Der Mentor und väterliche Freund

Von Bernhard Schieffer für alle aktiven und ehemaligen Mitarbeiter der Kardiologie und Angiologie der MHH

Wir haben ihn auf immer verloren! Am 13.09.2009 ist Professor Helmut Drexler (Abb. 1), Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie, auf der Höhe seiner Karriere plötzlich und unerwartet verstorben. Er verstarb, während er seiner großen Passion, dem Rennradfahren, nachging. Wir als Mitarbeiter seiner Klinik haben unseren Mentor, Freund und langjährigen väterlichen Berater verloren, der weit über die Stadt und Region Hannover, in Deutschland, Europa und Übersee bekannt war.

Abb. 1
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Prof. Dr. med. Helmut Drexler

Helmut Drexler wurde 1951 in Karlsruhe geboren, hat in Freiburg i. Br. studiert und seine medizinische Karriere im Institut für Pathologie der Universität Freiburg unter Prof. Sandritter 1978 begonnen. Diese medizinische Grundausbildung in der Pathologie hat seine Neugier und sein analytisches Interesse für Erkrankungen entscheidend geprägt. Viele Jahrzehnte später griff er immer wieder während Visitengesprächen auf dieses Wissen zurück. Im Jahr 1979 wechselte er in die Klinik von Prof. Hansjörg Just, dem damaligen Direktor der Medizinischen Klinik III für Kardiologie und Angiologie der Universität Freiburg. Hier durchlief Helmut Drexler eine fundierte Ausbildung in allen Bereichen der Inneren Medizin. So bin ich ihm erstmals durch Zufall begegnet. Helmut Drexler war als internistischer Assistent in der Rotation auf einer onkologischen Station tätig und betreute unseren Untersuchungskurs. Schon damals forderte er von seinen Studenten weit mehr, als ihr Ausbildungsstand zuließ. Fehler wurden harsch kritisiert und Lob nur spärlich vergeben, man bekam aber unbegrenzten Einsatz und Lehre am Krankenbett, wie sie heute noch als vorbildlich gelten würden. So hat er mich als Doktorand für eine experimentelle Promotion gewinnen können.

Seine wissenschaftliche Karriere begann er mit einem DFG-geförderten Ausbildungsstipendium an der Pennsylvania-State-University, wo er mit Prof. Robert Zelis zusammenarbeitete. In einem kleinen Labor im Keller unter der Medizinischen Klinik baute Helmut Drexler nach seiner Rückkehr sein Labor auf. Als Doktoranden begannen wir 1987 die myokardiale Perfusion nach Myokardinfarkt mit Mikrospheren zu untersuchen. Besonders die Kooperation mit Urs Riede in der Pathologie komplettierte damals Helmuts Arbeiten.

Eine Reihe von Manuskripten zur myokardialen Funktion und Skelettmuskelfunktion, Perfusion unter dem Einfluss des Renin-Angiotensin-Systems entstand. Habilitation und außerplanmäßige Professur folgten an der Universitätsklinik in Freiburg. Von 1991–1992 verbrachte Helmut Drexler an der Stanford-University im Department von Victor Dzau ein Jahr eines wissenschaftlichen Sabbaticals, ausgestattet mit dem prestigeträchtigen Heisenberg-Stipendium der DFG.

Am 01.09.1996 wurde Helmut Drexler auf den Lehrstuhl für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule in Hannover berufen. Er verließ sein geliebtes Baden und zog nach Niedersachsen.

Helmut Drexler war ein breit ausgebildeter Internist, klinischer Kardiologie, dem vor allem die kardiovaskuläre Intensivmedizin und die interventionelle Kardiologie am Herzen lagen. In seiner Sorge um die optimale Betreuung von Patienten zeigte er sich immer wieder als kritischer, wissenschaftlich orientierter Arzt, der jeden Befund analysierte und keine Diagnose ungeprüft übernahm.

Er war innovativ und bewältigte ein unfassbares Arbeitspensum, das ihm erlaubte, einerseits klinisch verantwortlich und erfolgreich zu arbeiten und gleichzeitig wissenschaftliche Exzellenz zu beweisen. Hierin war er uns immer ein Vorbild und setzte höchste Maßstäbe.

Während seiner wissenschaftlichen Karriere hat Helmut Drexler verschiedene Beiträge in unterschiedlichen Bereichen der kardiovaskulären Medizin geleistet. Seine ersten Arbeiten konzentrierten sich auf die pathophysiologische Rolle des Renin-Angiotensin-Systems, die Skelettmuskelperfusion und -funktion sowie die freien Sauerstoffradikalen und das NO-System. Seine Studien über Endotheldysfunktion im Tiermodell und bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, wie auch Studien bei Herzinsuffizienz, fanden ihren Eingang als innovative Therapieansätze in die Klinik. Von Anfang an versuchte er, seine Laborkenntnisse auf klinische Fragestellungen und letztlich auf die Therapie von Patienten anzuwenden. Er war einer der Ersten, der molekulare Methoden in die klinische Kardiologie integriert hat.

Ein Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere war der Beitrag von Helmut Drexler und Denise Hilfiker zur molekularen Klärung der Postpartum-Kardiomyopathie, deren Ausgangspunkt eine eher unscheinbare Beobachtung bei genetisch modifizierten Mäusen war, dessen Endpunkt eine nach seinem Tod bewilligte klinische Studie zur randomisierten Evaluation der Therapie der Postpartum-Kardiomyopathie ist.

Ein weiterer Höhepunkt ist die Stammzelltherapie, die heute ein integraler Bestandteil seiner Klinik geworden ist. So hat Helmut Drexler zusammen mit Kai C. Wollert die erste randomisierte multizentrische Studie geleitet und die Bedeutung der transkoronaren Stammzelltherapie bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt untersucht (BOOST).

Beide Erfolge waren ein Ergebnis des Teams, welches er fähig war zu formen. Schon zu Freiburger Zeiten war seine Arbeitsgruppe eingebettet in ein dynamisches Team aus erfahrenen Klinikern und jungen Wissenschaftlern. Teambesprechungen waren kritisch und mehr einfordernd, als aktuell möglich war, jedoch immer konziliant und verbindlich in der Person. Er war ein Chef, auf den man sich immer und zu jeder Zeit verlassen konnte.

Helmut Drexler war Sprecher der Klinischen Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die sich mit den Kontrollmechanismen kardialer Adaptation und Regeneration beschäftigte. Er war europäischer Koordinator des transatlantischen LEDUCQ-Netzwerkes, das die Signaltransduktionswege kardialer Adaptation und Maladaptation bei Herzinsuffizienz untersuchte. Er war einer der Gründungsväter des Exzellenzclusters REBIRTH und des integrierten Wissenschafts- und Behandlungszentrums Transplantation an der Medizinischen Hochschule Hannover. Helmut Drexler war Mitglied verschiedener Editorial-Boards von wissenschaftlichen Journalen einschließlich European Heart Journal, dem American College of Cardiology, Circulation Research, und zuletzt sollte er als europäischer Editor für Circulation dienen.

Auch wenn nach außen die Wissenschaft seine Passion zu sein schien, so galt seine wahre Leidenschaft seinen Patienten; und jeder, der ihn am Krankenbett im Gespräch mit Patienten erlebte, bemerkte seine Hingabe für kranke hilfesuchende Menschen, die sich bei ihm aufgehoben und bestens betreut fühlten. Auch im größten Zeitdruck nahm er sich immer Zeit, seinen jüngsten Mitarbeitern und seinen Patienten in einfachen Worten und seiner so unmissverständlichen Eindringlichkeit mitzuteilen, was die ideale Diagnostik und Therapie sei. Als klinischer Kardiologe, wissenschaftlicher Mentor und klinischer Lehrer stellte er für uns alle eine enorme Quelle an Wissen dar. Er schien immer der Erste zu sein, der das neueste, interessanteste Manuskript aus Wissenschaft oder Klinik gelesen hatte.

Er verlangte viel von uns, und er verlangte viel von sich selber. Er wollte nicht nur Glauben und Empirik, er wollte es wissen und klare Analysen; und dies teilte er uns mit einem Lachen in den Augen mit. Sein Enthusiasmus, seine uneingeschränkte Unterstützung und seinen wertvollen Rat um die Exzellenz in der Klinik und im Labor, aber auch bei Vorlesungen werden wir vermissen.

Helmut Drexler hat sich gekümmert – und das hat jeder gemerkt, der ihm begegnet ist. Bei mancher Konferenz, bei mancher Tagung oder manchem Symposium kam das lauteste Lachen häufig von dem Tisch, an dem er saß.

Das Rennradfahren war seine größte Passion. Er liebte Italien, insbesondere die Dolomiten, die er mit unzähligen Fahrradtouren erkundete und wo er abends die Kultur und die Küche genießen konnte. Er liebte gutes Essen (zwar nur in kleinen Portionen), und er war ein hervorragender Kenner von Rotwein – ein Fakt der manchen Sommelier ins Schwitzen brachte.

Helmut Drexler hinterlässt Frau und eine Tochter, die ihn auch in schwierigen Zeiten der Karriere oder des Umbruchs rückhaltlos unterstützten. Helmut Drexler wird von uns allen vermisst werden, seiner Familie, seinen Freunden, Mitarbeitern und Kollegen an der Medizinischen Hochschule, in Freiburg, Europa und Übersee. Die Deutsche und die Europäische Gesellschaft für Kardiologie wie auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und andere Forschungsinstitutionen haben einen stimulierenden, unkonventionellen und kritischen Geist verloren.

Die Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover hat ihren Abteilungsdirektor verloren, der die Klinik über die letzten 12 Jahre zu dem geformt hat, was sie heute ist – ein integraler Bestandteil eines Klinikums der Supramaximalversorgung mit stetiger Innovationsbereitschaft und dem Willen zur Weiterentwicklung. Dies würde er auch zukünftig von uns verlangen.

Im Jahr 1987 hat mein Weg mit Helmut Drexler in Freiburg begonnen, er endete am 13.09.2009 in Hannover. Sein Tod bleibt unfassbar, aber wir als seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind stolz darauf, einen Teil seines Weges mit ihm gegangen und durch ihn geprägt worden zu sein. Ich selber habe einen väterlichen Freund und Mentor verloren, den ich sehr vermisse und der mir auf immer unvergessen bleibt.

Der Wissenschaftler

Von Thomas Münzel

Es hatte sich in unserem Semester wie ein Lauffeuer herumgesprochen: In der kardiologischen Abteilung von Professor Just gab es die Möglichkeit für eine Doktorarbeit, bei der von insgesamt zehn herzinsuffizienten Patienten schon neun eingeschlossen waren, einer fehlte noch, und dann kann man die Arbeit schon zusammenschreiben. Da wir alle interessiert waren, die „lästige“ Doktorarbeit während des Studiums mit dem geringstmöglichen Zeitaufwand zu erledigen, habe ich mich auch gleich beim Studienleiter gemeldet.

„Wissen sie überhaupt was Herzinsuffizienz ist, Herr Münzel?“, fragte mich mein Gegenüber, ein gewisser Helmut Drexler, 1982 in rauem Ton. Vom äußeren Aspekt sah er nicht wie ein typischer Kardiologe aus, Afrolook und Schnauzer, aber er strahlte von Vorneherein eine nicht alltägliche Dynamik und Zielstrebigkeit aus (wohl wieder typisch für Kardiologen), die mich damals als Student im 6. Semester für das Fach Kardiologie interessieren ließen. Nach Einschluss des letzten Patienten verließ er Freiburg im Rahmen eines Post-Doc-Forschungsstipendiums Richtung Hershey, und er bedeutete mir zwischen Umzugskisten, dass ich nun alles in allem 6 Wochen Zeit für die Zusammenstellung und statistische Analyse der Daten plus Vorbereitung seines Vortrages im Rahmen der Herz-Kreislauf-Tagung in Bad Nauheim habe.

Im Januar 1988 kreuzten sich unsere Wege zum zweiten Mal, als ich nach 2 Jahren Endothel- und Nitrattoleranzforschung bei Prof. Jürgen Holtz als Assistenzarzt bei Prof. Just eingestellt und der Arbeitsgruppe Helmut Drexler zugeteilt wurde. Mein erster Einsatz (was damals in Freiburg so üblich war) war im Olymp – oder auch Herzfunktionslabor genannt –, wo ich im Laufe des ersten Jahres unzählige Einschwemmkatheter, Ergospirometrien und Skelettmuskelbiopsien für die von Helmut konzipierten klinischen Studien durchgeführt habe. Im Februar eröffnete er mir, dass er im Kühlschrank einen Schatz habe, bestehend aus Hunderten von Ampullen des atrialen natriuretischen Peptids zur Dauerinfusion bei schwer herzinsuffizienten Patienten. Er hatte ein ehrgeiziges 48-h-Protokoll verfasst, wo die Hämodynamikparameter mittels Einschwemmkatheter alle 4 Stunden gemessen werden mussten. Wir haben damals auf Luftmatratzen gemeinsam im Herzfunktionslabor übernachtet und diese anspruchsvolle Hämodynamikstudie zu zweit durchgeführt und anschließend auch in Circulation publizieren können. Diese Arbeit war quasi richtungsweisend für die nächsten 4 Jahre, in denen die Arbeitsgruppe Drexler/Münzel doch einiges in Freiburg bewegen konnte.

Momentan wird viel über translationale Forschung gesprochen. Er war sicher derjenige, der zusammen mit Andreas Zeiher die Translation im Bereich Endothelfunktion herausragend praktiziert hat. Sie führten das Tool koronare und periphere Endothelfunktionsmessung aus der Vorklinik in die Klinik ein (immer im Wettstreit mit Peter Ganz in Boston) und haben auch rasch die prognostische Bedeutung der Endothelfunktion erkannt. Helmut war der Erste, der in Deutschland den NO-Synthaseinhibitor L-NMMA bei Patienten infundiert und der die Ursachen verminderter Leistungsfähigkeit herzinsuffizienter Patienten mit aufgeklärt hat. Nicht zu vergessen seine erfolgreiche Stammzellforschung zusammen mit Kai C. Wollert später in Hannover.

Im Umgang mit mir würde ich ihn als einen sehr fordernden Kliniker und Forscher bezeichnen und als einen Chef, der Leistung immer honoriert hat, der einen mitunter hart, aber immer konstruktiv kritisiert hat. Er war nicht nachtragend und dadurch berechenbar, und er hat sich maximal auch um die Karriere seiner Mitarbeiter (nicht nur um seine eigene) gekümmert.

Auch in der Freizeit haben wir Dinge gemeinsam unternommen (was heute nicht mehr selbstverständlich ist), insbesondere seine geliebten Fahrradtouren. Die ersten vier in dieser Gruppe, die später noch viel größer wurde, waren Christoph Wanner, Erich Keller, Helmut und ich. Den Ehrgeiz aus der Klinik hatten wir alle mit in unsere Fahrradtouren übernommen, die Berge um Freiburg herum boten hierfür eine ideale Plattform, unzählige Ausreißversuche wurden unternommen und „Bergpreise“ verliehen.

Es ist tragisch, dass Helmut ausgerechnet in Ausübung seines Lieblingssports verstorben ist, erinnert uns aber auch wieder daran, wie symptomlos die koronare Herzerkrankung doch verlaufen kann.

Lieber Helmut, ich werde dich vermissen!

Gedanken zum Tod meines Freundes Helmut Drexler

Von Heinz-Peter Schultheiss

Am Sonntag, den 13.09.09, erreichte uns die bestürzende Nachricht vom plötzlichen Tod Helmut Drexlers. Er wollte wie so oft, nachdem er aus der Klinik gekommen war, noch ein wenig körperlichen Ausgleich und Entspannung auf seinem Fahrrad finden. Er kehrte nicht mehr nach Hause zurück.

Mit Helmut Drexler hat die deutsche Kardiologie einen großen Kliniker, herausragenden Wissenschaftler und engagierten Hochschullehrer mit internationaler Reputation verloren. Er wurde ohne Vorankündigung plötzlich und unvorhersehbar aus seinem Schaffen gerissen.

Als Freund und akademischer Weggenosse möchte ich anlässlich dieses tragischen Ereignisses einige Gedanken zu dem Menschen und der Persönlichkeit Helmut Drexler in Worte fassen:

Helmut Drexler war ein Mensch voll Neugier. Dies betraf nicht nur die Wissenschaft, sondern diese Neugier begleitete ihn überall – in der Natur, in fremden Ländern und gegenüber Menschen. Bereits als Student wagte er sich gemeinsam mit seiner späteren Frau Christa auf – aus meiner Sicht – abenteuerliche Weise in die abgelegensten Winkel dieser Erde. Mit Lichtbildvorträgen an seiner Universität in Freiburg ließ er anschließend die Daheimgebliebenen, die sich durch viele Bedenken von solchen Reisen abhalten ließen, an seinen Erlebnissen und Eindrücken teilhaben. Er war kein Reisender, der Sehenswürdigkeiten „abhakte“, sondern er nahm sich die Zeit, Natur und Menschen mit Muße und Einfühlungsvermögen zu betrachten, mit ihnen zu kommunizieren, um so fremde Kulturen zu erfahren, zu erleben und landesspezifische Probleme zu verstehen. Vielleicht zog er als Gewinn aus diesen Reisen auch seine Gelassenheit, seinen Respekt vor dem Menschen. Nie habe ich ihn unbeherrscht erlebt!

Bereits während seines Studiums brachte ihn seine Neugierde auf die Fährte der Forschung. Während Auslandsaufenthalten als DFG-Stipendiat an der Penn State University und später als Heisenberg-Stipendiat in Stanford bei Victor Dzau vermehrte und vertiefte er sein Wissen und seine methodischen Fähigkeiten. Wie kaum ein anderer genoss er die Freiheit der Wissenschaft, die Diskussion in Laborbesprechungen und den Gedankenaustausch mit gleich gesinnten Wissenschaftlern.

Mit großem Engagement und eiserner Disziplin verfolgte er seinen Weg in der Wissenschaft. Dank seines Intellekts, seines analytischen Geistes und seiner Gabe, Entwicklungen sehr früh zu erkennen, gelang es ihm, von der Grundlagenwissenschaft kommend, neue Erkenntnisse sehr früh in die klinische Arbeit einfließen zu lassen (Abb. 2).

Abb. 2
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Prof. Dr. med. Helmut Drexler

Als Hochschullehrer und Klinikdirektor prägte sein Interesse für den Menschen auch die Art seiner Klinikführung. In turnusmäßigen Einzelgesprächen widmete er seine Aufmerksamkeit seinen Mitarbeitern und hatte auch ein Ohr für die privaten Gegebenheiten und Sorgen seiner Kollegen. Darüber hinaus war die nüchterne Analyse fachspezifischer Fragen eines seiner wesentlichen Anliegen. So formulierte er mit seinen Mitarbeitern gemeinsam klare berufliche und wissenschaftliche Etappenziele, die regelmäßig von ihm hinterfragt wurden. Sicher war dies auch Ausdruck seiner straffen Führung, denn die Messlatte seiner klinischen und wissenschaftlichen Anforderungen lag hoch. In meinen Augen war er ein moderner Klinikmanager: Seine Handlungsweise als Chef war konsequent, aber für seine Mitarbeiter transparent und verständlich, und die menschliche Komponente hatte immer ihr Gewicht.

Eine weitere wesentliche Eigenschaft von Helmut Drexler war seine Authentizität: Seine Auftritte waren stets bar jeder Eitelkeit, jeder Verstellung. Die Sache, der Inhalt war ihm wichtig. Daher war er auf der Bühne der wissenschaftlichen Gesellschaften – national und international – fachlich hoch angesehen.

Zu seiner Authentizität gehörte auch sein „süddeutscher Tonfall“, den er niemals zu vertuschen suchte. Sein Herz hing an den Hügeln seiner badischen Heimat. So erkundete er schon zu seiner Freiburger Studenten- und Assistenzarztzeit mit dem Fahrrad die Berge des Schwarzwaldes. Konditionell konnten die meisten seiner Kollegen nicht mit ihm Schritt halten, was spätestens bei den von ihm organisierten Symposien, bei denen der Fahrradausflug nicht fehlen durfte, deutlich wurde.

Dass das von ihm so geliebte Fahrradfahren ihm nun zum Verhängnis wurde, lässt sich nur mit schicksalhaft und tragisch umschreiben.

Diese regelmäßige sportliche Betätigung war auch Ausdruck seines gesunden Lebensstils, den er konsequent und höchst diszipliniert einhielt. Auch im besten Restaurant wurde auf diätetische Vorgaben geachtet.

Trotz dieser Konsequenz in der Lebensführung zeichnete sich Helmut Drexler durch eine ausgesprochene Freude am Leben aus. Er konnte genießen – sei es das gute Essen, sei es der gute Wein. Man konnte mit ihm feiern und lachen – ja herzhaft und manchmal vielleicht ein wenig zu laut – der Klang seines Lachens wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Diese Lebensfreude übertrug sich auch auf seine Familie, die an erster Stelle in seinem Leben stand – seine Tochter Beatrice und seine Frau Christa, die ihn, wo immer sie konnte, beruflich unterstützte, seine Zuhörerin und wichtigste Ratgeberin war. Sie hatten noch viele schöne Pläne, die sie alleine oder gemeinsam mit ihren Freunden umsetzen wollten.

Wir – und ich ganz persönlich – werden Helmut Drexler sehr vermissen: zuallererst als Mensch und guten Freund, aber auch als geschätzten Gesprächspartner, Ratgeber und exzellenten Wissenschaftler. Wir sind bei seiner Familie in der Trauer über diesen großen Verlust. Möge aus der Erinnerung gemeinsam erlebter Zeiten, aus Gesprächen und Gedanken das Fundament erwachsen, auf dem der Schmerz über diesen abrupten Abschied ausgehalten und der Abschied angenommen werden kann.

Mit Dietrich Bonhoeffers Worten möchte ich schließen: „Je lebendiger und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung, aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“