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Die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Vernunftehe vor dem Aus?

Franco-German Cooperation in Security and Defence Policy: A Marriage of Convenience About to Split up?

  • Analyse
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Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik Aims and scope Submit manuscript

Alles, was wir [Franzosen und Deutsche] auf dem Gebiet der Verteidigung schaffen, bringt uns zusammen und voran. Wenn wir auf diesem Gebiet nichts tun, werden wir uns auch politisch bald nichts mehr zu sagen haben.

Zusammenfassung

In den vergangenen Jahren haben sich Deutschland und Frankreich in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zunehmend voneinander entfernt. Auf beiden Seiten fehlt der politische Wille, die bestehenden Differenzen durch konkrete Reformvorhaben zu durchbrechen und die bilateralen Kooperationsformate einer Revision zu unterziehen. Einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen können beide Seiten allein durch ein entschlossenes Handeln zugunsten einer europäischen Integration in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik entgegenwirken.

Abstract

France and Germany have considerably drifted apart in security and defence policy. On both sides the political will is lacking to push aside existing differences and to revise some of the existing cooperation projects. In order to stop the erosion of Franco-German cooperation, both partners need to act in a pro-European way and have to vigorously push forward EU-integration in the area of security and defence.

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Notes

  1. 1997/1998 war die Brigade in Rajlovac/Bosnien-Herzegovina und 2004/2005 als Rückgrat der Multinationalen Brigade in Kabul/Afghanistan tätig. In der zweiten Jahreshälfte 2006 war sie Teil der deutschen und französischen Beiträge zur NATO Response Force; im Jahr darauf bildete sie den Kern einer EU-Battlegroup. Schließlich wurden 2009 rund 560 Soldaten der beiden französischen Regimenter, des Brigadestabes und des gemischten Versorgungsbataillons zur französisch geführten Multinational Task Force Nord in den Kosovo entsandt.

  2. Bei der Marine unterziehen sich jedes Jahr zwei Offiziersanwärter beider Länder einer vollständigen Offiziersausbildung im Partnerland, deren Dauer rund sechs Jahre umfasst. Auf vergleichbarer Basis bilden die Luftwaffen ebenfalls je zwei Offiziersanwärter pro Jahr aus. Das Ausbildungsprogramm der Landstreitkräfte, welches im Sommer 2007 aufgelegt wurde, richtet sich jährlich an jeweils fünf deutsche und französische Teilnehmer.

  3. Zahlreiche konkrete Maßnahmen wurden zwischen Frankreich und Großbritannien beschlossen. So kamen beide Länder überein, eine gemeinsame Eingreiftruppe aufzubauen. Diese teilstreitkräfteübergreifende Einheit soll bereits im kommenden Jahr trainieren. Sie wird sowohl über ein eigenständiges Hauptquartier als auch über eigene Logistik und Unterstützungskräfte verfügen. Im Unterschied zur Deutsch-Französichen Brigade wäre die französisch-britische Eingreiftruppe damit in der Lage, selbständig robuste Kampfeinsätze durchzuführen – auch wenn sie nicht als permanente Einheit vorgehalten wird. Zweitens hat man vereinbart, einen integrierten aeronavalen Flottenverbund zu schaffen, der sich um die Flugzeugträger beider Länder gruppieren wird. Er soll ab 2020 zur Verfügung stehen. Mit dieser Entscheidung geht der Beschluss einher, die Flugzeugträger beider Länder künftig gemeinsam zu nutzen. Auf diese Weise stellen Paris und London sicher, bis 2050 über eine maritime Projektionsfähigkeit zu verfügen. Drittens werden beide Seiten ihr Personal für das militärische Transportflugzeug A400 M gemeinsam ausbilden und die Maschinen zusammen warten. Eine verbesserte Kooperation wurde darüber hinaus in der maritimen Minenabwehr beschlossen. Vorbehaltlich einer Einigung über die Kostenanteile ist schließlich geplant, dass Frankreich zur Luftbetankung seiner Kampf- und Transportflugzeuge auf die neue britische Luftbetankungsfähigkeit zugreifen kann. In der Rüstungskooperation wurde vereinbart, die Entwicklung von Drohnen gemeinsam anzugehen. Die nächste Generation unbemannter Flugsysteme mittlerer Flughöhe und großer Reichweite (MALE) wird bilateral realisiert; gemeinsam will man zudem eruieren, welchen Anforderungen unbemannte Kampfflugzeuge genügen müssen, deren Weiterentwicklung 2030 ansteht. Geprüft werden soll auch, ob es sich lohnt, bei der Entwicklung militärischer Satellitenkommunikation zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus werden Frankreich und Großbritannien im nuklearen Bereich kooperieren. Wie in dem zugrundeliegenden Vertrag – den beide Seiten eng mit den USA abgestimmt haben – festgelegt wurde, gilt dies für die Simulation von Atomtests und die Qualitätskontrolle von Waffenmaterial. Britische Experten werden zu diesem Zweck in das französische Forschungszentrum Valduc kommen, das mit virtuellen Tests die Funktionsfähigkeit von Atomwaffen überprüft. Am Standort des britischen Nuklearlabors in Aldermaston wird ein gemeinsames Technologiezentrum errichtet, in dem man die Simulation der radiographischen und hydrodynamischen Eigenschaften von Nuklearwaffen fortentwickeln will (Kempin et al.2010, S. 1–2).

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Ronja Kempin ist Leiterin der Forschungsgruppe „EU-Außenbeziehungen“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

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Kempin, R. Die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Vernunftehe vor dem Aus?. Z Außen Sicherheitspolit 5, 203–214 (2012). https://doi.org/10.1007/s12399-012-0255-6

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