Grundlagenforschung

Exemplarisch seien hier 2 Arbeitsgruppen herausgegriffen, um darzustellen, wie häufig bereits der Bezug von der Grundlagenforschung in den klinischen Alltag hergestellt werden kann: zum einen die Gruppe um Joseph Hill aus Dallas, Texas. Diese Gruppe hat im vergangenen Jahr die „2-hit hypothesis“ zur Entstehung der Herzinsuffizienz mit erhaltener LV(linksventrikulärer)-Funktion (HFpEF) vorgestellt und im Nature Journal [1] hochrangig publiziert. Die „2-hit hypothesis“ besagt, dass das menschliche Herz erst beim Zusammenwirken mehrerer Faktoren eine HFpEF entwickelt. Die eine Voraussetzung ist mechanischer Stress wie z. B. im Rahmen einer hypertensiven Herzerkrankung, zum anderen wird ein metabolischer Stress benötigt wie z. B. im Rahmen eines Diabetes oder einer Adipositas. Es gelang, ein Mausmodell zu entwickeln, in dem durch diese beiden Faktoren eine schwere HFpEF induziert werden konnte mit deutlicher diastolischer Compliancestörung, aber erhaltener globaler Pumpfunktion. Mit Hilfe eines Knock-out-Mausmodells konnte dann die Bedeutung des oxidativen Stresses belegt werden, da die Knock-out-Tiere für iNOS (induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase) eine signifikant abgeschwächte Form der HFpEF entwickelten im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen. Somit generierte diese Forschergruppe elementare Erkenntnisse zur Entwicklung einer HFpEF.

Eine weitere Gruppe, die hier exemplarisch genannt werden soll, ist die Heidelberger Arbeitsgruppe um Frau PD Constanze Schmidt. Sie erforscht einen selektiv atrial exprimierten Kaliumkanal (TASK I), der zwar bereits 2010 erstbeschrieben wurde, aber erst in den letzten Jahren in die Nähe einer klinischen Anwendung kam. Zunächst erfolgte eine ausgedehnte zellulär elektrophysiologische Charakterisierung [2] in humanen atrialen Kardiomyozyten von Patienten mit unterschiedlichen Rhythmusstadien von Vorhofflimmern, substratifiziert nach LVEF (linksventrikuläre Auswurffraktion), konsekutiv die Identifikation der pharmakologischen Bindungsstellen des TASK-1-Kanals und ein Compoundscreening für High-Affinity-Blocker sowie eine Testung in Großtiermodellen von Pferd und Schwein (VHF[Vorhofflimmern]-Schweinemodell) mit Einsatz von pharmakologischen TASK-1-Inhibitoren und einer atrialen Gentherapie. Seit Februar 2019 läuft nun die DOCTOS(Doxapram conversion to sinusrhythm)-Studie, in der zunächst der Einsatz eines TASK-1-Inhibitors bei Patienten mit paroxysmalem und persistierendem VHF und guter LVEF (entsprechend den höchsten atrialen TASK-1-Expressionsleveln) getestet wird. Somit ist es hier gelungen, den Brückenschlag „from bench to bedside“ zu bewerkstelligen.

Klinische Studien

Interessant in diesem Zusammenhang waren sicherlich die Folgepublikationen zu den Landmarkstudien Cabana [5] und Castle-AF [4]. Insbesondere die Subgruppenanalysen zu Cabana [6] konnten die Ergebnisse der Castle-AF-Studie indirekt bestätigen, zeigte sich doch ein messbarer Nutzen der Ablationsgruppe gegenüber der medikamentös therapierten Gruppe im Hinblick auf die Mortalität bei Herzinsuffizienten – dies hat auch entsprechend Einzug in die Leitlinien gefunden [3].

Wir werden vermehrt mit Daten der direkt vom Benutzer angewendeten „Wearables“ konfrontiert werden

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die 2019 publizierte Amica-Studie [8], die aufgrund geringer Einschlussraten und nicht erkennbarer Unterschiede bezüglich der Endpunkte nach der Randomisierung von 140 Patienten beendet wurde. Primärer Endpunkt war hier die Verbesserung der LVEF; diese betrug am Ende des Nachbeobachtungszeitraums von 1 Jahr 8,8 % in der Ablations- und 7,3 % in der Vergleichsgruppe. Der nicht erreichte Endpunkt muss bei dieser Studie sicherlich vor dem Hintergrund der Baseline-Charakteristika diskutiert werden: Die Amica-Patienten waren mit einer LVEF von 27,8 % bzw. 24,8 %, einem Anteil von Diabetikern von 35 % bzw. 31 %, einem Diameter des linken Vorhofs (LA) von 50 mm bzw. 51 mm und ausschließlich persistierendem (ca. 75 %) und lang persistierendem Vorhofflimmern (ca. 25 %) deutlich kränker als die in der Castle-AF-Studie eingeschlossenen Patienten (hier 30–35 % Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern).

Eines der am intensivsten diskutierten Projekte der vergangenen Jahre ist sicherlich die Apple Heart Study [7]. Für diese Studie wurden innerhalb von nur 8 Monaten insgesamt >419.000 Besitzer eines iPhones sowie einer Smartwatch des Typs Apple Watch (der 1. bis 3. Generation; Apple, Cupertino, CA, USA) eingeschlossen, um mithilfe einer eigens entwickelten App Pulsunregelmäßigkeiten, die der in der Uhr verbaute Photoplethysmograph detektieren kann, zu registrieren. Im Fall der Detektion solcher Pulsunregelmäßigkeiten gab die App eine Warnung ab, und eine ärztliche Konsultation wurde durchgeführt, verbunden mit der optionalen Zusendung eines 2‑Wochen-Lz-EKG (Langzeit-Elektrokardiogramm) über ein aufzuklebendes Device, das dann die Diagnose Vorhofflimmern bestätigen oder verwerfen sollte. Von den >419.000 Studienteilnehmern erhielten 2161 die App-Warnung. Hiervon wiederum stimmten 450 in die Überprüfung mittels Lz-EKG ein. Bei 153 Smartwatch-Kunden konnte dann final die Diagnose eines Vorhofflimmerns gestellt werden. Wenn man in der Phase der Lz-EKG-Registrierung nun die Korrelation der tatsächlichen Vorhofflimmerepisoden mit den Auffälligkeiten in der Pulsanalyse der Smartwatch verglichen hat, ergab sich ein beachtlicher positiv prädiktiver Wert von 84 % für die Interpretation der Apple Watch.

Ob man diese Entwicklung nun für nützlich oder für eine Spielerei erachtet, ist letztendlich aus der Sicht der Autoren dieses Jahresrückblicks unerheblich: Wir werden mehr und mehr mit Daten der direkt vom Benutzer (und nicht zwingend nur von Patienten) angewendeten („direct to consumer“) „Wearables“ konfrontiert werden. Wir müssen uns vorbereiten, wie wir diese Daten verarbeiten und in unseren Alltag implementieren wollen – denn eines hat die Apple Heart Study auch ganz deutlich gezeigt: Wenn wir als Spezialisten uns dieser Daten nicht annehmen, dann macht es eben jemand anderes – im Zweifelsfall weniger Geeignetes als wir. Dennoch müssen auch hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen (inklusive Arzt-Patienten-Vertrag und Vergütung) geschaffen werden. Selbst im Rahmen der Studie haben bereits 57 % der Teilnehmer, die eine Benachrichtigung über evtl. Pulsunregelmäßigkeiten erhielten, abseits der vorgesehenen Pfade medizinischen Rat gesucht – und die Anbieter für eine „professionelle“ Bearbeitung von Smartwatch-EKGs (Elektrokardiogramm) werden vermutlich bald zahlreich auf der digitalen Bildfläche erscheinen.

Neue technologische Entwicklungen

Bemerkenswerte und grundlegend neue Ansätze haben sich auch in der Technik der Ablation von Herzrhythmusstörungen ergeben. Nachdem in den letzten Jahren das Hauptaugenmerk auf Mappingverfahren mit hocheffektiven multipolaren, sog. (Ultra‑)High-density-Mappingkathetern lag, rückte auch im vergangenen Jahr insbesondere die Ablationstechnologie wieder mehr in den Vordergrund. Erhebliches Verbesserungspotenzial versprechen neue Ansätze hierbei nicht nur im Hinblick auf eine höhere Effektivität, sondern v. a. auch auf eine gesteigerte Sicherheit der Katheterablation.

Mapping

In den letzten Jahren hat sich das Mapping mittels hochauflösender multipolarer Mikroelektrodenkatheter zunehmend durchgesetzt. Mit diesen Kathetern lässt sich das Substrat insbesondere von komplexen atrialen und ventrikulären Tachykardien bei struktureller Herzerkrankung exakter analysieren. Bisher existieren keine vergleichenden Studien, die einen relevanten Vorteil der Verwendung dieser speziellen Mappingkatheter dokumentieren, allerdings kann hierdurch die Katheterablation gezielter und wahrscheinlich auch mit kürzeren Prozedurzeiten durchgeführt werden [9]. Beispiele aktueller High-density-Mappingkatheter finden sich in Abb. 1, 2 und 3. In Verbindung mit High-density-Mappingsystemen werden alternative Mappingstrategien möglich, die mehr auf die Identifizierung des funktionellen Substrates einerseits, andererseits aber auch auf eine exakte Analyse der überlagerten Aktivierung bei komplexen Arrhythmien abzielen (z. B. Reentry Vulnerability Index). In einer Studie mit Einschluss von 18 Patienten mit überwiegend ischämischer Kardiomyopathie zeigte sich eine VT(ventrikuläre Tachykardie)-Mappingstrategie unter Verwendung des Reentry Vulnerability Index als sehr effektiv und dem „konventionellen“ Aktivierungsmapping einer ventrikulären Tachykardie überlegen [10]. Grundlage dieser Strategie ist die Kombination lokaler Aktivierungs- und Repolarisationszeiten ohne Notwendigkeit der VT-Induktion. Eine weitere interessante Strategie, die unter Verwendung von multipolaren Mappingkathetern evaluiert wurde, ist die Identifizierung von „deceleration zones“ im Sinusrhythmus. Identifiziert werden hierbei Bereiche, die im Sinusrhythmus spät und mit verlangsamter Leitungszeit im Vergleich zu den übrigen Bereichen erregt werden. In einer Studie mit Einschluss von 120 Patienten mit substratbasierten ventrikulären Tachykardien konnten pro Patient etwa 2 „deceleration areas“ identifiziert werden. Punkte mit erfolgreicher Terminierung von induzierten VTs ließen sich in 95 % der Fälle in unmittelbarer Nähe zu den im Sinusrhythmus detektierten „deceleration areas“ lokalisieren [11]. Beiden zuvor genannten Strategien kommt die Einführung von multipolaren High-density-Mappingkathetern sehr entgegen, da beide Strategien eine entsprechend hohe Punktedichte erfordern und „nicht gemappte“ Areale wichtige Informationen beinhalten können, die nur mittels akkurater ubiquitärer Mappingmethoden identifizierbar sind.

Abb. 1
figure 1

Erstellen eines endokardialen Spannungsmaps mit dem „HD-Grid“-Katheter (multipolarer Mappingkatheter in Verbindung mit dem EnSite Precision Mapping-System, Fa. Abbott [St. Paul, MN, USA]). RAO(„right anterior oblique“)-Ansicht des linken Ventrikels, Patient nach Implantation eines Linksherzunterstützungssystems; Durchleuchtung zeigt ebenfalls eine RAO-Ansicht mit „HD-Grid“-Katheter im LV (linkes Ventrikel) durch transseptalen Zugang

Abb. 2
figure 2

Epikardiales Spannungsmap eines Patienten mit DCM (dilatative Kardiomyopathie) und ausgedehntem epikardialem Substrat mit Identifizierung von Spätpotenzialen innerhalb des epikardialen Narbenareals. Durchleuchtung mit multipolarem Mappingkatheter (PentaRay, Fa. Biosense Webster [Baldwin Park, CA, USA], in Verbindung mit dem CARTO Mappingsystem und Abbildung des Mappingkatheters PentaRay)

Abb. 3
figure 3

Epikardiales Spannungsmap mit Ansicht des linken Ventrikels von der Klappenebene aus in Richtung Apex. Farbkodierung entsprechend der Farbskala oben rechts (Spannungsgrenze zwischen „dichter Narbe“ und „Lowvoltage“ 0,5 mV und zwischen „Lowvoltage“ und „normalem“ Myokard 1,5 mV). Verwendeter multipolarer Mappingkatheter Orion in Verbindung mit dem „Rhythmia“-Mappingsystem (Fa. Boston Scientific, Marlborough, MA, USA) – Abbildung des Katheters oben links

Wichtige Studienergebnisse betreffen aber auch Limitationen der Verwendung von High-density-Mappingkathetern.

Katheterablation

Die Strategie der HPSD(„high power short duration“)-Ablation wurde unter Verwendung verschiedener Protokolle in Verbindung mit bereits lange zugelassenen, aber auch mit eigens dafür entwickelten Radiofrequenzgeneratoren/Ablationskatheterkombinationen weiterentwickelt und für die Ablation von Vorhofflimmern getestet. Ziel dieser Modifikation der niedrigenergetischen Ablation ist eine veränderte Läsionsgeometrie mit breiten, aber flachen Läsionen an der linksatrialen Hinterwand. Durch die kurzzeitige Ablationsdauer reduziert man den Anteil an konduktivem Wärmetransfer und erzielt damit eine flache Läsion, die Kollateralschäden (v. a. thermische Ösophagusläsionen) verhindern soll. Beispielhaft sei die QDOT-FAST-Studie erwähnt [12]. Zweck der Studie war die Evaluierung der Sicherheit und des Kurzzeiterfolgs eines neuen Ablationskatheters für eine (bezeichnenderweise) Very-high-power-short-duration-Ablation bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern. Hierbei wurde mit 90 W für maximal 4 s Radiofrequenzenergie im temperaturkontrollierten Ablationsmodus appliziert. Bei den 52 eingeschlossenen Patienten konnten eine hohe Effektivität und Sicherheit dokumentiert werden. Bei allen verfügbaren Patienten wurden zur Detektion asymptomatischer zerebraler Ereignisse Magnetresonanztomographien (MRT) sowie zur Identifikation von thermischen Ösophagusläsionen postinterventionelle Endoskopien durchgeführt: 12 % der zerebralen MRTs zeigen asymptomatische ablationsassoziierte Events sowie 3,8 % eine thermische Ösophagusläsion. Auch wenn diese Daten sehr vielversprechend auf eine höhere Sicherheit der HPSD-Ablation hindeuten, wurden doch bereits atrioösophageale Fisteln hierunter beschrieben, wenn auch scheinbar relevant seltener als mit den konventionellen Ablationsprotokollen (Faktor 13 seltener) [13]. Dies muss bei dem engen Sicherheits-Effektivitäts-Fenster der HPSD-Ablation und den aktuell evaluierten unterschiedlichen Kombinationen aus Energie/Ablationsdauer/Generatoreinstellungen/Ablationskatheter/Läsionsindizes berücksichtigt werden. Gut stratifizierte, stringente Protokolle und Untersuchungen sind weiterhin notwendig, bis diese Strategie Eingang in den klinischen Alltag finden kann.

Durch kurzzeitige Ablationsdauer sollen Kollateralschäden verhindert werden

Als „alte Idee in neuem Gewand“ könnte die Ablationstechnik biphasische Pulsed-field-Ablation bezeichnet werden. Diese Ablationstechnik mit Verwendung sehr kurzer biphasischer Stromapplikationen mit extrem hohen Spannungen führt zu einer effektiven nichtthermischen Ablation und scheint dabei sehr gewebespezifisch entsprechend den vorgegebenen Einstellungen zu sein. In einer tierexperimentellen Arbeit der Arbeitsgruppe um Koruth et al. zeigten sich bei Verwendung von Pulsed-field-Ablation keine relevanten thermischen Ösophagusveränderungen, während sich bei den Tieren in der Radiofrequenz-Strom-Ablationsgruppe bei allen 4 Tieren tiefe Ösophagusulzera und sogar eine Ösophagusfistel fanden [14]. Anzumerken ist, dass in dieser Studie mit beiden Techniken in der V. cava superior mit Andruck des Ösophagus an die Obere Hohlvene (SVC) abladiert wurde und somit eine unnatürlich dichte Beziehung zwischen Ablation und Ösophaguswand bestand, was das Auftreten von Ösophagusläsionen bei 100 % der mit RF (Radiofrequenz) abladierten Tiere erklärt. In dieser Studie konnte allerdings gezeigt werden, dass die Effektivität unabhängig von der Sicherheit zu titrieren ist. In einer ersten klinischen Studie wurde dieses Konzept nun von Reddy et al. bei 81 Patienten mit Vorhofflimmern getestet [15]. Nach Anpassungen der Therapie konnte bei 100 % der Patienten eine effektive anhaltende PV(Pulmonalvenen)-Isolation 3 Monate nach Ablation und eine 12-Monats-Rezidivfreiheit von 87 % dokumentiert werden. Relevante Komplikationen wurden nicht dokumentiert. Wie effektiv und sicher diese beiden neuen Ablationsstrategien, also High-power-short-duration-Ablation und Pulsed-field-Ablation, unter welchen Anwendungsbedingungen in klinischer Anwendung sein können, werden kommende größere und multizentrische Studien zeigen müssen. Sollte allerdings eine Therapie aufgrund der Selektivität der Läsionen keine Dosis-Wirkungs-Beziehung in Bezug auf Effektivität und Sicherheit zeigen, so kann dies die Zukunft der Vorhofflimmerablation revolutionieren („pulsed field ablation“ [PFA]). Dann werden in Zukunft allerdings alle Anbieter von Ablationskathetern auf diese Therapie, die nicht patentrechtlich geschützt ist, aufspringen und PFA-Katheter und -Generatoreinstellungen entwickeln.

Eine dritte neuartige Ablationstechnik, die in ersten prospektiven Single-Arm-Studien evaluiert wird und bisher noch nicht für den Einsatz außerhalb von Studien zugelassen wurde, nutzt extrem niedrige Temperaturen für die Kryoablation von Vorhofflimmern mit flexiblen Ablationskatheterkonstruktionen. Hierdurch ist sowohl eine One-Shot-Pulmonalvenenisolation, aber auch eine linien- oder punktförmige Ablation z. B. zur Isolation der LA-Hinterwand, Ablation einer Mitralisthmuslinie oder einer cavotrikuspidalen Isthmuslinie möglich. Aktuell schließen mehrere Studien Patienten mit Vorhofflimmern (paroxysmal und persistierend bzw. persistierend) prospektiv ein. Unbeabsichtigte Gewebeschädigung – wie z. B. die thermische Schädigung des Ösophagus bei Ablation im Bereich der LA-Hinterwand soll hierbei durch aktive Erwärmung des Ösophagus verhindert werden (u. a. ClinicalTrials.gov Identifier: NCT02839304). Sicherlich nicht für eine größere Patientengruppe infrage kommend ist die gezielte stereotaktische Bestrahlung des ventrikulären Substrates für anders nicht kontrollierbare ventrikuläre Arrhythmien bei sehr komplexem Substrat und bei Patienten, die aufgrund der Schwere begleitender kardialer oder nichtkardialer Erkrankungen nicht mehr einer invasiven Katheterablation unterzogen werden können. Beachtliche Erfolge konnten in kleineren publizierten Fallserien berichtet werden. Das Risiko schwerer Nebenwirkungen liegt bei einem sich bewegenden Zielorgan, das von strahlensensiblen Organen dicht umgeben ist, auf der Hand. In einer kleineren prospektive Evaluierungsstudie wurden 19 Patienten mit therapierefraktären ventrikulären Tachykardien (n = 17) oder ventrikulären Extrasystolen und Arrhythmie-induzierter Kardiomyopathie (n = 2) eingeschlossen [16]. Eine stereotaktische Bestrahlung des Substrates erfolgte nach festgelegtem Protokoll nichtinvasiv nach vorheriger Planung mithilfe von Bildgebung und elektroanatomischem Mapping. Eine relevante Reduktion der VT- oder VES(ventrikuläre Extrasystolen)-Last konnte auch noch nach 2 Jahren bei 78 % der bestrahlten Patienten gezeigt werden. Größere prospektive Studien mit strenger Indikationsstellung für die Anwendung dieser Therapieoption müssen erfolgen, bevor diese Therapiestrategie außerhalb von ausgearbeiteten Protokollen und exakter Nachkontrolle (prospektive klinische Studien) angewendet werden kann.

Bildgebung

Die kardiale Bildgebung hat sich als eine wesentliche Hilfe in der Prozedurplanung und zur intraprozeduralen Fokussierung bei komplexen elektrophysiologischen Untersuchungen herauskristallisiert. Hierbei sind sowohl Computertomographie (CT) als auch Magnetresonanztomographie (MRT) einsetzbar, um neben der anatomischen 3‑dimensionalen Rekonstruktion auch Zielregionen für substratbasierte Ablationsstrategien zu identifizieren. So lassen sich beispielsweise Narbenzonen von leitenden Myokardarealen innerhalb dieser Narben unterscheiden (sowohl mittels CT als auch MRT). Diese Zonen können als VT-Kanäle einen kritischen Teil der Reentry-Kreise bilden und sind somit als mögliche Targets für die Ablation nur anhand der präinterventionellen Bildgebung identifizierbar. Aktuell wird daran gearbeitet, mittels virtueller Herzsimulation und Digital-twin-Technologie diese Narbeninformationen für die Vorhersagbarkeit des Auftretens zukünftiger ventrikulärer Arrhythmien zu nutzen.

Zur kardialen Bildgebung sind sowohl CT als auch MRT einsetzbar

Beispielhaft soll an dieser Stelle auf eine Studie mit Einschluss von 159 Patienten mit überwiegend ischämischer Kardiomyopathie verwiesen werden [17]. Eine Gruppe in dieser prospektiven, aber nicht randomisierten Studie wurde vor geplanter VT-Ablation einer kardialen MRT-Untersuchung mit Late-Enhancement-basierter Detektion von ventrikulären Narbenarealen unterzogen und mit der anderen Patientengruppe (Verzicht auf eine vorherige kardiale MRT-Bildgebung) verglichen. Alle MRT-Untersuchungen wurden bei Patienten ohne implantiertes kardiales Device oder – im Falle einer Indikation hierfür – vor Device-Implantation untersucht. Mithilfe einer spezialisierten Software (ADAS [Galgo Medical, Barcelona, Spanien] – hierzu auch Beispiele in Abb. 4 und 5) wurde der zuvor akquirierte MRT-Datensatz in das elektroanatomische Mappingsystem importiert und mit der aufgenommenen Anatomie fusioniert. Eine gezielte MRT-gestützte Mapping- und Ablationsstrategie ergab in dieser Studie eine geringere Radiofrequenzstromablationszeit, eine höhere Rate an Nichtinduzierbarkeit akut postprozedural und eine höhere Langzeiterfolgsrate im Vergleich zu einer nicht bildgebungsgestützten Ablationsstrategie. Vorläufige nicht randomisierte Studien legen einen Vorteil einer bildgebungsgesteuerten (sei es unter Verwendung der kardialen MRT- oder CT-Bildgebung) Ablationsstrategie bei VTs auf dem Boden struktureller Herzerkrankungen nahe. Randomisierte und ausreichend große Studien mit einheitlichen Ablationsprotokollen müssen einen Vorteil bezüglich Sicherheit und langfristigem klinischem Erfolg jedoch erst belegen, bevor diese Ablationsstrategie in die breite Routine der VT-Ablation eingehen kann. Die Abb. 4 und 5 zeigen den Einsatz der Integration von Late-Enhancement-MRT-Bildgebung in die Ablationsstrategie auf Vorhof- wie auch auf Kammerebene.

Abb. 4
figure 4

Ansicht einer Rekonstruktion aus dem Datensatz einer Kontrastmittelmagnetresonanztomographie des linken Vorhofes eines Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern unter Verwendung einer spezialisierten Software (ADAS [Galgo Medical, Barcelona, Spanien]), Ansicht von a.p. (a) und p.a (b). In gelb dargestellt sind durch späte Kontrastmittelanreicherung identifizierte Fibroseareale

Abb. 5
figure 5

Überlagerung des Spannungsmaps und der 3‑D-Rekonstruktion (ADAS [Galgo Medical, Barcelona, Spanien]) des linken Ventrikels eines Patienten mit ausgedehntem spitzenumgreifendem Vorderwandinfarkt; Ansicht von a.p.; grüne Linien visualisieren Kanäle mit heterogener MR(magnetresonanz)-Kontrastmittelaufnahme und damit Bereiche innerhalb der kompakten Myokardnarbe mit teilweise vitalem Myokard – nach Spannungsmap und mit Entrainment-Manöver und Pacemap bestätigter kritischer Isthmus der klinischen VT (ventrikuläre Tachykardie). Ablationspunkte nicht nur im Bereich des bestätigten VT-Isthmus, sondern auch im Bereich zusätzlich identifizierter „Spätpotenziale“ im übrigen Narbenbereich

Perspektive

Die Technologie des „virtual heart“ wird bereits in ersten klinischen Untersuchungen auf ihre Verlässlichkeit geprüft. So zeigt z. B. eine Studie, die sowohl tierexperimentelle Daten als auch VT-Patienten einschloss, dass nur minimale Areale gezielt abladiert werden müssen, die rein basierend auf der MRT-Morphologie der Narbenareale identifiziert wurden [18]. Dieser sog. VAAT(„virtual heart arrhythmia ablation targeting“)-Approach beruht auf Durchführung einer kardialen Late-Enhancement-MRT-Untersuchung mit Identifizierung des Substrates, Rekonstruktion mit Erstellen eines individualisierten Ventrikelmodells, Durchführung einer „virtuellen“ computerbasierten programmierten Stimulation von unterschiedlichen Stimulationsorten und Charakterisierung potenziell induzierbarer (basierend auf den in das individuelle Herzmodell übertragenen Bedingungen) ventrikulärer Tachykardien. Die Ergebnisse dieser sehr vorläufigen, kleinen und heterogenen Studie sind vielversprechend. Strategien mit Verwendung individualisierter Herzmodelle haben möglicherweise das Potenzial, die Risikostratifizierung und die Ablationsstrategie bei Patienten mit ventrikulären Tachykardien auf dem Boden struktureller Herzerkrankungen zu revolutionieren. Voraussetzung für eine realistische Einschätzung des Potenzials eines solchen komplexen Konzeptes ist jedoch die Durchführung sorgfältig geplanter und durchgeführter prospektiver vergleichender Studien mit Einschluss ausreichend großer Patientenzahlen. Eine prospektive Single-Arm-Studie zur Evaluierung dieses Konzeptes befindet sich aktuell in der Rekrutierungsphase (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03536052).

Eine weitere Entwicklung könnte dann die Ablation direkt in der MRT sein, d. h. eine überwiegend morphologisch gestützte Ablation mit nichtmagnetischen Kathetern (erste CE-Zertifizierung erfolgte in 2020), die unter MRT-Bildgebung manövriert und positioniert werden können. In diesem Konzept könnte die MRT gleichzeitig dann auch zur Läsionsbildgebung genutzt werden und das Ausmaß einer möglichen anhaltenden Schädigung des Gewebes durch die Ablation charakterisiert werden.

Mit dem Konzept des „virtual heart“ sind mehrere zukünftige Visionen einer modernen Rhythmustherapie verbunden: Eine Risikostratifizierung auf dem Boden einer Simulation mithilfe eines individuellen Herzmodells könnte die Indikationsstellung für eine ICD(implantierbarer Kardioverter-Defibrillator)-Implantation bei Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie, aber auch (und noch viel wichtiger) bei Patienten mit nichtischämischer Kardiomyopathie auf sicherere Füße stellen.

Mit dem Konzept „virtual heart“ sind mehrere zukünftige Visionen moderner Rhythmustherapie verbunden

Bei Patienten mit dokumentierten ventrikulären Tachykardien könnten zur Planung der Prozedur nicht nur mögliche induzierbare ventrikuläre Tachykardien identifiziert und charakterisiert werden, sondern auch direkt die effektivsten Ablationsläsionen vorhergesagt werden.

Aus der Reihe der zuvor exemplarisch vorgestellten Studienergebnisse (Tab. 1) und Konzepte ergibt sich, dass die interventionelle Elektrophysiologie in der Behandlung sämtlicher Arrhythmien, v. a. aber des Vorhofflimmerns und ventrikulärer Tachykardien, in den Kategorien moderner Mappingstrategien inklusive der Einbeziehung kardialer Bildgebung sowie neuer Ablationsstrategien, -energieformen und -techniken in den letzten Jahren beispiellose Fortschritte gemacht hat. Mit Blick auf den vorläufigen Charakter vieler hier erwähnter aktueller Studienergebnisse lässt sich erahnen, dass auch die kommenden Jahre ausgesprochen spannend bleiben dürften, wenn zumindest ein Teil der genannten Strategien Eingang in die klinische Routine findet und möglicherweise auf andere Bereiche der Elektrophysiologie und Kardiologie ausgedehnt werden könnte.

Tab. 1 Überblick über die wichtigsten Studien im Bereich der Elektrophysiologie/Rhythmologie

Fazit für die Praxis

  • Das Jahr 2019 war ein spannendes und interessantes Jahr in der Elektrophysiologie mit vielen neuen Entwicklungen und Einführung einiger sehr innovativer Therapieoptionen zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen.

  • Die Elektrophysiologie entwickelt sich immer weiter als integraler Bestandteil der Diagnostik und Therapie komplexer Arrhythmien und stellt sich zunehmend als essenzieller Teil der Behandlung von Herzinsuffizienz und komplex-kranken Patienten dar.

  • Ein Fokus lag dabei auch auf der Integration der kardialen Bildgebung in die Therapieentwicklung und Planung.