Die nach dem 1. Weltkrieg geborene Generation hatte es nicht leicht, nicht nur wegen der wirtschaftlichen Situation. Franz Loogens (Abb. 1) Medizinstudium nach dem Abitur in Aachen, zunächst in Köln und Berlin, dann in München, wurde durch die Einziehung zum Wehrdienst unterbrochen. Einer Beurlaubung zur Beendigung des Studiums verdankt er wahrscheinlich sein Leben, da kurz darauf seine Einheit in den Schützengräben um das damalige Leningrad bei einem Feuerüberfall vollständig vernichtet wurde. Er schaffte noch das Staatsexamen und seine Promotion bei Prof. Vosschulte, bevor er bei einem erneuten Kriegseinsatz in englische Gefangenschaft geriet. Hier wurde ihm sein Fußballtalent – er hatte schon vorher bei Bayern München gespielt – insofern zum Verhängnis, als er dort für eine englische Mannschaft spielen musste. Dies hatte zur Folge, dass er erst 1948 als einer der Letzten nach Hause kam. In Düsseldorf erlaubten ihm die damals bescheidenen Einnahmen als Spieler bei Fortuna, eine unbezahlte Assistentenstelle bei Prof. Boden an der damaligen Medizinischen Akademie anzunehmen. Seine letzte Tätigkeit im Bereich des Fußballs war diejenige des Mannschaftsarztes bei der Weltmeisterschaft 1954 in Bern.

Abb. 1
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Prof. Dr. med. Dr. h.c. Franz Loogen auf der Feier zu seinem 90. Geburtstag. Seine Schüler überreichen ihm einen Fußball mit ihren Unterschriften

Während der klinischen Tätigkeit war seine Begegnung mit Otto Bayer schicksalhaft, mit dem er 1948/49 die ersten Herzkatheteruntersuchungen durchführte. Das in 2 Auflagen erschienene Buch über die Herzkatheterisierung bei angeborenen und erworbenen Herzfehlern [1] war die „Bibel“ für jeden, der sich mit dieser neuen Untersuchungstechnik befassen wollte. Bereits die erste Auflage war dem späteren Nobelpreisträger Werner Forssmann gewidmet.

Schon 1952/1953 richtete er in der Klinik eine kardiologische Ambulanz ein. Wissenschaftliche Schwerpunkte waren zunächst neben den erworbenen Herzklappenfehlern insbesondere die gesamten angeborenen Herzfehler, lange bevor es eine Kinderkardiologie in Düsseldorf gab. Hiervon zeugen zahlreiche Publikationen aus dieser Zeit, eine Monographie über Aorteninsuffizienz sowie verschiedene Kapitel in dem von H. Vieten herausgegebenen Handbuch der Medizinischen Radiologie [2]. Später kamen neue Arbeitsgebiete wie die koronare Herzkrankheit hinzu. Dies war auch das Thema der von ihm als Präsidenten 1975 geleiteten Jahrestagung unserer Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Herz- und Kreislaufforschung – wie sie damals noch genannt wurde – zu dieser Zeit noch in Bad Nauheim. Ein weiterer Schwerpunkt von Publikationen und Symposien waren die Kardiomyopathien. Nach der ersten Schrittmacherimplantation in Deutschland 1961 in Düsseldorf (durch Sykosch und Effert) wurde von ihm früh eine Schrittmacherambulanz aufgebaut. So wurde die Elektrotherapie ein weiteres Thema der fast 400 wissenschaftlichen Publikationen. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die jahrzehntelange Tätigkeit als Herausgeber der Zeitschrift für Kardiologie seit 1968.

Unabhängig von den klinischen und wissenschaftlichen Leistungen hat er sich um die Anerkennung der Kardiologie als internationales Spezialfach große Verdienste erworben. Schon früh trat er für eine Eigenständigkeit des Faches ein. Hier war er lange Zeit ein „einsamer Rufer“, dem die Internisten vorwarfen, das Fach zu zerstören. Als Folge dieser Entwicklung erhielt er 1967 das Extraordinariat für Kardiologie und 1969 den ersten Lehrstuhl für Kardiologie, nachdem er einen Ruf nach Heidelberg abgelehnt hatte. Mit enormer Energie und dem nötigen „Eigensinn“ baute er eine kardiologische Klinik auf. Aus dieser Klinik sind mehrere Generationen von Fachärzten für dieses neue Spezialgebiet hervorgegangen. Bis zu seiner Emeritierung 1986 betreute er ungezählte Doktoranden und 15 Habilitanden. Aus seiner Schule gingen 5 Ordinarien an anderen Universitäten und zahlreiche Chefärzte hervor.

Die Bedeutung von Franz Loogen geht aber über die Entwicklung der Kardiologie in Deutschland hinaus. Er hat das geächtete Nachkriegsdeutschland im Bereich seines Faches wieder in die internationale Gemeinschaft eingegliedert. Als erster Deutscher war er Mitglied des Vorstandes der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und von 1980–1984 ihr Präsident. Der unter seiner Präsidentschaft 1984 durchgeführte Europäische Kongress in Düsseldorf war wegweisend für die weitere Entwicklung dieser Tagung und der ESC. Großes politisches Geschick bewies er auch während seiner Amtszeit in den Verhandlungen mit den Vertretern der Ostblockländer, insbesondere der damaligen Sowjetunion, als er erreichte, dass der für 1994 geplante Weltkongress für Kardiologie in dem damals noch geteilten Berlin stattfinden konnte. Damals ahnte noch niemand, dass zu diesem Zeitpunkt die Stadt wieder vereint sein würde.

Er erhielt zahlreiche Ehrungen. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitglied und überreichte ihm zu seinem 90. Geburtstag die Goldene Ehrennadel. Er erhielt die Ernst-von-Bergmann-Plakette für seine Verdienste um die ärztliche Fortbildung. Die Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin mag ihn besonders berührt haben, kamen von dort doch seinerzeit seine schärfsten Kritiker. Er erhielt die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Universität Essen. Nach seiner Emeritierung wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet.

Zur Feier der Vollendung seines 90. Lebensjahres konnte der Saal die zahlreichen Ehrengäste und Schüler, die selbst aus Übersee angereist waren, kaum fassen. Es wurde oft gefragt, was denn das besondere der „Loogen Schule“ ausmache, dass so viele ehemalige Mitarbeiter ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl mit ihrem Chef empfinden. Es ist sicher nicht nur die Anerkennung der Tatsache, dass sie alle ihm ihre berufliche Laufbahn verdanken. Auch die klinische und wissenschaftliche Qualifikation kann nicht alleine hierfür verantwortlich gemacht werden. Es ist sicher die Persönlichkeit von Franz Loogen, sein besonderer Führungsstil, der für die Verehrung seiner Schüler mitverantwortlich ist. Er griff nicht in jedes Tagesgeschäft ein, wusste aber dennoch erstaunlich gut über das Geschehen und jeden einzelnen Mitarbeiter Bescheid. Er verstand es, die klinischen und wissenschaftlichen Neigungen der Assistenten zu fördern, auch wenn sie nicht immer seinen eigenen Interessen entsprachen. Diese kreative Freiheit wussten wir ebenso wie seine stets sachlich vorgetragene Kritik zu schätzen. Er war ein väterlicher Chef. Seine Schüler werden seiner in Hochachtung und Dankbarkeit gedenken.