Fußballfanszenen stellen insbesondere für viele männliche Jugendliche und junge Erwachsenen eine wichtige Jugendkultur und Lebenswelt dar. Der Konsum von Alkohol und anderen Drogen ist typisch für die Jugendphase und findet eben auch in Fußballfanszenen statt. Das Projekt SubFAN ist ein Unterstützungsabgebot für substanzkonsumierende Fußballfans und stellt somit eine Schnittstelle zwischen Jugendarbeit und Suchthilfe dar.

Fußballfanszenen sind äußerst divergent und unterliegen regelmäßigen Veränderungen. Die sogenannte aktive Fanszene inkludiert Fans, die sich sehr stark im Umfeld der Vereine einbringen, viel Zeit mit dem Fußballfansein verbringen und eine hohe Identifikation mit dem Verein und als Fan haben. Pilz (2005) differenziert Fans anhand der motivationalen Typologie „konsumorientiert“, „fußballzentriert“ und „erlebnisorientiert“. Daneben lassen sich unterschiedliche Gruppierungen und Szenen wie Ultras, Hooligans, „Allesfahrer“ oder Kutten-Fans ausmachen. Polizeibehörden differenzieren Fußballfans anhand ihres möglichen Gewaltpotentials in drei Kategorien: Kategorie A, der friedliche Fan; Kategorie B, der gewaltgeneigte bzw. gewaltbereite Fan und Kategorie C, der gewaltsuchende Fan.

Ausgangslage: Substanzkonsum in Fußballfanszenen

Diesem Schema folgend, bezeichnet Pilz (2005) eine geringe Anzahl der Ultragruppierungen als gewaltgeneigt, während Hooligangruppierungen eindeutig als gewaltsuchend kategorisiert werden. Hier ist anzumerken, dass die Kategorisierung der unterschiedlichen Fangruppen in Zusammenhang mit Gewalt im Fachdiskurs kritisch zu sehen sind (vgl. hierzu auch Scherr und Breit 2019) Diese Einteilung führt zuweilen zu einer Generalisierung der verschiedenen Gruppierungen. Um einen kleinen Überblick über die gruppendynamischen Prozesse zu geben, werden nachstehend diese beiden bedeutsamsten Gruppen kurz skizziert:

Nach einer italienischen Grundidee aus den 1950er-Jahren organisieren sich meist männliche Fans jedes Vereins in sehr heterogenen Ultragruppierungen (vgl. Sommerey 2013). In ihrem Selbstverständnis grenzen sich Ultras bewusst von anderen Fans ab. Sie lehnen die Kommerzialisierung des Fußballs ab, indem sie diese öffentlich kritisieren. Der Verein, dem sie sich zugehörig fühlen, bildet einen großen Teil der eigenen Identität. Ultras zeichnen sich durch ihre Aktivität in den regelmäßig stattfindenden gruppeninternen Treffen aus (vgl. Pilz und Wölki 2006). Dort planen sie die häufig im TV zu sehenden ChoreografienFootnote 1 und die Unterstützung ihres Vereins an den Spieltagen (vgl. Adam 2016, s. a. Abb. 1). Das Gruppenleben nimmt eine große, wenn nicht gar die größte Bedeutung in der Identität eines einzelnen Ultras ein. Damit stellt die eigene Ultragruppe eine wichtige Sozialisationsinstanz für viele junge Menschen in den Fanszenen dar. Neben den genannten identitätsstiftenden Aspekten haben Ultragruppierungen eine enorme gruppendynamische Relevanz und bilden nach Duttler und Haigis (2016) die am schnellsten wachsende jugendbetonte Subkultur Deutschlands.Footnote 2

Abb. 1
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Gästefans des VfL Bochum brennen Pyrotechnik im Stadion von Schalke 04 ab. Pyrotechnik wird im Stadion als Stilmittel genutzt, um eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren. Zudem dient es dazu, als Gruppe aufzufallen und sich aus der Masse abzuheben (Foto: privat)

Neben den Ultragruppierungen sind auch die Hooligangruppierungen deutschlandweit bekannt. Die Hooliganszene lässt sich als sehr heterogen beschreiben. Eine präzise Definition des Hooligans beziehungsweise des Hooliganismus ist nicht zielführend, da die Übergänge zu anderen Subkulturen und Milieus fließend sind (vgl. Claus 2018; Frosdick und Marsh 2005, S. 25). Das Interesse der Hooligans liegt nicht primär im Erfolg ihrer Mannschaft. Vielmehr setzt der Spieltag „zeitlichen und örtlichen Rahmen, sich mit gegnerischen Hooligangruppen zu vorab abgesprochenen ‚matches‘ im privaten Städteturnier zu treffen. Hooligans (miss-)brauchen den Fußball als Anlass zur Gewaltausübung“ (Kett-Straub 2012, S. 100; vgl. Claus 2018). Nachdem um das Jahr 2000 herum die Repressionen gegen Hooligans zugenommen hatten, verlagerten sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen aus dem Stadion heraus an neutrale, sogenannte Drittorte (vgl. Claus 2018, S. 14).

In einer nicht repräsentativen, vorangegangenen quantitativen Querschnittserhebung mit N = 782 Fußballfans aus der aktiven Fanszene konnten wir zeigen, dass der Konsum von psychotropen Substanzen wie Kokain, Amphetamin und Cannabis sowie Sportwetten und Automatenglückspiel in Teilen der aktiven Fußballfanszene stark verbreitet ist. Die Studienteilnehmer_innen wurden über szenetypische Onlineforen (Soccer Fans, Fanforum Deutschland, Fußballboard, Stadionfans, Turus, Fanlager, Deutschland Hooligans & Ultras, Fanzeit, Fußball und Gesellschaft, Fußballfans gegen Homophobie und Altravita) akquiriert. Der Anteil der Männer lag bei 90 %, das Durchschnittsalter bei 27 Jahren. Rund 40 % der befragten Fans fühlten sich der Ultra- und fünf Prozent der Hooligan-Szene zugehörig.

Etwa 62 % haben im Kontext von Fußballspielen Gewalt angewendet (Körperverletzungen, Beleidigungen oder Sachbeschädigungen). Rund 55 % gaben an, körperliche Auseinandersetzungen mit anderen Fans gesucht zu haben. 21 % waren an gewalttätigen Auseinandersetzungen außerhalb der Stadien, an sogenannten Drittortauseinandersetzungen, beteiligt. 90 % der Fans aus Hooligan-Szenen sowie 75,6 % der Ultras haben Gewalt im Fußballkontext angewendet. Die 30-Tage-Prävalenz für Alkohol lag bei 90 %, für Nikotin bei 53 %, für Cannabis bei 30 %, für Kokain bei 13 %, für Amphetamin bei 10 %, für Ecstasy bei 6 %, für Ketamin und Steroide jeweils bei 1,4 % und für Methamphetamin bei 1,1 %. Die 30-Tage Prävalenz des Substanzkonsums von Stimulanzien, Ketamin, Steroiden oder Ketamin war mit 37,5 % bei den Hooligans und 13 % bei den Ultras am höchsten. Der Konsum lag damit in der Gesamtstichprobe für alle abgefragten Substanzen deutlich über den Werten, die durch die Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (vgl. Orth 2016) für eine vergleichbare Population erhoben wurden. Darüber hinaus konnten hohe Prävalenzen im Bereich des Glücksspiels ermittelt werden. 26 % der Befragten haben im Monat vor der Befragung Sportwetten, 18 % Automatenglücksspiel und 14 % Lotto betrieben. Zudem konnte eine signifikante Verbindung zwischen Substanzkonsum und Gewaltanwendung von Fußballfans identifiziert werden, was sich wiederum mit den Befunden aus anderen Forschungen deckt, etwa zur Verbindung von Alkoholkonsum und aggressivem Verhalten (vgl. Beck und Heinz 2013).

Festzuhalten ist, dass in Teilen der aktiven Fanszene der Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen sowie Glücksspiel verbreitet ist. Amphetamine und Kokain scheinen hingegen eine spezifische Funktion im Kontext gewalttätiger Auseinandersetzungen zu haben. Hier existiert deutlicher Handlungsbedarf, insbesondere junge Männer aus den Ultra- und Hooligangruppierungen durch spezifische suchtpräventive und suchtberaterische Angebote zu erreichen (Deimel et al. 2019; Deimel und Köhler 2020). Basierend auf den Ergebnissen dieser ersten Studie sollte nun ein Folgeprojekt entwickelt werden, das ein niedrigschwelliges lebensweltorientiertes Unterstützungsangebot für substanzkonsumierende Fußballfans beinhaltet und den Bedarfen der Zielgruppe entspricht. Eine detaillierte Projektbeschreibung des Projektes SubFAN ist in Arasteh-Roodsary et al. (2022) und Deimel et al. (2022) zu finden.

Projektentwicklung und Projektziele

Im Rahmen des Projektes SubFAN werden zwei zentrale Ziele verfolgt:

  1. 1.

    Die Entwicklung und Implementierung eines Onlineberatungsportals für Jugendliche und junge Erwachsene Fußballfans, die Substanzkonsum betreiben und/oder einen psychosozialen Unterstützungsbedarf artikulieren. Die Onlineberatung soll durch Sozialarbeiter_innen durchgeführt werden, die in sozialpädagogischen Fanprojekten arbeiten und schon über vertraulichen Kontakt zu den Fußballfans verfügen. Die digitale Beratungsfunktion stellt eine niederschwellige Erweiterung der bestehenden Face-to-Face Beratung der Fanprojekte dar. Hierfür sollen die Fachkräfte in der Methodik der niedrigschwelligen Kurzintervention bei Substanzkonsum (MOVE; Motivierende Kurzintervention bei konsumierenden Jugendlichen) sowie in den (kommunikativen) Spezifika der Onlineberatung geschult werden.

  2. 2.

    Im Rahmen des Projekts findet eine Begleitforschung statt, in der die Dynamiken von Substanzkonsum und Gewalthandlungen im Fußballkontext analysiert werden sowie biographische Hintergründe und Verläufe von Fußballfans ergründet werden.

Durch das Projekt SubFAN soll zudem die Schnittstelle zwischen Jugend- und Suchthilfe optimiert und ein digitales Angebot für eine Zielgruppe geschaffen werden, die bisher nicht direkt über Einrichtungen der Suchthilfe adressiert wurde. Das Projekt wurde im Rahmen des „Aktionsplans gegen Sucht NRW“ des Ministeriums für Arbeit Soziales und Gesundheit NRW gefördert.

Projektdurchführung

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in NRW durchgeführt. Auf lokaler Ebene findet eine Kooperation und Zusammenarbeit mit zehn sozialpädagogischen Fanprojekten zusammen. Die Fanprojekte begleiten Vereine aus unterschiedlichen Ligen (1. Bundesliga bis Regionalliga), um auch hier eine möglichst große Bandbreite an Fanszenen abbilden zu können. Hier arbeiten Sozialarbeiter_innen direkt mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen Fußballfans zusammen. Diese Projekte sind Teil der Jugendhilfe und werden sowohl durch die Kommunen als auch durch den DFB und die DFL refinanziert. Die Arbeitsprinzipien und strukturellen Rahmenbedingungen der sozialpädagogischen Fanarbeit unterliegen rechtlichen Bedingungen. An dieser Stelle sei auf Winands und Grau (2016) sowie auf Kotthaus und Arnold (2022) verwiesen, die dies in aller Ausführlichkeit erläutert haben.

Die Mitarbeiter_innen aus den beteiligten Fanprojekten führen die Onlineberatung mit den ratsuchenden Fußballfans durch. Für eine gelingende Onlinberatung bei einer hard-to-reach Zielgruppe ist es notwendig, dass die Berater_innen über Vertrauen in der Zielgruppe verfügen. Vor diesem Hintergrund spielt die Nähe der Sozialarbeiter_innen zur Zielgruppe eine große Rolle, da sie aktiv an ihrer Lebensrealität teilhaben. Für die Entwicklung des Beratungsportals und deren technischer Umsetzung wurde eine Medienagentur beauftragt. Es folgte die Entwicklung eines Logos für das Projekt sowie die inhaltliche und grafische Gestaltung des Beratungsportals. Zeitgleich wurden die beteiligten Fanprojekte besucht und Standortanalysen durchgeführt. Ziel war hier, Kenntnisse über die Strukturen und Bedarfe der Fanszenen zu erhalten, damit ein an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientiertes Portal entwickelt werden kann. In einem weiteren Schritt wurden dann 15 Sozialarbeiter_innen der Fanprojekte in einer niedrigschwelliger Kurzintervention (MOVE) für substanzkonsumierende Jugendliche sowie in Onlineberatung geschult. MOVE ist ein akzeptanzorientierter und niedrigschwelliger Interventionsansatz, der sich einerseits auf das trans-theoretische Modell der Veränderungsmotivation nach Prochaska und DiClemente (1983, 2019) bezieht und Aspekte der motivierenden Gesprächsführung (Miller und Rollnick 2015) beinhaltet. Die MOVE-Schulung wurde durch Fachkräfte einer Jugendsuchtberatungsstelle durchgeführt.

Die zweite Schulung wurde durch eine in Onlineberatung erfahrene Psychologin und Supervisorin durchgeführt und fokussierte auf die Spezifika in der Kommunikation sowie rechtliche Aspekte innerhalb der unterschiedlichen Formate (Chat- und Mailberatung) der Onlineberatung. Nachdem das Beratungsportal in den Regelbetrieb übergangen ist, wurden die Berater_innen fortlaufend supervidiert. Der Start des Beratungsportals wurde durch begleitende Pressearbeit seitens der Öffentlichkeitsstelle der Hochschule flankiert. Es folgte eine bundesweite Medienberichterstattung zu dem Projekt, um es in Fußballfanszenen bekannt zu machen. Im weiteren Verlauf des Projektes finden an den Standorten der Fanprojekte weitere Veranstaltungen zu den Themenkomplexen Substanzkonsum und weitere lebensweltorientierte Problematiken, wie Glückspielsucht oder Gewalt statt. Geplant sind Lesungen und Diskussionsrunden, die eine kritische, wenngleich lebensweltnahe Auseinandersetzung mit dem Substanzkonsum und Glückspielverhalten ermöglichen und kritisch reflektieren.

Begleitforschung

Im Rahmen der Begleitforschung werden anhand von zwölf teilnehmenden Beobachtungen bei Fußballspielen der Regionalliga West, der ersten und zweiten Liga sowie einem Spiel der Nationalmanschaft in Budapest die Atmosphäre in Fußballstadien und Dynamiken von Fangruppierungen beleuchtet. Zudem sollen die Attraktoren identifiziert werden, welche auf Jugendliche wirken, sich an Fangruppierungen anzuschließen. Darüber hinaus sollen die biographischen Hintergründe von Fans sowie deren Erfahrungen hinsichtlich des Substanzkonsums und Gewaltanwendung im Fußballkontext im Rahmen von Tiefeninterviews erkundet werden. Das Forschungskonzept basiert auf einem qualitativen mixed-methods Ansatz:

  • Zur Vorbereitung der eigenen Forschungsarbeit wurde der Stand der Forschung anhand einer umfassenden Datenbankrecherche ermittelt, in der die deutsch- und englischsprachige Literatur zu dem Themenkomplex identifiziert und zusammengetragen wurde.

  • In einem weiteren Schritt wurden Fokusgruppen mit den sozialpädagogischen Fachkräften der beteiligten Fanprojekten durchgeführt. Hierdurch soll deutlich werden, welche Bedeutung Gewalthandlungen und Substanzkonsum in den unterschiedlichen Fanszenen haben und wie verbreitet diese Phänomene sind. Fokusgruppen sind eine Methode der qualitativen Sozialforschung und haben ihren Ursprung in der Marktforschung. Sie ermöglichen es, einerseits ökonomisch und einfach Informationen von vielen Personen zu einer Fragestellung zu erheben. Andererseits sollen durch die gemeinsame Diskussion der beteiligten Expert_innen authentische Informationen generiert werden, die durch Einzelinterviews nur schwer oder gar nicht zum Tragen gekommen wären (Schulz et al. 2012; Tausch und Menold 2015).

  • Ein weiteres Element der Forschungsstrategie stellen teilnehmende Beobachtungen in Fußballstadien dar. Diese ethnographische Methode ermöglicht es, die Atmosphäre in Stadien zu beschreiben und Interaktionsmuster von Fußballfans zu identifizieren. Teilnehmende Beobachtungen gehören zur sozialwissenschaftlichen Tradition der Chicagoer Schule (Breidenstein et al. 2015; Girtler 2013).

  • Die dritte Ebene des Forschungsprozesses beinhaltet qualitative biographische Interviews mit Fußballfans aus der aktiven Fanszene. Durch qualitative Interviews sollen biographische Hintergründe der Fans, motivationale Aspekte, sich in der aktiven Fanszene zu engagieren, eigene Gewalterfahrungen sowie der eigene Substanzkonsum ermittelt werden. Qualitative Interviews ermöglichen es, einerseits zentrale inhaltliche Aspekte im Rahmen eines theoriegeleiteten Vorgehens zu erheben. Andererseits ist es ein offenes Verfahren, das es ermöglicht, schnell neue Inhalte und Aspekte im Laufe des Gespräches zu erfassen und diese mit aufzunehmen (Deppermann 2008).

  • Für die einzelnen Forschungsschritte und methodischen Zugänge werden Interviewleitfäden und Dokumentationsbögen entwickelt. Die Fokusgruppen und biographischen Interviews werden per Tonband aufgezeichnet und im Anschluss aufgearbeitet und in anonymisierter Form transkribiert. Im Anschluss an die teilnehmenden Beobachtungen werden strukturierte Gedächtnisprotokolle erstellt. Es folgt dann im Anschluss eine Auswertung des Materials im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2000).

Zielgruppe und Beratungsbedarf

Im Rahmen der Standortanalysen der sozialpädagogischen Fanprojekte wurde die Situation der lokalen Fanszenen, deren Größen und Bedarfe für die Online-Beratung ermittelt. Die aktive Fanszene variiert je nach Verein zwischen 150 und 7000 Personen. In der Summe wird die aktive Fanszene in allen beteiligten Fanprojekten zwischen 26.000 und 28.000 Personen geschätzt. Zu den aktiven Fanszenen gehören Allesfahrer, Normales, Kutten, Hooligans sowie Ultras (vgl. Pilz 2005). An allen Standorten existieren Ultra-Gruppierungen mit einer Gesamtgröße von ca. 4000 Personen. Die Gruppengröße variiert dabei erheblich: So existieren in Vereinen der Regionalliga oder 3. Bundesliga Gruppen mit einer Größe von ca. 15 bis 50 Personen. Dagegen sind Ultra-Gruppierungen bei Vereinen der 1. Bundesliga bis zu 500 Personen groß. Die Altersstruktur der überwiegend männlichen Mitglieder liegt bei 16 bis 30 Jahren. Hooligan-Szenen existieren an neun der zehn beteiligten Standorten. Über die Größe und Strukturen existieren sehr divergente Angaben. Zu den Spielen einiger Vereine können bis zu 200 Hooligans kommen, die als aktive Szene zu verstehen sind. Andere Standorte berichteten, dass es eine relativ kleine Anzahl von sogenannten „Alt-Hools“ gibt, bei denen es sich um Männer jenseits der 50 Jahre handelt, die bereits im Alter von 20 bis 25 Jahren als Hooligans aktiv waren. Zu körperlichen sowie verbalen Gewalthandlungen in Form von Beleidigungen kommt es im Umfeld von Fußballspielen immer wieder: Entweder im direkten Umfeld der Fußballstadien, auf der An- und Abreise von Auswärtsspielen oder als sogenannte „Drittortauseinandersetzungen“ als verabredete Kämpfe von Gruppierungen auf neutralem Boden. Sozialarbeiter_innen aus Fanprojekten berichten von einer Professionalisierung von Gewalthandlungen, indem in den Ultragruppen aktiv Kampfsport betrieben wird (vgl. Claus 2018). Der Konsum von Alkohol und Cannabis ist, wie unsere teilnehmenden Beobachtungen zeigen, im Umfeld der Stadien allgegenwärtig und normalisiert. Innerhalb der Ultra- und Hooliganszenen ist zudem der Konsum von Amphetaminen und Kokain zu beobachten. Als Motive, die mit dem Konsum von Stimulanzien verbunden sind, werden von den Sozialarbeiter_innen benannt: wach sein, bereit sein, sich stark fühlen, eine erhöhte Leistungsfähigkeit, das Aufputschen und eine Schmerzlinderung vor körperlichen Auseinandersetzungen. Zudem seien diese Substanzen ein „Ego-Booster“. Neben dem Konsum von Drogen sind Sportwetten und Automatenglückspiel in den Fanszenen stark verbreitet. Durch das onlinebasierte Beratungsportal erhoffen sich die Fanprojekte einen niedrigschwelligen und anonymen Zugang zu der Zielgruppe. Mit Hilfe des Portals sollen insbesondere stigmatisierte und schambesetzte Themen wie der Konsum von Drogen besprechbar gemacht werden.

Fazit

Durch die Kooperation mit den Fanprojekten besteht die Möglichkeit, das Onlineberatungsportal lebensweltnah zu bewerben. Der Zugang zu dem Beratungsportal beziehungsweise die Motivation, es aufzurufen, wird überwiegend aus direkt erlebten psychosozialen Problemlagen erfolgen, die sich in der Lebenswelt der Jugendlichen und jungen Erwachsenen niederschlagen. Diese Problemlagen sind Ansatzpunkte, um im Zuge der Onlineberatung den Substanzkonsum erstmalig zu thematisieren und zu reflektieren. Wird ein problematischer Substanzkonsum identifiziert, soll zusammen gemeinsam mit dem betreffenden Jugendlichen eine weitergehende Strategie entwickelt werden. Hier werden neben der Online- auch Face-to-Face-Beratungen in der Sucht- und Jugendhilfe sowie durch die Mitarbeiter_innen der Fanprojekte angeboten. Ziel dieses Vorgehens ist, problematischen Konsum frühzeitig zu erkennen und die Jugendlichen in die etablierten Beratungsangebote der Suchthilfe zu überführen. Dabei ersetzt das Portal nicht die bestehenden Unterstützungsangebote, sondern ergänzt sie. Es unterscheidet sich von bestehenden onlinebasierten Angeboten der Suchthilfe, indem es Bezug auf die besondere Lebenswelt und die -situation der jungen Fußballfans nimmt, zunächst unabhängig davon, welche Substanz sie konsumieren. Das Portal dient einer zielgruppenspezifischen Ergänzung zu bestehenden Beratungsangeboten und fördert durch Verlinkungen der bestehenden Beratungsangebote mögliche Synergie-Effekte.