Einleitung

Die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid sind die Hauptaufgaben der Lunge. Überprüft werden diese mittels der arteriellen Blutgasanalyse (BGA), die einerseits die alveoläre Ventilation (VA) und das vorliegende Atemregulationsniveau (PaCO2) und andererseits das atmosphärische O2-Angebot wie die pulmonale Oxygenation reflektiert. Dabei hängt die pulmonale O2-Aufnahme von der Abstimmung zwischen alveolärer Ventilation und pulmonaler Durchblutung (Ventilations-Perfusions-Match, VQ-Match), der O2-Diffusion in der Lunge (DLO2) und einem allfälligen intra- oder extrapulmonalen Rechts-Links-Shunt (Qs/Qt; venöse Blutbeimischung) ab. Unter einem Rechts-Links-Shunt versteht man die Beimischung von nicht oder unzureichend oxygeniertem (venösem) Blut zum arteriellen Blut. Ein intrapulmonaler (= funktionaler) Rechts-Links-Shunt entsteht durch ein Missverhältnis von Ventilation und Perfusion bzw. konkret durch fehlende oder unzureichende Ventilation von normal perfundierten Lungenarealen. Definiert wird der intrapulmonale Rechts-Links-Shunt als Verhältnis von „geshuntetem Herzzeitvolumen“ (Qs) zu totalem Herzzeitvolumen (Qt).

Zusammen bestimmen VA und pulmonale Oxygenation (erfasst mit der alveolo-arteriellen O2-Differenz AaDO2) den Sauerstoffpartialdruck des arteriellen Blutes (PaO2). Allerdings hängt der PaO2 auch vom O2-Partialdruck in der Einatemluft (PIO2) ab – und dieser wiederum vom barometrischen Wasserdampfdruck bei gegebener Körpertemperatur und Umgebungsbedingungen, wie dem Anteil des Sauerstoffs in der Einatemluft (FIO2). Der barometrische Druck (Pbaro) selbst wird von der Wetterlage mit ihren Druckschwankungen zwischen Hoch- und Tieflagen, vor allem aber von der Seehöhe beeinflusst.

Die physiologische O2-Kaskade – also die O2-Aufnahme aus der Luft in die Alveolen und weiter in Lungenkapillären bzw. in das arterielle Blut – wird in der Luftgleichung dargestellt:

figure a
PIO2 =:

O2-Partialdruck in der Einatemluft (subglottische Atemwege)

PH2O =:

Wasserdampfdruck bei 37 °C ~ 47 mmHg

FIO2 =:

Fraktion des inspirierten Sauerstoffs

PAO =:

O2-Partialdruck in den Alveolen nach O2-CO2-Austausch

RQ =:

CO2-Produktion/O2-Verbrauch = VCO2/VO2

Kf =:

Alveolärer Konversions/Austauschfaktor O2-Abfall für CO2 = (1 − (1 − RQ) × FIO2)/RQ; normal 1,20–1,25 in Ruhe bei RQ 0,8; 0,93 bei RQ 1,1

PACO =:

PaCO2 = alveolärer bzw. arterieller CO2-Partialdruck; altersunabhängig

AaDO2 =:

alveolo-arterieller O2-Gradient reflektiert die pulmonale Oxygenation; ist altersabhängig

Entnahme und Lagerung der Blutprobe

Für die Blutgasanalyse wird arterielles Blut verwendet, das aus einer Arterie (meistens A. radialis oder A. femoralis) oder – nach Anwendung einer hyperämisierenden Salbe – aus einem Ohrläppchen entnommen werden kann. Allerdings eignet sich Letzteres nicht bei schwerer Adipositas, bei alten Menschen mit „ledrigem“ oder kaltem Ohrläppchen, bei zyanotischen oder schockierten Patienten – kurzum bei einer Gefäßpathologie und Mikrozirkulationsstörungen oder bei einer Blutgasanalyse unter Atmung von reinem O2.

Die Analyse der Probe sollte möglichst unmittelbar auf die Abnahme folgen, denn auch bei luftfreier Abnahmetechnik kommt es bei einer Lagerung aufgrund des aeroben Stoffwechsels von Blutzellen zu Änderungen der Blutgaswerte. Ist eine Analyse nicht innerhalb von 15 min möglich, muss die Probe auf Eis oder im Kühlschrank auf 2–4 °C gekühlt werden, dies erlaubt eine Auswertung noch bis zu maximal 6 h. Das Aufwärmen der Probe auf 37 °C erfolgt bei modernen BGA-Geräten während der Probenverarbeitung, eine gefrorene und wieder aufgetaute Blutprobe ist wegen Hämolyse nicht mehr verwendbar.

Kapilläre Blutgase zeigen bei den PaCO2- und pH-Werten eine gute Übereinstimmung mit arteriellen Proben, allerdings ist der kapilläre O2-Partialdruck im Mittel um 5 mmHg niedriger als der arterielle. Kapilläre Proben aus hyperämisierten Ohrläppchen repräsentieren ein arteriolo-venuläres Mischblut, das einen Stichkanal passierte.

Messwerte des Gasaustausches

In den modernen Blutgasanalysatoren werden gemessen:

  • der arterielle Sauerstoffpartialdruck (PaO2),

  • die arterielle O2-Sättigung (SaO2),

  • sowie der arterielle Kohlendioxidpartialdruck (PaCO2).

Ein wichtiger errechneter Wert ist dabei die alveolo-arterielle bzw. alveolo-kapilläre Sauerstoffdifferenz (AaDO2 – AcapDO2), welche die pulmonale Oxygenation widerspiegelt.

In Kenntnis von PaO2, SaO2 und O2~Hämoglobin kann der Sauerstoffgehalt in 100 ml Blut als O2-Content (O2-Gehalt CtO2) angegeben werden. Dieser entscheidet letztlich darüber, ob eine Hypoxämie, also ein O2-Mangel im arteriellen Blut, vorliegt oder nicht. Der O2-Gehalt (CtO2) des Blutes errechnet sich mittels des arteriellen O2-Partialdrucks und der physikalischen Löslichkeit des O2, der Bindung von O2 an Hb, zusammen mit der O2-Sättigung und der Hämoglobinkonzentration nach der Formel:

$$\begin{aligned}&\text{Ct}\mathrm{O}_{2}=1,34\times \mathrm{S}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\times \text{Hb}+0,003\times \mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\\ &\text{Beispiel:}\,\, 1,34\times 0,97\times 14+0,003\times 90,6=18,47\text{ml}\, \mathrm{O}_{2}/100\,\text{ml Blut}\\ &\text{vereinfacht}\,\,\text{Ct}\mathrm{O}_{2}=1,36\times \mathrm{S}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\times \text{Hb}=1,36\times 0,97\times 14=18,47\end{aligned}$$

Ferner wird der pH-Wert gemessen und aus pH und PaCO2 der Bikarbonatgehalt (\({\text{HCO}_3}^-\)) und die Basenabweichung – der Base-Excess (BE) – berechnet, wobei der PaCO2 die respiratorische und das Bikarbonat die metabolische Komponente darstellen.

Arterieller Kohlendioxydpartialdruck (PaCO2)

CO2 entsteht im Rahmen des aeroben Stoffwechsels in den Körperzellen, und zwar vorwiegend durch Dekarboxilierung im Zitronensäurezyklus der Mitochondrien und wird überwiegend im Plasma gelöst transportiert.

Veränderungen des PaCO2 verändern den pH-Wert. Der Partialdruck von Kohlendioxid wird unabhängig von Alter, Geschlecht und Körpermaßen innerhalb eines schmalen Normbereiches auf Meereshöhe zwischen 40 ± 5 mmHg reguliert.

Aufgrund der guten Löslichkeit von CO2 ist dessen Diffusionskapazität durch die alveolo-kapilläre Membran 20-mal größer als jene für O2. Das metabolisch gebildete CO2 tritt ungehindert in das venöse Blut und von dort in den Alveolarraum über, von wo es durch die alveoläre Ventilation (VA), nicht jedoch durch die Totraumventilation, wieder entfernt wird.

Die CO2-Produktion in ml/min (VCO2) steht im Gleichgewicht mit der alveolären Minutenventilation (VA) und dem PaCO2 nach der

$$\text{Alveolargleichung}\,\,\text{VC}\mathrm{O}_{2}=\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{C}\mathrm{O}_{2}\times \mathrm{V}_{\mathrm{A}}$$

Der PaCO2 wird einerseits durch das Atemregulationsniveau bestimmt, ist janusköpfig andererseits gleichzeitig Folge von 3 physiologischen Faktoren:

  • CO2-Produktion (im Rahmen des Ruhe- oder Leistungsstoffwechsels),

  • aktuelles Atemminutenvolumen (AMV = Atemminuten-Ventilation = VE) und

  • Totraumanteil (vd/vt). Dieser ergibt sich aus dem Verhältnis von Totraum (Vd) und Atemzugsvolumen (Vt).

Während der PaCO2 zwar über das Alter hinweg relativ konstant bleibt, unterliegt er jedoch einer Reihe von kurzfristigen regulatorischen Einflüssen. So bestimmen etwa der Zellstoffwechsel (Ruhe-Leistungsmetabolismus) und die Bikarbonatpufferung die Menge des produzierten Kohlendioxids. Das pro Minute produzierte CO2 wird in gleichem Umfang von der alveolären Ventilation eliminiert, CO2-Produktion und CO2-Elimination stehen in einem Fließgleichgewicht. Übersteigt passager die alveoläre Elimination von CO2 die metabolisch gebildete CO2-Menge, dann sinkt der PaCO2. Sonst jedoch stehen die CO2-Produktion und die CO2-Abatmung im Gleichgewicht auf einem bestimmten, weitgehend konstanten Atemregulationsniveau.

Liegt der PaCO2 unter 35 mmHg, spricht man von Hypokapnie, alveolärer Hyperventilation bzw. von einer respiratorischen Alkalose. Nachweisbar sind die Veränderungen kurzfristig (akut) vornehmlich im Blut, langfristig (chronisch) – als Transiente, nach „metabolischem“ Äquilibrium mit Bikarbonat – in allen Geweben und Organen. Unterschreitet hingegen die alveoläre Eliminierung des CO2 vorübergehend die metabolisch gebildete CO2-Menge, steigt der PaCO2, um sich bei Erfordernis allenfalls auf ein neues Niveau einzuregulieren. Bleibt der PaCO2 dabei über 45 mmHg, spricht man bei mehrtägiger Dauer nicht mehr von akuter sondern von chronischer Hyperkapnie, chronischer alveolärer Hypoventilation bzw. einer fortgesetzten respiratorischen Azidose, je nachdem, ob man den CO2-Gehalt, die alveoläre Be-/Entlüftung oder die Säure-Basen-Balance betrachtet.

Die Regulation der Ventilation erfolgt zentral primär über den CO2-Partialdruck. Der Atemantrieb wird hypothetisch durch folgende Ratio definiert:

$$\frac{\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{C}\mathrm{O}_{2}\text{IST}}{\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{C}\mathrm{O}_{2}\text{SOLL}}$$

Eine Ratio < 1 hat zur Folge, dass der respiratorisch-motorische Atemantrieb (RMO Respiratorischer Motorischer Output) sinkt, eine Ratio > 1, dass RMO steigen wird, was als anstrengende Atmung perzipiert wird. Die Atemsteuerung erfolgt dabei über die Atemfrequenz (fres) und die Generation eines bestimmten Atemzugvolumens (VT). Für dieses haben speziell die inspiratorischen Atemmuskel Druck zu generieren, um vor allem die Elastance für VT und den Atemwiderstand für den Einatemfluss (VT/Tin) zu überwinden. Darüber hinaus beeinflusst afferentes Feedback aus bronchopulmonalen, thorakalen und muskulären Mechanorezeptoren die zentrale Atemregulation. In zweiter Linie ist die Ventilation getrieben von der H+-Konzentration, in dritter Linie von einer PaO2-Erniedrigung. H+ und PaO2 unterliegen wegen der Querverbindungen zum Säure-Basen-Haushalt und zur Verhinderung einer gefährdenden Hypoxämie der zentralen Chemorezeption.

Der effektive CO2-Partialdruck (PaCO2IST) wird über die Minuten – bzw. genauer über die alveoläre Ventilation – dem angestrebten Ventilationsniveau PaCO2 SOLL angepasst, der als Atemregulationsniveau bei einer Vielzahl von Zuständen abgesenkt wird. Zu diesen zählen etwa Fieber, Hyperthyreose, metabole Azidosen, bronchopulmonale Erkrankungen, kardiorespiratorische Probleme, Hypoxämie, Anämie, Schmerz, Entzug, Delir, Erregtheit, Angst, Panik, Antizipation, Schwangerschaft etc.

Nur bei Gesunden liegt der PaCO2 stabil im Bereich von 40 ± 5 mmHg. Bei PaCO2-Werten unter 35 mmHg ist nach obigen Störungen – und erst zuletzt nach einer psychogenen bzw. situativen Ursache – zu suchen. Liegt der PaCO2 über 43–45 mmHg, ist zu fragen, ob der Patient „nicht versucht“, d. h. ob eine Abnormität der Chemorezeption oder des Atemantriebes vorliegt (z. B. Adipositas-Hypoventilations-Syndrom, medikamentöse oder drogenbedingte Atemdepression), oder „nicht kann“ bzw. „nicht mehr, nicht länger kann“, es sich also um ein Ventilationsversagen handelt. Letzteres kann dann eintreten, wenn entweder die Atemlast zu groß oder die Atempumpe/Atemmuskulatur zu schwach geworden ist, um die erforderliche Ventilation aufrechtzuerhalten (z. B. bei neuromuskulären Krankheiten, kardiogenem Schock oder nach größeren Operationen am Rumpf etc.). Kann der PaCO2IST nicht dem PaCO2SOLL angepasst werden, wird Atemnot erlebt, die den Charakter bis hin zum Erstickungsgefühl und einer ängstlichen Bedrohung/Panik annehmen kann.

Reflektiert der PaCO2 einerseits die alveoläre Ventilation wie zugleich das augenblickliche Atemregulationsniveau, so repräsentiert er gleichzeitig den respiratorischen Anteil des Säure-Basen-Status gemäß der Gleichung:

$$\text{pH}=6,1+\log \, \left (\text{Bikarbonat}/0,03\times \mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{C}\mathrm{O}_{2}\right )\, \text{bzw}.$$
$$\text{pH}=6,1+\log \frac{\text{HCO}_3^-}{0,03\times \text{P}_{a}\text{CO}_2}$$

Das Verhältnis von CO2-Produktion zu O2-Verbrauch pro Minute wird als respiratorischer Quotient RQ (auch RER, Respiratorische Exchange Ratio) angegeben:

$$\text{RQ}=\text{RER}=\text{VC}\mathrm{O}_{2}/\mathrm{V}\mathrm{O}_{2}\,\,\text{in Ruhe normal}\,\,0,80-0,85$$

Interpretation der Blutgasparameter

Die Interpretation der Blutgasparameter beginnt aus respiratorischer Sicht beim PaCO2, d. h. der alveolären Be-/Entlüftung. Die alveoläre Ventilation legt den alveolären O2-Partialdruck PAO2 fest. Als nächster Analyseschritt folgt die pulmonale Oxygenation, die Aufnahme des O2 von den Alveolen in die pulmonalen Kapillaren, deren Maß und Güte mittels der alveolo-arteriellen O2-Differenz (AaDO2) bestimmt wird.

Der PaO2 nimmt, bei konstantem PaCO2 und unverändertem AaDO2, unter Belastung RQ-bedingt zu. Durch Besserung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses unter körperlicher Aktivität reduziert sich die AaDO2 und der PaO2 steigt zusätzlich. Bei Diffusionsproblemen nimmt dagegen der alveolo-arterielle O2-Gradient zu, wodurch in Folge der PaO2 fällt.

Arterieller Sauerstoffpartialdruck (PaO2)

Der PaO2 × 0,003 repräsentiert jene kleine Menge an O2 im Blut, die physikalisch gelöst ist und nicht an Hämoglobin gebunden transportiert wird. Der PaO2 als Resultante der gesamten O2-Aufnahme wird von folgenden Faktoren beeinflusst:

  • barometrischer Druck,

  • Körpertemperatur (Wasserdampfdruck bei 37 °C 47 mmHg),

  • Fraktion des O2 in der Inspirationsluft (O2-Anteil bei Raumluft – FIO2 21 %),

  • alveoläre Ventilation wie alveolärer CO2-O2-Austauschfaktor (RQ → Kf),

  • pulmonale Oxygenation (repräsentiert durch die AaDO2), bestehend aus

    1. 1.

      Ventilations-Perfusions-(Mis)Match (Abgleich der alveolären Ventilation und der kapillären Lungendurchblutung),

    2. 2.

      Diffusion (O2-Transfer von den Alveolen auf das Hämoglobin),

    3. 3.

      venöser Beimischung (Rechts-Links-Shunt pulmonal und extrapulmonal).

Eine Störung eines oder mehrerer dieser Faktoren führt zu einer Verminderung des PaO2 (arterielle Hypoxämie). Im Gegensatz zur arteriellen O2-Sättigung des Hämoglobins (SaO2) wird der PaO2 ausschließlich von der Atmung beeinflusst und nicht vom pH-Wert, der Temperatur oder vom allfälligen Vorhandensein einer Hämoglobinopathie. Der PaO2 repräsentiert daher auch nicht den O2-Gehalt des arteriellen Blutes (Content CtO2 in Volumsprozent) per se, sondern nur die „O2-Spannung“, welche das Hämoglobin (die „zirkulierende O2-Batterie“) „auflädt“.

Der Referenzwert für PaO2 wird entsprechend den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie in Abhängigkeit vom Lebensalter nach der Formel von Nolte berechnet, ermittelt auf einer Seehöhe von 32 m:

$$\begin{aligned}&\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}(\text{mm Hg})=100-0,26\times \text{Alter}\,(\text{Jahre})\\ &\text{vereinfacht auch} 100-0,25\times \text{Alter}\\ &0,25\times \text{A entspricht dem Normwert der AaDO}_2\end{aligned}$$

Die breite PaO2-Streuung von ±14 mmHg kommt durch die Schwankungen des barometrischen Drucks, des PaCO2, des RQ – und damit der metabolischen Unterschiede – sowie des AaDO2 zustande. Für den unteren Normwert (also der niedrigste noch normale PaO2) müssen vom Referenzwert 14 mmHg subtrahiert werden. Ein PaO2 unter dem unteren Genzwert wird als verminderter arterieller Sauerstoff, ein Wert unter 55(60) mmHg als (respiratorische) Hypoxämie bezeichnet. Eine 60-jährige Person hat somit einen unteren Grenzwert für PaO2 von 100 − 0,26 × 60 − 14 = 70 mmHg.

Mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel nimmt der barometrische Luftdruck (Pbaro) bis 1500 m annähernd linear ab:

$$\mathrm{P}_{\text{baro}}\left (\text{mm\,Hg}\right )=760-0,082\times \text{H{\"o}he}\, \left (\mathrm{m}\right )\, \text{bis}\, 1500\,\mathrm{m}\,\,\text{Seeh\"{o}he}$$

Der atmosphärische PatmO2 liegt bei trockener Luft auf

$$\begin{aligned}& \text{Meeresh\"{o}he bei }\mathrm{P}_{\text{baro}}\times 0,21&=&\,(760-0,082\times 0)\times 0,21=159,6\text{mm Hg}\\ &200\,\mathrm{m}\text{ Seeh\"{o}he bei }\mathrm{P}_{\text{baro}}\times 0,21&=&\,(760-0,082\times 200)\times 0,21=156,2\,\text{mm\,Hg}\, (\text{Wien})\\ &800\,\mathrm{m}&=&\,(760-0,082\times 800)\times 0,21=145,8\text{mm Hg}\,(\text{Natters})\end{aligned}$$

Entsprechend nimmt der PaO2 um 1,7 mmHg/100 m Höhe ab. Kommt es allerdings zu einer ventilatorischen Höhenkompensation, fällt der PaO2 im Mittel nur um ca. 1,4–1,5 mmHg/100 m. Das setzt voraus, dass der Betroffene seine Ventilation überhaupt steigern kann und die ventilatorische Reserve nicht bereits ausgeschöpft ist.

Im Falle einer Langzeit-O2-Verordnung ist zu bedenken, dass Österreich ein alpines Land ist, in dem sich die höhenmäßige Lage von Lebensmittelpunkten, Arbeitsplätzen und Freizeitregionen deutlich von jener von Atemfunktionslabors unterscheidet.

Arterielle O2-Sättigung (SaO2); Arterieller O2-Gehalt (CtaO2)

Nach Diffusion des O2 von den Alveolen in das pulmonale Kapillarblut kommt es zur Assoziation von O2 mit Hämoglobin (Hb). Dadurch entsteht Oxyhämoglobin (O2~Hb), dessen prozentueller Anteil am Gesamt-Hb der O2-Sättigung des Hb entspricht. Zusammen mit der Hb-Konzentration (in g/dl) bestimmt die SaO2 den O2-Gehalt des arteriellen Blutes (Content CtaO2 in ml O2/dl). Da Hämoglobin bei 100 % Sättigung 1,34 ml O2 bindet, gilt folgende Formel (SaO2 als Fraktion von 1):

$$\begin{aligned}\mathrm{C}\mathrm{t}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\left (\text{V\% }\right )&=\left [\text{Hb}\right ]\, \mathrm{g}/\text{dl}\times 1,34\times \mathrm{S}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}+0,003\times \mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\\ \text{oder vereinfacht} &= \text{Hb}\times 1,36\times \mathrm{S}_\mathrm{a}\mathrm{O}_2\end{aligned}$$

Normalwert für eine Sättigung von 0,95 und ein Hb von 14 g/dl = 18,1 ml O2/dl Blut von 0,95 und ein Hb von 12 g/dl = 15,4 ml O2/dl Blut

Approximativer Grenzwert bei 0,90 Sättigung und Hb 12 g/dl × 1,36 = 14,7 ml O2/dl

Somit kann bei einer Anämie der O2-Gehalt des Blutes trotz eines normalen PaO2 und einer normalen O2-Sättigung vermindert sein; es liegt eine echte Hypoxämie, ein Sauerstoffmangel, vor.

$$8\mathrm{g}/\text{dl}\times 1,36\times 0,97=10,6\text{ml}\ \mathrm{O}_{2}/\text{dl}\ \text{liegt unter der Untergrenze von}\ 14,7\,\text{ml}\ \mathrm{O}_2/\text{dl}$$

Andererseits kann bei einer Polyglobulie der O2-Gehalt trotz niedrigem PaO2 (46,4 mmHg) und verminderter O2-Sättigung (82 %) normal sein; eigentlich besteht keine Hypoxämie. Es sind zwar der arterielle PO2 und die O2-Sättigung deutlich unter der Norm, aber durch Hb~Kompensation aufgewogen.

$$17\mathrm{g}/\text{dl}\times 1,36\times 0,82=18,96\,\text{ml}\, \mathrm{O}_{2}/\text{dl}$$

Die SaO2 verhält sich proportional zum PaO2. Allerdings besteht keine lineare, sondern eine sigmoide Beziehung, die sich grafisch als die annähernd S‑förmige O2-Bindungskurve des Hb darstellt. Bis zu einem PaO2 von ca. 60 mmHg verläuft die O2-Bindungskurve nahezu linear und ziemlich steil, wodurch eine Erhöhung des PaO2 auch zu einer entsprechenden Steigerung der SaO2 führt. Bei höherem PaO2, ab etwa 80–90 mmHg, flacht die Kurve zunehmend ab, sodass eine weitere Erhöhung des PaO2 eine nur mehr geringe – und letztlich gar keine – Zunahme der O2-Sättigung mehr bewirkt. Somit ist bei Werten über 70 mmHg die O2-Sättigung für die Beurteilung der Oxygenierung weniger gut geeignet als der PaO2.

Alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2)

Die AaDO2 ist die Differenz zwischen dem PO2 im Alveolarraum (PAO2) und dem PaO2. Während letzterer gemessen wird, wird der PAO2 mit Hilfe der Alveolarluftformel berechnet:

$$\mathrm{P}_{\mathrm{A}}\mathrm{O}_{2}=\left (\mathrm{P}_{\text{baro}}-47\right )\times \mathrm{F}_{\mathrm{I}}\mathrm{O}_{2}-\text{Kf}\times \mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{C}\mathrm{O}_{2}\left (\text{exakt}\right )$$

Nach Ermittlung des PAO2 wird zur Berechnung der AaDO2 noch der PaO2 abgezogen:

$$\text{AaD}\mathrm{O}_{2}=\mathrm{P}_{\mathrm{A}}\mathrm{O}_{2}-\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}$$

Zur Ermittlung des oberen Normwertes für die AaDO2 wird der untere Normwert des PaO2 (s. oben) vom PAO2 subtrahiert:

$$\text{AaD}\mathrm{O}_{2}\left (\text{oberer Grenzwert}\right )=\mathrm{P}_{\mathrm{A}}\mathrm{O}_{2}-\mathrm{P}_{\mathrm{a}}\mathrm{O}_{2}\left (\text{unterer Grenzwert}\right )$$

Überschlagsmäßig kann der obere Normwert für die AaDO2 auch geschätzt werden:

$$\text{AaD}\mathrm{O}_{2}\left (\text{oberer Grenzwert}\right )=\left (\text{Alter}\, \left [\text{in Jahren}\right ]+10\right )/2\, \text{oder}$$
$$\text{AaD}\mathrm{O}_{2}\left (\text{Normwert}\right )=\text{Alter}\times 0,25$$

Die AaDO2 wird herangezogen, um die pulmonale Oxygenierung unabhängig von der alveolären Ventilation – und somit vom PaCO2 – zu beurteilen. Der PaO2 kann bei einer leichtgradigen Oxygenierungsstörung durch eine gesteigerte alveoläre Ventilation „schein“-normalisiert werden (Bedarfs- oder regulative Hyperventilation). Durch Abnahme des alveolären PCO2 kommt es zu einem relativen Anstieg des PAO2 und somit zu einem erhöhten Sauerstoffgradienten zwischen Alveole und Kapillare, was die Arterialisierung verbessert. Im arteriellen Blut finden sich dann ein normaler PaO2 und eine Hypokapnie. Die Zunahme des alveolo-arteriellen O2-Gradienten bedeutet eine pulmonale Oxygenierungsstörung, da die AaDO2 unabhängig vom PaCO2 vergrößert ist. Bei normaler AaDO2 liegt keine Störung der pulmonalen Oxygenation vor, auch dann nicht, wenn der PaO2 vermindert ist. Eine derartige Konstellation findet sich bei der alveolären Hypoventilation oder erniedrigtem barometrischen Druck in größerer Höhe über dem Meer.

Vorgangsweise zur Differentialdiagnose der Funktionsstörungen der Lunge

Pulmonale Gasaustauschstörungen können anhand der BGA in Ruhe, der BGA unter ergometrischer Belastung und der BGA unter Atmung von reinem O2 (FIO2 100 %) abgeklärt werden. In der Mehrzahl der Fälle sind lediglich eine Ruhe-BGA und eine BGA unter Belastung zur Abklärung erforderlich (siehe Abb. 1).

BGA in Ruhe

Die Probe für die BGA in Ruhe sollte nach einer Ruhephase von 3–5 min abgenommen werden, und zwar besser im Sitzen als im Liegen: Im Liegen verschlechtert sich im Allgemeinen die pulmonale Oxygenation, entsprechend nimmt die AaDO2 zu und der PaO2 ab.

BGA unter ergometrischer Belastung

Ergibt die BGA in Ruhe abnorme Werte oder besteht klinisch der Verdacht auf eine potenzielle Gasaustauschstörung unter Belastung, folgt als zweiter Schritt die BGA unter moderater ergometrischer Belastung. Diese erfolgt bei 1/3 des Referenzwertes für die maximale Leistung in Watt (nach Alter, Geschlecht und Körperoberfläche) für eine Dauer von 5 min. Die Blutentnahme wird am Ende, aber noch während der Belastung durchgeführt.

Referenzwerte für die maximale Leistung in Watt:

$$\begin{aligned}&\text{M\"{a}nner:}\ 6,773+136,141\times \text{KOF}-0,064\times \mathrm{A}-0,916\times \text{KOF}\times \mathrm{A}\\ &\text{Frauen:}\ 3,933+86,641\times \text{KOF}-0,015\times \mathrm{A}-0,346\times \text{KOF}\times \mathrm{A}\end{aligned}$$
A:

Alter in Jahren,

KO:

Körperoberfläche: \(0,007148\times \left (\text{K{\"o}rpergewicht in kg}\right)0,425\times \left (\text{K{\"o}rperl{\"a}nge in cm}\right)0,725\)

BGA während Atmung von reinem Sauerstoff (FIO2 100 %)

Wird über ca. 10 min reiner O2 geatmet, dann wird der im Körper befindliche Stickstoff weitgehend ausgewaschen. Somit sollte sich der PaO2 dem zugeführten bzw. dem alveolären PO2 annähern, wobei die Zufuhr von O2 über ein luftdichtes System erfolgen muss (z. B. über ein Mundstück bei angebrachter Nasenklemme oder eine dicht sitzende Nasen-Mund-Maske). Eingeatmet wird über 10 min direkt aus einem mit O2 gefüllten Beutel, der seinerseits aus einer O2-Quelle mit einem Zustrom größer als das Atemminutenvolumen gespeist wird. Das Blut sollte aus einer Arterie entnommen und die Probe sofort gemessen werden.

Vier verschiedene Funktionsstörungen der Lunge bzw. Atmung

Die beiden zentralen Aspekte des pulmonalen Gasaustausches sind die alveoläre Ventilation (abhängig von der Atempumpe und Atemregulation; erkennbar am PaCO2-Niveau) und die pulmonale Oxygenation (ablesbar am AaDO2-Gradienten). Letztere ist durch die folgenden Faktoren bestimmt:

  • Abgestimmtheit zwischen Ventilation und Perfusion (Ventilations-Perfusions-Match; VQ-Match),

  • pulmonale Diffusion,

  • intra- oder extrapulmonale Beimischung venösen Blutes (Rechts-Links-Shunt).

Sind diese Teilfunktionen der Lunge gestört, ergeben sich insgesamt vier Funktionsstörungen, die einen arteriellen PO2-Abfall („respiratorische“ Hypoxämie) zur Folge haben können (Tab. 1).

Tab. 1 Vier verschiedene Funktionsstörungen der Lunge (Übersicht)

Der Hauptbefund ist in allen vier Fällen ein verminderter PaO2, bei 2. bis 4. eine Erhöhung der AaDO2. Die zweite bis vierte dieser Funktionsstörungen gehen häufig mit einer gegenregulatorischen Hyperventilation, entsprechend Abnahme des PaCO2, einher, was die erwartete PaO2-Minderung verschleiern kann.

Störungen der Ventilation

Bei einer „Störung der alveolären Ventilation“ besteht eine unzureichende bzw. ungleichmäßige Belüftung des Alveolarraumes, weswegen das Blut nicht ausreichend oxygeniert wird. Zu diesen Störungen zählen die ventilatorische Verteilungsstörung und die alveoläre Hypoventilation. Diese repräsentiert die gegensätzliche Pathologie einer „Über-Entlüftung“, wie sie auch bei der Ventilations-Perfusionsstörung oder einem abnormen Atemregulationsniveau gefunden wird.

Alveoläre Hypoventilation

Bei der alveolären Hypoventilation reicht die Belüftung des AIveolarraumes nicht aus, um das über die Pulmonalarterien antransportierte CO2 auf einem normalen arteriellen Niveau des PaCO2 (zwischen 35–45 bzw. 33–43; in Abhängigkeit von der Aufenthaltshöhe) zu halten.

Reicht die alveoläre Ventilation nicht aus, um einen angestrebten PaCO2 zu erreichen, wird die Minutenventilation so lange erhöht, bis das vom Atemzentrum vorgegebene Atemregulationsniveau erreicht ist. Ist der PaCO2 über die Norm erhöht, gibt es dafür zwei mögliche Erklärungen:

  1. 1.

    ein „träges Atemregulationszentrum“, das auf einem PaCO2 > 43–45 mmHg eingestellt ist oder

  2. 2.

    eine nicht mehr steigerbare Ventilation im Sinne eines „geht/kann nicht mehr“, d. h. eines Ventilationsversagens. Dies ist der Fall, wenn die ventilatorische (Pump)Last zu groß oder die Atempumpe zu schwach geworden ist, sodass ein Regulationsniveau von <38–40 mmH, zumindest <45 mmHg, nicht gehalten werden kann.

Als Erkennungsmerkmal für die alveoläre Hypoventilation gilt die arterielle Hyperkapnie.

BG-Muster für eine reine alveoläre Hypoventilation:

  • PaO2

  • AaDO2 normal

  • PaCO2

Bei diesem Muster ist die Diagnose eindeutig. Findet sich allerdings neben der Hyperkapnie auch eine erhöhte AaDO2, dann liegt neben der alveolären Hypoventilation noch eine pulmonale Oxygenationsstörung vor. Man spricht dann von Globalinsuffizienz bzw. Ventilations- und Oxygenationsversagen. Hier ist eine Abklärung mit Belastungs-BGAs und gegebenenfalls einer BGA unter reiner O2-Atmung erforderlich.

Beispiele für klinische Ursachen der alveoläre Hypoventilation:

  • Zentrale Atemregulationsstörung (z. B. Opiatintoxikation, Adipositas-Hypoventilationssyndrom)

  • Versagen der Atemmuskulatur (z. B. bei neuromuskulären Erkrankungen, auch bei Lungenödem)

  • Verkleinerung des Thoraxraumes bzw. Erhöhung der Thoraxsteife/-Elastance (z. B. bei Kyphoskoliose)

  • Überlastung (Atemwiderstand, Lungensteife, zu hohe Totraumventilation; auch bei Verlust von Lungengewebe z. B. durch Operation, Tumore; postoperativ bei größeren thorako-abdominellen oder Wirbelsäulenoperationen und gleichzeitiger Opiatgabe)

  • Bzw. bei jeder überfordernden Atemkrankheit

Bei starker Erhöhung des funktionellen Totraums beispielsweise ist die alveoläre Ventilation trotz erhaltenen Atemminutenvolumens reduziert, sodass ab einem Totraumanteil > 0,5 eine arterielle CO2-Erhöhung resultieren kann (Totraumquotient vd/vt = anatomischer + funktioneller Totraum/Atemzugvolumen; normal 0,40 in Ruhe und 0,20 bei Ausbelastung).

Durch die Gabe von Sauerstoff kann die Hypoxämie, nicht aber die Hyperkapnie, korrigiert werden. Bei Atemkrankheiten erfordert die Behandlungsstrategie bei alveoärer Hypoventilation eine Reduktion der Atemlast, z. B. durch Minderung des Atemwiderstandes bei Asthma oder Reduktion der Totraumventilation durch eine konsequente Behandlung der zugrundeliegenden Krankheit (Pneumonie, Lungenödem, COPD) oder Senkung des Atembedarfs bei konkomitanter Hyperthyreose.

Umgekehrt kann die Atemleistung z. B. durch Atemmuskeltraining erhöht werden. Körperliches Training reduziert die Bildung von Laktat und damit die Notwendigkeit einer Bikarbonatpufferung. Daraus folgt eine geringere CO2-Bildung, wodurch der ventilatorische Aufwand bei gleichem Leistungsniveau sinkt. Bei Ventilationsversagen hilft nur die (nicht-invasive) Beatmung zur Aufrechterhaltung der alveoären Ventilation.

Ventilatorische Verteilungsstörung

Eine ventilatorische Verteilungsstörung („Ventilations-Perfusions-Mismatch“) entsteht, wenn sich in normal belüfteten Alveolen eine Minderperfusion und in normal durchbluteten Alveolen eine unzureichende Belüftung findet. Beim „high V/Q mismatch“ ist der Quotient aus Ventilation zu Perfusion höher als normal, d. h.es werden Areale ventiliert, die schlecht oder nicht perfundiert sind (relative Totraumventilation).

Die lokale Minderbelüftung in einem Versorgungsgebiet verengter oder obturierter Atemwege verursacht einen Abfall des lokalen PAO2 und eine unzureichende Oxygenierung des venösen Blutes, das diese Alveolen passiert. In der Pulmonalvene mischt sich dieses nur teilweise arterialisierte, PaO2-verminderte Blut mit jenem, das von den Alveolen ohne V/Q-Mismatch (VQ-MM) kommt und einen normalen PaO2 aufweist. Im arteriellen Blut findet sich daher eine Hypoxämie, deren Ausmaß vom Anteil der partiellen venösen Beimischung abhängt. Nachdem ein Teil des venösen Blutes das Lungenkapillarbett ohne ausreichende Oxygenierung passiert (ähnlich wie bei einer direkten Shunt-Verbindung zwischen der A. und der V. pulmonalis), spricht man von einem funktionellen Rechts-Links-Shunt bzw. vermehrter venöser Beimischung. Da die Elimination von CO2 in anderen Alveolargebieten mit ungestörtem Ventilation/Perfusion-Verhältnis ohne Probleme bzw. kompensatorisch erfolgt, ist der PaCO2 meist normal oder in Folge einer gegenregulatorischen Hyperventilation erniedrigt.

Als BG-Muster der ventilatorischen Verteilungsstörung in Ruhe findet sich daher:

  • AaDO2↑,

  • PaCO2 normal oder ↓

  • je nach Kombination von pulmonaler Oxygenationsstörung und alveolärer Hyper/Normoventilation ist der PaO2 normal oder erniedrigt.

Unter körperlicher Belastung kommt es zu einer Steigerung der Ventilation mit einer Erhöhung der Atemzugvolumina. Durch die verstärkte Inspiration entsteht eine verstärkte Drucknegativierung im Pleuraspalt. Damit geht eine Verstärkung der vor allem die kleinen Bronchien offenhaltenden Kräfte einher, die vermehrte Ausschüttung endogener Katecholamine führt zusätzlich zu einer Bronchodilatation. Die Erweiterung der kleinen Luftwege und die Verstärkung des Atemflusses fördern die Eröffnung kollabierter oder durch Sekret obturierter Bronchiolen, sodass es zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Belüftung, einer Reduktion des V/Q-Mismatches und somit einer Verringerung der funktionellen Rechts-Links-Shunts kommt. In der Folge bessert oder normalisiert sich sogar die erhöhte AaDO2. Resultiert die Oxygenierungstörung allein aus einer ventilatorischen Verteilungsstörung, kommt es unter Belastung zu einem Anstieg des PaO2 und einer Abnahme der zuvor erhöhten AaDO2 bis in den Normalbereich. Bleibt die AaDO2 unter Belastung im pathologischen Bereich oder nimmt sie sogar weiter zu, muss zusätzlich noch eine andere Gasaustauschstörung (Diffusionsstörung oder anatomischer Rechts-Links-Shunt) vorliegen.

Typische klinische Beispiele der Verteilungsstörung sind:

  • COPD mit inhomogener Bronchialobstruktion,

  • Asthma bronchiale,

  • aber auch jede andere bronchopulmonale Erkrankung mit Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten (auch VQ-MM, VQ-Imbalance, VQ-Ungleichgewicht, VQ-Störung bezeichnet).

Diffusionsstörung und anatomischer Rechts-Links-Shunt

Das BG-Muster bei Diffusionsstörung und anatomischem Rechts-Links-Shunt entspricht in Ruhe jenem der ventilatorischen Verteilungsstörung:

  • AaDO2↑,

  • PaCO2 normal oder ↓,

  • je nach Kombination von pulmonaler Oxygenationsstörung und alveolärer Hyper/Normoventilation ist der PaO2 normal oder erniedrigt.

Anders als bei der ventilatorischen Verteilungsstörung verbessern oder normalisieren sich beide Störungen (Diff-Abnormität und ReLiShunt) beim Belastungstest nicht, sondern bleiben unverändert oder verschlechtern sich sogar – vor allem die Diffusionsstörung (abhängig vom Schweregrad der Pathologie).

Diffusionsstörung

Bei einer Diffusionsstörung ist der Übertritt des O2 vom Alveolarraum ins Kapillarblut und weiter auf das Hämoglobin der Erythrozyten behindert. Die treibende Kraft für die Diffusion von O2 durch die alveolo-kapilläre Membran ist der Konzentrationsgradient zwischen den beiden Kompartimenten. Das Ausmaß der Diffusion hängt dabei von der Oberfläche der Alveolen, der Dicke der Membran, ihrer Durchlässigkeit, der Kontaktfläche, der Kontaktzeit im Kapillarbett, der Blutfülle (Hb) und der pulmonalen Perfusion, sprich dem Cardiac Output, ab.

Die Kontaktzeit entspricht der für die Diffusion erforderlichen Zeit und beträgt in Ruhe ca. 0,7 s. Bei ansonsten ungestörter Diffusion genügen für einen vollständigen alveolo-kapillären Transfer von O2 auch 0,2 s: ein Wert, der normalerweise auch bei stärkster körperlicher Belastung (und höchstem Herzzeitvolumen) nicht erreicht wird. Allerdings verlängert sich die für den vollständigen Druckausgleich zwischen Alveole und Kapillarblut notwendige Kontaktzeit bei einer Diffusionsblockierung (z. B. alveolo-kapillärer Block in Folge einer verlängerten Diffusionsstrecke bei Lungenfibrose oder anderen Lungenparenchymerkrankungen). Ist nun der Zeitbedarf höher als die tatsächliche kapilläre Transitzeit, bleibt die vollständige Arterialisierung aus und es kommt zur arteriellen Hypoxämie. Die Abhängigkeit der Diffusion vom Blutfluss, der Strömungsgeschwindigkeit bzw. kapillären Verweilzeit ist der Grund, warum bei einer leichten Diffusionsstörung eine Hypoxämie zunächst nur unter Belastung manifest wird.

Eine Diffusionsstörung findet sich u. a. bei bei folgenden klinischen Krankheitsbildern:

  • Lungenemphysem mit Parenchymverlust (stets in Kombination mit einer Ventilations-Perfusionsstörung),

  • interstitielle Lungenkrankheiten (Alveolitis, Lungenfibrose u. a.) als sogenannter alveolo-kapillärer Block,

  • Lungenödem,

  • chronisch thromboembolische Erkrankungen und andere Ursachen einer pulmonalen Hypertension,

  • höhergradige Anämien bzw. erhöhte CO~Hämoglobinwerte,

  • verkleinerte Lungenvolumina, da sich der pulmonale Gastransfer TLCO aus KLCO × Alveolarvolumen zusammensetzt.

Störung der Lungenperfusion: anatomischer Rechts-Links-Shunt

Bei einem anatomischen Rechts-Links-Shunt kommt es durch eine direkte Kurzschlussverbindung zwischen dem arteriellen und dem venösen Teil des kleinen Kreislaufs zu einer Umgehung des pulmonalen Kapillargebietes. Der Rechts-Links-Shunt kann pulmonal oder extrapulmonal liegen und ist nicht mittels BGA bestimmbar.

Durch den anatomischen Kurzschluss wird dem in gesunden Lungenarealen adäquat oxygenierten Blut peripher-venöses Blut beigemischt. Letzteres hat wegen des Shunts keinen Kontakt mit dem pulmonalen Kapillargebiet und wird daher nicht einmal teilweise arterialisiert. Das Ausmaß der konsekutiven arteriellen Hypoxämie hängt somit vom Ausmaß des Rechts-Links-Shunts ab. Ein anatomischer Rechts-Links-Shunt findet sich z. B. bei folgenden klinischen Krankheitsbildern:

  • Intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt:

    • Pneumonie und

    • ausgedehnte Atelektasen mit nonventilierten Lungenarealen,

    • arterio-venöse Fistel,

    • Umgehungskreisläufe bei ausgeprägter pulmonaler Hypertension,

  • Extrapulmonaler Rechts-Links-Shunt:

    • in geringem Umfang physiologisch,

    • kardiale Septumdefekte mit Shunt-Umkehr nach dem Eisenmenger-Mechanismus.

Differentialdiagnose zwischen Diffusionsstörung und Rechts-Links-Shunt

Unter O2-Gabe bessern sich bei der Verteilungs- ebenso wie bei der Diffusionsstörung die PaO2-Werte, nicht dagegen beim Rechts-Links-Shunt. Durch Atmung von reinem O2 (FIO2 100 %) kann dieser also von der Diffusionsstörung und Partialinsuffizienz (VQ-MM) abgegrenzt werden. Wird ausreichend lange reiner O2 geatmet, wird der alveoläre Stickstoff hypothetisch vollständig abgeatmet („Denitrogenisierung“). Die Lunge und die über ein Mundstück angeschlossene O2-Quelle sind gegenüber der Atmosphäre ein abgeschlossenes System, in dem es nur noch die Gase O2 und CO2 gibt. Da das CO2 ganz normal abgeatmet wird, bleibt der PaCO2 konstant: Unter diesen Bedingungen entspricht der PaO2 in den oxygenierten Kapillaren annähernd dem PAO2. Auch bei einer bestehenden ventilatorischen Verteilungs- oder einer Diffusionsstörung kommt es letztlich im gesamten geschlossenen System zum Druckausgleich für O2. Demnach mischen sich der O2-Gehalt des normal oxygenierten und des per Rechts-Links-Shunt beigemischten peripher-venösen Blutes zum arteriellen CtO2 nach dem Shunt.

Der PaO2 bei einem Barometerdruck von 745 mmHg müsste, der Alveolarluftformel entsprechend, betragen:

$$\left (745-47\right )\times 1-1,2\times 40-\text{minimalem}/\text{vernachl{\"a}ssigbaren AaD}\mathrm{O}_{2}=\text{gering unter}\, 650\,\text{mm\,Hg}$$

Das periphere Gewebe extrahiert dem Blut ca. 4,5–5 Volumsprozent O2 (ml O2/dl Blut). Somit hat das gemischt-venöse Blut in der Pulmonalarterie eine Sättigung von maximal 75 % mit einem gemischt-venösen PvO2 von ca. 42 mmHg. In den Lungenkapillaren wird das venöse Blut wieder auf den pulmonal-kapillären PAO2 der reinen O2-Atmung gebracht. Wird nun bei der BGA im arteriellen Blut ein PaO2 gemessen, der nicht annähernd dem PAO2 entspricht, bedeutet dies, dass dem arteriellen Blut venöses Blut beigemischt wird, das die Lungenkapillaren nicht passiert – also das Kapillarnetz über einen anatomischen Rechts-Links-Shunt umgangen – hat. Derart sind eine Diffusionsstörung und ein Ventilations-Perfusions-Mismatch (VQ-MM) von einem Rechts-Links-Shunt eindeutig abzugrenzen: Bei der Diffusionsstörung und einem VQ-MM steigt der PaO2 bei Atmung von reinem O2 deutlich an, beim anatomischen Rechts-Links-Shunt hingegen fehlt dieser Anstieg des PaO2 unter Atmung von reinem O2 in Abhängigkeit vom Shunt-Ausmaß.

Es besteht eine direkte Proportionalität zwischen der AaDO2 und der Shunt-Fraktion (= Anteil des Herzzeitvolumens, welches den anatomischen Shunt passiert): 15 mmHg der AaDO2 unter 100 % O2 entsprechen ca. 1 % Shunt-Fraktion. Daher kann man anhand der AaDO2 unter reiner O2-Atmung die Shunt-Fraktion abschätzen:

$$\text{Shunt-Fraktion}=\text{AaD}\mathrm{O}_{2}\left (\text{unter reiner}\, \mathrm{O}_{2}\text{-Atmung}\right )/15$$

Als Faustregel kann herangezogen werden, dass bei reiner O2-Atmung ein PaO2 < 450–500 mmHg auf eine pathologisch erhöhte Rechts-Links-Shunt Fraktion hinweist, da maximal 10 % Shunt-Fraktion noch als physiologisch gelten.

Partial- und/oder Globalinsuffizienz

Besteht eine alleinige pulmonale Oxygenationsstörung (VQ-MM, Diff-Störung, ReLiShunt) ohne Beeinträchtigung der alveolären Ventilation (keine Hypoventilation), spricht man von einer Partialinsuffizienz, ein Begriff, der zunächst von Rossier für den Mismatch von Ventilation und Perfusion (VQ-MM) reserviert worden war.

Eine Globalinsuffizienz liegt dann vor, wenn eine alveoläre Hypoventilation mit einer Oxygenationsstörung kombiniert ist. Dabei sind sowohl der PaCO2 als auch die AaDO2 erhöht. Entsprechend ist bei der Globalinsuffizienz der PaO2 deutlich niedriger als bei den reinen Oxygenationsstörungen, z. B. der Partialinsuffizienz der Lungen, wo zudem eine gegenregulatorische PaCO2-Abnahme den PaO2 gegensinnig leicht ansteigen lässt. Im Gegensatz zum VQ-MM führt die Diffusionsstörung bei körperlicher Belastung gewöhnlich zur Verschlechterung des AaDO2 mit zugehörigem Abfall des PaO2.

Strategisch-analytisch wird empfohlen, die Ventilation (mit PaCO2) und die pulmonale Oxygenation (mittels AaDO2) separat zu beurteilen (siehe Tab. 2 „Analysesequenz“).

Abb. 1
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Differentialdiagnose der Funktionsstörungen der Lunge

Tab. 2 Analysesequenz – Blutgase in Ruhe und unter Belastung

Weblinks