Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag stellt die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen Zillmerung und Rückkaufswerten in der Lebensversicherung dar. Das Ziel dieses Beitrags ist es, die mathematischen Grundlagen und betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten darzustellen, um vor diesem Hintergrund die juristische und verbraucherpolitische Diskussion kritisch zu hinterfragen. Dazu wird zunächst das Zillmerverfahren mit seiner Funktionsweise sowie den sich daraus ergebenden betriebswirtschaftlichen Vorteilen und Konsequenzen dargestellt. Anschließend werden der Rückkaufswert und seine geschichtliche Entwicklung untersucht, um darauf aufbauend den Zusammenhang zwischen Zillmerung und Rückkaufswerten analysieren zu können. Außerdem wird auf die Rechtsprechung des BGH und BVerfG eingegangen, die sich in den letzten Jahren zunehmend kritischer zur Zillmerung und den Rückkaufswerten äußert. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass seit der Deregulierung im Jahr 1994 rechtlich sauberer als bisher zwischen Zillmerung und Rückkaufswert unterschieden werden muss. Insofern begegnen die zitierten Urteile durchaus einer kritischen Bewertung. In einem letzten Punkt wird schließlich noch die mögliche Europarechtswidrigkeit der derzeitigen Mindestrückkaufswerte kritisch hinterfragt.
Abstract
This article discusses the legal and economic correlation between the Zillmer-method and the surrender values in life insurance. The aim of this paper is to present the actuarial foundation as well as the economic needs in order to analyze critically in this context the discussion about the actual legal discussion with regard to consumer protection. As a first step the Zillmer-method, its functioning and the resulting economic benefits and consequences are presented. Subsequently, the surrender value and its historical development are studied to analyze the relationship between the Zillmer-method and surrender values. It also addresses the jurisprudence of the two High Courts, BGH and BVerfG, which manifests itself in recent years increasingly critical with regard to the Zillmer-method and surrender values. The paper results in the conclusion that it should be distinguished legally between the Zillmer-method and the surrender values more consequently than before since deregulation took place in 1994. In this respect the judgments cited require a critical evaluation. In a final step it is questioned whether the minimum guaranteed surrender values according to German law might be against European law.
Notes
Der Begriff Deckungskapital (Prämienreserve) stellt auf den Vertragswert ab, während die Deckungsrückstellung den in der Bilanz angesetzten Wert aus dem Vertrag bezeichnet. Die Begriffe sind nicht notwendig wertgleich, werden aber oft synonym verwendet, wenn es sich dabei nur um das (gezillmerte) Deckungskapital im Rahmen einer Rückstellung handelt, die dann als „gezillmerte Deckungsrückstellung“ Sprachgebrauch ist.
Der Zillmersatz bezog sich bis 1996 auf die Versicherungssumme, heute auf die Beitragssumme.
Im Ausland findet man auch die sog. (t + 1)-Methode, die darauf basiert, die Zeitstrecke t für die Amortisation festzulegen und den Zillmersatz – wie auch bei Zillmer – davon abhängen zu lassen.
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Matthias, L., Balleer, M. Zillmerung und Rückkaufswert – ein kritischer Blick auf die rechtliche Bewertung. ZVersWiss 105, 37–50 (2016). https://doi.org/10.1007/s12297-016-0331-4
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