ist der große andalusische Theologe Ibn Hazm (994–1064). Selbst dem großen andalusischen Mystiker und spekulativen Theosophen Ibn Arabi (Scheich al Akbar) ordnet man fast paradoxerweise den Zahirismus zu. Durch den Salafismus hat der Zahirismus im Zuge der Moderne fraglos eine Wiederbelebung im Rahmen elitärer salafistischer Zirkel erfahren.

  2. Diese Überlieferung in der bedeutendsten und authentischsten Hadith-Sammlung von Al Bukhari hat zahlreiche Interpretationen erfahren. Wie Muhammad Asad betont, bezieht sie sich auch auf die moralische und spirituelle Integrität von MuslimInnen und nicht nur rein auf die zeitliche Abfolge, sondern auch auf die innere Haltung, die sich jedoch stets am Propheten oder jenen, die in seiner Nähe waren, zu orientieren hat (Asad 1987, S. 18).

  3. Ibn Uthaimin wurde nach dem Tod von Ibn Baz (1999) zum Großmufti Saudi-Arabiens bestimmt. Er lehnte die Nominierung allerdings ab und starb im Jahr 2001. Er kann nach Albani als international einflussreichste Lehrautorität des puristischen bzw. quietistischen Spektrums des Salafismus, insbesondere im Hinblick auf die reine und unverfälschte Glaubenslehre (aqida) des Islam, bezeichnet werden, die sich ausschließlich am koranischen Wortlaut und den Überlieferungen des Propheten (ahadith) orientiert.

  4. Quintan Wiktorowicz plädiert in seiner Studie The anatomy of the salafi movement (2006) für die Unterscheidung in eine puristische, politische und djihadistische Strömung des Salafismus. Ihm folgen zahlreiche renommierte Experten auf dem Gebiet, darunter Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in seiner im Mai 2012 veröffentlichten Studie „Wer sind die Salafisten? Zum Umgang mit einer schnell wachsenden und sich politisierenden Bewegung“.

  5. Das Leben eines Muslims, nicht nur aus dem salafistischen Spektrum, sollte um diese Maxime zentriert sein. Der Satz findet sich in zahlreichen Wiederholungen im Koran, u. a. Koran 3:110; 7:157; 9:71; 9:112; 22:41.

  6. Den saudischen Sicherheitsbeamten Nasir Al Othmani, der Yusuf al Uyairi getötet hatte, fand man wenige Wochen danach ermordet im Garten seines Landhauses in Al Qusaiah. Dies zeigt offenbar, wie hoch die Sympathie mit Al Uyairi im puristisch-wahhabitischen Saudi-Arabien war.

  7. „Und kämpft gegen sie, bis es keine Verfolgung (d. h. Unglaube, Sich-Abwenden und Abhalten anderer vom Glauben) mehr gibt und die Religion allein Allahs ist. Wie sie jedoch aufhören, dann darf es kein feindseliges Vorgeben geben außer gegen die Ungerechten“ (Koran 2:193, übersetzt von Bubenheim und Elyas (2004)). Diesen interpretationsbedürftigen Koranvers legt Muhammad Asad in seiner bekannten Koranübertragung im Englischen folgendermaßen aus: „i. e. until God can be worshipped without fear of persecution, and none is compelled to bow down in awe before another human being“ (Asad 1980, S. 41).

  8. In diesem Zusammenhang müsste man eher von Ex-Syrien und dem Ex-Irak sprechen.

  9. Über die übereilte Handlungsstrategie der USA nach 9/11, die zur gewaltsamen Entmachtung zweier sunnitischer Regime führten (Taliban, Irak) und damit die schiitische Achse Iran-Syrien-Hisbollah sowie indirekt das iranische Atomprogramm gefördert zu haben, schreibt der renommierte amerikanische Nahostspezialist Thomas L. Friedmann am 2. September 2014 in der New York Times in seinem Beitrag mit dem Titel Ready, Aim, Fire. Not Fire, Ready, Aim. Er zeigt im Rahmen dieser Analyse auf, dass die Entstehung des IS ein Resultat des sunnitischen Machtvakuums und einer fehlerhaften außenpolitischen Strategie der USA im Nahen Osten ist. Thomas L. Friedman merkt selbstkritisch an, dass er zum Zeitpunkt der Militäraktion Enduring Freedom in Afghanistan und des zweiten Golfkriegs dieser Strategie zustimmte, das sie aber aus heutiger Perspektive eine außenpolitische Fehlentscheidung erheblichen Maßes darstellt.

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Lobah, J. Der Einfluss des Salafismus auf den internationalen Terrorismus. Z Außen Sicherheitspolit 8, 23–38 (2015). https://doi.org/10.1007/s12399-014-0433-9

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