Zusammenfassung
In den bisher diskutierten Konzepten zur Ladung von Elektrofahrzeugen ist die kabelgebundene (konduktive) Ladung vorherrschend, bei der der Nutzer das Kabel zur Ladung ein- bzw. wieder ausstecken muss. Häufige Ladevorgänge und insb. Kurzladungen lassen jedoch dieses Ein- und Ausstecken neben der reduzierten Reichweite des Elektrofahrzeugs unpraktisch in der Nutzung erscheinen. Demgegenüber bietet die induktive (kabellose) Energieübertragung das Laden ohne erforderlichen Nutzereingriff.
Der vorliegende Artikel versucht die Fragen zu beantworten, ob ein Einsatz der induktiven Energieübertragung bereits technisch zur Ladung von Elektrofahrzeugen realisierbar ist, und in welchen Bereichen diese eine wirtschaftlich attraktive Lösung für den Nutzer darstellt. Dazu werden zunächst die Ladetechnologien vor- und technisch gegenübergestellt. Auf Basis einer Kostenbetrachtung ist auch ein ökonomischer Vergleich der beiden Ladetechnologien möglich. Es zeigt sich, dass aus wirtschaftlicher Sicht aufgrund signifikanter Mehrkosten vorläufig kein weitverbreiteter Einsatz der induktiven Technik zu erwarten ist. Unter bestimmten Voraussetzungen ergibt sich aber ein begrenztes Anwendungsfeld als Nischentechnologie in bestimmten gewerblichen Bereichen, wie zum Beispiel bei Taxis.
Abstract
Conductive (wired) charging, where the user has to plug or unplug a cable, dominates the concepts discussed for electric vehicles up to now. Apart from the reduced range of the electric vehicle, frequent charging and especially short charging times make this plugging and unplugging appear impractical. In contrast, inductive (wireless) energy transfer makes it possible to charge without user intervention.
This article attempts to answer questions on whether inductive energy transfer can already be used to charge electric vehicles and where this represents an economically attractive solution for users. To do so, first the charging technologies are presented and contrasted. It is also possible to compare the two charging technologies economically based on a cost analysis. It can be shown that no widespread use of the inductive technology is to be expected for the time being from an economic point of view due to its significant extra costs. Under certain conditions, however, there is a limited field of application as a niche technology in certain commercial areas, such as taxis, for example.
Notes
Bei einer unterstellten Ladeeffizienz von 100 %.
Im Englischen bekannt und von Tate et al. (2008) geprägter Term „range anxiety“.
Anschlussleistungen von mehr als 100 kW notwendig für eine 50 % Aufladung der Batterie in fünf Minuten.
Insbesondere während des Ladevorgangs, aber auch wenn das Kabel fest an der Ladestation angebracht ist.
Ladung von Elektrobussen in Whakarewarewa, Neuseeland seit 1996, in Genua und Turin seit 2003.
Schedler, SEW-Eurodrive, Interview vom 05. Mai 2010.
Pavlidis, Vahle, Interview vom 18. Mai 2010.
Berücksichtigung des galvanisch trennenden DC/DC-Wandlers und ohmscher Verluste (vgl. Mazza und Hammerschlag 2005).
Analog zur konduktiven Ladung ist im Fahrzeug vor der Batterie ein DC/DC-Wandler erforderlich (η≈0,95). Zusätzlich wird die übertragungsstrecke über den Luftspalt (≈0,90) sowie die Leistungselektronik und Blindleistungskompensation (≈0,90) berücksichtigt (siehe Angaben Experteninterviews). Damit bewegt sich der Gesamtwirkungsgrad zwischen 75–80 %.
Wechlin, Conductix-Wampfler, Interview vom 11. Mai 2010.
Im Sinterprozess hergestellter ferromagnetischer Werkstoff aus elektrisch nicht leitenden Metalloxiden.
Kümmell, IAV, Interview vom 04. Mai 2010.
Kürschner, ifak Magdeburg, Interview vom 30. April 2010.
Aufladung von mind. 0,16 kWh/km erforderlich: \(\frac{3{,}7~\mathrm{kW}}{0{,}16~\mathrm{kW}\,\mathrm{h}/\mathrm{km}}=23{,}5~\mathrm{km}/\mathrm{h}\) bzw. \(\frac{11{,}1~\mathrm{kW}}{0{,}16~\mathrm{kW}\,\mathrm{h}/\mathrm{km}}=69{,}4~\mathrm{km}/\mathrm{h}\).
Bei einem bereits vorhandenen 230 V-Netzanschluss und 16 A Absicherung.
24 kWh Batteriegröße, 14.300 km/a Laufleistung, 0,16 kWh/km Verbrauch, DoD 75 %.
12 h täglicher Betrieb: Berücksichtigung von Servicezeiten, z.T. nicht besetzten Ladestationen, längeren Standzeiten der Fahrzeuge als zur reinen Ladung notwendig.
Batterieladeeffizienz = 0,95 und Übertragungswirkungsgrad = 0,95 (vgl. Mazza und Hammerschlag 2005).
Vollständige Substitution der konduktiven Ladung bei 1 Million Elektrofahrzeuge in 2020. Gesamtstromverbrauch in Deutschland in 2009: 596 TWh (BDEW 2010).
Ganzheitlicher Ansatz zur Erfassung der Gesamtkette von der Kraftstoffbereitstellung („Well“) bis zur Verwendung in Fahrzeugen zur Bewegung der Reifen („Wheel“).
Rahmenbedingungen: 20 % der Fahrzeuge elektr. = 8 Mio., 4 Fahrzeuge/Station, 7,5 kg Kupfer je Station und Mobilteil.
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Danksagung
Die Autoren bedanken sich beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für die Förderung dieser Studie im Rahmen des Projektes „Meregio Mobil“ unter dem Förderkennzeichen 01-ME-09004.
Weiterhin gilt der Dank auch den Gesprächspartnern aus der Industrie für die intensive Diskussion während der Interviews (siehe Quellenangaben) sowie Herrn J. Heinrich, Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe der Universität Stuttgart und Frau H. Barth des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) für Ihre Kommentare und Diskussion.
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Schraven, S., Kley, F. & Wietschel, M. Induktives Laden von Elektromobilen – Eine techno-ökonomische Bewertung. Z Energiewirtsch 35, 209–219 (2011). https://doi.org/10.1007/s12398-010-0040-y
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DOI: https://doi.org/10.1007/s12398-010-0040-y
Schlüsselwörter
- Ladeinfrastruktur
- Induktive Ladung
- Elektrofahrzeuge/Elektromobilität
- Elektromagnetische Verträglichkeit
- Übertragungswirkungsgrad
- Nutzerakzeptanz