Theoretischer Hintergrund und Fragestellung

Viele Kinder leiden unter Schlafproblemen, so berichten ca. knapp 20 % der Eltern von Schlafbeschwerden ihrer Kinder im frühen Alter. Dies können Probleme beim Einschlafen oder nächtliches Erwachen sein [47] Gerade das Einschlafen oder Wiedereinschlafen steht häufig mit Ängsten in Verbindung. So treten oftmals Angst vor Dunkelheit, dem Schlafengehen und Angst vor schlechten Träumen auf [32]. Schlafbezogene Ängste können zu starkem Verweigerungsverhalten bezüglich des Zubettgehens und Schlafens führen [24]. Dieses Verhalten zeigt sich oft vor dem unmittelbaren Schlafengehen, aber auch durch nächtliches Aufwachen. Neben der Weigerung, ins Bett zu gehen [19], zögern die Kinder oftmals die Verabschiedung der Eltern heraus und haben Probleme, selbstständig zur Ruhe zu kommen. Dies ist unter anderem gekennzeichnet dadurch, dass sie wiederholt aus dem Bett aufstehen und nach den Eltern rufen [45], sowie durch eine deutlich verlängerte Einschlaflatenz [20]. Häufig berichtete nächtliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit schlafbezogenen Ängsten sind die Unfähigkeit, selbstständig wieder einzuschlafen, nächtliches Wachliegen [19] und die Weigerung, im eigenen Bett weiterzuschlafen [24].

Etwa zwei Drittel aller Kinder erleben im Laufe ihres Heranwachsens Ängste, die mit dem Schlafengehen verbunden sind. Schlafbezogene Ängste sind damit die häufigsten Ängste im Kindes- und Jugendalter [48]. Diese Problematik ist nicht neu, so zeigte Bauer bereits 1976 in seiner Befragung von 54 nordamerikanischen Kindern, dass 74 % der Kinder zwischen vier und sechs Jahren unter Ängsten vor Monstern und Geistern beim Zubettgehen leiden. Die 6‑ bis 8‑jährigen Probanden berichteten zusätzlich über Ängste vor körperlichen Verletzungen. Bei den Kindern zwischen zehn und zwölf Jahren verringerte sich die Angst vor imaginären Wesen auf 5 %, dafür zeigte über die Hälfte dieser Altersgruppe Angst vor körperlichen Verletzungen [3]. Auch aktuellere Ergebnisse aus den Niederlanden und Australien bestätigen, dass etwa zwei Drittel bis drei Viertel der befragten Kinder und Jugendlichen schlafbezogene Ängste erleben [16, 28, 29]. So zeigt sich trotz einer Veränderung in der Art der Ängste über das Kindes- und Jugendalter hinweg in den vergangenen 40 Jahren eine stabile Prävalenzrate. Dabei berichten jüngere Kinder von insgesamt mehr Ängsten als Jugendliche [48]. Bei Jungen und Mädchen im Alter zwischen vier und sechs Jahren gibt es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede [3]. Im Alter von acht bis 16 Jahren berichten Mädchen hingegen signifikant häufiger schlafbezogene Ängste als Jungen [16]. Ob Mädchen offener über ihr Erleben sprechen, Jungen ihre Ängste eher leugnen, oder Mädchen in dem Alter tatsächlich mehr Ängste erleben, geht aus den Untersuchungen nicht hervor.

Ursachen und Folgen schlafbezogener Ängste

Bezüglich der Ätiologie von Schlafproblemen sowie schlafbezogener Ängste kann ein multifaktorielles Konstrukt angenommen werden, in dem auch erlerntes sowie elterliches Verhalten eine wesentliche Rolle spielt [32].

Eine weitere mögliche Ursache für schlafbezogene Ängste und verminderte Schlafqualität von Kindern ist der in der Familie erlebte Stress [33]. Beziehungskonflikte, Aggression, Feindseligkeit und allgemeine Instabilität der Elternbeziehung wurden in jüngsten Studien als Prädiktor für problematisches Schlafverhalten der Kinder identifiziert [34]. Dabei ist davon auszugehen, dass sich Ängste, Anspannung und nicht erholsamer Schlaf gegenseitig bedingen [38].

Während schlafbezogene Ängste und das damit einhergehende problematische Schlafverhalten im gesunden Entwicklungsverlauf von den meisten Kindern überwunden werden, findet bei etwa 10 % der Betroffenen keine adäquate Bewältigung statt [45]. Dies kann dazu führen, dass sich die wahrgenommenen Ängste intensivieren und das Schlafverhalten dauerhaft beeinträchtigen. Wie eine jüngst erschienene Studie zeigt, ist vor allem das Schlafverhalten bzw. die Schlafproblematik für die Entwicklung einer Angststörung relevant. Umgekehrt kann eine Angstsymptomatik eine Schlafproblematik zu einem späteren Zeitpunkt nicht vorhersagen [10]. Da dysfunktionales Schlafverhalten die Erholungsfunktion des Schlafes beeinträchtigen kann, können auch tagsüber Folgen wie verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration auftreten [36].

Bibliotherapie zur Veränderung schlafbezogener Ängste

Trotz der teilweise schwerwiegenden Folgen persistierender Schlafprobleme sowie schlafbezogener Ängste hat sich anhand von Einzelfällen gezeigt, dass bereits kurze bibliotherapeutische Interventionsprogramme von wenigen Wochen Veränderungen im Angsterleben und problematischen Zubettgehverhalten bewirken können [15, 24]. Bibliotherapie, d. h. Therapie mithilfe von Büchern, ist vielfältig für alle Altersgruppen einsetzbar [18]. Während die kognitive Bibliotherapie vor allem auf die Vermittlung von Informationen und Fähigkeiten durch qualitativ hochwertige Lektüre abzielt, soll die affektive Bibliotherapie eine Veränderung der Problematik durch Teilhabe, Identifikation und Katharsis ermöglichen [30, 44]. Die affektive Bibliotherapie in Form von fiktionalen Büchern ist besonders für Kinder und Jugendliche geeignet [44]. Eltern werden dadurch ohne fremde Hilfe bezüglich der Schlafproblematik ihres Kindes wieder handlungsfähig [9]. Zudem ist die Methode niederschwellig und kosteneffektiv [4].

Die Wirksamkeit von Bibliotherapie für Kinder und Jugendliche ist bei verschiedenen Störungen wie Aggressionen [48], Angststörungen und Phobien [9] belegt. Im Zusammenhang mit klinisch relevanten Angststörungen bei Kindern war zwar die Bibliotherapie gegenüber einer Gruppentherapie unterlegen, zeigte jedoch Wirkeffekte gegenüber einer Wartelisten-Kontrollgruppe [31]. Ein wesentlicher Punkt für die Wirksamkeit der Bibliotherapie ist eine therapeutisch unterstützte, gewissenhafte Umsetzung [31]. Bei Ein- und Durchschlafproblemen zeigten sich anhand von Einzelfällen positive Entwicklungen [8, 24]. Kinder scheinen durch fiktionale Texte besonders aufnahmefähig für Edukation über Krankheitsbilder und psychosoziale Dysfunktionen zu sein [18].

In Bezug auf schlafbezogene Ängste untersuchten Graziano und Mooney [19] in einem dreiwöchigen Training, welches verhaltenstherapeutische, imaginative sowie kognitive Elemente enthielt, die Veränderung schwerer schlafbezogener Ängste und des typischen damit verbundenen Verhaltens von 33 Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Reduktion des Angsterlebens und problematischen Zubettgehverhaltens der Experimentalgruppe im Vergleich zur Wartekontrollgruppe. Diese Effekte waren noch 12 Monate später messbar [19]. Bestätigt werden diese Ergebnisse von Friedman und Ollendick [15] sowie Stewart und Gordon [45], die an wesentlich kleineren Stichproben von sechs bzw. vier betroffenen Kindern mit eigenständig durchgeführten Interventionsprogrammen ebenfalls Verbesserungen im Angsterleben und Zubettgehverhalten erzielen konnten. Allerdings wiesen Rappee und Kollegen [31] explizit darauf hin, dass die Wirksamkeit von Bibliotherapie ohne zusätzliche therapeutische Unterstützung von der korrekten Umsetzung abhängt. Motivation, Eigeninitiative und Gewissenhaftigkeit sind laut den Autoren wichtige Parameter für den Erfolg der Intervention.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass weit mehr als die Hälfte der Kinder über schlafbezogene Ängste berichten [16, 28, 29]. Im Sinne der gestuften Versorgungsstruktur besteht Bedarf an einfach zugänglichen, kostengünstigen, niederschwelligen Maßnahmen [2]. Insbesondere Bilderbücher könnten vor allem für jüngere Kinder, bei denen wiederum schlafbezogene Ängste besonders häufig auftreten [48], eine frühe, risikoarme und kosteneffektive Hilfe bei der Bewältigung sein [9].

Fragestellung/Hypothesen

Ziel der hier vorliegenden Studie war daher die Wirksamkeit einer niederschwelligen, präventiven, strukturiert angeleiteten und supervidierten Bibliotherapie im Hinblick auf schlafbezogene Ängste zu überprüfen. In Anlehnung an die Studie von Lewis und Kollegen [24] nahmen wir an, dass sich durch eine angeleitete und supervidierte Bibliotherapie mit Bilderbüchern (a) schlafbezogene Ängste und (b) problematisches Zubettgehverhalten bei Kindern im Alter zwischen vier und sechs Jahren signifikant reduzieren lassen und (c) dass dieser Effekt auch noch vier Wochen nach Beendigung des supervidierten Einsatzes der Bilderbücher nachweisbar ist.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Stichprobe

Die Familien wurden über Informationsschreiben und Elternbriefe über Kindertagesstätten und Kindergärten, Praxen von Kinderärzten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Familien- und Beratungszentren in Würzburg sowie Onlineanzeigen angeworben. Zudem wurde eine Pressemitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und deren Verteilung über örtliche Printmedien, regionale Rubriken diverser Online Magazine (u. a. Focus) sowie den Mailverteiler des zugehörigen Universitätsklinikums zur Informationszwecken dieser Studie eingesetzt.

Es meldeten sich insgesamt 19 Familien auf den Aufruf. Ein Geschwisterpaar nahm an der Studie teil. Alle 20 Kinder und deren primäre Bezugspersonen nahmen nach ihrer schriftlichen Einwilligung an der Studie teil. Familien wurden eingeschlossen, wenn die Muttersprache der Kinder und mindestens eines Elternteils deutsch war. Die 19 Familien erklärten sich nach mündlicher und schriftlicher Aufklärung freiwillig zur Teilnahme bereit und stimmten der Nutzung ihrer anonymisierten Daten für wissenschaftliche Zwecke zu. Eine Familie musste nach vollständiger Teilnahme wegen auffälliger Verhaltensbeobachtungen während der Befragungen sowie extremer Ausreißer in der deskriptiven Datenanalyse von weiteren Berechnungen ausgeschlossen werden. Unter den verbliebenen 19 Kindern waren zwölf Jungen und sieben Mädchen. Das Alter der Kinder war im Mittel 5,86 Jahre (SD = 1,32). Insgesamt besuchten 63 % der Kinder den Kindergarten und 37 % gingen in die Grundschule. Zum Zeitpunkt des Erstkontakts lag bei keinem der Kinder eine Diagnose bezüglich Schlafstörungen und psychischen Erkrankungen vor. Lediglich zwei Kinder litten an chronischen körperlichen Erkrankungen (Neurodermitis und Pollenallergie), die bei Bedarf medikamentös behandelt wurden. Des Weiteren wurden im ersten Gespräch bei 42 % der Kinder aktuelle Lebensereignisse innerhalb der letzten 12 Monate geschildert. Dazu zählten: Streit und Spannungen zwischen den Eltern, Tod sowie Geburt eines Geschwisterkinds, Ereignisse, die den unmittelbaren Lebensraum betrafen (Brand im Dachstuhl, Umbau des Wohnhauses) und das Zurückkehren eines Elternteils in die Berufstätigkeit. Bei zwei Kindern wurde außerdem die Trennung der Eltern vor 1,5 und 2,5 Jahren berichtet. Diese beiden Kinder lebten dauerhaft bei der Mutter. Die restlichen 89 % der Stichprobe lebten in einem Haushalt mit beiden Elternteilen. Ein Kind lebte in einer Familie mit einem gleichgeschlechtlichen Elternpaar. Die überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Kinder hatte wenigstens ein Geschwisterkind. Etwas mehr als ein Viertel (26 %) der Kinder waren Einzelkinder. Die Mütter der an der Studie teilnehmenden Kinder, waren durchschnittlich M = 38,10 (SD = 3,96) Jahre alt. Die Väter waren hingegen etwas älter, mit durchschnittlich M = 41,18 (SD = 5,64) Jahren. Alle Elternteile bis auf zwei Väter wurden in Deutschland geboren. Bis auf einen Vater gaben ebenfalls alle Elternteile an, Deutsch als Muttersprache zu sprechen.

Die Eltern nannten während des Erstkontakts die in Tab. 1 benannten schlafbezogenen Ängste ihrer Kinder (N = 19). In den meisten Fällen der Kinder mit klinisch relevanten Symptomen einer Phobie oder Trennungsangst gaben die Eltern an, dass die jeweilige Problematik seit Jahren oder „schon immer“ bestünde. Bei lediglich einem Kind lagen die Ängste und die damit einhergehenden Verhaltensweisen bezüglich des Zubettgehens erst seit knapp vier Wochen vor.

Tab. 1 Relative Häufigkeit der von den Eltern im Erstkontakt benannten schlafbezogenen Ängste (N = 19)

Vor der Studie hatte sich keine der teilnehmenden Familien wegen der vorliegenden Schlafproblematik an professionelle Hilfe gewandt. Allerdings gaben 42 % an, sich über das Internet und dort hauptsächlich in Foren und Communities zum Thema informiert zu haben. Weitere 32 % führten Ratgeber, Bücher und Zeitschriften als Hilfsmittel an. Aber nur 26 % der Familien nannten Methoden, die sie aus der Literatur kannten und ausprobierten, darunter: Schlafhygieneregeln, feste Rituale am Abend, Zeichnen von Geistern und Gespenstern. Gleichzeitig wurde bemängelt, dass zu viele verschiedene Tipps genannt wurden, was zu Verwirrung und Resignation führte. Des Weiteren nutzen bereits 32 % der Familien Bilderbücher zu dem Thema (u. a. Willi Wiberg, Moritz Poppelpo, Leo Lausemaus). Das Lesen der Bilderbücher wurde jedoch mit Blick auf die Veränderung der Problematik mit mäßigem Erfolg bewertet.

Operationalisierung

Da die elterliche und kindliche Einschätzung des kindlichen Schlafverhaltens zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann [16] und als sich ergänzend angesehen wird [43], wurde neben diversen Fremdbeurteilungsinstrumenten auch ein Selbstbeurteilungsinstrument verwendet.

Kinderschlafcomic. Zur Selbstbeurteilung des kindlichen Schlafverhaltens wurde der Kinderschlafcomic als Screeninginstrument eingesetzt [42]. Dieser ist bereits für Kinder unter acht Jahren geeignet [41]. Basierend auf den Kriterien von Schlafstörungen nach der International Classification of Sleep Disorders (ICSD‑2) [1] werden darin die Bereiche Schlafhygiene, Schlafdauer, Schlafqualität, Aufwachzeiten und -Verhalten in der Nacht und am Morgen, Tagesschlaf, Wohlbefinden tagsüber sowie Trauminhalte und schlafbezogene Ängste anhand von Comicbildern durch den Versuchsleiter oder die Versuchsleiterin erfragt [42, 43].

Die Auswertung erfolgt über den Intensity of Sleep Problem Score (ISPS), einem Negativscore aus max. 20 Punkten für schlafhinderliche Antworten. Je höher der erreichte ISPS, desto größer ist vermutlich das SchlafproblemFootnote 1. Der Cut-Off Wert liegt bei neun Punkten. Folgende abhängige Variablen resultieren aus dem Kinderschlafcomic:

  • Anzahl Ängste: Item 7 „Wovor hast du abends im Bett Angst?“

  • Angstintensität: Item 8 („Wie groß ist deine Angst“); Codierung fünfstufig von 0 = „Ich habe keine Angst“, bis 2 = „Meine Angst ist oft und groß“.

  • Anzahl der Dinge zum Einschlafen: Item 4 „Was brauchst du zum Einschlafen?“

  • Gehst du gerne schlafen?: Valenzskala Item 18; Codierung dreistufig von 0 = „Nein“, 0,5 = „Ja“ und „Nein“, 1 = „Ja“.

  • Einschlaflatenz: Item 5 „Wie lange dauert das Einschlafen bei dir?“ Codierung fünfstufig von 0 = „Ich schlafe immer ganz schnell ein“ bis 2 = „Es dauert ganz lange bis ich einschlafe“.

DIKS. Das diagnostische Interview für kindliche Schlafstörungen (DIKS) ist ein strukturiertes Interview zur Fremdbeurteilung von Schlafstörungen innerhalb der letzten vier Wochen bei Kindern zwischen fünf und zehn Jahren [37]. Das Interview diente der Erfassung von Hinweisen auf eine mögliche oder vorliegende Schlafstörung beim Kind zu Beginn der Studie, die als Kontrollvariable aufgenommen wurden. Zudem ermöglichte es den Eltern, strukturiert auf verschiedene Aspekte des problematischen Schlafverhaltens ihres Kindes einzugehen. Das Interview wurde für alle Versuchspersonen verwendet und dauerte im Durchschnitt 46,28 min, in Einzelfällen jedoch deutlich mehr als 60 min.

CSHQ-DE. Als weiteres Fremdbeurteilungsinstrument wurde zur Verlaufsmessung die deutsche Version des Children Sleep Habit Questionnaire (CSHQ-DE) gewählt [39]. Der Elternfragebogen ist für Kinder zwischen vier und zehn Jahren geeignet und fragt retrospektiv verschiedene Schlafgewohnheiten des Kindes inklusive auftretender Probleme beim Zubettgehen und Schlafen einer typischen Woche ab. Er besteht aus 48 Items, die nach den Kriterien des ICSD‑2 [1] in die Bereiche Schlafenszeit, Schlafverhalten, nächtliches Erwachen, morgendliches Erwachen und Tagesschläfrigkeit unterteilt sind. Auf einer dreistufigen Likert-Skala werden die Fragen je nach Auftretenshäufigkeit bewertet (3 – das Verhalten tritt gewöhnlich (≥ 5 ×) auf, 2 – das Verhalten tritt manchmal (2–4 ×) auf, und 1 – das Verhalten tritt selten (max. 1 ×) auf). Anschließend wird angegeben, ob das thematisierte Verhalten ein Problem darstellt [37]. Insgesamt beträgt die selbstständige Bearbeitungszeit des CSHQ-DE etwa 10 min. Es können acht Subskalen und ein Gesamtscore gebildet werden. Letzterer sagt aus, ob eine Auffälligkeit im Schlafverhalten des Kindes vorliegt. Dabei liegt der Cut-off-Wert bei 41. Hinweise auf die Störungsart werden durch die erreichten Subskalenwerte erlangt [40].

Schlafprotokoll. Im Schlafprotokoll sollten die Eltern über vier Wochen kontinuierlich verschiedene Aspekte des Schlafverhaltens ihrer Kinder notieren [40]. Das Ausfüllen der Protokollvorlage erforderte täglich nur wenige Minuten Bearbeitungszeit eines Elternteils und beugt Verzerrungen in der retrospektiven Wahrnehmung vor [14]. Das verwendete Schlafprotokoll basierte auf den von Hoffmann und Kollegen entwickelten Abend‑/Morgenprotokollen sowie auf dem von Bilger weiterentwickelten SchlaftagebuchFootnote 2 [23]. Die Items beinhalteten neben Ritualen und Besonderheiten beim Zubettgehen auch die Schlafquantität, Einschlaflatenz, Schlaf- und Aufwachverhalten sowie Aktivitäten während der Nacht.

Weitere Fragebögen. Zusätzlich wurden die Fragebögen Teil A–E von den Eltern beantwortet. Der demografische Fragebogen wurde zu Beginn der Studie ausgehändigt und gliederte sich in Teil A zu spezifischen medizinischen Fragen und Teil B zu demografischen Fragen zur Familie. Teil C erfasste die Bewertung der vorgelesenen Bilderbücher. In Fragebogen Teil D wurde erfragt, welche Hilfestellungen und Methoden von den Familien bereits vor der Studie bekannt und genutzt wurden. Mit Teil E des Fragebogens erfolgte eine Gesamtbewertung der Studie am Ende der Teilnahme. Außerdem wurden einzelne Items aus dem Schlaftagebuch erneut abgefragt.

Auswahl der Bilderbücher für die Testphase. Die Entscheidungsgrundlage für die eingesetzten Bücher bildete eine von HaslamFootnote 3 angefertigte qualitative Inhaltsanalyse zur Darstellung von Schlafstörungen und schlafbezogenen Ängsten in Bilderbüchern. Haslam verglich dazu 26 frei erhältliche Bilderbücher für Kinder zwischen 3–10 Jahren aus den Jahren 2004 bis 2014. Schwerpunkte des Vergleichs waren: Die Schlafproblematik, der Lösungsweg und der lösungsvorschlagende CharakterFootnote 4. Die Bücher Ab in die Kiste [5], Das allerkleinste Nachtgespenst [46], Das fünfte Schaf [21] und Ich wär so gern auch abends groß [13] untersuchte Haslam zusätzlich differenziert mit Fokus auf den lösungsvorschlagenden Charakter. Eine Zusammenfassung findet sich im Online-Material.

Versuchsdesign und Durchführung

Es wurde ein Prä-Post-Design mit Baseline- und Nacherhebungsmessung durchgeführt (Abb. 1). Der erste Messzeitpunkt t0 war jeweils der individuelle Beginn der Studie für jede Familie, mit der ersten Befragung der Kinder und primären Bezugspersonen und dem Beginn der 14-tägigen Baseline-Messung via Schlafprotokoll. Die Baseline-Messung endete nach 14 Tagen zum Messzeitpunkt t1. Zu diesem Zeitpunkt fand keine Befragung statt, stattdessen startete direkt die 14-tägige Testphase durch den Erhalt der Bilderbücher. Während der Testphase wurde das Vorlesen der Bilderbücher in das Zubettgehritual der Kinder integriert. Die Eltern führten auch in der Testphase weiterhin Schlafprotokoll über das Zubettgehverhalten ihrer Kinder. Am Ende der Testphase (t2) erfolgte die Nachher-Befragung von Kindern und Eltern. In der Nacherhebung vier Wochen später (t3) wurden die Eltern letztmalig befragt.

Abb. 1
figure 1

Versuchsdesign – Prä-Post-Design (t1, t2) mit Baseline (t0) und Nacherhebung (t3). DIKS diagnostisches Interview für kindliche Schlafstörungen; CSHQ-DE Children Sleep Habit Questionnaire, deutsche Version

Die Erstbefragung zu t0 dauerte je nach Familie 1–2 h. Nach einer kurzen Vorstellung und Erklärung des Ablaufs unterzeichneten die Eltern zunächst die informierte Einwilligung. Im Anschluss beantworteten sie demographische Fragen. Nach Durchführung des strukturierten DIKS-Interviews beantworteten die Eltern den CSHQ-DE selbstständig. Zeitgleich wurden die Kinder in einem separaten Raum von der Versuchsleiterin mit dem Kinderschlafcomic zu ihrem Schlafverhalten befragt. Zum Abschluss des ersten Termins wurde den Eltern das Führen des Schlafprotokolls erläutert und die Protokollvorlagen für die folgenden zwei Wochen sowie ein Informationsblatt zum Schlafprotokoll ausgehändigt.

Zu t1 erhielten alle Familien das gleiche Set von vier Bilderbüchern und schriftliche Instruktionen zum Vorleseverhalten sowie zwei weitere Vorlagen zum Führen des Schlafprotokolls während der Testphase. Das Vorleseverhalten wurde von den Familien auf Vorlagen notiert, die in den jeweiligen Buchdeckeln angebracht waren. Vor Beginn der Testphase fand ein kurzes Gespräch mit der Versuchsleiterin statt, indem der bisherige Verlauf besprochen und die Instruktionen nochmals durchgegangen sowie Fragen geklärt wurden. Zudem sollten sich die Familien vor der Testphase für ein Hauptbuch entscheiden, welches sie in der Testphase täglich vorlesen wollten. Individuell konnten nach Bedarf die anderen Bücher zusätzlich gelesen werden. Die Instruktion zum Vorlesen lautete: jeden Abend das Testbuch oder mind. ein Kapitel daraus vorzulesen; das Testbuch während der Testphase insgesamt mindestens zweimal vollständig zu lesen; dem Kind zu ermöglichen, während oder außerhalb des Vorlesens die beschriebenen Lösungen/Ideen/Spiele so oder in ähnlicher Form auszuprobieren; und täglich am Abend das vorgesehene Formblatt für das Buch auszufüllen und alles möglichst genau zu dokumentieren.

Die Post-Befragung zu Zeitpunkt t2 dauerte durchschnittlich 30 min. Die jeweiligen Elternteile beantworteten erneut den CSHQ-DE und gaben anhand des Fragebogens Teil C und D eine ausführliche schriftliche Bewertung der Bilderbücher sowie Informationen zu bereits bekannten und genutzten Hilfestellungen und Methoden ab (vgl. Online-Material). Parallel fand auch die erneute Befragung der Kinder mit dem Kinderschlafcomic statt. Die Bilderbücher durften nach der Testphase von den Familien behalten werden. Die vier-Wochen-Nacherhebung zu t3 mit der Fremdbeurteilung durch den CSHQ-DE und den Fragebogen Teil E wurde von den Familien per Post via vorab ausgehändigtem adressiertem und frankiertem Rücksendeumschlag an die Versuchsleiterin geschickt.

Statistische Auswertung

Zur Datenanalyse wurde das Statistikpaket IBM SPSS Statistics 21 (Statistical Package for Social Sciences) genutzt. Das Signifikanzniveau wurde auf α = .05 festgelegt [7] und im Falle multipler Tests durch deren Anzahl geteilt (𝛼-Adjustierung mit Bonferroni-Holm-Korrektur; [22]).

Parametrische Verfahren. Für alle intervallskalierten Variablen wurden parametrische Verfahren eingesetzt. Für Variablen mit wiederholter Messung wurden multivariate Varianzanalysen mit Messwiederholungen (CSHQ-DE t1–t2 und t2–t3; Schlafprotokoll: t0–t1, t1–t2) bzw. t‑Tests für abhängige Stichproben (Items des Kinderschlafcomics t1–t2) gerechnet. Bei Verletzung der Sphärizität wurden die Freiheitsgrade nach Greenhouse-Geisser korrigiert [12]. Ausreißer in den Daten wurden mit der grafischen Darstellung von Box-Plots ermittelt und wenn möglich durch den Gruppenmittelwert ersetzt [12]. Als Effektgrößenmaß für die Varianzanalyse mit Messwiederholung ab drei Messzeitpunkten wurde das partielle η2 berechnet ([11]; ηp2~,01 kleiner Effekt, ηp2~,06 mittlerer Effekt und ηp2~,14 großer Effekt). Für den t-Test für abhängige Stichproben und die Varianzanalyse mit Messwiederholung mit lediglich zweistufigen Faktoren wurde das übliche Effektgrößenmaß Cohens d (oder δ Delta) gewählt (|δ|~0,14 kleiner Effekt, |δ|~0,35 mittlerer Effekt und |δ|~0,57 großer Effekt [11]).

Non-parametrische Verfahren. Im Falle ordinaler Variablen oder einer Verletzung der Voraussetzung für parametrisches Testen wurde mit dem non-parametrischen Wilcoxon-Test gerechnet. Dies betrifft die Items 5, 8, 18 (ordinal) und die Items 4 und 7 des Kinderschlafcomics. Als Effektgrößenmaß für den non-parametrischen Wilcoxon-Test wurde der γ-Koeffizient (Gamma) berechnet (|γ|~,05 gilt als kleiner Effekt, |γ|~,15 gilt als mittlerer Effekt, |γ|~,25 gilt als großer Effekt, [11]).

Ergebnisse

Deskriptive Statistik

Bei der Auswahl des Testbuchs für die Testphase zeigte sich, dass Ich wär so gern auch abends groß [13] mit 32 % am häufigsten ausgewählt wurde, gefolgt von Ab in die Kiste [5] und Das fünfte Schaf [21] mit jeweils 26 %. Das allerkleinste Nachtgespenst [46] wurde von 11 % der Familien ausgewählt. Eine Familie wählte kein spezielles Buch aus, sondern las alle Bücher gleich häufig. Drei Familien wechselten das Testbuch während der Testphase. In allen Familien war bereits vorab Lesen und Vorlesen Teil des Zubettgehrituals mit dem Kind. Während der zweiwöchigen Baseline wurde laut Schlafprotokoll durchschnittlich etwa zehn Mal (M = 9,89, SD = 4,42) vorgelesen. In der zweiwöchigen Testphase wurden allein das Testbuch durchschnittlich sieben Mal (M = 7,11, SD = 2,47) und die zur Verfügung gestellten Bilderbücher insgesamt durchschnittlich mehr als elf Mal vorgelesen (M = 11,26, SD = 3,86). Die Eltern schätzten sich in der Durchführung als gewissenhaft bis sehr gewissenhaft ein (Analogskala 1–5; M = 4,42, SD = 0,61). Zum Messzeitpunkt der Post-Erhebung (t2) gaben 100 % der Teilnehmer an, dass das Vorlesen hilfreich war, wobei 79 % das ausgewählte Testbuch als besonders hilfreich empfanden. In der Nacherhebung (t3) gaben noch 90 % an, dass die Teilnahme an der Studie hilfreich war. Die gesamte Stichprobe gab an, dass sie die Bücher nach der Studie weiterlesen werde.

Im DIKS-Interview zeigte sich, dass acht Kinder (42 %) die Kriterien einer Schlafstörung teilweise oder vollständig erfüllen (Insomnie). Hinweise auf Differenzialdiagnosen bestanden laut DIKS bei insgesamt zwölf Kindern (neunmal davon spezifische oder generalisierte Ängste sowie je einmal inadäquate Schlafhygiene und Albträume).

In Tab. 2 sind die Skalen- bzw. Itemwerte des Fremdbeurteilungsbogens CSHQ-DE, des Schlafprotokolls sowie des Kinderschlafcomics zu den jeweiligen Messzeitpunkten dargestellt. Die Gesamtpunktzahl des CSHQ-DE und alle Subskalen- und Itemwerte reduzieren sich zum Messzeitpunkt nach der Intervention und in der Nacherhebung. Über einem Grenzwert von 41 Punkten des Gesamtwerts deuten die Werte auf eine Schlafstörung, was im Mittel zu allen drei Messzeitpunkten der Fall war. Vor der Intervention lagen die Gesamtwerte aller Kinder über dem Grenzwert. Nach der Testphase lag ein Gesamtwert unterhalb des Grenzwerts und in der Nacherhebung zwei Gesamtwerte. In einem Fall zeigte sich nach der Testphase ein höherer Gesamtwert als vorher. In drei Fällen lag der Gesamtwert in der Nacherhebung über dem Wert vor der Testphase. Die Gesamtpunktzahl des Kinderschlafcomics lag hingegen bereits vor der Intervention mit durchschnittlich M = 8,37 Punkten unter dem Cut-off-Wert von neun Punkten und reduzierte sich zum Messzeitpunkt nach der Intervention weiter. Auch alle weiteren relevanten Parameter der elterlichen Fremd- und Selbstbeurteilung reduzieren sich zwischen den Messzeitpunkten.

Tab. 2 Deskriptive Daten des Children Sleep Habit Questionnaire (CSHQ-DE) und des Kinderschlafcomics

Explorative Datenanalyse

Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem Alter der teilnehmenden Kinder und der Ausprägung der Schlafproblematik zum ersten Messzeitpunkt (t0). Es bestand ebenso kein Zusammenhang zwischen der Vorlesehäufigkeit der Testbücher und den Fragebogenwerten zu den Messzeitpunkten Post (t2) und Nacherhebung (t3). Da mit 42 % weit mehr der Kinder als angenommen laut DIKS Hinweise auf eine vorliegende Schlafstörung zeigten, wurde geprüft, ob ein statistisch relevanter Gruppenunterschied bezüglich der deskriptiven Werte zu Beginn der Studie vorlag. Dies war nicht der Fall (Korrektur für multiples Testen erfolgte).

Reduktion der Angst

Im Prä-Post-Vergleich des Elternurteils zeigten sich eine Reduktion des Summenwerts der Subskala „Angst beim Schlafen“ (Subskala 4, CSHQ-DE; F (1, 18) = 4,59, p = 0,023; d = 0,43; 𝛼adjustiert = 0,017) und eine Reduktion in der Ausprägung des Items „Das Kind hat Angst allein“ (Item 8, CSHQ-DE; F (1, 17) = 11,18, p = 0,002; d = 0,68; 𝛼adjustiert = 0,017), nicht jedoch bezüglich des Mittelwerts „Das Kind hat Angst im Dunkeln“ (Item 7, CSHQ-DE). Es gab jeweils keine weitere Veränderung von der Post- zu Nacherhebung, sondern der Wert blieb stabil.

In der Selbstbeurteilung der Kinder im Kinderschlafcomic zeigte sich zum Prä-Post-Vergleich eine Reduktion der Anzahl der Ängste (Item 7; t (14) = 2,14, p = 0,025; d = 0,44; 𝛼adjustiert = 0,025). In der Angstintensität (Item 8, Kinderschlafcomic) hingegen ergab sich nach alpha-Adjustierung keine Veränderung.

Erleichterung Zubettgehen

Im Prä-Post-Vergleich des Elternurteils bezüglich des Zubettgehens zeigte sich eine Reduktion des Summenwerts der Subskala „Widerstand beim Zubettgehen“ (Subskala 1, CSHQ-DE; F (1, 18) = 5,91, p = 0,013; d = 0,42; 𝛼adjustiert = 0,013). und eine Reduktion des Summenwertes der Subskala „Einschlafverzögerung“ (Subskala 2, CSHQ-DE; F (1, 18) = 5,59, p = 0,015; d = 0,44; 𝛼adjustiert = 0,013), aber keine Reduktionen bezüglich der Subskala „Nächtliches Erwachen“ (Subskala 5, CSHQ-DE) und der Anzahl der Bettwechsel des Kindes (Item 16, CSHQ-DE). Es gab jeweils keine Veränderungen von der Post- zu Nacherhebung.

In der Selbstbeurteilung der Kinder im Kinderschlafcomic zeigte sich zum Prä-Post-Vergleich keine Veränderung bezüglich des Items „Gehst du gerne schlafen“ (Item 18) und des Items der Dauer des Einschlafens (Item 5), jedoch eine Reduktion hinsichtlich der Anzahl der Dinge, die das Kind zum Einschlafen benötigt (Item 4; t (17) = 2,05, p = 0,028; d = 0,56; 𝛼adjustiert = 0,017).

Im Schlafprotokoll ergab sich zum Prä-Post-Vergleich keine Veränderung der Einschlaflatenz und der Anzahl der Nächte, die das Kind im Elternbett verbringt, jedoch eine signifikante Reduktion der Häufigkeit des nächtlichen Erwachens mit benötigter Aufmerksamkeit der Eltern (F (1, 17) = 7,87, p = 0,012, η2 = 0,32; 𝛼adjustiert = 0,017). Innerhalb der Testphase reduzierte sich die Variable weiter, jedoch nicht mehr signifikant.

Diskussion

In der Studie wurde postuliert, dass sich durch eine therapeutisch angeleitete und supervidierte Bibliotherapie mit Bilderbüchern schlafbezogene Ängste und problematisches Zubettgehverhalten bei Kindern im Alter zwischen vier und sechs Jahren reduzieren lassen. Dazu wurden 19 betroffene Kinder und deren primäre Bezugspersonen in einem Prä-Post-Design mit Baseline und Follow-up umfassend zu ihrem Zubettgeh- und Schlafverhalten befragt.

Die Ergebnisse zeigen sowohl eine statistisch relevante Verminderung der schlafbezogenen Ängste als auch eine Abnahme problematischen Zubettgeh- und Schlafverhaltens in einigen – jedoch nicht in allen abhängigen Variablen. Die Hypothese eines signifikanten Rückgangs schlafbezogener Ängste bestätigte sich hinsichtlich der „Angst beim Schlafen“, der „Angst Allein“ und der „Anzahl der Ängste“, jedoch nicht bezüglich der „Angst im Dunkeln“ und der Angstintensität. Bezüglich der Zubettgeh- und Schlafverhaltensweisen zeigte sich im Elternurteil eine signifikante Verringerung des Widerstands beim Zubettgehen, der Anzahl der Nächte, in denen das Kind aufwacht und die Aufmerksamkeit der Eltern braucht, sowie der Anzahl der Dinge, die das Kind zum Einschlafen benötigt. Hingegen nahm jedoch die Anzahl der Nächte, in denen die betroffenen Kinder ins Elternbett wechseln, nicht ab. Die kindliche Bewertung des Schlafengehens und der Dauer des Einschlafens verbesserten sich ebenfalls nicht. Allerdings lagen die Summenwerte in der Selbsteinschätzung der Kinder jeweils unter dem Grenzwert im unauffälligen Bereich. Die Einschlaflatenz wurde von den Eltern nach der Intervention im CSHQ-DE als deutlich kürzer eingeschätzt, in der kindlichen Selbsteinschätzung und in den Daten des Schlafprotokolls fand sich jedoch keine veränderte Einschlaflatenz. Alle Veränderungen blieben im Follow-up deskriptiv und statistisch erhalten.

Der Befund einer Reduktion der Angst beim Schlafen und der Angst, allein zu sein, insbesondere in der Einschätzung durch die Eltern deckt sich mit den Ergebnissen von Lewis und Kollegen [24], die herausfanden, dass sich im Elternurteil die Symptome von Trennungsangst sowie angstvermeidendem Verhalten nach dem Vorlesen eines Bilderbuchs signifikant verringerten. Darüber hinaus zeigten sie, dass sich laut Kinderaussagen die Angst im Dunkeln reduzierte, was sich in unserer Studie im Elternurteil nicht bestätigen ließ. Deskriptiv nannten jedoch im Kinderschlafcomic bei den erfragten Angstinhalten deutlich weniger Kinder Angst vor Dunkelheit (36 % zu t1 und 21 % zu t2) und die Kinder nahmen insgesamt eine signifikante Reduktion der Anzahl ihrer Ängste war. Die Ergebnisse bezüglich der Angstintensität widersprechen den Befunden von Lewis und Kollegen [24], die einen signifikanten Rückgang der Intensität schlafbezogener Ängste fanden. Es zeigte sich, dass es vielen Kindern schwer fiel, Veränderungen in ihrem Angsterleben auszudrücken und sich bei den drei möglichen Antwortalternativen festzulegen. Daher wäre es interessant, in weiteren Untersuchungen ein differenzierteres Instrument zur Erhebung der Angstintensität zu nutzen. Unterschiede in den Ergebnissen können aber auch darauf zurückzuführen sein, dass Lewis et al. [24] ausschließlich Kinder untersuchten, die vor Beginn der Studie klinisch relevante Symptome der Phobie vor Dunkelheit oder Trennungsangst aufwiesen. Voraussetzungen für die Teilnahme an der hier vorliegenden Studie waren jedoch lediglich Anzeichen schlafbezogener Ängste. Mit der Bestätigung der signifikanten Reduktion der Anzahl der genannten Ängste können die Ergebnisse von Lewis et al. [24] wiederum erweitert werden. So unterstützen die positiven Befunde der vorliegenden Studie die Ergebnisse von Graziano und Mooney, die zeigten, dass auch die Veränderung der Anzahl der genannten Ängste bedeutsam ist. Insgesamt weniger Ängste zu erleben kann darüber hinaus als indirektes Maß und damit als ein Aspekt der wahrgenommenen Angstintensität herangezogen werden.

Die Resultate bezüglich des Widerstands beim Zubettgehen stimmen ebenfalls mit den Befunden von Graziano und Mooney [19] überein, die herausfanden, dass sich nach einer dreiwöchigen Intervention mit Bibliotherapie die kindliche Bereitschaft, schlafen zu gehen, signifikant erhöhte. Gleichzeitig nahm das widerstrebende Zubettgehverhalten (Dauer der Einschlafprozedur, weinen, argumentieren, aus dem Bett aufstehen, nach etwas zu trinken fragen) ab. Die von uns verwendete CSHQ-DE-Subskala „Widerstand beim Zubettgehen“ erfasste vergleichbare Parameter und bot zusätzlich differenziertere Erkenntnisse, da neben den Elterneinschätzungen auch die Selbsteinschätzung der Kinder miteinbezogen wurde. In der Selbstbeurteilung gaben die Kinder zudem an, dass sie durch das Vorlesen weniger Dinge zum Einschlafen benötigten.

In der vorliegenden Studie zeigte sich über die eingesetzten Messmethoden keine signifikante Reduktion der Einschlaflatenz. Dies steht im Widerspruch zu den Einzelfall-Befunden von Burke und Kollegen [8], die anhand von Schlaftagebüchern eine deutlich kürzere Einschlaflatenz nach dem Vorlesen bei all ihren vier Versuchspersonen zeigen konnten. Die Aussage ist jedoch aufgrund des niedrigen Stichprobenumfangs eingeschränkt. Graziano und Mooney [19] berichteten ebenfalls eine signifikant kürzere Einschlaflatenz nach angewandter Bibliotherapie, verwendeten jedoch zusätzlich ein selbstdurchgeführtes Entspannungsverfahren für Kinder. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit werfen die Frage auf, ob die Einschlaflatenz für das Erleben schlafbezogener Ängste eine bedeutsame Variable ist oder ob sie möglicherweise durch weitere Variablen beeinflusst wird, die nicht kontrolliert wurden. Zu betonen ist auch, dass die Einschlafzeit in der vorliegenden Studie laut retrospektiver Einschätzung der Eltern immerhin tendenziell unter die pathologische Grenze von 20 Minuten sank [38].

Um die Veränderung schlafbezogener Ängste zu beurteilen, wird in den meisten Untersuchungen die Anzahl der Nächte, die die Kinder durchschlafen, als Maß herangezogen. Übereinstimmend mit Graziano und Mooney [19], Burke et al. [8] sowie Stewart und Gordon [45] führt die Anwendung von Bibliotherapie auch in der vorliegenden Studie zu einer signifikanten Abnahme der Nächte, in der die Kinder aufwachten und Kontakt zu den Eltern brauchten. Im Schlafprotokoll der vorliegenden Studie reduzierte sich die Anzahl der Nächte, die die Kinder im Elternbett verbrachten, jedoch nicht, wobei dies inhaltlich nicht dem Durchschlafen widerspricht. Dies widerspricht dem Befund von Burke und Kollegen [8], deren Schlaftagebücher jedoch über 5–7 Wochen geführt wurden. Stewart und Gordon [45] untersuchten wiederum die Anzahl der Nächte, die die Kinder durchschliefen, anhand von Protokollen. Darin wurde „Durchschlafen“ zwar einzeln erhoben, für die Analyse jedoch, als einer von fünf Aspekten, unter dem Konstrukt „Selbstständiges Zubettgehverhalten“ beurteilt. Vorstellbar ist, dass Ungenauigkeiten in der Messung und Formulierung der Items die Diskrepanzen erklären könnten.

Die genannten Studien testeten explizit verhaltenstherapeutische Methoden und innerhalb dieser die Bibliotherapie auf ihre Wirksamkeit. Stewart und Gordon [45] setzten beispielsweise ein modulares CBT Treatment (kognitiv-behaviorale Intervention) ein, das aus einem Elternmanual und einem Arbeitsheft für Kinder bestand. Die Art der Bibliotherapie ist demnach eine völlig andere als die von uns getestete. In der Studie von Lewis et al. [24] wurde zwar ein Bilderbuch eingesetzt, jedoch eines, das explizit für den Zweck der Überwindung schlafbezogener Ängste entwickelt wurde. Folgerichtig erscheint es nachvollziehbar, dass verhaltenstherapeutisch orientierte Bibliotherapie zu einer stärkeren Veränderung des Verhaltens führt. Reguläre Bilderbücher, die zwar das Problem thematisieren, jedoch keine expliziten Handlungsanleitungen geben können, führen möglicherweise hingegen nicht zu einer Veränderung ganz bestimmter Verhaltensweisen, wie auch Schlarb und Kolleg*innen in ihrer Arbeit betonen [35].

Limitationen

Aufgrund bestimmter Merkmale der vorliegenden Stichprobe muss die Generalisierbarkeit der Ergebnisse kritisch betrachtet werden. Es ist davon auszugehen, dass sich die Mehrheit der teilnehmenden Familien dadurch auszeichnete, dass sie eine gewisse Aufmerksamkeit auf das Schlafverhalten ihrer Kinder legten sowie das Medium Buch in dem Zusammenhang als nützlich einschätzen. So kannten bereits 32 % der Stichprobe sowohl Bilderbücher als auch Fachliteratur und Ratgeber zu dem Thema. Außerdem gehörten die meisten teilnehmenden Familien vermutlich einer wissenschaftlich interessierten und akademisch ausgebildeten Subgruppe an. In den demografischen Daten zeigte sich, dass 42 % der Eltern einen akademischen Hintergrund mit abgeschlossenem Studium oder Promotion vorweisen, sodass die Gesamtbevölkerung in der vorliegenden Stichprobe nicht repräsentativ abgebildet wird. Dies wäre in einer Replikationsstudie zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sollte die Wirksamkeit von thematisch relevanten Bilderbüchern auf schlafbezogene Ängste durch das Hinzuziehen einer Kontrollgruppe untersucht werden. Da eine Kontrollgruppe ohne jegliche Maßnahme der Veränderung in diesem Bereich ethisch schwierig umsetzbar ist, wäre es denkbar, ähnlich wie Graziano und Mooney [19] oder Lewis et al. [24] eine Form der Wartelisten-Kontrollgruppe zu entwickeln. Diese würde zeitversetzt im Anschluss an die abgeschlossene Untersuchung der Experimentalgruppe die gleiche Bibliotherapie erhalten. Zudem ist der Vergleich mit einer weiteren Experimentalgruppe mit Kindern mit diagnostizierten Störungen aufschlussreich. Dabei könnte man beispielsweise auf betroffene Familien ausweichen, bei denen eine Insomnie Diagnose vorliegt, die jedoch auf einen Therapieplatz warten müssen [4].

Ein weiterer Kritikpunkt besteht hinsichtlich der Objektivität der Auswahl der thematisch relevanten Bilderbücher für die Testphase der vorliegenden Studie. Die hier eingesetzten Bilderbücher sind nicht mit dem Ziel der Verwendung in einer wissenschaftlichen Untersuchung selektiert worden. Wissenschaftliche Kriterien bezüglich der verhaltenstherapeutischen Methoden oder des fachlichen Hintergrunds der Autoren (w/m) wurden zwar analysiert, jedoch nicht bei der Auswahl berücksichtigt. Auch Schlarb und Kolleg*innen [35] konnten zeigen, dass bei Kinderbüchern zum Thema Schlaf gerade die schlafbezogenen Aspekte und Hintergründe sowie mögliche Lösungsansätze häufig unzureichend oder gar falsch beschrieben wurden. Andererseits bilden die gewählten Bücher die reale Auswahl in der Bevölkerung ab, da ein Einschlusskriterium in der Diskursanalyse die Verkaufszahlen bzw. Anzahl der abgegebenen Bewertungen auf Amazon waren. Dies spricht für die ökologische Validität der verwendeten Materialien.

Bezüglich der eingesetzten Erhebungsinstrumente muss erwähnt werden, dass der Einsatz des Kinderschlafcomics sich insbesondere in der Anwendung mit Kindern unter fünf Jahren als problematisch darstellte. In den Antworttendenzen und Verhaltensbeobachtungen wurde deutlich, dass einige Kinder zwischen bestimmten Fragen und Antworten nur schwer differenzieren konnten und/oder Schwierigkeiten beim Beantworten dichotomer Fragen wie in etwa: „Gehst du gerne schlafen?“ aufwiesen. Für eine Folgestudie bietet sich mit dem englischsprachigen Koala Fear Questionnaire [27] eine kindgerechte Alternative zur Erfassung der Angstintensität für Kinder zwischen vier und zwölf Jahren an.

Nicht zuletzt muss darauf hingewiesen werden, dass der zugrunde liegende Wirkmechanismus mit der vorliegenden Studie nicht erklärt wird. Da während der Baseline im Vergleich zur Testphase eine höhere Varianz bezüglich des Vorlesens zu verzeichnen war, bleibt offen, inwieweit die Veränderungen der Probleme auf die ausgewählten Bücher oder vielmehr auf das regelmäßige Vorlesen zurückzuführen sind. Andererseits gaben alle Familien an, auch vorher schon mit den Kindern gelesen zu haben. Genauso kritisch ist zu bemerken, dass keine manipulierte Variation in der Bedingung vorlag. Zwar erhielten alle Familien die gleiche Auswahl an Bilderbüchern und grundlegende Instruktionen zum Vorleseverhalten, jedoch durften sie, zur Förderung der aktiven Teilnahme, diese individuell in ihr Zubettgehritual integrieren. Somit sollten die Allgemeingültigkeit der Wirksamkeit sowie die Wirkrichtung vor dem Hintergrund des quasi-experimentellen Designs vorsichtig interpretiert werden.

Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die Gesamtsituation der Studienteilnahme dazu führte, dass eine Verbesserung der Problematik eintreten konnte. Wie bereits Rappee et al. [31] anmerkten, sind Motivation und Gewissenhaftigkeit sowie, laut Gould und Clum [17], die aktive Teilnahme der Eltern wichtige Einflussfaktoren auf den Erfolg einer solchen Maßnahme. Ebenso ist Vorlesen als eine spezielle elterliche Zuwendung zu sehen. So ist es nicht auszuschließen, dass der Erfolg auch von der zusätzlichen Aufmerksamkeit, die die Eltern ihren Kindern schenken, abhängt [25]. Zwar postulieren Graziano und Mooney [19], dass Bibliotherapie ohne regelmäßigen therapeutischen Kontakt Wirksamkeit zeigt, jedoch ist in der vorliegenden Studie denkbar, dass der vorgegebene strukturierte Ablauf sowie der kurze, aber regelmäßige Kontakt mit der Versuchsleiterin die Eigeninitiative der Familien förderte. In künftigen Studien wäre es daher sinnvoll, diese sowie weitere Störvariablen zu identifizieren, um sie bei der nächsten Untersuchung als mögliche Einflussfaktoren auf den Wirkmechanismus zu prüfen.

Implikationen für Theorie und Praxis

Mit den vorliegenden Ergebnissen wurde erstmals durch eine Stichprobe in dieser Größe die positive Wirkung von Bilderbüchern auf schlafbezogene Ängste gezeigt. Vergleichbare frühere Studien [8, 24] wiesen Stichprobengrößen von maximal neun Kindern auf. Die Schlussfolgerungen der vorliegenden Untersuchung stützen sich mit N = 19 Kindern damit auf eine für die statistische Auswertung und angemessene Generalisierbarkeit unserer Ergebnisse akzeptable Stichprobengröße [6].

Von besonderer Bedeutung ist, dass auch erstmals überhaupt gezeigt werden konnte, dass das Integrieren „einfacher“ thematisch passender Bilderbücher zu einer deutlichen Verbesserung der Schlafproblematik führen kann. Die positiven Ergebnisse der Studie lassen die Schlussfolgerung zu, dass das Feld der Bibliotherapie um Bilderbücher, die keinen primär therapeutischen Charakter haben, erweitert werden kann. Die Entwicklung eines gezielt therapeutisch geschriebenen Bilderbuchs zur Überwindung schlafbezogener Ängste und damit einhergehenden problematischen Zubettgehverhaltens könnte trotz allem die Wirksamkeit möglicherweise noch erhöhen. Muris und Coffman [26] bieten beispielsweise mit dem englischsprachigen Bilderbuch „Uncle Lightfoot: Flip that Switch“ in Bezug auf die Angst vor Dunkelheit eine mehrfach als wirksam evaluierte Vorlage (u. a. Lewis et al. [24]).

Positiv und alltagsorientiert ist zudem der kurze Anwendungszeitraum. Vorangehende Studien bestätigten immer wieder den Erfolg von Maßnahmen der Bibliotherapie, die nur wenige Wochen durchgeführt wurden [15]. So konnten beispielsweise Graziano und Mooney [19] nach drei Wochen und Lewis et al. [24] in nur vier Wochen eine Verbesserung der schlafbezogenen Symptome nachweisen. Vor dem Hintergrund ist die in der vorliegenden Untersuchung bemerkenswert kurze Anwendungszeit von nur zwei Wochen hervorzuheben. In dieser Zeit konnten signifikante Reduktionen von Teilaspekten der schlafbezogenen Angst sowie des problematischen Schlafverhaltens bewirkt werden. Diese Verbesserungen zeigten sich darüber hinaus auch vier Wochen später noch stabil.

Als weitere Stärke der vorliegenden Untersuchungen ist die Erfassung der Problematik nicht nur durch elterliche Fremdbeurteilung; sondern auch durch die kindliche Selbstbeurteilung zu sehen. Schon Gordon et al. [16] zeigten, dass die elterliche und kindliche Einschätzung des Schlafverhaltens zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Da viele Kinder gar nicht erst von ihren Ängsten zuhause berichten [45], ist das Einbeziehen der Beurteilung der Kinder unabdingbar. Dadurch ist es überhaupt erst möglich, eine differenzierte Einschätzung der Wirksamkeit zu erlangen.

Das Vorlesen thematisch relevanter Bilderbücher ist eine wirksame und gleichzeitig ökonomische sowie gesellschaftlich akzeptierte Methode gegen schlafbezogene Ängste. Dennoch sollte die themenbezogene Literatur gut geprüft werden, um nicht falsche oder unzureichende oder gar ungesunde Lösungsstrategien den Kindern zu vermitteln. Als Implikation für die Praxis ergibt sich daraus eine Anwendungsempfehlung für primäre Bezugspersonen. Eltern könnten auch von Fachpersonal (beispielsweise Kinderärzten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten) über diese Form der niederschwelligen Hilfestellung informiert werden. Wie die Ergebnisse der vorliegenden Pilotstudie zeigen, können positive Effekte erzielt werden, die jedoch noch weiter untersucht werden sollten. Damit folgt diese hier dargestellte Studie dem gestuften Versorgungssystem von Baglioni et al. [2] die ebenfalls schwellenarme und für viele leicht zu erreichende Hilfen postuliert. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund relevant, dass vorhandene Schlafschwierigkeiten nicht nur bis ins Erwachsenenalter fortbestehen können [36], sondern auch eine Angststörung bedingen können, wie eine jüngste Studie von Ding und Kolleg*innen mit 1169 Kindern aufzeigte.