Wenn eine größere Gruppe Menschen das Bild eines Jungen zeichnen und sich eine Geschichte zu diesem ausdenken sollte, welche Jungenbilder würden entstehen? Wäre ein gehörloser Junge dabei? Ein als weiß und herkunftsdeutsch beschriebener Junge? Ein Junge, der seiner Schwester etwas zu essen macht? Der Sohn einer Hure? Ein Klimaaktivist? Wäre ein Junge dabei, der bei Geburt als weiblich eingeordnet wurde? Wäre eine Jugendliche dabei, die als Mädchen leben und anerkannt werden will, aber von allen als Junge wahrgenommen wird – und sollte sie überhaupt dabei sein? Wie alt darf – oder muss – man eigentlich sein, um als Junge gelten zu können?

Diese und andere Gedanken ergeben sich, wenn man Jungenarbeit mit einer queeren Perspektive denkt. In den Blickpunkt geraten dann normative Begrenzungen und Ausschlüsse im Umgang mit Jungen ebenso wie Momente der Freude und Verbundenheit jenseits hegemonialer Männlichkeit. Jungenarbeit kann daher queer als Inspiration nehmen, um mit Jungen in Kontakt zu kommen.

Begriffserkundung

Queer war lange Zeit ein Schimpfwort im englischsprachigen Raum für Personen, die bürgerlichen Normen von Geschlecht, Sexualität und Lebensweise nicht entsprachen – insbesondere Schwule, Lesben und trans* Personen. Doch diese haben sich den gegen sie gerichteten Begriff angeeignet und daraus Kraft gezogen. So wurde Queer in den 1980ern in den USA zu einer Selbstbezeichnung derjenigen, deren Lebensweise im Widerspruch zu einer normativen Regulierung und hierarchischen Ordnung von Menschen und ihren Beziehungen zu sich und anderen standen. Im damaligen Kontext der AIDS-Krise, des Aufstiegs der religiösen Rechten und des neoliberalen Umbaus des Sozialstaats skandalisierten queere Aktivist_innen die gewaltvollen Ausschlüsse derer, die nicht in die Ideale einer eindeutigen Geschlechtsidentität, einer heterosexuellen Orientierung, einer ‚sauberen‘ Sexualität und einer ‚anständigen‘ Lebensweise passten. Solche Ideale legitimierten die Diskriminierung und Marginalisierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans* Personen ebenso wie von alleinerziehenden Müttern oder Sexarbeiter_innen. Besonders betroffen davon waren arme und schwarze Queers (vgl. zum Kontext dieser Begriffsentwicklung Laufenberg 2020).

Auch schwul-lesbische Politiken wurden und werden aus queerer Perspektive kritisiert, wenn sie sich auf die Aufnahme von Schwulen und Lesben in eine ansonsten unhinterfragte Welt bürgerlicher Akzeptabilität konzentrieren. Es wird dann auf die Kosten dieser Integration für andere hingewiesen, so etwa der in den vergangenen 20 Jahren aufgekommene Diskurs über homophobe muslimische Migranten, der zum Teil von Akteur_innen geführt wird, die sich ansonsten nicht besonders stark gegen Homophobie engagieren. Demgegenüber versucht eine queere Perspektive, „die individuelle Emanzipation von Lesben und Schwulen nicht eindimensional, sondern mehrdimensional als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Emanzipation zu konzipieren“ (vgl. Laufenberg 2020, S. 191).

Für eine Übersetzung ins Deutsche ist der Begriff ‚pervers‘ (lateinisch: verdreht, pervers) vorgeschlagen worden (vgl. Woltersdorff 2003). Ähnlich wie queer ist ‚pervers‘ zur abfälligen Bezeichnung von Normabweichungen verwendet worden; zudem ist mit ihm die Rolle der Sexualwissenschaft in der Pathologisierung von Konventionsbrüchen thematisiert (vgl. Sigusch 2013, S. 371 ff., auch mit alternativen Begriffsvorschlägen für tatsächlich problematische Formen von Sexualität). Doch dieser Begriff wurde nicht von den entsprechenden Emanzipationsbewegungen angeeignet, stattdessen wird auch im deutschen Sprachraum von ‚queer‘ gesprochen. Damit ist die affektive Aufladung dieses Begriffs und sein Provokationscharakter verloren gegangen, teilweise auch die damit verbundene radikal gesellschaftskritische Haltung. Queer wird nun vor allem als Sammelbegriff für schwule, lesbische, bisexuelle, trans*geschlechtliche, nicht-binäre, inter*geschlechtliche und asexuelle Personen verwendet, wobei die weiter hinten stehenden Begriffe in dieser Aufzählung seltener mitgenannt und mitgedacht werden als die weiter vorn stehenden.

Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen: pädosexuelle Personen werden nicht unter den queeren Regenschirm subsumiert. Bei aller Kritik an Normierungen von Sexualität wären Forderungen nach einer auch altersbezogen freien Sexualität nicht vereinbar mit queerer Politik. Die sexuellen Bedürfnisse von Kindern einerseits und von Jugendlichen und Erwachsenen andererseits sind miteinander unvereinbar und die Abhängigkeit von Kindern gegenüber Älteren sowie ihre noch nicht ausgebildeten Fähigkeiten zur Einschätzung der Konsequenzen ihrer Handlungen verhindern eine Selbstbestimmung von Kindern in sexuellen Interaktionen mit Jugendlichen oder Erwachsenen (vgl. ebd., S. 284 ff.) – doch genau eine solche Selbstbestimmung ist Ziel queerer Politiken. Assoziationen von queer mit sexuellem Missbrauch finden sich derzeit lediglich innerhalb rechter Strategien zur Diffamierung vielfaltsorientierter Politik (vgl. Diskursatlas Antifeminismus 2019).

Auch eine Forschungsrichtung unter dem Namen Queer Studies hat sich entwickelt. Sie blickt auf Hierarchien, Normalisierungen und Naturalisierungen von Lebensweisen via Geschlechter- und Sexualitätsnormen und auf das, was diesen Normen widerspricht. Beim Blick auf nonkonforme Praxen geht es einerseits darum, Ausschlüsse und Entwertungen zu thematisieren, andererseits aber auch um die damit verbundenen Lebensqualitäten. Queer erweist sich hier als utopischer „Platzhalter für einen anderen Ort und eine andere Zeit, in der Menschen ohne Angst und Scham verschieden sein können“ (Laufenberg 2020, S. 192). Zentral in dem Forschungsfeld ist der Begriff der Heteronormativität, der meist die Orientierung sozialer Praxis an den Idealen Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit meint. Einige zählen aber auch die weiterhin vorfindliche Privilegierung von (hegemonialer) Männlichkeit dazu und betrachten das Zusammenwirken dieser Normen mit Rassismus, Klassenverhältnissen und Behindertenfeindlichkeit (vgl. Kleiner 2016; Payk o.J.).

Queer und Jungen

Aus queerer Perspektive ist mit Blick auf Jungenarbeit zunächst zu fragen, wer überhaupt als Junge zählt. Eine Antwort könnte sich am Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung orientieren, wie es z. B. in den Yogyakarta-Prinzipien als Menschenrecht definiert ist (Hirschfeld-Eddy-Stiftung 2008). Jungen sind dann all diejenigen, die sich als solche begreifen. Hinzu kommen aber auch diejenigen, die sich vielleicht nicht als Jungen erleben, aber von anderen so gesehen und auch behandelt werden. Nach Stuve und Debus (2012b) erleben alle, die als Jungen anerkannt werden wollen oder von ihrem Umfeld als Jungen gesehen werden, Männlichkeitsanforderungen. Diese haben verschiedenste Gestalt; ihr gemeinsamer Nenner wird mit Begriffen wie Souveränität oder Überlegenheit beschrieben: wer ein Junge sein will/soll, der soll sich selbst und anderen gegenüber cool, sicher, unangreifbar, nicht schwach sein. Das kann man durch körperliche Stärke erfüllen, durch ironische Kommentare, durch das Unterdrücken von Weinen und vielem mehr; und selbstverständlich gibt es allerlei Abweichungen und Widersprüchlichkeiten sowie kulturelle Differenzen. Was für die einen (un-)männlich ist, ist für die anderen kein Widerspruch. Friseurstätigkeit, Gepflegt-Sein, Zurückhaltung – für all das und vieles mehr gibt es je nach Kontext akzeptable und weniger akzeptable Formen, die einem wahlweise Zugehörigkeit und Anerkennung verschaffen oder dem Risiko von Spott und Ausgrenzung aussetzen. Ebenso kann es ein Zuviel an Männlichkeit geben, was wiederum insbesondere gesellschaftlich Marginalisierten vorgeworfen wird, wenn sie die Grenzen des Legitimen überschreiten. Selten wird danach gefragt, inwiefern diese Grenzüberschreitungen auch etwas mit einem Mangel an Ressourcen zu tun haben, die einen bspw. auf den Körper als einziges Mittel zur Gewinnung von Anerkennung zurückwerfen.

Wenn Männlichkeit zunächst als eine kulturelle Anforderung verstanden wird, die manchmal als Einladung daherkommt, manchmal als Aufforderung und manchmal als Zwang, dann ist sie nicht etwas, das zu Jungen gehört. Die Vorstellung, dass Jungen eine männliche Identität anstreben (bei deren Entwicklung sie die Unterstützung von Jungenarbeit benötigen), ist von queerer Perspektive aus problematisch. Denn diese Vorstellung geht davon aus, dass Jungen die Anforderung, eine kohärente Geschlechtsidentität auszubilden, umstandslos annehmen. Doch die Auseinandersetzung mit Geschlechternormen ist von Ambivalenzen und Konflikten gekennzeichnet (vgl. Stuve und Debus 2012a) – es braucht keine Identität als trans* oder nicht-binär, um in Konflikt mit Ideen von männlicher Identität zu stehen.

Dementsprechend betrifft queer nicht nur schwule, bisexuelle, intergeschlechtliche und transgender Jungen, sondern alle Jungen in den Momenten, in denen sie sich der Regulierung mittels Geschlecht und Sexualität entziehen wollen oder von diesen Regulierungen verletzt werden. Derlei Verletzungen gibt es zahlreich, und so stellen Angst vor und Scham über das Verfehlen von Geschlechter- und Sexualitätsnormen verbreitete Gefühlslagen von Jungen dar.

Queer und Jungenarbeit

Für Jungenarbeit ergibt sich aus queerer Perspektive zum einen die Frage, wer ihre legitimen Beteiligten sind. Das umfasst nicht nur die Kriterien, die jemand erfüllen muss, um ein konkretes Angebot nutzen und angstfrei genießen zu können. Es geht auch darum, wessen Perspektiven in Konzepten der Jungenarbeit berücksichtigt sind. Immer wieder wird implizit an zisgeschlechtliche Jungen gedacht, d. h. Jungen, die sich mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, sowie an heterosexuelle Jungen. Trans* und Inter* Lebensweisen sowie nicht-heterosexuelle Begehrensdynamiken kommen in Programmatiken über Jungenarbeit nicht immer vor, auch andere Themen wie etwa Homoerotik im Sport, Freundschaften mit queeren Personen oder Impotenz sind marginalisierte Themen (vgl. Rieske 2014). Jungenarbeit hat jedoch die Aufgabe, (sichere) Bildungsräume unter anderem für queere Jungen zu schaffen und kann, wenn sie sich dieser Aufgabe (selbstverständlich die Interessen und Kompetenzen von Adressaten berücksichtigend) widmet, spannende Erfahrungen ermöglichen.

Auch auf Seiten des Personals ist die Frage nach legitimer Beteiligung zu stellen. Jungenarbeit wird vielfach als geschlechtsbezogener Ansatz in der Arbeit männlicher Fachkräfte mit Jungen oder männlichen Jugendlichen in Pädagogik und Sozialer Arbeit verstanden. Doch wenn man Jungenarbeit aus der Perspektive von Jungen denkt, dann rücken ihre konkreten Bedürfnisse in den Vordergrund. Diese können den Kontakt zu männlichen Personen einschließen, sind aber nicht darauf reduzierbar. Auch die Auseinandersetzung mit Personen aller anderen möglichen Geschlechtszugehörigkeiten können für sie bedeutsam sein; nach Gewalterfahrungen sind sie zeitweise vielleicht sogar besonders wichtig (Busche 2010). Wichtig ist, dass sich Pädagog_innen mit ihren eigenen Ängsten vor Diskriminierung und Gewalt auseinandersetzen, ebenso mit ihrem eigenen Verhältnis zu Männlichkeitsanforderungen und ihren Geschlechtsinszenierungen.

Pädagog_innen haben eine eigene Anerkennungsgeschichte, die das pädagogische Handeln stark prägen kann, wenn sie unreflektiert bleibt. Kann ich einen Boxkampf unter Jungen akzeptieren und professionell begleiten, auch wenn mich dieser an meine eigenen sportlichen Niederlagen erinnert? Kann ich die normenkonformen Anteile meiner Selbstinszenierung wahrnehmen und bin ich dazu bereit, weniger konforme Anteile zu zeigen, um den Raum des Erlaubten beispielhaft zu öffnen? Verzichte ich auf Kritik an bestimmten Verhaltensweisen, weil mir selbst eine Zugehörigkeit zur Jungengruppe gefehlt hat und ich sie nun, dank meines pädagogischen Angebots, mir berufsmäßig organisieren kann?

In der Geschichte der Jungenarbeit sind bereits Ansätze und Methoden vorhanden, die für queere Perspektiven anschlussfähig sind oder diese explizit nutzen. Zu den anschlussfähigen Perspektiven gehört auch die schon lange bestehende Kritik an Herangehensweisen, die von (potenziell) gewalttätigen, sexistischen und eindimensional-männlichen Jungen oder von in ihrer Männlichkeit verunsicherten und deshalb identitär zu stärkenden Jungen ausgehen. Queere Jungenarbeit weiß um die Existenz problematischer Männlichkeitsbilder und um die Wünsche nach Anerkennung und Zugehörigkeit qua Geschlecht. Aber sie geht auch davon aus, dass unter Jungen vielfach Wünsche nach einer sozialen Praxis jenseits von hegemonialer Männlichkeit oder eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit bestehen und ermöglicht diese, ohne ihr ein männliches Label überzustülpen. Sie entwickelt auch ein Gespür für die kleinen queeren Momente und kann diese anerkennen, ohne sie abzuwehren oder unnötig hervorzuheben.

Ist queer (noch) relevant?

Einige Autoren im Feld der Jungenarbeit haben starke Vorbehalte gegenüber queeren Perspektiven geäußert. So formulierten Reinhard Winter und Gunter Neubauer angesichts der aufkommenden Kritik an Jungenarbeit mit queeren Theorien: „Neue Gendertheorien, Konstruktivismusdebatte, Dekonstruktion von Geschlecht, Queers und Transsexualität – schön und gut, anregend und interessant. Aber kann diese Diskursform jungenpädagogische Zugänge erschließen? Interessiert das pubertierende Jungen, Jugendliche in der ersten großen Liebe und selbst entwicklungsoffene Männer wirklich?“ (Winter und Neubauer 2001, S. 12). Ebenfalls gab und gibt es die Sicht, dass queer für sozial benachteiligte Jungen wenig interessant sei, deren Interessen „sich auf einen sicheren Halt einer männlichen Identität richten“ (Sielert 2010, S. 55).

Heute mag man zudem einwenden, ob queere Perspektiven überhaupt noch notwendig sind. Haben die Fernsehsendung „Queen of Drags“, die rechtliche Ermöglichung von Ehe für alle und Dritter Option, die Etablierung von queeren Angeboten in der Jugendhilfe nicht bereits dafür gesorgt, dass Heteronormativität kein Problem mehr ist? Studien und Alltagserfahrungen belegen aber das Gegenteil: Weiterhin gibt es vielfach die Nahelegung oder Höherbewertung von Heterosexualität, eindeutiger Geschlechtlichkeit und souveräner Männlichkeit; weiterhin sind z. B. gleichgeschlechtlich liebende Menschen sowie Inter* und Trans* Personen nicht vor homo- und transfeindlicher Gewalt sicher; weiterhin finden Kinder aus Regenbogenfamilien Bildungsmaterialien, in denen ihre Lebensrealität nicht vorkommt (vgl. Rieske in Vorbereitung). Weiterhin müssen sich Menschen für eine geschlechtsuntypische Berufswahl rechtfertigen; weiterhin müssen heterosexuelle Paare viele Anstrengungen unternehmen, um sich tatsächlich gemeinsam um Kinder kümmern zu können (vgl. Riegel 2019); weiterhin begründen rechtsextreme Terrorist(_inn)en ihre Gewalt auch mit einer Ablehnung von Feminismus und egalitärer Vielfalt.

Und zugleich gibt es längst eine queere Praxis unter Jungen – seien es explizite Selbstpositionierungen als trans* oder bisexuell, sei es Kritik an diskriminierenden Äußerungen, seien es fürsorgliche Unterstützungen Anderer – gleichwohl ist zuweilen die Praxis weiter als das Sprechen der Jungen selbst wie auch ihres Umfelds darüber (vgl. etwa Budde et al. 2011.)Footnote 1 Ein queerer Diskurs macht Dinge sicht- und sagbar, die vielleicht längst existieren und deren Anerkennung entlasten und erfreuen kann.

Queere Jungenarbeit? Ein Fazit

Eine (auch) queere Jungenarbeit ist möglich. Voraussetzung dafür ist, dass bereits bei der Bestimmung von Zielgruppen und Konzipierung pädagogischer Angebote geschlechts- und sexualitätsbezogene Normen und Hierarchien reflektiert werden und der Versuch unternommen wird, möglichst inklusive Angebote zu schaffen. Ebenso ist es wichtig, die Organisationsebene zu reflektieren (zahlreiche Reflexionsanregungen geben Stecklina und Wienforth 2017). Queer in der Jungenarbeit muss nicht bedeuten, Jungen nicht in ihren Selbstdefinitionen und Interessen ernst zu nehmen oder sie gar in übergriffiger Weise zu hinterfragen. Vielmehr geht es darum, ihnen ein durchdachtes Angebot zu machen, das sie ablehnen können – das sie aber auch annehmen können in der Annahme, auf kompetente und reflektierte Gesprächspartner_innen zu treffen.

Einige Autor_innen sind dazu übergegangen, von „Jungen*“ bzw. „Jungen_“ zu schreiben, um das „Nicht-Sagbare, Nicht-Definierte, Widersprüchliche und über Zweigeschlechtlichkeit hinausweisende deutlich zu machen“ (Busche und Cremers 2009, S. 26). Dies schließt an queeres Denken an, indem Unbequemes und Widerständiges auch auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck gebracht wird. Ich habe aber zugleich ein Unbehagen damit. Immer wieder beobachte ich auch in Texten mit dieser Schreibweise ein festschreibendes Denken etwa dahingehend, dass vorrangig von schwulen und trans* Jungen die Rede ist, wenn es um queer geht. Ich habe mich in diesem Text darum bemüht, dem kritischen Gehalt von queer gerechter zu werden, doch fand ich es an vielen Stellen herausfordernd, non-konforme und unsichtbar gemachte Aspekte von Jungenleben in einen immer noch zugänglichen Text einzubringen und weiß zudem, dass die Grenzen meiner Sensibilität und meines Wissens zu Sichtbarkeitshierarchien führen. Deshalb habe ich auf eine Bezeichnungspraxis verzichtet, die vielleicht eine queerness behauptet, die am Ende gar nicht eingelöst wird und Gelegenheit zu einer lediglich oberflächlichen Übernahme bietet. Ich hoffe, dass die inhaltlichen Ausführungen und die Textverweise dazu anregen, die unbequeme Herausforderung von queer anzunehmen.