Zusammenfassung
Die koronare Herzkrankheit (KHK) und ihre Folgeerkrankungen führen nach wie vor zu den meisten Erkrankungs- und Todesfällen in Deutschland. Die kardiale Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) erlauben eine präzise diagnostische Klassifikation und Risikostratifikation von Patienten mit Verdacht auf KHK oder Progression einer bekannten KHK. Die beiden Methoden sind nicht additiv und sollten u. a. mit dem klaren Ziel eingesetzt werden unnötige diagnostische Eingriffe mittels invasiver Herzkatheterdiagnostik zu vermeiden. Somit können die 2 Methoden als „Gatekeeper“ invasiver Verfahren dienen und sicherstellen, dass nur die Patient:innen einer invasiven Herzkatheterdiagnostik zugeführt werden, die diese wirklich im Sinne einer Koronarintervention benötigen. In diesem Zusammenhang ist der sachgerechte Einsatz dieser Bildgebungsmodalitäten durch die Fachdisziplin Kardiologie entscheidend, die über grundlegende Kenntnisse und die notwendige klinische Expertise in der Interpretation der klinischen Symptomatik und der Erfassung der Vortestwahrscheinlichkeit verfügt. Durch die Fachdisziplin Kardiologie werden Alter, Geschlecht und typische vs. atypische Angina pectoris berücksichtigt und wesentliche Komorbiditäten in Hinsicht auf die Planung der Diagnostik und Therapie im gesamtinternistischen Kontext gewertet. Die Kenntnis der Koronarangiographie ist entscheidend, um die Befunde der kardialen CT korrekt zu interpretieren und für die weitere Diagnostik und Therapie patienten- und nicht methodenzentriert zu bewerten. Nur durch eine bedarfs- und leitliniengerechte Anwendung der kardialen CT und MRT lässt sich eine Mengenausweitung der beiden Verfahren vermeiden, die unser Gesundheitssystem signifikant belasten würde. Im folgenden Positionspapier wird deswegen die bedarfs- und leitliniengerechte diagnostische und therapeutische Abfolge bei Abklärung mittels kardialer CT und MRT je nach klinischer Wahrscheinlichkeit für eine relevante obstruktive KHK aufgeführt.
Abstract
Coronary artery disease (CAD) and its complications continue to be the cause of most deaths in Germany. Cardiac computed tomography (CCT) and cardiac magnetic resonance imaging (CMR) allow for the precise diagnostic classification and risk stratification of patients with suspected and known CAD. The two methods are not additive to each other and should be used based on current guidelines to avoid unnecessary cardiac catheterization procedures. Thus, both CCT and CMR serve as “gatekeepers” for invasive procedures and ensure that only patients, requiring interventional treatment will undergo cardiac catheterization. In this context, the appropriate use of these two imaging modalities among specialists within the discipline of cardiology, who have profound knowledge and the necessary clinical expertise for the interpretation of the clinical symptoms and the assessment of the pre-test probability, is absolutely crucial. Thus, cardiologists need to thoroughly assess clinical variables, such as age, gender, the clinical presentation of angina and associated comorbidities, when considering such diagnostic procedures. In addition, potential therapeutic consequences need to be evaluated in a patient centered and not in a method-centered manner, whereas profound knowledge of the coronary anatomy is crucial for the correct interpretation of the resultant imaging findings by cardiac CT. The only way to avoid an uncontrolled volume expansion with both procedures, which would significantly increase costs for our healthcare system, is to use cardiac CT and CMR in line with current guidelines and recommendations. This position statement therefore aims at summarizing diagnostic and therapeutic algorithms for the appropriate diagnostic work-up of patients with suspected and known CAD, using cardiac CCT and CMR, based on current guidelines and the clinical likelihood of obstructive CAD.
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Präambel
Die koronare Herzkrankheit (KHK) und ihre Folgeerkrankungen führen zu den meisten Erkrankungs- und Todesfällen. Laut Angaben des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2021 führten Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu 340.619 Sterbefällen in Deutschland (Anteil 33,3 % der Gesamtmortalität) [1]. Hier spielen nach wie vor die KHK und die Folgeerkrankung akuter Myokardinfarkt mit jeweils 212.172 und 45.181 Sterbefällen eine wesentliche Rolle. Die Beurteilung symptomatischer Patient:innen mit Verdacht auf KHK ist deswegen eine zentrale klinische Aufgabe und ein wichtiger Kostenpunkt unseres Gesundheitssystems.
Wichtig ist dabei zu betonen, dass CT und MRT hierbei keine additiven Methoden sind und mit dem klaren Ziel eingesetzt werden sollten, unnötige diagnostische Eingriffe mittels invasiver Herzkatheterdiagnostik zu vermeiden. Somit können beide Methoden als „Gatekeeper“ invasiver Verfahren dienen und sicherstellen, dass nur die Patient:innen einer invasiven Herzkatheterdiagnostik zugeführt werden, die diese wirklich benötigen. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) ist deshalb im Hinblick auf eine optimale Patientenversorgung ein schnellstmöglicher Einschluss der kardialen CT und MRT in die vertragsärztliche Regelversorgung sowie eine sachgerechte Honorierung durch die GKV wünschenswert.
Der Einsatz dieser Bildgebungsmodalitäten durch Fachdisziplinen, die nicht die entsprechende klinische Expertise in der Interpretation der klinischen Symptomatik und der Erfassung der sog. Vortestwahrscheinlichkeit aufweisen, könnte zu einer Mengenausweitung führen, weshalb die bedarfs- und leitliniengerechte Anwendung der kardialen CT und MRT eine präzise Einschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit sowie ihre klinische Integration und Interpretation erfordert. Die Vortestwahrscheinlichkeit ist mit der klinischen Wahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK gleichzusetzen und dient der Unterscheidung zwischen Patienten, die einer weiteren Untersuchung oder Behandlung bedürfen, und Patienten, bei denen keine weiteren Untersuchungen erforderlich sind.
Hierbei werden durch die Fachdisziplin Kardiologie, welche die Patient:innen federführend klinisch betreut, v. a. Alter, Geschlecht und typische vs. atypische Angina pectoris berücksichtigt. Auch wesentliche Komorbiditäten werden in Hinsicht auf die Planung der Diagnostik und Therapie berücksichtigt und im gesamtinternistischen Kontext gewertet. Die Kenntnis der Koronarangiographie ist darüber hinaus entscheidend, um eine richtige Interpretation der Befunde des Koronar-CT-Befundes zu vollführen.
Einleitung
KHK – Risikofaktoren, klinische Symptomatik und KHK-Vortestwahrscheinlichkeit
Aufgrund genetischer Faktoren sowie modifizierbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren entstehen in den Herzkranzarterien Ablagerungen, die mit Gefäßverengungen mit Beeinträchtigungen des Blutflusses einhergehen. Die klinische Manifestation dieser Prozesse wird als KHK bezeichnet. Durch molekulare Mechanismen, die bis heute nicht vollständig charakterisiert sind, manifestiert sich die KHK entweder als stabile Erkrankung (stabile Angina pectoris, chronisches Koronarsyndrom [CCS]) oder aber auch als instabile kardiovaskuläre Erkrankung mit Folgeerkrankungen (z. B. akuter Herzinfarkt, lebensbedrohliche Rhythmusstörungen). Hier spielt die kardiologische Fachexpertise eine entscheidende Rolle in der Unterscheidung der entsprechenden akuten Krankheitsbilder wie das akute Koronarsyndrom (ACS) vom CCS. Dies muss aufgrund der korrekten Interpretation der klinischen Symptomatik, des EKGs und der Laborbefunde geschehen. Patienten mit instabilen klinischen Beschwerden, Ischämie-verdächtigen EKG-Veränderungen und/oder Nachweis einer klassischen Troponinkinetik sollten durch klinisch tätige Kardiologen identifiziert und behandelt werden [2].
Aufgrund der klinischen Symptomatik werden beim CCS grundsätzlich folgende klinische Szenarien identifiziert, die am häufigsten in der Praxis anzutreffen sind: (I) Patienten mit Verdacht auf KHK und stabilen Angina-pectoris-Symptomen oder/und Dyspnoe; (II) Patienten mit neu auftretender Herzinsuffizienz und regionaler linksventrikulärer (LV) Dysfunktion in der Echokardiographie; (III) symptomatische Patienten mit stabiler Angina pectoris oder/und Dyspnoe bei bekannter KHK (Patienten mit Verdacht auf KHK-Progression) und (IV) Patienten mit Angina pectoris bei vermuteter vasospastischer oder mikrovaskulärer Erkrankung nach Ausschluss einer obstruktiven KHK.
Diagnostisches Vorgehen und Basisuntersuchungen (EKG, transthorakale Echokardiographie)
Die diagnostische Vorgehensweise bei Patienten mit Verdacht auf KHK sollte folgendermaßen stattfinden: Als Erstes sollte die Bewertung der Symptome im klinischen Kontext erfolgen, um Patienten mit instabiler Angina pectoris und akutem Koronarsyndrom zu identifizieren (s. oben). Letztere sollten nach aktuellen ACS-Leitlinien behandelt werden [2]. Bei Patienten mit stabiler KHK sollten der Allgemeinzustand und die Lebensqualität der Patienten mitbeurteilt werden. Insbesondere Komorbiditäten, die potenziell therapeutische Entscheidungen beeinflussen könnten, sollten vor der Initiierung des diagnostischen Algorithmus gewertet werden. Zudem sollten andere mögliche Ursachen der klinischen Symptomatik wie der muskuloskeletale Schmerz, der Reflux oder gastrointestinales Ulkus, die Pankreatitis, der Perikarderguss, der Pneumothorax etc. im internistischen Kontext in Erwägung gezogen werden. Anschließend sind ein Ruhe-EKG und eine Echokardiographie indiziert. Die transthorakale Echokardiographie dient u. a. der Erfassung der linksventrikulären Pumpfunktion, wodurch regionale Wandbewegungsstörungen des linken Ventrikels erkannt werden können. Die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) trägt hierbei nicht nur zur diagnostischen Klassifikation, sondern auch zur Risikostratifikation der Patienten bei [3]. Anschließend soll die Vortestwahrscheinlichkeit, quasi die klinische Wahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK abgeschätzt werden. Dies ist ein essenzieller Schritt der gesamten diagnostischen Vorgehensweise, da auf der Vortestwahrscheinlichkeit der bedarfsgerechte Einsatz der nachfolgenden diagnostischen Tests basiert, um die Diagnose einer KHK zu stellen bzw. auszuschließen. Zudem sollte nach Stellung der Diagnose einer KHK eine individuelle Risikostratifikation der Patienten erfolgen. Die Risikostratifizierung hat großen Einfluss auf die weiteren therapeutischen Entscheidungen. Insbesondere die Identifizierung von Patienten mit hohem kardialem Ereignisrisiko, z. B. Patienten mit einer Hauptstammstenose oder stark eingeschränkter LV-Pumpfunktion aufgrund einer ischämischen Herzerkrankung, ist sehr wichtig, da insbesondere solche Patienten über die Besserung der klinischen Symptomatik hinaus auch aus prognostischen Gründen von einer Revaskularisation profitieren.
Die Vortestwahrscheinlichkeit und klinische Wahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK
Bei der Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit werden vorwiegend Alter, Geschlecht und Angina pectoris oder Dyspnoe berücksichtigt. Eine Metaanalyse von 3 aktuellen Studienkohorten, bestehend aus insgesamt 15.815 symptomatischen Patienten mit Verdacht auf KHK [4], zeigte, dass die tatsächliche Vortestwahrscheinlichkeit etwa einem Drittel derjenigen entspricht, die in der vorherigen Version der Leitlinie vom Jahr 2013 anhand der damals verwendeten Modelle angenommen wurde [5]. Die anhand der aktuellen Metaanalyse [4] neu berechneten Vortestwahrscheinlichkeiten (Tab. 1) haben wichtige klinische als auch sozioökonomische Implikationen. Somit befindet sich ein viel größerer Anteil unserer Patienten bei einer Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 0 und 15 % und bedarf in der Regel keiner weiteren Diagnostik mittels bildgebender Verfahren oder invasiver Koronarangiographie. Dadurch lässt sich der Prozentsatz der Patienten, der einer nichtinvasiven Diagnostik mittels kardialer CT oder MRT bedarf, erheblich reduzieren. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit < 5 %, bei denen der Ausschluss einer KHK klinisch erfolgen kann. Das Gleiche gilt für ca. 60 % aller Patienten mit unklarem Brustschmerz, bei denen nach einer gründlichen klinisch-kardiologischen Evaluation keine weitere Abklärung mittels kardialer Bildgebung notwendig sein wird. Im Rahmen der kardialen Evaluation sollten zusätzlich zur Vortestwahrscheinlichkeit folgende klinische Parameter berücksichtigt werden: (I) Vorhandensein von wesentlichen kardiovaskulären Risikofaktoren (Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Rauchen, positive Familienanamnese), (II) Veränderungen im Ruhe-EKG (pathologische Q‑Zacken, fehlende R‑Progression, ST-Segment-Veränderungen, T‑Negativierungen) oder (III) regionale Wandbewegungsstörungen in der transthorakalen Echokardiographie. Dies betrifft insbesondere Patienten, die nach klinischer Einschätzung unter limitierenden und persistierenden Symptomen leiden. Bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit < 5 % wird von einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK ausgegangen, sodass hier nur im Ausnahmefall eine weitere diagnostische Abklärung gerechtfertigt ist. Bei Patienten mit niedriger Vortestwahrscheinlichkeit < 15 % muss zudem die höhere Wahrscheinlichkeit eines falsch positiven Testergebnisses berücksichtigt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der sich aus der aktuellen Vortestwahrscheinlichkeit ergibt, ist dass die meisten Patienten eine Vortestwahrscheinlichkeit von < 50 % aufweisen, während Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit > 85 % wie in der früheren Form der Leitlinie aus dem Jahr 2013 praktisch nicht mehr vorhanden sind. In früheren Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) [5] wurde bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit > 85 % direkt eine invasive Diagnostik empfohlen. Dies sollte anhand der aktuellen Daten nicht erfolgen. Das heißt, die meisten Patienten sollten heutzutage in der Regel mittels nichtinvasiver Diagnostik abgeklärt werden. Nur bei Patienten ausgeprägten limitierenden Beschwerden im Sinne einer typischer Angina pectoris bei leichter Belastung (unabhängig von medikamentöser Therapie oder EKG-Veränderungen) sollte eine invasive Diagnostik erfolgen. Bei intermediären Stenosen sollte hier in der gleichen Sitzung eine FFR(„fractional flow reserve“)-Messung ergänzend durchgeführt werden.
Betont wird in den aktuellen Leitlinien, dass neben der Vortestwahrscheinlichkeit die Berücksichtigung weiterer klinischer Parameter durch die kardiologische Fachexpertise entscheidend ist. Klinische Parameter beinhalten kardiovaskulären Risikofaktoren, das Ruhe-EKG und Echokardiographie und leiten von der Vortestwahrscheinlichkeit zur klinischen Wahrscheinlichkeit für eine relevante KHK über. Dieser Schritt ist entscheidend zur Gestaltung bedarfsgerechter Pfade der KHK-Diagnostik und zur Verhinderung einer unnötigen Mengenausweitung [3].
Nichtinvasive Methoden zur KHK-Diagnostik
Grundsätzlich wird bei den nichtinvasiven diagnostischen Methoden zwischen der anatomischen Diagnostik, die von der (I) kardialen CT repräsentiert wird, und der funktionellen Diagnostik mittels (II) Stressechokardiographie, (III) Myokardszintigraphie (SPECT/PET) und (IV) der kardialen Stress-MRT unterschieden.
Kardiale CT als anatomische Methode zur KHK-Diagnostik
Die Kardio-CT ist die einzige nichtinvasive Bildgebungsmethode, die einen direkten Einblick in die Anatomie bzw. Pathologie der Koronararterien erlaubt. Dies geschieht durch eine ultraschnelle Bildakquisition durch Mehrschichtcomputertomographen (≥ 64 Zeiler), die eine hohe Anzahl von Körperschichten gleichzeitig erfassen können. Die Kardio-CT erfordert die intravenöse Injektion von jodhaltigem Kontrastmittel. Die präzise Darstellung der mit dem Herzschlag bewegten Koronararterien gelingt mit einer räumlichen Auflösung im Submillimeterbereich und innerhalb von wenigen Sekunden. Eine relevante KHK kann auf diesem nichtinvasiven Weg, d. h. ohne besonderes Risiko, mit hoher Sensitivität diagnostiziert oder ausgeschlossen werden. Die Kardio-CT erlaubt zudem nicht nur eine nichtinvasive anatomische Visualisierung der Koronararterien einschließlich des Lumens, sondern auch der Beschaffenheit der Gefäßwand, was für die Risikostratifikation der Patienten von zentraler Bedeutung ist. Die kardiale CT verfügt neben einer sehr hohen Sensitivität zur Detektion einer KHK über einen exzellenten negativ prädiktiven Wert jeweils zum Ausschluss einer relevanten KHK [6]. Durch die Darstellung des Lumens der Herzkranzgefäße sowie ihrer Gefäßwand erlaubt die Kardio-CT als einzige nichtinvasive diagnostische Methode die präzise Einsicht in die verschiedenen Stadien der koronaren Atherosklerose.
Auf dieser Grundlage wird eine diagnostische Klassifikation in 4 Hauptkategorien ermöglicht:
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1.
Patienten mit normalen Koronararterien. Bei Patienten mit niedrigem oder mittlerem Risiko für eine KHK kann eine stenosierende KHK mittels kardialer CT mit einem sehr hohen negativ prädiktiven Wert (nahezu 100 %) ausgeschlossen werden. Solche Patienten, ohne Plaques oder Stenosen an den Herzkranzarterien, weisen eine exzellente kardiale Prognose auf und bedürfen diesbezüglich keiner weiteren Diagnostik und Therapie [7].
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2.
Patienten ohne stenosierende KHK, aber mit Ablagerungen (Koronarplaques), die keiner weiteren Diagnostik bedürfen, aber von einer präventiven Therapie mit lipidsenkenden Substanzen (z. B. Statine und ggf. Aspirin prognostisch profitieren [8]).
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3.
Patienten mit intermediären Stenosen zwischen 50 und 90 %. Solche Stenosen sind nicht unbedingt funktionell signifikant, d. h. sie induzieren nicht immer eine Myokardischämie. Diese Patienten benötigen auch eine konservativ medikamentöse Therapie (wie in Gruppe 2), und je nach klinischer Symptomatik sollte zur Erfassung der funktionellen Relevanz ein bildgebender Ischämienachweis erfolgen [3]. Alternativ könnte hier in Zukunft eine CT-basierte FFR-Messung (Messung der koronaren Flussreserve) auf der Basis der bestehenden Daten der Kardio-CT erfolgen [9]. Es muss allerdings beachtet werden, dass die CT-basierte FFR-Methode (bislang) nicht flächendeckend in Deutschland vorhanden ist. Bei Patienten mit Stenosen, die an die 90 % angrenzen, und typischen klinischen Symptomen auf niedriger Belastungsstufe sollte eine invasive Abklärung mit invasiver iFR/FFR-Messung erfolgen.
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4.
Patienten mit hochgradiger stenosierender KHK (Stenosen > 90 %, 3‑Gefäß-Erkrankung, Hauptstammstenose > 75 %), die sowohl eine medikamentöse Therapie als auch je nach klinischer Symptomatik in der Regel eine zeitnahe Revaskularisation mittels perkutaner Koronarintervention (PCI) oder koronarer Bypassoperation benötigen.
Apparative Ausstattung und Faktoren, die die Aussagekraft der Kardio-CT einschränken könnten
Für die Durchführung einer Kardio-CT ist ein Computertomograph mit mindestens 64-Zeilen und der Möglichkeit eines EKG-Triggers notwendig. Zu bevorzugen sind grundsätzlich aufgrund der kontinuierlichen Bewegung des Herzens Scanner/Geräte mit höherer zeitlicher Auflösung, z. B. Dual-Source-Systeme, sowie Geräte mit hoher Zeilenanzahl, die die Aufnahme des gesamten Koronarbaumes in einem einzigen Herzschlag erlauben (Single-heartbeat-Akquisition). Solche High-End-Geräte tragen zur besseren Bildqualität bei und reduzieren den Anteil unschlüssiger Befunde. Da unklare Befunde in der Regel mit weiteren teils unnötigen diagnostischen Prozeduren oder Eingriffen verknüpft sind, trägt ein technisch hochwertiges CT-Scanner-System zur Senkung der entsprechenden durch weitere diagnostische Prozeduren getriggerten Nachfolgekosten. Auch die Verwendung eines 2‑Kolben-Systems zur Kontrastmittelinjektion wird für eine ausreichende Kontrastierung der Koronararterien mit einer Mindestflussrate von 5 ml/s empfohlen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Faktoren, die zu einer eingeschränkten Bildqualität beitragen, rechtzeitig erkannt und berücksichtigt werden, sodass ggf. von vornherein eine alterative Bildgebungsmodalität aus dem Bereich der funktionellen Ischämiediagnostik gewählt wird. Hierzu gehören starke Verkalkungen der Koronararterien, die durch sog. Blooming-Artefakte zu einer Überschätzung des Schweregrades der Stenosen führen können [10]. Zudem können weitere Faktoren wie eine sehr unregelmäßige und hohe Herzfrequenz (u. a. Vorhofflimmern), schwere Adipositas und die Unfähigkeit der Patienten, Atemkommandos zu befolgen, die Bildqualität deutlich einschränken [11]. Zusätzlich kann die Bildqualität bei Patienten mit Zustand nach Koronarintervention mittels PCI und Stentimplantation eingeschränkt sein [12]. Koronarstents mit einem Diameter von ≥ 3 mm können in den meisten Fällen problemlos mittels der kardialen CT visualisiert werden, sodass eine Aussage bezüglich der Offenheit der Stents bzw. einer relevanten In-Stent-Restenose adressiert werden kann [13]. Bei Stents mit einem Diameter < 3 mm und peripherer Lokalisation ist die diagnostische Aussagekraft eingeschränkt. Bei Patienten nach koronarer Bypassoperation kann die Offenheit der Bypassgrafts mit hoher Präzision adressiert werden; die Beurteilung der nativen Koronararterien kann allerdings aufgrund von Artefakten und Kalzifikationen der Nativarterien eingeschränkt sein [12]. All diese Faktoren sollten von den Kardiologen, die die Patienten betreuen, bei der Wahl der kardialen CT zur KHK-Diagnostik berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang sollte bei erwarteter eingeschränkter Aussagekraft eine alternative diagnostische Methode aus dem Bereich der funktionellen Ischämiediagnostik gewählt werden. Nur auf diesem Weg kann eine Mengenerweiterung effektiv vermieden werden.
Strahlenexposition für die Patienten im Rahmen der Kardio-CT und Rekonstruktion der Datensätze
Aus der Häufigkeit der KHK in der Bevölkerung folgt die hohe Bedeutung der Strahlendosis bei der Kardio-CT. Die Strahlendosis lässt sich sowohl über die Auswahl der Bildgebungsprotokolle beeinflussen als auch durch den Einsatz eines technisch hochwertigen Geräts. Hierbei ist das Erreichen einer Herzfrequenz von ca. 60 Schlägen pro Minute oder darunter entscheidend zum Erhalt eines qualitativ hochwertigen CT-Datensatzes mit geringer Strahlenexposition [11]. Auch mit modernen CT-Scannern erlaubt eine niedrige Herzfrequenz die Akquisition noch höherwertiger Bilder durch die Anwendung von Protokollen wie die prospektive EKG-Triggerung oder der FLASH-Modus, die mit einer sehr niedrigen Strahlenexposition für die Patienten einhergehen [14].
Beim Auftreten von Herzrhythmusstörungen besteht die Möglichkeit, das EKG entsprechend zu bearbeiten, um Artefakt-freie Bilder zu erhalten. Grundsätzlich sollten mit kardiologischer Expertise alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um einen Artefakt-freien Datensatz zu erhalten.
Aktuelle Studienlage für die Kardio-CT und Kosteneffektivität des Verfahrens
Die SCOT-HEART-Studie hat den Einsatz der Kardio-CT bei Patienten mit Verdacht auf KHK randomisiert getestet. Hierbei zeigten Patienten im CT-Arm eine deutlich niedrigere Rate des kombinierten Endpunkts kardiovaskulärer Tod und nicht tödlicher Myokardinfarkt (2,3 % vs. 3,9 %, während der 5-Jahres-Nachbeobachtungsphase; p < 0,001) im Vergleich zu Patienten des Kontrollarmes, bei denen Routinetests wie Belastungs-EKG zur KHK-Diagnostik durchgeführt wurden [8]. Dies ließ sich durch den frühzeitigeren Einsatz von inzwischen generisch verfügbaren plättchenhemmenden und cholesterinsenkenden Substanzen wie Aspirin oder Statinen erklären (präventive Medikamente/Therapien), nicht dagegen durch mehr Koronarinterventionen (Herzkathetereingriffe und Stentimplantationen) und Bypassoperationen [8, 15].
Darüber hinaus haben die SCOT-HEART-Studie und andere prospektiv randomisierte Studien, die den Einsatz der Kardio-CT mit Routinetests wie Belastungs-EKGs verglichen haben [8, 16, 17], gezeigt, dass bei Patienten im CT-Arm eine relevante KHK früher und präziser diagnostiziert werden kann, sodass weiterführende funktionelle Test seltener zum Einsatz kommen müssen, wobei Änderungen in der medikamentösen Therapie bei einem großen Anteil der Patienten nach einer Kardio-CT im Vergleich zur Kontrollgruppe stattfinden.
Auch in der randomisierten PROMISE-Studie war die Ereignisrate bei Patienten, bei denen eine Kardio-CT als erster diagnostischer Test verwendet wurde, nicht unterschiedlich im Vergleich zu Patienten, bei denen eine funktionelle Ischämiediagnostik durchgeführt wurde [18]. In einer entsprechenden Subgruppenanalyse dieser Kohorte konnte nachgewiesen werden, dass die Kardio-CT eine höhere Trennschärfe für die diagnostische Klassifikation und Risikostratifikation von Patienten mit einer niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK im Vergleich zu funktionellen Tests aufweist [19]. Somit zeigten Patienten mit normaler Kardio-CT eine signifikant bessere Prognose im Vergleich zu Patienten mit milder Pathologie. In der funktionellen Ischämiediagnostik ließ sich dieser Unterschied nicht nachweisen. Schließlich konnte in der aktuellen DISCHARGE-Studie gezeigt werden, dass bei den Patienten mit stabiler Angina-pectoris-Symptomatik und mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK die Wahl einer Kardio-CT vs. einer invasiven Strategie zur Senkung prozedurbedingter Komplikationen führt, während das Risiko für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse in beiden Gruppen (Kardio-CT vs. invasive Diagnostik) in der Nachbeobachtungszeit ähnlich hoch ausfiel [20].
Da die Kardio-CT primär ein anatomisches Verfahren darstellt, liefert sie keine Information zur hämodynamischen Relevanz der diagnostizierten Koronarstenosen. Aufgrund dessen fiel schon in früheren Studien eine niedrigere Spezifität der kardialen CT auf, v. a. in Kohorten, in denen eine invasive FFR (Messung der koronaren Flussreserve) als Referenzstandard einer relevanten KHK definiert wurde [6]. Aus den Datensätzen einer Kardio-CT kann jedoch durch den Einsatz von speziellen Rechenalgorithmen eine „virtuelle“ CT-basierte FFR-Messung berechnet werden. Zudem kann mittels CT die Messung der Myokardperfusion erfolgen [21]. Beide Verfahren sind im Rahmen von Studien teilweise validiert, sind aber derzeit in Deutschland nicht flächendeckend verfügbar. Des Weiteren fehlen derzeit prospektive Daten, in denen die CT-basierte FFR mit anderen Methoden der KHK-Diagnostik verglichen wird.
Kosteneffektivität der kardialen CT
Die Kosteneffizienz der kardialen CT im Vergleich zu anderen diagnostischen Methoden (z. B. Myokardszintigraphie) ist zur Abklärung einer möglichen KHK bei Patienten mit niedriger bis intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit in mehreren Studien demonstriert worden [22,23,24,25]. Diese Studien zeigen, dass die Anwendung der kardialen CT als erste diagnostische Maßnahme bei der oben genannten Patientengruppe weitere, medizinisch nicht notwendige diagnostische Maßnahmen (u. a. invasive Koronarangiographie) reduziert. In einer aktuellen Studie aus England, wo die Kardio-CT seit dem Jahr 2016 nach Veröffentlichung der NICE-Leitlinien [26] eine zentrale Rolle in der KHK-Diagnostik einnimmt, zeigte sich in den darauffolgenden Jahren (2017 bis 2019) ein Rückgang der Anzahl invasiver Eingriffe bei gleichbleibender Zahl an funktionellen Ischämietests [27]. Zudem zeigte sich parallel zum vermehrten Einsatz der Kardio-CT ein deutlicher Rückgang der kardiovaskulären Mortalität durch Reduktion von KHK-bedingten Sterbefällen. Um eine Übertragbarkeit dieser Effekte in das Deutsche Gesundheitssystem zu gewährleisten und gleichzeitig eine Mengenausweitung zu verhindern, darf auf die kardiologische Fachexpertise in der Indikationsstellung und Durchführung der Kardio-CT nicht verzichtet werden. Auch durch die Reduktion von Folgekosten durch stationäre Aufenthalte wegen eines Herzinfarktes erweist sich die Kardio-CT als ein kosteneffizientes Verfahren [8].
Im Fazit belegen die genannten Studien und eine weitere Metaanalyse (42 Studien) [25], dass die leitliniengerechte Anwendung der Kardio-CT kosteneffizient ist. Die Studien zeigen aber auch, dass bei Patienten mit sehr niedriger oder sehr hoher Vortestwahrscheinlichkeit für eine stenosierende KHK die Kosteneffizienz der Kardio-CT nicht mehr gegeben ist. Dies unterstreicht die entscheidende Bedeutung der Indikationsstellung und Patientenselektion durch klinisch tätige Kardiologen, um das Gesundheitssystem vor einem ungezielten Einsatz dieser diagnostischen Methode zu bewahren.
Funktionelle Methoden zur KHK-Diagnostik
Die Methoden der sog. funktionellen Bildgebung in der KHK-Diagnostik umfassen die Einzelphotonenemissionscomputertomographie (SPECT) oder Positronenemissionscomputertomographie (PET), die Stressechokardiographie sowie die Stress-Kardio-MRT-Bildgebung zur Beurteilung der myokardialen Perfusion oder Wandbewegung. Eine myokardiale Durchblutungsstörung (Ischämie) wird entweder durch körperliche Belastung oder durch pharmakologische Stressoren, in den meisten Fällen, durch sog. Vasodilatatoren provoziert. Bei ergometrischen Verfahren wird durch vermehrte Myokardarbeit der Sauerstoffbedarf erhöht, während Vasodilatatoren durch die Heterogenität und Umverteilung der Myokardperfusion eine Myokardischämie induzieren. In beiden Fällen spricht man von einem positiven Ischämienachweis. Die Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit der verschiedenen oben aufgeführten Methoden werden in Tab. 2 aufgeführt (aus den Referenzen [6, 28]). Generell haben funktionelle Tests, die die invasive FFR-Messung als Referenzstandard verwendet haben, eine höhere Präzision zum Nachweis flusslimitierender Koronarstenosen in Studien gezeigt. Alle bildgebenden Verfahren weisen eine deutlich höhere Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit im Vergleich zum Belastungs-EKG auf und haben den weiteren Vorteil, dass die Lokalisation der Ischämie angezeigt wird. Des Weiteren tragen bildgebende Ischämietests nicht nur zur präzisen diagnostischen Klassifikation, sondern auch zur Risikostratifikation von Patienten mit CCS bei [29].
Die Auswahl des am besten geeigneten Testes sollte stets durch den behandelnden klinisch tätigen Kardiologen unter Berücksichtigung der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit, der Befunde der Basisdiagnostik (EKG, Echokardiographie) und der erwarteten Bildqualität erfolgen. Letztere hängt mit multiplen anatomischen und klinischen Faktoren zusammen wie den Schallbedingungen der Patienten, der Kondition der Patienten und somit der Wahrscheinlichkeit, dass eine ergometrische Ausbelastung mit Erreichen der altersentsprechenden Zielherzfrequenz erreicht wird. Außerdem spielt die Kooperationsfähigkeit der Patienten in der Befolgung von Atemkommandos usw. eine wichtige Rolle. Alle diese Faktoren müssen von den behandelnden Kardiologen berücksichtigt werden, um eine optimale Aussagekraft in der Ischämiediagnostik zu erreichen und eine Mengenausweitung aufgrund von zweideutigen und unklaren Befunden zu vermeiden.
Die kardiale Vasodilatator-Perfusions-MRT
Bei der Bewertung eines diagnostischen Verfahrens sollten 5 Punkte beachtet werden, anhand derer die Vor- und Nachteile des Verfahrens eingeschätzt werden können:
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Daten zur diagnostischen Genauigkeit,
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Daten zur prognostischen Bedeutung,
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Daten zur diagnostischen Genauigkeit im Vergleich zu anderen Verfahren,
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Outcome-Daten aus der Versorgungsperspektive,
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Daten zur Kosteneffizienz.
In allen 5 Aspekten konnte die Perfusions-MRT Vorteile zeigen, die für eine Verbesserung der Versorgung stabiler KHK-Patienten sprechen.
Diagnostische Genauigkeit
Eine Metaanalyse [30] zeigte die hohe Sensitivität und Spezifität des Verfahrens, die auf Patientenebene mit 90 % resp. 87 % gegenüber dem Goldstandard der invasiven FFR angegeben werden. Die CE-MARC-Studie bestätigte ebenfalls die hohe diagnostische Genauigkeit und den negativ prädiktiven Wert des Verfahrens in einem multizentrischen, internationalen Design [31]. Dementsprechend ist die Perfusions-MRT dasjenige Verfahren, das in einer vergleichenden Übersichtsarbeit von Knuuti et al. die größte Breite an Vortestwahrscheinlichkeiten abdeckt, welche zum Ausschluss oder zur Sicherung relevanter Koronarstenosen geeignet sind [6].
Prognostische Bedeutung
Neben dem Ischämienachweis ermöglicht die kardiale Perfusions-MRT eine exakte Quantifizierung von Infarktnarben in hoher räumlicher Auflösung. Prognostische Informationen können daher durch die Ausdehnung der ischämischen Myokardsegmente und durch die Narben- und Vitalitätsdiagnostik des Myokards gewonnen werden. In einer Metaanalyse von 24 Studien konnte gezeigt werden, dass das Late-Gadolinium-Enhancement (LGE) am besten geeignet ist, die Prognose von Patienten mit KHK und stattgehabten Infarkten vorherzusagen [32]. Auch und gerade Narben bis zu dem Zeitpunkt nicht bekannter, stummer Infarkte oder anderer Genese beeinflussen die Prognose wesentlich [33]. Aber auch bei Patienten mit stabiler KHK und reversibler Ischämie ohne Myokardschäden ist die Perfusions-MRT mit der Anzahl der ischämischen Segmente prognostisch wegweisend, sodass gezeigt werden konnte, dass die Prognose mit Blick auf kardiovaskulären Tod und nichttödlichen Myokardinfarkt signifikant schlechter ist, wenn mehr als ein ischämisches Segment nachgewiesen werden konnte [34].
Genauigkeit im Vergleich zu anderen Verfahren
Die CE-MARC-Studie war die erste Studie, die prospektiv, multizentrisch die diagnostische Genauigkeit von Perfusions-MRT und SPECT verglichen hat und die höhere diagnostische Genauigkeit der MRT belegen konnte [31]. Zwei aktuelle Metaanalysen vergleichen mehrere Ischämietests mit der PET und fanden, dass die Perfusions-MRT von allen getesteten Verfahren der diagnostischen Genauigkeit der PET an nächsten kommt [35, 36].
Kardiovaskuläre Prognose aus der Versorgungsperspektive
Die MR Inform-Studie hat bei Patienten mit Verdacht auf KHK und eher hoher Prävalenz der KHK einen FFR-geleiteten Studienarm mit einem Perfusions-MRT-geleiteten Studienarm verglichen. Dabei zeigte sich, dass durch Einsatz der MRT mehr als die Hälfte der invasiven Diagnostik vermieden werden konnte. Diese Zahl entspricht sehr genau dem FFR-geleiteten Studienarm, in dem etwa 55 % der invasiv diagnostizierten Koronargefäße keine relevanten Stenosen aufwiesen. Dabei war die Sicherheit in Bezug auf klinische Endpunkte während eines Nachbeobachtungszeitraumes von 12 Monaten (kombinierter Endpunkt kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Myokardinfarkt, Revaskularisation) in beiden Gruppen gleich [37].
Kosteneffizienz
Daten zur diagnostischen Genauigkeit, der Prognose und MR Inform legen nahe, dass der routinemäßige Einsatz der kardialen MRT auch Kosten im Gesundheitssystem senken wird. Tatsächlich weisen mehrere Modellrechnungen in verschiedenen Gesundheitssystemen auf klare Vorteile eines MRT-geleiteten diagnostischen Pfades [38,39,40,41,42].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es genauso wie für die Kardio-CT auch für die Kardio-MRT eine umfangreiche Evidenz für den genauen, sicheren und kosteneffektiven Einsatz der Perfusions-Stress-MRT in der vertragsärztlichen Versorgung gibt.
Bedarfs- und leitliniengerechte diagnostische Pfade
Die Kardio-CT oder die funktionelle Bildgebung mittels der Stress-Kardio-MRT werden in erster Linie als nichtinvasive Tests bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit > 15 % oder zwischen 5 und 15 % mit der Erfüllung zusätzlicher Risikokriterien (EKG-Veränderungen, wesentliche kardiovaskuläre Risikofaktoren, regionale Wandbewegungsstörungen in der Echokardiographie) zur KHK-Diagnostik empfohlen [3].
Bevorzugt wird die Kardio-CT bei Patienten (I) im unteren Bereich der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK, (II) mit Verdacht auf KHK ohne kardiale Ereignisse in der Vorgeschichte und (III) bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hohe Bildqualität erzielt werden kann (niedrige stabile Herzfrequenz ohne häufige Extrasystolen oder Vorhofflimmern, nicht sehr adipöser Körperbau). Die Kardio-CT erreicht die höchstmögliche Präzision bei Patienten im unteren Bereich der intermediären Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK [19, 43]. Zudem sollte die Kardio-CT als „Gatekeeper“ zur invasiven Diagnostik bei Patienten, bei denen eine Funktionsuntersuchung mit unklarem Ergebnis vorliegt, gewählt werden (Abb. 1).
Die Stärke der Kardio-CT besteht darin, die verschiedenen Stadien der koronaren Atherosklerose und KHK genau differenzieren zu können (s. oben Gruppeneinteilung 1–4). Bei der überwiegenden Anzahl der Patienten reicht die Kardio-CT als einzige diagnostische Methode für eine präzise Diagnostik und für die Ableitung der entsprechenden Therapieentscheidung aus, ohne dass weitere diagnostische Tests hierfür erforderlich sind. Bei der Wahl der Methode sollten bei der Kardio-CT und bei den anderen Modalitäten stets auch die lokale Expertise und die Verfügbarkeit der entsprechenden diagnostischen Methoden berücksichtigt werden.
Funktionelle Tests zur Ischämiediagnostik wie die kardiale Stress-MRT haben einen höheren positiv prädiktiven Wert im Vergleich zur kardialen CT. Deswegen wird die funktionelle Ischämiediagnostik bei Patienten im oberen Bereich der Vortestwahrscheinlichkeit für eine obstruktive KHK, bei Patienten mit bekannter KHK und Verdacht auf KHK-Progression und bei Patienten mit typischen Beschwerden und einer hohen Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit der Durchführung einer Revaskularisation empfohlen. Hier bietet die kardiale MRT durch die LGE-Bildgebung auch die Möglichkeit der Darstellung der Myokardvitalität, was zur Planung einer Revaskularisation entscheidend ist. Des Weiteren sollte die Ischämiediagnostik je nach klinischer Symptomatik auch bei Patienten eingesetzt werden, bei denen mittels Kardio-CT eine intermediäre Stenose diagnostiziert worden ist (Gruppe 3). Obwohl die kardiale Vasodilatator-Stress-MRT über eine höhere Präzision gegenüber der Myokardszintigraphie verfügt [31], sollte hier auch bei der Wahl der Methode die lokale Expertise in Erwägung gezogen werden. Zusätzlich sollten methodenspezifische Risiken und Nebenwirkungen auf eine individuelle Basis gewertet werden [44]. Bei Patienten, die unter 40 Jahre alt sind, sollte in dem Zusammenhang eine diagnostische Methode wie die kardiale Stress-MRT oder die Stressechokardiographie gewählt werden, um die entsprechende Strahlenexposition anderer Methoden zu vermeiden. Spezifische Kontraindikationen für pharmakologische Stressoren bzw. bekannte Allergien gegen jodhaltige Kontrastmittel oder Gadolinium müssen mitberücksichtigt werden. Die entsprechenden Risiken durch die Diagnostik sollten den potenziellen Nutzen unterschreiten, was mit dem jeweiligen Patienten im Sinne eines „informed consent“ mit den behandelnden Kardiologen besprochen, festgehalten und dokumentiert werden sollte. Auch im Falle der Notwendigkeit einer koronaren Revaskularisation bei entsprechenden klinischen Beschwerden und höhergradigen Läsionen im Kardio-CT oder eines positiven Ischämienachweises mittels Kardio-MRT sollten der Nutzen und die Risiken solcher Eingriffe vs. einer optimalen konservativ medikamentösen Behandlung mit den Patienten im Sinne eines „shared decision making“ und den behandelnden Kardiologen bzw. mit den Kardiochirurgen im Heart Team besprochen und dokumentiert werden.
Die Durchführung einer invasiven Koronarangiographie ohne vorherige nichtinvasive Diagnostik wird, außer beim akuten Koronarsyndrom, bei Patienten mit hoher klinischer Wahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK, schweren limitierenden Symptomen, die trotz medikamentöser Einstellung refraktär sind, oder typischer Angina auf niedriger Belastungsstufe empfohlen [3]. In solchen Fällen sollte im Herzkatheterlabor die Möglichkeit einer invasiven iFR/FFR-Messung (Druckdrahtmessung zur Erfassung der Flussreserve) vorhanden sein, um die funktionelle Relevanz von intermediären Stenosen zwischen 50 und 90 % vor einer PCI bzw. vor der Entscheidung eines kardiochirurgischen Eingriffes einzuschätzen.
Auch die Nationale Versorgungsleitlinie KHK (NVL KHK) empfiehlt bei Patienten mit niedriger bis mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit – und damit beim überwiegenden Teil der Patient:innen – vor der invasiven Koronarangiographie ein nichtinvasives bildgebendes Verfahren [45]. Im unteren Bereich der mittleren Vortestwahrscheinlichkeiten wird die CT als morphologisches Verfahren bevorzugt, das aufgrund des hohen negativen prädiktiven Wertes bei diesen Patienten eine KHK zuverlässig ausschließen kann. Die Vasodilatator-Stress-MRT kann als funktionelles Verfahren insbesondere im oberen mittleren Bereich der Vortestwahrscheinlichkeiten eingesetzt werden, da sie eine Ischämie zuverlässig nachweisen oder auch ausschließen kann. Dies entspricht den Empfehlungen der ESC, die beide Verfahren der Kardio-CT und MRT mit hohem Evidenzgrad IB empfiehlt [3].
Schlussfolgerung
Ein bedarfs- und leitliniengerechter diagnostischer Pfad zur KHK-Diagnostik unter Berücksichtigung all dieser Faktoren wird in der Abb. 1 aufgezeichnet. Anhand dieses Pfades sind 2 verschiedene Szenarien einer bedarfs- und leitliniengerechten diagnostischen und therapeutischen Abfolge bei der KHK-Abklärung denkbar (Abb. 2). Bei jedem Szenario ist die Rolle der Risikostratifikation anhand von klinischen Parametern mittels einer gezielten Anamnese, Berücksichtigung anderer internistischer Krankheitsbilder, von Komorbiditäten der Patienten im gesamtinternistischen Kontext, von kardiologischen Basisbefunden wie EKG und Echokardiographie von zentraler Bedeutung, um zu vermeiden, dass durch die Einführung der koronaren CT das Gesundheitssystem budgetär zusätzlich belastet wird.
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Korosoglou, G., Thiele, H., Silber, S. et al. Bedarfs- und leitliniengerechte Diagnostik bei symptomatischer obstruktiver koronarer Herzkrankheit mittels Kardio-CT und MRT. Kardiologie 17, 406–417 (2023). https://doi.org/10.1007/s12181-023-00636-x
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