Zusammenfassung
Insomnie ist eines der Kardinalsymptome einer unipolaren Depression. Insomnie hat dabei einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf, ist eines der häufigsten Residualsymptome und ein Risikofaktor für ein Rezidiv. Im vorliegenden Überblick werden mögliche Wirkmechanismen von körperlichem Training auf den Schlaf bei Patienten mit Depression zusammengefasst. Die vorgestellten Mechanismen beruhen auf Daten aus In-vitro‑, Tier- und Humanstudien, welche die Effekte von Kraft‑, Ausdauer- und Mind-Body-Training untersuchen. Sowohl akutes Training als auch über mehrere Wochen regelmäßig absolviertes Training kann über verschiedene Signalwege positive Effekte auf den Schlaf bei Patienten mit Depression haben. Folgende Mechanismen sind dabei relevant: Zeitgebereffekte, Energiekonservierung, Regeration, Thermoregulation, psychophysiologische Effekte und „tissue–brain crosstalk“. Diese Befunde sind relevant, um die Therapie von nichtorganischen Schlafstörungen im Rahmen einer depressiven Episode besser zu verstehen, weiterzuentwickeln und auf individuelle Patienten anzupassen.
Abstract
Insomnia is one of the cardinal symptoms of unipolar depression. Insomnia has a negative impact on the course of the disease and is one of the most frequent residual symptoms and a risk factor for relapse.
In the present review, possible mechanisms of action of physical training on sleep in patients with depression are summarized. The mechanisms presented are based on data from in vitro, animal, and human studies examining the effects of strength, endurance, and mind–body training. Both acute training and training completed regularly over several weeks may have positive effects on sleep in patients with depression via different signaling pathways.
The following mechanisms are relevant: timing effects, energy conservation, regeneration, thermoregulation, psychophysiological effects and tissue-brain-crosstalk. These findings are relevant to better understand, further develop and adapt the therapy of insomnia in the context of a depressive episode.
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Einleitung
Insomnie und Depression stehen in einem bidirektionalen Zusammenhang. Depression erhöht das Risiko für Insomnie und ist darüber hinaus auch mit polysomnografischen Veränderungen assoziiert. Insomnie erhöht wiederum das Risiko einer Depression, gilt als Kardinalsymptom einer Depression, hat einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf, ist eines der häufigsten Residualsymptome und ein Risikofaktor für ein Rezidiv [1].
Leitlinien empfehlen regelmäßige körperliche Aktivität bei Depression (z. B. NICE 2009). Eine kürzlich veröffentlichte Netzwerk-Metaanalyse unserer Arbeitsgruppe hat darüber hinaus gezeigt, dass Kraft‑, Ausdauer- und Mind-Body-Training (z. B. Qi Gong, Tai Chi, Yoga) geeignete Interventionen zur Verbesserung der Schlafqualität bei Patienten mit Depression sind [1].
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, mögliche Wirkmechanismen von körperlichem Training auf den Schlaf bei Patienten mit Depression zusammenzufassen. Die im Folgenden vorgestellten Mechanismen beruhen auf Daten aus In-vitro‑, Tier- und Humanstudien (häufig mit gesunden Personen). Es gibt mehrere Wirkmechanismen, welche die somnogenen Effekte von körperlichem Training auf den Schlaf bei Patienten erklären können. Diese können sowohl in zeitlicher (akute Wirkung infolge einer einzelnen Trainingseinheit oder infolge chronischen Trainings) als auch in physiologischer Hinsicht unterteilt werden, siehe Abb. 1.
Akuteffekte
Zeitgeber
Körperliche Aktivität wirkt als „Zeitgeber“, d. h. als ein Signal, welches die zirkadiane Periodizität beeinflusst. Die Richtung und das Ausmaß der zirkadianen Phasenverschiebungen wurde kürzlich von Youngstedt et al. beschrieben [2]. Bewegung am frühen Morgen (07:00 Uhr) und am frühen Nachmittag (13:00–16:00 Uhr) führt zu einer Phasenvorverschiebung, während Bewegung am Abend (19:00–22:00 Uhr) zu einer Phasenverzögerung führt. Die phasenverschiebenden Effekte von Bewegung scheinen über die gesamte Lebensspanne hinweg erhalten zu bleiben. Thomas et al. [3] konnten jedoch zeigen, dass die durch Bewegung induzierten zirkadianen Phasenverschiebungen vom Chronotyp abhängen. Bei Individuen mit einem frühen Chronotyp wirkt Training am Morgen phasenvorverschiebend und am Abend phasenverzögernd, bei Individuen mit einem späten Chronotyp kommt es jedoch bei beiden Trainingszeitpunkten zu einer Phasenverzögerung.
Der Zeitgebereffekt von Bewegung könnte teilweise durch einen Transkriptionsfaktor der molekularen zirkadianen Uhr, Bmal1 (Brain and Muscle ARNT-Like 1) erklärt werden [4]. Bewegung führt zu einer dosisabhängigen Erhöhung der Expression von PGC1‑α (Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor-Gamma-Koaktivator 1-alpha), welches als Masterregulator der mitochondrialen Biogenese Trainingsanpassungen auf der zellulären Ebene steuert. PGC1‑α fördert auch die Expression von Bmal1 in Skelettmuskelzellen. Im Mausmodell ist die Expression von Bmal1 in der Skelettmuskulatur für eine normale Schlafregulation notwendig (während dies nicht der Fall für die Expression von Bmal1 im Gehirn ist).
Thermoregulation
Thermoregulation und Schlaf sind eng miteinander verknüpft. Schläfrigkeit bzw. rasches Einschlafen wird durch den maximalen Abfall der Körperkerntemperatur begünstigt, welcher, wie die grundlegende zirkadiane Rhythmik der Körperkerntemperatur, durch Vasodilatation in distalen Hautregionen vermittelt wird [5]. Insomnie und Depression sind jedoch mit einer gestörten Thermoregulation verbunden. Akutes Ausdauer- [6], Kraft- [7] und Mind-Body-Training [8] erhöhen die Hauttemperatur, welches am Abend eine somnogene Wirkung erzielen könnte, da dies mit einer ähnlichen Aktivierung von Schlafzentren im Gehirn einhergeht (u. a. Formatio reticularis, Hypothalamus) [9]. Aritake-Okada et al. [10] haben gezeigt, dass Bewegung die Körperkerntemperatur und den distal-proximalen Hauttemperaturgradienten (d. h. ein Maß für den Blutfluss in distalen Hautregionen und ein indirekter Index für den distalen Wärmeverlust) während des Schlafs erhöht. Außerdem korrelierte der nächtliche distal-proximale Hauttemperaturgradient mit der Slow-Wave-Aktivität, einem Indikator für die Tiefschlafaktivität bzw. die Schlafqualität.
Psychophysiologische Effekte
Akut kann sich Training positiv auf die Stimmung, Schmerzwahrnehmung und Ängstlichkeit auswirken. Ein moderates aerobes Training über 30 min verbessert die Stimmung von Patienten mit Depression [11]. Mehrere Wirkmechanismen könnten dieses erklären: 1) eine reduzierte Stressreaktivität (möglicherweise durch eine verringerte Aktivität des präfrontalen Kortex [12]), 2) eine Erhöhung der Noradrenalin‑, Dopamin- und Serotoninspiegel [13] (Letzteres ggf. moduliert durch einen Anstieg des Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) im Gehirn) oder 3) die Freisetzung von Endocannabinoiden [14]. Endocannabinoide könnten auch die schmerzreduzierendeWirkung von körperlicher Betätigung erklären, die bei gesunden Personen beobachtet wurde [15]. Schließlich reduziert eine Einheit Ausdauer‑, Kraft- oder Mind-Body-Training (insbesondere Yoga) die Ängstlichkeit [16, 17]. Diese Faktoren könnten zu einer geringeren psychophysiologischen Erregung beitragen und damit den Schlaf verbessern. Die Tageszeit und die Dauer, an welcher diese akuten psychophysiologischen Wirkungen erfolgen bzw. wie lange sie anhalten, dürften jedoch die Wirkung des Trainings auf den Schlaf beeinflussen.
Energiekonservierung und somatische Regeneration
Obwohl nicht vollständig geklärt ist, warum der Mensch schläft, ist eine verbreitete Hypothese, dass Schlaf zur Energieersparnis und zur somatischen Regeneration beiträgt [18]. Sportliche Betätigung regt energiesparende und regenerative Prozesse an. Exemplarisch sei hier die nächtliche Wachstumshormonsekretion erwähnt, welche durch Training beeinflusst wird [19]. Bislang gibt es jedoch keine Belege für die Hypothese, dass die akute, trainingsbedingte nächtliche Sekretion von Wachstumshormon mit Veränderungen der Schlafqualität korreliert [20].
Crosstalk zwischen der Peripherie und dem Gehirn
Durch Bewegung werden periphere Organe stimuliert, Moleküle ins Blut zu sezernieren, welche die Blut-Hirn-Schranke passieren und somit zentralnervöse somnogene Effekte auslösen können (siehe Abb. 2). Dieser auch als „tissue–brain crosstalk“ bekannter Wirkmechanismus wurde bereits durch andere Autoren [4, 21] ausführlich dargestellt und wird im folgenden Abschnitt kurz zusammengefasst.
Interleukin-6 (IL-6)
Skelettmuskelzellen koordinieren die Trainingsanpassung in anderen Organen wie der Leber oder dem Fettgewebe durch Myokine. IL‑6 ist ein Myokin, welches an metabolischen, entzündungshemmenden, anabolen und neuronalen Prozessen sowie am Tumorwachstum beteiligt ist. Der IL-6-Spiegel wird bei akuter körperlicher Belastung in Form von Ausdauertraining dosisabhängig durch die laktatabhängige Proteaseaktivität sowie Osteocalcin (ein von den Osteoblasten sezerniertes Hormon), erhöht. Tier- und Menschenversuche zeigen, dass IL‑6 die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, obwohl der enzymatische Abbau die IL-6-Konzentration im Gehirn erheblich reduziert.
IL‑6 ist auch an der Schlafregulierung beteiligt. Die basale Sekretion von IL‑6 aus Skelettmuskelzellen folgt einem zirkadianen Rhythmus. Eine Störung der autonomen zirkadianen Uhr verringert die IL-6-Sekretion stark. Die nasale Verabreichung von IL‑6 erhöht die Aktivität der langsamen kortikalen Wellen in der zweiten Nachthälfte und verbessert die Schlafkontinuität (Anzahl Wachphasen und Schlafeffizienz) sowie die schlafassoziierte Konsolidierung des emotionalen Gedächtnisses bei gesunden Personen. Daten aus einem transgenen Mausmodell zeigen, dass die Blockierung der IL-6-Trans-Signalisierung in der Körperperipherie den Schlaf unterdrückt. Darüber hinaus stimuliert die trainingsinduzierte Sekretion von IL‑6 aus der Skelettmuskulatur die Freisetzung des Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1ra) ins Blut. IL-1ra erhöht die Slow-Wave-Aktivität während des Non-REM-Schlafs und reduziert den Cortisolspiegel im Schlaf bei gesunden Personen. Daher könnte IL‑6 ein Mediator sein, der Skelettmuskelzellen und schlafregulierende Zentren im Gehirn miteinander verbindet, siehe Abb. 2.
Kynurenin
Die Diagnose und der Schweregrad einer depressiven Episode werden mit der Dysregulation des Kynureninstoffwechsels in Verbindung gebracht. Kynureninsäure (KYNA) hemmt die Glutamat- und Dopaminfreisetzung im synaptischen Spalt. Des Weiteren reduziert KYNA bei Mäusen die Gesamtschlafzeit sowie den REM- und Non-REM-Schlaf. KYNA entsteht jedoch nur durch Kynurenin-Aminotransferase (KAT), welche Kynurenin (KYN) in KYNA umwandelt. Im Mausmodell erhöht Training die muskuläre KAT-Expression, was im Blut zu einem höheren Anteil an KYNA im Vergleich zu KYN führt. Weil KYNA jedoch die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, steht im Gehirn weniger KYN zur Verfügung, wodurch die KYNA Konzentration im Gehirn sinkt, siehe Abb. 2. Es gibt jedoch nur wenige und widersprüchliche Ergebnisse über die akute Wirkung von aerobem Training auf den Kynureninstoffwechsel beim Menschen. Grund dafür dürften die sich stark unterscheidenden Trainingsumfänge in den Studien sein (20 min vs. 150 km Fahrradzeitfahren).
Brain-derived neurotrophic factor (BDNF)
BDNF fördert das Überleben bestehender Neurone sowie die Neuro- und Synaptogenese im Gehirn und der Peripherie. Es besteht eine komplexe Wechselwirkung zwischen Schlaf, Depression und BDNF-Spiegel. Die Diagnose und der Schweregrad einer Depression sowie die komorbide Insomnie sind mit niedrigeren BDNF-Serumspiegeln assoziiert. Darüber hinaus sind niedrige BDNF-Spiegel mit einem geringeren Tiefschlaf verbunden. Umgekehrt steigert eine Erhöhung des BDNF-Spiegels im Gehirn die Aktivität der langsamen Wellen im Non-REM-Schlaf bei Mäusen. Es besteht auch eine positive Rückkopplungsschleife zwischen BDNF und Serotonin (5-HT), aus welchem in der Zirbeldrüse Melatonin (MEL) synthetisiert wird. Melatonin wirkt wiederum schlafanstoßend und als Zeitgeber.
Ein einziges aerobes Training erhöht bei Patienten mit Depressionen vorübergehend die Konzentration von BDNF. Bemerkenswert dabei ist, dass der akute Anstieg des BDNF-Spiegels nach aerobem Training bei Patienten mit Depressionen über 16 Wochen konstant zu bleiben scheint [22]. Da das Gehirn 70–80 % des zirkulierenden BDNF in Ruhe und unter Belastung beisteuert, scheint es naheliegend, dass körperliche Aktivität den BDNF-Spiegel auch im Gehirn direkt erhöht. Dieser BDNF-Anstieg könnte durch die folgenden vorgeschalteten Signalwege erklärt werden: 1) hepatisches d‑β-Hydroxybutyrat (DBHB) hemmt die Histondeacetylasen 2 und 3 (HDAC2/3), 2) hepatischer insulinähnlicher Wachstumsfaktor‑1 („insulin-like growth factor 1“, IGF‑1), 3) PGC1‑α erhöht die Skelettmuskelexpression von Fibronektin-Typ-III-enthaltendem Protein 5 (FNDC5), das wiederum Irisin freisetzen kann, 4) Laktat stimuliert direkt die Produktion von Irisin im Gehirn über den PGC1-α/FDNC5-Weg, 5) das Myokin Cathepsin B (CTSB) und 6) Osteocalcin (OC), siehe auch Abb. 2.
Diese Signalwege könnten auch erklären, warum Bewegung bei Mäusen vor der durch Schlafentzug verursachten Herabregulierung von BDNF zu schützen scheint.
Hepatokine
Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21 (FGF21) ist ein Hormon, das von mehreren Zelltypen, darunter Hepatozyten, Adipozyten und Myozyten, produziert wird. Bewegung erhöht die Expression von FGF21 bei gesunden Menschen, höchstwahrscheinlich über den Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptor alpha (PPARα) in Hepatozyten, nicht aber in Myozyten. FGF21 reguliert das zirkadiane Verhalten über den suprachiasmatischen Nukleus und senkt bei Mäusen die Körpertemperatur während der Nacht. Erhöhte Serumkonzentrationen von IGF‑1 werden auch mit verbesserten Symptomen von Schlaf-Wach-Störungen im zirkadianen Rhythmus bei Kindern im Schulalter in Verbindung gebracht.
Wirkmechanismen chronischer Effekte
Thermoregulation
Wie bereits erwähnt, ist die Thermoregulation ein zentraler Faktor der zirkadianen Rhythmik und der Schlafregulation, welche bei Depression und Insomnie beeinträchtigt ist. Regelmäßiges Ausdauer- [23], Kraft- [24] und Mind-Body-Training [25] verbessern jedoch die Thermoregulation. Dies könnte daher ein weiterer Mechanismus sein, durch welchen körperliche Aktivität den Schlaf verbessert.
Depressivität, Angst und Schmerzen
Die Prävalenz komorbider chronischer Schmerzen [26] und Angststörungen [27] ist bei Patienten mit Depression hoch. Schlaf steht in einem bidirektionalen Zusammenhang mit chronischen Schmerzen [28], Angstzuständen und Depressionen [29]. Viele Metaanalysen haben die positive Wirkung von regelmäßigem Ausdauer- [30], Kraft- [31] und Mind-Body-Training [32] auf die depressive Symptomatik sowie Schmerzen und Angstzustände nachgewiesen. Dieses könnte die positive Wirkung von Bewegung auf den Schlaf teilweise erklären.
BDNF und Kynurenin-Stoffwechsel
Die Metaanalyse von Dinoff et al. [33] untersuchte den Effekt regelmäßiger Bewegung auf den Ruheserumspiegel von BDNF bei Patienten mit Depression. Die Autoren fanden einen Trend zu höheren BDNF-Spiegeln nach regelmäßigem Ausdauertraining (SMD = 0,43, 95 % CI: −0,06–0,92, p = 0,09). Entsprechende Studien zum Krafttraining fehlen bis heute. Mind-Body-Training scheint jedoch nach ersten Ergebnissen den Ruhewert von BDNF bei Patienten mit Depressionen zu erhöhen [34]. Wie bereits erwähnt, wird BDNF mit der Aktivität der langsamen kortikalen Wellen in Verbindung gebracht, was eine positive Wirkung auf den Schlaf signalisiert. Daher könnte der Anstieg des BDNF-Spiegels nach regelmäßigem Ausdauertraining die positive Wirkung des Trainings auf den Schlaf erklären.
Um das physiologische Erklärungsmodell von Mind-Body- oder moderatem bzw. intensivem Ausdauertraining auf die Depression zu erhärten, fehlt jedoch auch nach der über 12 Wochen durchgeführten Trainingsstudie ein Effekt auf die peripheren KYN- oder KYNA-Spiegel [35].
Arousal – HRV
Arousal gilt als ein zentraler ätiopathogenetischer Faktor der Insomnie und wird als Zustand einer erhöhten Aktivierung und Reaktivität, welche sich in mehreren psychophysiologischen Biomarkern niederschlägt, definiert. Regelmäßiges Ausdauer- [36] und Mind-Body-Training [37] verbessert bei Patienten mit Depression die Herzfrequenzvariabilität (HRV), einen Marker für psychophysiologisches Arousal. Eine solche Verbesserung könnte ein weiterer möglicher Wirkmechanismus sein, welcher den Effekt von Bewegung auf den Schlaf erklärt.
Schlussfolgerungen
Die hier zusammengefassten mutmaßlichen Wirkungsmechanismen des Crosstalks zwischen der Peripherie und dem Gehirn beruhen hauptsächlich auf Tierdaten. Daher ist es unsicher, ob sich diese Erkenntnisse ohne weiteres auf den Menschen und insbesondere auf Patienten mit Depression übertragen lassen. Die Wissenschaft steht bei der Erforschung der Eigenschaften der menschlichen Blut-Hirn-Schranke noch am Anfang. Des Weiteren könnte chronischer Schlafmangel die Funktion der Blut-Hirn-Schranke stören [38]. Angesichts ihrer Gatekeeper-Rolle ist die Blut-Hirn-Schranke höchstwahrscheinlich von zentraler Bedeutung für das Verständnis der physiologischen Mechanismen der trainingsinduzierten Auswirkungen auf den Schlaf bei Patienten mit Depressionen. Um diese potenziellen physiologischen Mechanismen zu verstehen, ist weitere Forschung erforderlich.
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Brupbacher, G., Schneiders, A., Schmidt-Trucksäss, A. et al. Wirkmechanismen körperlicher Aktivität auf den Schlaf bei Patienten mit Depression: Ein Narratives Review. Somnologie 26, 226–231 (2022). https://doi.org/10.1007/s11818-022-00389-x
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