Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags

  • sind Sie in der Lage, unterschiedliche Formen der Epidermolysis bullosa zu erkennen.

  • können Sie die Differenzialdiagnostik veranlassen.

  • fühlen Sie sich sicher darin, die molekulargenetischen Befunde zu interpretieren.

  • wissen Sie, wie Sie eine leitliniengerechte Therapie durchführen.

  • sind Sie fähig, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu koordinieren.

Hintergrund

Klinische Manifestationen und Epidemiologie

Zur Gruppe der Epidermolysis bullosa hereditaria (EB) gehören Erkrankungen, die mit Blasenbildung der Haut und der hautnahen Schleimhäute nach minimalen Traumen einhergehen (Abb. 1). Die Inzidenz für die gesamte Erkrankungsgruppe wird weltweit auf etwa 1:50.000 Geburten geschätzt [1]. In Deutschland resultiert aus den vorliegenden diagnostischen Daten eine Inzidenz von 1:25.000 Geburten (2003–2011).

Abb. 1
figure 1

Klinische Manifestationen der Epidermolysis bullosa hereditaria. a Epidermolysis bullosa simplex (EBS): Blasen und Krusten an den Füßen sowie Hyperkeratosen der Fußsohlen; b Epidermolysis bullosa junctionalis (EBJ): Blasen und ein EB-Nävus an der Fußsohle; c Epidermolysis bullosa dystrophica (EBD): Wunde am Unterschenkel sowie ausgeprägte Vernarbung des Fußes und der Zehen; d Kindler-Syndrom (KS): Atrophie der Haut bei einem jungen Mann; e KS: diffuse Palmarkeratosen und Adermatoglyphie.

Klassifikation

Die Klassifikation der EB ist eng an den molekularen Grundlagen der Erkrankungen orientiert und wird in regelmäßigen Abständen revidiert [2]. Die klassische Einteilung der EB erfolgt anhand der Blasenbildungsebene in der Haut in folgende 4 Typen:

  • Epidermolysis bullosa simplex (EBS): mit Spaltbildung der Haut innerhalb der Epidermis (intraepidermale Blasen),

  • Epidermolysis bullosa junctionalis (EBJ): mit Spaltbildung der Haut innerhalb der Basalmembran (junktionale Blasen),

  • Epidermolysis bullosa dystrophica (EBD): mit Spaltbildung der Haut unterhalb der Basalmembran (dermale Blasen),

  • Kindler-Syndrom (KS): mit variabler intraepidermaler, junktionaler oder dermaler Spaltbildungsebene (gemischte Blasenbildungsebene).

Die 2014 revidierte Klassifikation der EB beinhaltet außer dem EB-Typ, den klinischen Phänotyp, den Erbgang, die relative Expression des betroffenen Proteins und die krankheitsverursachende Mutation (Tab. 1; [2]). Somit gibt es mehr als 30 EB-Subtypen.

Tab. 1 Haupttypen der Epidermolysis bullosa (EB) mit Erbgang, betroffenen Proteinen und Genen

Klinische Zeichen

Der klinische Schweregrad der EB ist variabel. Er reicht von Phänotypen mit extremer Hautfragilität bis zu milden Unterformen. Bei den schwer generalisierten Subtypen mit ausgeprägter mukokutaner Beteiligung gibt es im Verlauf auch eine sekundäre systemische Beteiligung mit Wachstumsverzögerung, Anämie und weiteren Organbeteiligungen. Außerdem können nichtsyndromale EB-Subtypen – mit primärer mukokutaner Beteiligung – von syndromalen Subtypen mit primärer extrakutaner Beteiligung unterschieden werden [3].

Ätiologie und Erbgang

Ursächlich für die EB sind Mutationen in bestimmten Genen; diese kodieren für Proteine, die in der dermo-/epidermalen Adhäsion eine Rolle spielen. Die EBS und EBD werden entweder autosomal-rezessiv oder -dominant vererbt, während EBJ und das KS autosomal-rezessiv vererbt werden. Die allelische Heterogenität der EB ist sehr groß. Es sind mehr als 1500 pathogene Varianten in 20 unterschiedlichen Genen beschrieben (Tab. 1).

Typen der Epidermolysis bullosa

Im Folgenden werden die klinischen und genetischen Merkmale der EB-Typen zusammengefasst [4].

Epidermolysis bullosa simplex

Die EBS ist sowohl klinisch als auch genetisch sehr heterogen. Die häufigsten klinischen Subtypen der EBS sind: lokalisierte EBS, schwere generalisierte EBS, intermediäre generalisierte EBS und die akrale „Peeling-skin“-Erkrankung.

Beginn

Bei Geburt oder später in der Kindheit.

Kutane Manifestationen

Die Hautveränderungen bestehen in oberflächlichen Blasen und Erosionen oder Peeling (Abb. 1a). Die Verteilung ist entweder akral betont, lokalisiert oder generalisiert. Die Heilung erfolgt ohne Narbenbildung, aber es entwickeln sich Pigmentanomalien. Palmoplantarkeratosen treten häufig auf. Die meisten Subtypen sind nichtsyndromal.

Hautadnexe

Nageldystrophien in Form verdickter Nägel sind häufig, besonders bei den generalisierten Subtypen. Eine Alopezie kommt bei Subtypen mit PKP1- und KLHL24-Mutationen vor.

Schleimhautbeteiligung

Erosionen der Mundschleimhaut sind bei Subtypen mit generalisierter Hautbeteiligung häufig.

Extrakutane Beteiligung

Syndromale Subtypen der EBS sind:

  • EBS mit Muskeldystrophie aufgrund von Plektingenmutationen,

  • EBS mit Kardiomyopathie, verursacht durch KLHL24-Mutationen,

  • EBS mit nephrotischem Syndrom, bedingt durch CD151-Mutationen.

Prognose

Bei der autosomal-dominanten EBS mit KRT5-/KRT14-Mutationen kommt es mit zunehmendem Alter zur Besserung der Hautfragilität. Allerdings wurde eine spezifische KRT5-Mutation mit einer erhöhten perinatalen Letalität assoziiert [5]. Im Fall der EBS mit KLHL24-Mutationen vermindert sich im Verlauf die Hautfragilität; die dilatative Kardiomyopathie, die im Erwachsenenalter beginnen kann, ist für die Prognose ausschlaggebend.

Die autosomal-dominante EBS mit PLEC-Mutationen (Typ Ogna) nimmt einen sehr milden Verlauf, und es kommt zu keiner Muskelbeteiligung. Die autosomal-rezessive EBS mit PLEC-Mutationen endet in der Regel aufgrund der extrakutanen Beteiligung (Muskeldystrophie) letal. Die autosomal-rezessiven Unterformen der EBS mit DST-, EXHP5- oder TGM5-Mutationen gehen mit eine guten Prognose und einem sehr milden Verlauf einher.

Die akantholytische EBS mit JUP- oder DSP-Mutationen ist perinatal letal.

Genetik

In den meisten Fällen wird die EBS autosomal-dominant vererbt und durch heterozygote KRT5- oder KRT14-Mutationen verursacht. Im Fall der KRT5-, KRT14- oder KLHL24-Mutationen gibt es eine hohe Rate an De-novo-Mutationen. Mit Ausnahme der akralen Peeling-Erkrankungen sind die autosomal-rezessiven Subtypen extrem selten.

Epidermolysis bullosa junctionalis

Die EBJ erweist sich sowohl klinisch als auch genetisch heterogen. Die wichtigsten Subtypen der EBJ sind:

  • schwere generalisierte EBJ und

  • intermediäre generalisierte EBJ.

Beginn

In den meisten Fällen bei Geburt, ausnahmsweise später in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter.

Kutane Manifestationen

Hauptmanifestationen sind Blasen und Wunden, die oft chronisch werden (Abb. 1b). Die Verteilung ist am häufigsten generalisiert, seltener akral oder im Bereich der Beugen (inversa) lokalisiert. Die Heilung der Blasen erfolgt ohne Narbenbildung, aber oft mit Pigmentanomalien und Hautatrophie. Die meisten EBJ Subtypen sind nichtsyndromal.

Hautadnexen

Nageldystrophien und -verlust kommen in verschiedenen Abstufungen bei allen Subtypen vor. Eine irreversible, aber nichtvernarbende Alopezie findet sich insbesondere bei Patienten mit COL17A1-Mutationen. Zahnschmelzdefekte (Amelogenesis imperfecta) sind häufig sowohl bei Betroffenen mit EBJ als auch bei heterozygoten Trägern und lösen die vermehrter Bildung von Karies aus.

Schleimhautbeteiligung

Mundschleimhaut, Augen (bei COL17A1- oder LAMA3-, LAMB3-, LAMC2-Mutationen) und Harntrakt (bei ITGB4-, ITGA6-Mutationen) können an der EBJ beteiligt sein.

Extrakutane Manifestationen

Syndromale EBJ-Subtypen sind:

  • EBJ mit Pylorusatresie aufgrund von Mutationen in den Integrin‑α6β4-Genen,

  • EBJ mit interstitieller Lungenerkrankung und nephrotischem Syndrom durch Mutationen im Integrin‑α3-Gen.

Prognose

Bei der EBJ besteht eine gute Korrelation zwischen Geno- und Phänotyp. Der komplette Verlust von Laminin 332, Integrin α6β4 oder Integrin α3 ist mit einem früh letalen Verlauf assoziiert. Eine geringfügige Proteinrestexpression reicht dagegen für einen moderat bis milden Verlauf aus [6, 7].

Genetik

Alle EBJ-Subtypen werden autosomal-rezessiv vererbt. Heterozygote Träger von Mutationen in Laminin 332- und Kollagen-XVII-Genen weisen eine Amelogenesis imperfecta auf. Bei heterozygoten Trägern bestimmter COL17A1-Mutationen finden sich korneale Dystrophien.

Epidermolysis bullosa dystrophica

Die EBD geht mit einem variablen klinischen Schweregrad und einer breiten allelischen Heterogenität einher.

Beginn

Bei Geburt, in der Kindheit oder im Erwachsenenalter.

Kutane Manifestationen

Die Hautveränderungen bestehen aus Blasen, und Wunden, die chronisch verlaufen können (Abb. 1c). Die Verteilung kann sowohl akral lokalisiert oder beugenbetont oder generalisiert sein. Die Heilung der Blasen und Wunden erfolgt mit Narbenbildung, die insbesondere bei dem schwer generalisierten Subtyp bis hin zu Kontrakturen oder Mutilationen der Extremitäten führt. Im jungen Erwachsenenalter kommt es häufig zur Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen, insbesondere bei dem schwer generalisierten Subtyp.

Hautadnexen

Die Nägel sind fast immer betroffen, initial dystroph, später kommt es zum Nagelverlust. Eine vernarbende Alopezie entwickelt sich, wenn Blasen an der behaarten Kopfhaut entstehen. Die Zähne sind aufgrund der schmerzhaften Blasen, der Vernarbung, im Sinne der Mikrostomie und der mangelnder Mundhygiene kariös.

Schleimhautbeteiligung

Erosionen und Vernarbung an Mundschleimhaut und Ösophagus.

Extrakutane Manifestationen

Bei dem schwer generalisierten EBD-Subtyp sind Untergewicht und Anämie konstante Komplikationen. Ösophagusstenosen, Osteopenie und Kardiomyopathie treten häufig auf [8].

Prognose

Die Genotyp-Phänotyp-Korrelationen sind bei der EBD gut etabliert. Der Verlust von Kollagen VII ist mit einem schweren Verlauf assoziiert, mit Haut- und Schleimhautvernarbung und sekundärer systemischer Beteiligung. Aminosäurensubstitutionen/-deletionen im Leseraster sind mit einer Hautbeteiligung assoziiert, die auf die Stellen der maximalen mechanischen Belastung begrenzt ist; dies geht mit einem moderaten bis milden Verlauf einher. Bei den schweren und moderaten Subtypen sind Plattenepithelkarzinome der Haut eine ernst zu nehmende Komplikation, die die Lebenserwartung einschränkt.

Genetik

Alle EBD-Subtypen werden durch COL7A1-Mutationen verursacht. Die autosomal-dominant vererbte EBD zeigt einen moderaten bis milden Schweregrad. Die autosomal-rezessiv vererbte EBD kann milde, moderat, aber auch schwer verlaufen. Es wurden EBD-Betroffene mit gemischt heterozygoten rezessiven und dominanten Mutationen beschrieben [9].

Kindler-Syndrom

Beginn

Bei Geburt.

Kutane Manifestationen

Blasen treten bei Geburt und vermehrt in der Kindheit auf. Die Fotosensitivität ist variabel ausgeprägt. Die Poikilodermie, eine Atrophie der Haut mit Pigmentanomalien und Teleangiektasien (Erweiterungen oberflächlicher Blutgefäße an Haut und Schleimhaut), entsteht initial an sonnenexponierten Arealen, später auch am gesamten Integument (Abb. 1d). Die Verteilung der Hautveränderungen ist generalisiert mit akraler Betonung. Die Heilung der Blasen geht mit Pigmentanomalien, Hautatrophie und Vernarbung einher. Typisch ist das Fehlen der Fingerabdrücke (Adermatoglyphie; Abb. 1e). Im Verlauf der Erkrankung entstehen diffuse Palmoplantarkeratosen (Abb. 1e). Kontrakturen der Finger und leichte Pseudosyndaktylie sind im Erwachsenenalter häufig. Plattenepithelkarzinome der Haut und Mundschleimhaut entwickeln im Erwachsenenalter und nehmen einen schweren Verlauf (Rezidive, Metastasierung).

Hautadnexen

Die Nägel sind fast immer dystroph.

Schleimhautbeteiligung

Schleimhäute sind immer betroffen: Mundschleimhaut mit schwerer und früher Periodontitis, okular, ösophageal, intestinal, anal, genital mit Bildung von Strikturen. Komplikationen wie Mikrostomie, Ösophagusstenosen, früher Zahnverlust sind bei jungen Erwachsenen mit KS häufig [10].

Prognose

Die Hautfragilität nimmt mit dem Alter ab. Gleichzeitig nehmen Hautatrophie und Vernarbungen zu. Plattenepithelkarzinome an den Extremitäten und der Mundschleimhaut sind auch hier eine schwerwiegende Komplikation, die die Lebenserwartung der Betroffenen beeinträchtigt [10, 11].

Genetik

Autosomal-rezessive Vererbung. Das KS wird durch FERMT1-Mutationen verursacht. Die meisten Mutationen führen zu einem Verlust von Kindlin‑1; trotzdem ist der Schwererad der Erkrankung etwas variabel (Einfluss der Umweltfaktoren wie Sonnenexposition und kumulative Traumen).

Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnosen der EB umfassen häufige und seltene erworbene Erkrankungen sowie andere Genodermatosen [4]:

  • Infektionen: bakteriell, viral, mykotisch,

  • andere genetische Erkrankungen mit Blasenbildung: Incontinentia pigmenti, keratinopathische Ichthyosen, Porphyrien, Pachyonychia congenita,

  • autoimmune blasenbildende Erkrankungen: Pemphigus‑, Bullöses-Pemphigoid-Gruppe, Epidermolysis bullosa aquisita, Dermatitis herpetiformis,

  • bullöse Mastozytose.

Zum Ausschluss der Differenzialdiagnosen sind histopathologische, immunologische und mikrobiologische Untersuchungen erforderlich. Diese sollten als erster Schritt im diagnostischen Algorithmus durchgeführt werden. Erst danach sollten eine EB vermutet und genetische Analysen in die Wege geleitet werden.

Diagnostik

Kürzlich wurden Leitlinien für die Labordiagnostik der EB publiziert, die die Methoden und deren Indikationen ausführlich beschreiben [12].

Die traditionelle Diagnostik der EB erfolgte anhand der Bestimmung der Spaltbildungsebene und der defekten Struktur oder des defekten Proteins. Dies erfolgt mithilfe der Elektronenmikroskopie oder Immunfluoreszenzfärbung einer Hautprobe, sog. Immunfluoreszenz-Mapping [13, 14]. Die molekulargenetische Untersuchung wurde bislang vorwiegend im Anschluss daran in einem Kandidatengenverfahren durchgeführt. Die Interpretation der elektronenmikroskopischen und Immunfluoreszenzuntersuchungsergebnisse erfordert große Erfahrung sowie fundiertes Spezialwissen der Ultrastruktur und der molekularen Bestandteile der dermoepidermalen Junktionszone der Haut. Ungefähr 30 % der Fälle bleiben nach dem Immunfluoreszenz-Mapping ungelöst [15, 16].

Mit der Einführung des „next generation sequencing“ (NGS) zeigen Studien inzwischen ausreichend Evidenz, dass NGS-basierte Multi-Gen-Panel-Diagnostik aller EB-Gene die molekulargenetische Ursache der EB in über 90 % der Fälle identifizieren kann [15, 16, 17, 18, 19].

Werden hierbei bekannte pathogene Varianten gefunden, stellt diese Strategie die schnellste und kostengünstigste Methode dar, um die genaue Diagnose, Prognose und genetische Beratung der Familie zu ermöglichen. Wenn jedoch Varianten unklarer Signifikanz identifiziert werden, sind die Entnahme einer Hautprobe und deren Analyse auf RNA- und Proteinebene hilfreich, um die Pathogenität zu beweisen. Die einzige Indikation für eine initiale Untersuchung einer Hautbiopsie ergibt sich bei Neugeborenen. Für solche Fälle bleibt das Immunfluoreszenz-Mapping die schnellste Methode, um den EB-Typ oder den EB-Subtyp zu bestimmen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Schnittstellen

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Humangenetikern, Kinderärzten und Dermatologen, die auf EB spezialisiert sind, ist bei der Diagnostik der EB und bei der Beratung der Familien bezüglich der Prognose notwendig und sinnvoll. Nur so kann die wissenschaftlich-basierte Information korrekt und ausführlich an die Patienten, aber auch an die behandelnden Ärzte (Neonatologen, Kinderärzte, Internisten) vermittelt werden. Eine frühe korrekte Diagnose ermöglicht ein evidenz- und leitliniengemäßes Management der Wunden und der multiplen Komplikationen der Erkrankung. Wie zuvor ausführlich beschrieben, gibt es nicht „eine EB“, sondern zahlreiche Subtypen mit sehr unterschiedlichen Verläufen und Problematiken.

Außerdem ist im Verlauf häufig eine psychosoziale Beratung der Familien mit schwer kranken Kindern notwendig. Die genetische Beratung der Eltern, Patienten und weiteren Familienangehörigen wird ausdrücklich empfohlen.

Therapie

Das Management der Patienten mit EB ist, insbesondere bei den Subtypen mit systemischer Beteiligung und bei den syndromalen Subtypen, multidisziplinär. Die aktuell möglichen Behandlungen sind symptomatisch.

Zum multidisziplinären Management der EB gehören folgende Bereiche:

  • molekulargenetische Diagnostik,

  • genetische Beratung des Patienten und der Familie,

  • Hautpflege und Wundmanagement,

  • onkologische Vor- und Nachsorge,

  • engmaschige pädiatrische/internistische Kontrollen,

  • Mundhygiene, Zahnpflege und -behandlung,

  • Ösophagusdilatationen,

  • Handchirurgie,

  • orthopädische Behandlung,

  • podologische Behandlung,

  • augenärztliche Behandlung,

  • psychologische Betreuung,

  • Betreuung durch Sozialarbeiter.

Leitlinien zur Therapie verschiedener Aspekte der EB, wie z. B. Wundmanagement, Schmerzen, zahnärztliche Behandlung, sind öffentlich zugänglich und repräsentieren den „state of the art“ (http://www.debra-international.org/clinical-guidelines.html; [20, 21, 22, 23]).

Experimentelle Therapien für EB werden seit 15 Jahren entwickelt [24]. Die Gen‑, Zell- oder Proteintherapie war in vitro oder in Tiermodellen wirksam. Die Umsetzung in klinischen Studien erfolgt aufgrund der Komplexität der Methodik, aufgrund von regulatorischen Aspekten, der hohen Kosten und der kleinen Patientenzahl mühsam. Trotzdem werden immer wieder einzelne Erfolge erzielt (Tab. 2).

Tab. 2 Experimentelle Therapien der Epidermolysis bullosa hereditaria

Außer diesen experimentellen Ansätzen wurden aufgrund der Aufklärung der Krankheitsmechanismen einige bekannte Medikamente bei EB erneut verwendet. So wurden z. B. Diacerein, ein pflanzlicher Extrakt der als Inhibitor des Zytokins Interleukin-1 wirkt, für die Behandlung der EBS und Losartan, das die Transforming-Growth-Faktor‑β-Aktivität reduziert, bei der EBD eingesetzt. Zahlreiche klinische Studien für EB werden aktuell durchgeführt (https://www.centerwatch.com/clinical-trials/listings/condition/819/epidermolysis-bullosa/). Die Wirksamkeit der Medikamente bei Patienten muss z. T. noch nachgewiesen werden.

Fazit für die Praxis

  • Epidermolysis bullosa (EB) ist eine seltene Erkrankung aus dem Spektrum der Genodermatosen.

  • Die genetischen Grundlagen und Ursachen sind gut charakterisiert. Zwanzig Gene und zahlreiche pathogene Genvarianten sind im Zusammenhang mit EB beschrieben.

  • Die „Next-generation-sequencing“(NGS)-basierte Diagnostik ist die Methode der Wahl zur Abklärung des zugrunde liegenden molekulargenetischen Defekts. Bei Neugeborenen, bei denen die schnelle Diagnostik notwendig ist, sollte eine Hautprobe im Rahmen einer Biopsie entnommen und mithilfe der Immunfluoreszenzfärbung untersucht werden.

  • Die EB zeichnet sich durch eine breite Vielfalt an klinischen Phänotypen mit unterschiedlicher Prognose aus.

  • Behandlung und Management der EB erfolgen multidisziplinär.

  • Diagnosestellung und Betreuung der Patienten sind im deutschen Sprachraum spezialisierten Zentren vorbehalten. Europäische (ERN-Skin) und internationale Netzwerke (EB-Clinet) ermöglichen den regen Austausch zwischen Zentren und Spezialisten im Interesse der EB-Betroffenen.