In einigen Ländern ist eine Legalisierung von Cannabis bereits vollzogen worden, und in Deutschland wurde darüber in den letzten Jahren intensiv diskutiert. In dieser Diskussion spielen kriminologische Aspekte eine Rolle, über die der nachfolgende Beitrag einen Überblick geben möchte.

Der Konsum legaler Suchtmittel wie Alkohol und Tabak ist bei Jugendlichen seit einigen Jahren rückläufig (Statista 2019, 2021). Dagegen ist beim Konsum von Cannabis besonders in jüngeren Altersgruppen eine Zunahme zu verzeichnen (Haucap und Knoke 2022, S. 38 ff.; Seitz et al. 2019). Während bei legalen Suchtmitteln wie beispielsweise Alkohol und Tabak eine Eindämmung des Konsums u. a. durch die Marktordnung möglich erscheint (Haucap und Knoke 2022, S. 38 ff.), hat die aktuelle Drogenpolitik zumindest nicht erreichen können, dass die Zahl der Cannabis-Konsumenten sichtbar zurückgegangen ist (Die Bundesregierung 2022).

Dies legt nahe, dass eine Eindämmung des Konsums durch die Prohibition von Cannabis nicht gelingt, was ein Grund dafür ist, dass eine Legalisierung (kontrovers) diskutiert wird. In anderen Ländern wie beispielsweise Kanada ist der Verkauf von Marihuana zu Genusszwecken bereits seit 2018 legal (Haucap und Knoke 2022, S. 32). Auch gibt es Regionen wie etwa Uruguay oder einige US-Bundesstaaten (u. a. Colorado, Washington, Kalifornien), in denen der Anbau, Handel und Konsum in unterschiedlichen Legalisierungsmodellen gestattet ist (Haucap und Knoke 2022, S. 32; Olaso 2018). Dabei kontrolliert in Uruguay beispielsweise der Staat den Verkauf von Cannabis über registrierte Apotheken (Haucap und Knoke 2022, S. 32; Olaso 2018).

Die Bundesregierung begründet ihr Vorhaben, Cannabis zu legalisieren, u. a. mit der Qualitätskontrolle, der Verhinderung von Verunreinigung sowie mit der Gewährleistung des Jugendschutzes (SPD et al. 2021). Gesundheitsminister Lauterbauch (SPD) hat im Jahre 2022 mögliche Eckpunkte eines Legalisierungsplans vorgestellt (MDR 2023). Danach soll die Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene zu einem verbesserten Jugendschutz und Gesundheitsschutz der Konsumenten sowie zur Eindämmung des Schwarzmarktes beitragen. Das Eckpunktepapier sieht u. a. vor, dass Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden und die Produktion, Lieferung und der Vertrieb innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen sind (Bundesministerium für Gesundheit 2022). Zudem sollen der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20–30 g Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und im öffentlichen Raum straffrei ermöglicht und der private Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt werden. Außerdem ist geplant, laufende Ermittlungs- und Strafverfahren wegen dann nicht mehr als strafbar eingestuften Handlungen zu beenden (Bundesministerium für Gesundheit 2022). Der Vertrieb ist – mit Alterskontrolle – in lizenzierten Fachgeschäften und ggf. Apotheken vorgesehen, allerdings soll Werbung für Cannabis-Produkte untersagt werden. Als Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb schlägt der Plan die Vollendung des 18. Lebensjahres vor (ggf. mit einer Obergrenze für den THC-Gehalt bis zum 21. Lebensjahr). Zugleich sollen die cannabisbezogene Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie zielgruppenspezifische Beratungs- und Behandlungsangebote weiterentwickelt werden (Bundesministerium für Gesundheit 2022).

Dieses Vorhaben kann nach Manthey (2023) im Sinne einer Schadensminderung verstanden werden, die darauf abzielt, individuelle und gesellschaftliche Schäden des Gebrauchs von Cannabis zu reduzieren (Manthey 2023, S. 4). Unter Schadensminimierung werden u. a. praktische Strategien verstanden, die darauf abzielen, die negativen Folgen des Drogenkonsums zu reduzieren, wie etwa ein kontrollierter Gebrauch (Tomczak-Plewka und Beck 2021). Momentan werden zur Schadensminimierung von Cannabis individuelle und strukturelle Ansätze in Deutschland diskutiert (Manthey 2023, S. 4), wobei ein individueller Ansatz u. a. die Bereitstellung von Beratungs- und Therapieoptionen (wie etwa eine ambulante Suchthilfe), die nicht die sofortige Beendigung des Konsums voraussetzen. einbezieht. Bei den strukturellen Ansätzen zur Schadensminderung stehen die Substanzanalyse von Drogen („drug checking“) sowie die Strafverfolgung in Deutschland im Vordergrund (S. 5). Bislang wird nur bei einem Teil der behördlich festgestellten konsumnahen Delikte Anklage erhoben, und es werden insbesondere bei kleineren Mengen an Drogen die Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft oftmals einstellt (S. 5).

Im Vergleich zu anderen Drogen wie beispielsweise Kokain, Amphetaminen oder MDMA weist Cannabis nach Seitz et al. (2019) eine erhöhte Lebenszeitprävalenz auf: Während Cannabis eine Lebenszeitprävalenz von 31,9 % und eine 12-Monats-Prävalenz von 8,3 % bei den 18- bis 59-Jährigen aufweist, liegt die Lebenszeitprävalenz anderer Drogen wie z. B. Kokain, Amphetaminen oder MDMA unter 5 % und deren 12-Monats-Prävalenzen bei maximal 1 % (Seitz et al. 2019). Insbesondere in den jüngeren Altersgruppen scheint Cannabis attraktiv zu sein.

Aus dem Bundeslagebild zu Rauschgiftkriminalität des Bundeskriminalamtes geht hervor, dass die Anzahl der Cannabis-Handelsdelikte im Jahr 2021 um 3,4 % angestiegen ist (Bundeskriminalamt 2021, S. 14). Der Anteil der Cannabis-Handelsdelikte an allen Rauschgift-Handelsdelikten betrug 59,1 %, womit Cannabis das mit Abstand meistgehandelte Betäubungsmittel in Deutschland bleibt (S. 14), wo es einen Anbau von Cannabis-Pflanzen ebenso in Indoor-Plantagen wie auf Außenflächen gibt. Das Spektrum reicht dabei von einer Vielzahl kleinerer Anpflanzungen über Kleinplantagen mit Anbaukapazitäten ab 20 Cannabis-Pflanzen bis hin zu Großplantagen (S. 7). Im Jahr 2021 wurden bei den Cannabis-Handelsdelikten 30.847 Tatverdächtige registriert, was einem Zuwachs von 3,6 % im Vergleich zum Vorjahr 2020 entsprach. Von den Tatverdächtigen besaßen 66,9 % die deutsche Staatsangehörigkeit (S. 14).

Bei einer Legalisierung von Cannabis würde es im Hellfeld naturgemäß zu großen Veränderungen durch ein Herausfallen cannabisbezogener Delikte kommen. Allerdings wäre von Bedeutung (Manthey 2023), welche Strafen für Minderjährige gelten, und wie in den Neuregelungen beispielsweise die Besitzobergrenze gehandhabt wird (S. 6). Herausforderungen würden sich auch für die Gestaltung des Führerscheinrechts ergeben (ebd.).

Bei den Proargumenten der Legalisierung von Cannabis wird u. a. eine Kontrolle der Inhaltsstoffe angeführt (Friess 2022). Sie könnte zu einem abnehmenden Konsum von verunreinigtem, gestrecktem Cannabis oder Cannabis mit zu hohem THC-Gehalt führen. Konsumierende würden zudem nicht mehr illegal handeln und nicht mehr auf illegale Kontakte angewiesen sein. Außerdem könnte eine abnehmende Stigmatisierung in der Gesellschaft zu einer gesteigerten Therapiebereitschaft führen. Auch wird darauf verwiesen, dass in den Ländern, in denen bereits eine Cannabis-Legalisierung erfolgte, der durchschnittliche Konsum nicht signifikant angestiegen sei (ebd.).

Auch wenn die Funktion von Cannabis als Einstiegsdroge nach wie vor umstritten ist, bieten die meisten Cannabis-Dealer auch härtere Drogen an und sind daran interessiert, ihre Kundschaft zu einem dauerhaften Konsum von Drogen zu bewegen. Der Drogenhandel finanziert außerdem Tätigkeiten von Gruppierungen mit illegalen Aktivitäten bis hin zur Organisierten Kriminalität. Durch eine Legalisierung von Cannabis würde dieser Schwarzmarkt stark reduziert, da ein erheblicher Teil der Nachfrage durch legale Geschäfte bedient würde (Haucap und Knoke 2022, S. 36). Haucap und Knoke sprechen sich dafür aus, dass eine gewerbliche und private Weitergabe von Cannabis an Jugendliche in einem regulierten Markt mittels Bußgeldern oder Strafen klar sanktioniert werden und der Cannabis-Verkauf mit verpflichtenden Hinweisen auf gesundheitliche Gefahren und Beratungsangebote für Problemkonsumierende verbunden werden sollte. Somit könnte eine kontrollierte Freigabe zu einer Reduzierung des Schwarzmarkts und zu einer gezielten Aufklärung beitragen (S. 37).

Auch Manthey (2023) sieht in einer kontrollierten Freigabe das Potenzial einer verbesserten Aufklärung über gesundheitliche Risiken des Cannabis-Konsums sowie im Hinblick auf eine Früherkennung von riskantem Cannabis-Konsum, vermittelt beispielsweise über öffentliche Kampagnen, Beratungen und Warnhinweise auf Verpackungen von legalen Cannabis-Produkten (Manthey 2023, S. 4). Im Kontext einer möglichen Legalisierung von Cannabis ist auch die medizinische Nutzung von Cannabis von Bedeutung, wobei cannabishaltige Medikamente seit 2011 zugelassen sind (Haucap und Knoke 2022, S. 36).

Zu den Kontraargumenten einer Cannabis-Legalisierung gehört, dass es nicht sicher sei, ob der Schwarzmarkt durch eine Legalisierung eingedämmt werden könne (Friess 2022; Habschick 2023, S. 156 ff.). So zeigte sich im Rahmen einer Studie zum Cannabis-Konsum in Kanada und Teilen der USA, in denen Cannabis legal erhältlich ist, dass Konsumenten auch in diesen Regionen Cannabis auf dem Schwarzmarkt kaufen. Als Gründe hierfür gaben die Befragten etwa an, dass legal verfügbares Cannabis teurer als eine illegale Cannabis-Beschaffung sei, da beispielsweise autorisierte Verkaufsstellen zu weit entfernt liegen würden (Goodman et al. 2022, S. 392 ff.). Zugleich gehört zu den möglichen Folgen einer Legalisierung, dass die Verkaufspreise von Cannabis bei legalen und illegalen Produkten sinken und Konsumierende dadurch zu Kauf und Konsum von größeren Mengen (mit entsprechenden Folgeproblemen) veranlasst würden (Manthey 2023, S. 6). Auch die Gefahr einer Monopolisierung ist im Blick zu behalten (S. 6).

Des Weiteren bleibt abzuwarten, ob sich ein durch eine Legalisierung von Cannabis ein erhöhter Konsum bei Konsumenten einstellt, und ob dieser Konsum ggf. mit dem Konsum von Alkohol korreliert. Eine im Zeitraum von 2000 bis 2009 in den USA durchgeführte Studie untersuchte u. a. den Zusammenhang zwischen Cannabis- und Alkoholkonsum bei verschiedenen Probanden mit dem Ergebnis, dass ein Konsum von Cannabis nicht zu einer Abnahme des Alkoholkonsums beitrug, sondern diesem u. U. sogar leicht zuträglich war (Macha et al. 2022, S. 5 ff.).

Darüber ist ein starker Konsum von Cannabis mit Risiken wie dem Auftreten von psychotischen Störungen, akuten kognitiven Beeinträchtigungen, Verkehrsunfällen oder Atemwegsproblemen verbunden. In Ländern, in denen eine Zunahme legaler Cannabis-Märkte zu beobachten ist, kommt es über vermehrten Cannabis-Konsum zu einer wachsenden Zahl von Gesundheitsproblemen (Manthey et al. 2023). Manthey et al. (2021) verfolgten mit ihrer Studie das Ziel, die Trends der wichtigsten Indikatoren für die öffentliche Gesundheit in der Europäischen Union im Zeitraum von 2010 bis 2019 zu beschreiben (27 Mitgliedstaaten, Vereinigtes Königreich, Norwegen und Türkei). Hierzu betrachteten sie u. a. die Prävalenz des Konsums, für den sich ergab, dass zwischen 2010 und 2019 die Prävalenz des Cannabis-Konsums in den letzten Monaten bei europäischen Erwachsenen um 27 % anstieg, wobei der stärkste relative Anstieg bei den 35- bis 64-Jährigen zu beobachten war. Auch zeigten sich vermehrt riskante Konsummuster von Cannabis. Diese Daten deuten darauf hin, dass die THC-Exposition in der europäischen Bevölkerung insgesamt gestiegen ist. Um die Auswirkungen der beobachteten Trends auf die öffentliche Gesundheit zu verstehen, sollten nach Meinung der Autoren die Qualität und die Berichterstattung der verfügbaren Daten verbessert und durch zusätzliche Daten über die risikoreichen Cannabis-Konsummuster und auf Cannabis zurückzuführende Schäden ergänzt werden.

Es bedarf noch weiterer Forschungen, um abschätzen zu können, welche Folgen eine Cannabis-Legalisierung für Deutschland hätte. Gefahren, wie etwa das Suchtpotenzial insbesondere für Jugendliche, könnten hierbei unterschätzt werden. Außerdem stellen sich Fragen nach der Notwendigkeit einer Legalisierung außerhalb der Medizin und nach belastenden sozialen Auswirkungen auf die Bevölkerung (Habschick 2023, S. 156). Maßgeblich dürfte es auf die Umsetzung von Maßnahmen ankommen, um die negativen Folgen der Legalisierung von Cannabis zu verringern. In diesem Zusammenhang ist auch an eine Beschränkung bei der Lizenzvergabe sowie der Vermarktung zu denken (Manthey et al. 2023).