Werte Leserinnen!

Werte Leser!

Naja, Ostern war kälter als Weihnachten, man will sich noch gar nicht an wärmere Temperaturen erinnern. Das macht es in der Tat nicht leicht, der Frühjahrsmüdigkeit zu entrinnen. Was die Pandemie betrifft, sind die Neuansteckungszahlen in den letzten Wochen deutlich gefallen. Nichtsdestotrotz, aus persönlicher Sicht, habe ich selbst vor kurzem die erste symptomatische Infektion durchgemacht. Ohne in Details zu gehen, war es eine eher unangenehme Erfahrung.

Interessanterweise hat es in meinem Familien- und Bekanntenkreis einige Personen zum ersten Mal „erwischt“. Möglicherweise hängt das mit dem Auftreten der hochinfektiösen Omikron XBB.1.5 Variante zusammen, aber genau lassen sich die Ursachen für diesen Fakt derzeit nicht eruieren.

Weiters ist zu bemerken, dass COVID-19 nach wir vor eine höhere Mortalität (5,97 %) bei wegen der Infektion hospitalisierten Patient*innen aufweist als die Influenza (3,75 %) [1]. Es ist daher weiterhin nicht damit zu spaßen. Jedenfalls wird das Virus nicht verschwinden, es ist jetzt endemisch. Erfreulicherweise herrscht aber mittlerweile beinahe Normalität im Alltag, zumindest was die Pandemieregeln und Gesetze betrifft.

Engpass im Gesundheitsbereich

Andere Ereignisse, vorwiegend der Ukraine-Krieg, die Klimakrise und die hohe Inflation machen uns dagegen weiterhin zu schaffen. Dazu kommt im Gesundheitsbereich ein, von der Öffentlichkeit und den Medien nur langsam kommentierter, Engpass auf uns zu. Das betrifft sowohl Personal als auch budgetäre Mittel und macht sich in den Spitälern bereits deutlich merkbar – vorwiegend im operativen Bereich, wo Elektiveingriffe oft verschoben oder abgesagt werden müssen.

Dazu kommt eine Knappheit an bestimmten Medikamenten, die jeden Einzelnen von uns betreffen kann. Von der Politik kommt hier zu wenig – es ist erstaunlich wie lange man diesen Entwicklungen zusehen kann, ohne effizient einzuschreiten. Die nächsten Monate werden hier entscheidend sein, sonst ist zu fürchten, dass sich das auf die Gesundheit der Österreicher*innen auswirken wird.

Neuigkeiten aus der dermatologischen Literatur

An dieser Stelle möchte ich gerne wieder einige interessante dermatologische Publikationen aus anderen Journalen kommentieren. Eine Plazebo-kontrollierte Phase 3 Studie im New England Journal of Medicine untersuchte die Effekte von oralem Nikotinamid (2 × 500mg täglich) auf das Auftreten von Keratinozyten-assoziierten Hautkrebsen (Basaliom, Plattenepithelkarzinom) in Organ-transplantierten Patient*innen [2].

In dieser immun-supprimierten Population ist das Risiko solche Tumore zu entwickeln bis zu 50-fach erhöht. Der Beobachtungszeitraum war 12 Monate. Leider fanden die Autor*innen keinen Unterschied in den beiden Gruppen. Das ist im Unterschied zu einer früheren Studie derselben Autor*innen, die eine leichte Reduktion (ca. 20 %) von nicht-melanozytärem Hautkrebs bei immun-kompetenten Patient*innen innerhalb eines Jahres zeigte [3].

In der rezenten Studie waren allerdings nur etwa 160 Patient*innen eingeschlossen und der Beobachtungszeitraum war relativ kurz. Nichtsdestotrotz scheint Nikotinamid nicht den erhofften chemoprophylaktischen Effekt auf diese Tumorgruppe zu haben, zumindest bei Organ-transplantierten Patient*innen.

Ein interessanter Case Report eines Patienten mit Anti-Synthetase Syndrom wurde kürzlich in The Lancet publiziert [4]. Ein 41-jähriger Mann litt an schwerer therapie-refraktärer Myositis, interstitieller Lungenerkrankung, Raynaud Syndrom und anderen Hauterscheinungen. Anti-Jo‑1 Antikörper waren positiv.

Aufgrund der schlechten Prognose entschied man sich zum Einsatz von Chimeric Antigen Receptor (CAR) T Zellen, die CD19+ B Zellen erkennen. Diese Therapie wurde bereits erfolgreich bei einigen Patient*innen mit schwerem Lupus erythematosus eingesetzt [5].

Initial kam es nach CAR T Zell Infusion zu einem wenige Tage anhaltenden Cytokine Release Syndrome, danach aber zu einer deutlichen klinischen Verbesserung aller muskulären Beschwerden und Laborparameter. B Zellen waren für 100 Tage nicht nachweisbar, gefolgt von einer Rekonstitution. Jo‑1 Antikörper verschwanden. Die klinische Besserung hielt weiter an. Auch wenn es sich um eine sehr kostspielige Therapie handelt, ist sie, wie auch in der Onkologie, lebensrettend bei diesen schweren Autoimmunerkrankungen.

Thieme et al. berichten in Nature Medicine über die Entwicklung eines Algorithmus zur Computer-unterstützten Erkennung von mpox (MPXV) Hautläsionen [6]. Ein Deep Convolutional Neural Network (CNN) wurde an 138.522 nicht-MPVX und 676 MPVX Hautläsionen trainiert und validiert. In der Test- und Validierungs-Kohorte erreichte die Sensitivität des CNN 0,91 bei einer Spezifität von 0,898. In einer prospektiven Kohorte war die Sensitivität 0,89, unabhängig von Hauttyp und Lokalisation. Eine Web-Based App für Patient*innen wurde ebenfalls entwickelt und zur Verfügung gestellt.

Bemerkenswert hier ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Diagnose von Hautläsionen, ähnlich wie man es seit langem bei pigmentierten Läsionen probiert. Während ein derartiges Tool für geschulte Dermatolog*innen wahrscheinlich keinen zusätzlichen Nutzen bringen wird, könnte es wohl für andere Fachrichtungen, und natürlich für betroffene Patient*innen, hilfreich sein.

In diesem Heft

In dieser Ausgabe von hautnah finden Sie Cutting-Edge Beiträge zu folgenden Themen:

Johannes Griss erläutert Pathogenese und neue Therapien der Alopezia areata (AA), einer klassischen Autoimmundermatose. Die AA wird durch ein Zusammenbrechen des sogenannten Immunprivilegs des Haarfollikels ausgelöst, wobei hier gamma-Interferon eine wichtige Rolle spielt. Traditionell wird die AA durch Immunsuppression therapiert. Einerseits kann man ein potentes Steroid lokal applizieren, andererseits systemisch verabreichen. In beiden Fällen muss man natürlich mit Nebenwirkungen rechnen, weshalb Steroid-sparende Medikamente zum Einsatz kommen. Tatsächlich hat der (systemische) Einsatz von JAK-Inhibitoren hier kürzlich vielversprechende Ergebnisse geliefert. Allerdings mehren sich neulich die Daten von langfristig unerwünschten Wirkungen; bei einer letztlich „relativ“ harmlosen Erkrankung muss man deren Einsatz sicher überdenken. Außerdem kommt es, wie auch bei Steroiden, zumeist zu einem erneuten Haarverlust nach Absetzen der Therapie.

Carmen Maria Salavastru und Kolleg*innen diskutieren das Auftreten gutartiger Hauttumoren bei Kindern. Diese nicht so seltenen Erkrankungen können von einer Vielzahl verschiedener Strukturen und Zellen in allen Hautschichten ausgehen und zeigen dementsprechend bunte klinische Bilder. Wichtig für Dermatolog*innen ist das Erkennen und Zuordnen dieser Tumoren, die für betroffenen Patient*innen und deren Eltern oftmals eine große Belastung darstellen. Wichtig ist auch zu berücksichtigen, dass verschiedene Hauttumoren Teil von Syndromen sein können; Dermatolog*innen sind daher potenziell die Ersten, die an die Beteiligung anderer Organe denken müssen.

Amedeo Azizi wurde zum Thema Neurofibromatose (NF) interviewt. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen dieses Syndroms, die durch unterschiedliche Genmutationen hervorgerufen und autosomal dominant vererbt werden. Auch hier sind Dermatolog*innen oftmals die Ersten, die wegen der klassischen Hauterscheinungen (bei NF1) zur Diagnosefindung herangezogen werden. Erkenntnisse über die Defekte in der Signaltransduktion haben kürzlich zur Zulassung von Kinase Inhibitoren in der Therapie von ausgesuchten Tumoren geführt. Wichtig ist die multi-disziplinäre Betreuung betroffener Patient*innen, die vorwiegend in dazu spezialisierten Zentren durchgeführt wird.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe von hautnah.

Hochachtungsvoll, Ihr

Wolfgang Weninger