Die Schulterarthroplastik ist ein chirurgisches Verfahren, das heute häufig zur Behandlung von Rotatorenmanschettenarthropathie oder -arthrose des Schultergelenks eingesetzt wird. Die Schulterprothetik ist die primäre Behandlungsmethode für Patienten, bei denen die konservative Behandlung einer fortgeschrittenen Omarthrose versagt hat. In den letzten 10–20 Jahren hat sich die schaftfreie Schulterprothetik primär in Europa als fortschrittliche und sichere Technik etabliert und in weiterer Folge auch auf die inverse Konfiguration erweitert. Bei schaftfreien Schulterprothesen wird ein Humerusimplantat ohne Schaft mit metaphysärer Fixation verwendet. Die Technik erfreut sich zunehmender Beliebtheit, da bei einfacherer und anatomisch individueller Situation der Knochenstock und die Elastizität der Epi- und Diaphyse des Humerus erhalten werden können, was für junge und aktive Patienten zukunftsweisend wichtig ist. Vorteile liegen in der Verminderung von schaftbedingten Komplikationen intra- und postoperativ durch die einfachere und individuell anatomischere Implantation der Prothese sowie der einfacheren Revision am Humerus bei evtl. später nötigen Folgeeingriffen, wie z. B. dem Wechsel auf eine inverse Konfiguration bei Rotatorenmanschettendefekt oder periprothetischer Fraktur.

Historisch gesehen war die Humeruskomponente der Schulterprothese für die Behandlung nach fehlgeschlagenen Versorgungen von proximalen Humerusfrakturen als Kopfersatz entwickelt worden. Die erste Generation der Schulterprothesen, welche als Monoblockprothese einen fixen Schaft-Hals-Winkel hatten, wurden 1951 von Charles Neer entwickelt [1].

Die schaftgeführten Prothesen sind mit den bekannten Komplikationen wie intraoperativen Anpassungsproblemen aber auch Humerusschaftfrakturen, Lockerungen, Osteolysen, „stress shielding“ und traumatischen periprothetischen Frakturen verbunden [2,3,4,5,6]. Daher wurden neuere humerale Implantatdesigns anfänglich mit einstellbaren Kopf-Hals-Exzentrizitäten und folglich auch mit variablen Inklinationen bis hin zu schaftfreien Implantaten entwickelt. Die erste schaftfreie Schulterprothese wurde 2004 als anatomische Schulterprothese von Biomet (Warsaw, IN, USA) unter dem Namen T.E.S.S., mit Entwicklung und Erstverwendung in Frankreich, auf den europäischen Markt gebracht [7]. Im Verlauf kamen neuere Systeme, wie die Eclipse® 2005 (Arthrex, Inc., Naples, FL, USA) oder die SMR stemless® 2015 (LIMA Corporate, Udine, Italien), die sich in der Art der Verankerung, der Anzahl der Komponenten und der Kontaktfläche deutlich unterscheiden, auf den Markt. [8,9,10]. Viele weitere Firmen folgten seither der Idee und dem Konzept metaphysärer Verankerung in unterschiedlichen Designs.

Bei der schaftfreien Prothese ist die humerale Komponente so konzipiert, dass sie in den metaphysären Knochen eingepresst („press-fit“) bzw. über einer zentralen Schraube fixiert wird (Abb. 1 und 2, [11, 12]), was eine anatomisch bessere Passform ermöglicht, da man nicht durch den fixierten Schaft-Hals-Winkel oder das anatomisch variable humerale Offset (d. h. der Abstand zum Drehzentrum) eingeschränkt ist [13]. Essenziell für die Implantation der schaftfreien Prothese ist ein guter und gesunder humeraler Knochenstock, damit nach primär stabilem Press-fit die Komponente biologisch ossär einheilen kann. Der sportlich aktive Patient besitzt in der Regel eine gute bis sehr gute Knochenqualität als optimale Voraussetzung für eine schaftfreie Prothese [14].

Abb. 1
figure 1

Schaftfreie anatomische Schultertotalprothese (‑TP) mit Hybridglenoid

Abb. 2
figure 2

Zustand nach inverser Schultertotalprothese (‑TP; LIMA SMR stemless®): Vermehrte Trabekelzeichnung an der Humeruskomponente als Zeichen der Kraftvektoren (rote Pfeile)

Für sportlich aktive Patienten kann eine Schulterprothese ein lebensverändernder Eingriff sein, der es ihnen ermöglicht, schmerzfrei mit verbesserter Schulterfunktion und -beweglichkeit zu ihren sportlichen Aktivitäten zurückzukehren. Die Fähigkeit, nach einer Schulterprothese zum Sport zurückzukehren, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab, darunter der Ausgangssituation, der Sportart und der körperlichen Verfassung des Sportlers [15].

In diesem Artikel wird die Literatur, welche sich mit der Rückkehr zum Sport („return to sports“ [RTS] oder „return to play“ [RTP]) nach (schaftfreier) Schulterprothetik beschäftigt, beleuchtet.

Material und Methoden

Medline wurde auf folgende Suchbegriffe durchsucht: „return to sport“ und/oder „return to play“ und/oder „shoulder arthroplasty“ und/oder „stemless“ und/oder „anatomic“ und/oder „reverse“ und/oder „RSA“ und/der „TSA“ durchsucht und die relevanten Studien extrahiert. RSA steht für „reverse shoulder arthroplasty“ und somit für die inverse Schulterprothese, wobei TSA („total shoulder arthroplasty“) auf die anatomische Schulterprothese referenziert.

Resultate und Diskussion

Die aktuelle Studienlage der extrahierten Studien konzentriert sich auf die Rückkehr zum Sport (RTS) bei schaftgeführten Prothesen. Leider wurden in der Literatur keine Angaben zum RTS bei schaftfreien („stemless“) Prothesen gemacht (Tab. 1). Daher wird nach Auflistung der relevanten Publikationen die individuelle Erfahrung der Autoren wiedergegeben.

Tab. 1 Studienlage der Rückkehr zum Sport bei schaftgeführten Prothesen

Bewegungsumfang als Basis für Sportfähigkeit

Der Bewegungsumfang (ROM) der Schulter ist ein wichtiger Faktor für die Sportfähigkeit nach schulterprothetischer Versorgung und steht als Grundvoraussetzung für eine freie Sportausübung. Eine eingeschränkte Beweglichkeit kann die sportliche Leistung beeinträchtigen oder die Ausübung spezifischer Bewegungen unmöglich machen. Nachdem die Mehrheit der Omarthrosen mit einer kapsulären und/oder knöchernen Bewegungsminderung vergesellschaftet ist, liegt hier ein großes Potenzial der Schulterendoprothetik zur Wiedererlangung einer verbesserten Sportfähigkeit. In vielen der referenzierten Studien und Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass bei Patienten sowohl nach anatomischen als auch inversen Schulterprothesen eine deutlich bessere Bewegung und bessere Bewegungsumfänge erreicht werden können [7, 8, 16,17,18,19, 28].

In Studie von Berth et al. [17] wurde der Bewegungsumfang von Patienten, die sich einer schaftfreien oder einer schaftgeführten inversen Schulterprothese unterzogen hatten, über einen Zeitraum von 2 Jahren nachverfolgt. Die Autoren verglichen die Ergebnisse und stellten fest, dass die Patienten, die sich einer schaftfreien inversen Schulterprothese unterzogen hatten, eine – wenn auch statistisch nicht-signifikante – Verbesserung des Bewegungsumfangs im Vergleich zu den Patienten zeigten, die sich einer schaftgeführten inversen Schultertotalprothese (‑TP) unterzogen hatten.

Zudem veröffentliche Hawi et al. [20] 2017 langfristige Ergebnisse von 43 Patienten, die sich einer schaftfreien anatomischen Schulterarthroprothese unterzogen und eine Nachbeobachtungszeit von mindestens 9 Jahren hatten. Die Studie ergab, dass die Mehrheit der Patienten nach einer schaftfreien Schulterprothese eine signifikante Verbesserung des gesamten Constant-Murley-Scores (CMS), der Schmerzen, der Aktivität des täglichen Lebens, aber v. a. des Bewegungsumfangs erzielten. Darüber hinaus stellte die Studie fest, dass die Rate postoperativer Komplikationen gering war und keine Fälle von Implantatlockerung und/oder Instabilität notiert wurden. Zudem wurde keine implantatbedingte humerale Komplikation beobachtet.

RTS („return to sport“)

Die RTS nach einer anatomischen Totalprothese zeigt tendenziell etwas höhere Werte (92 %) im Vergleich zur Hemiprothese (71 %) und inversen Schulterprothese (75 %) wie eine Metaanalyse von Liu et al. [29] im Jahr 2018 zeigen konnte. Es besteht auch eine gewisse Zurückhaltung seitens der Chirurgen, wenn es um die Rückkehr zum Sport bei Patienten nach Schulterprothese geht. Der Grund dafür liegt darin, dass hohe Belastungen auf das Glenohumeralgelenk bei anatomischen und inversen Schulterprothesen das Risiko einer frühzeitigen Lockerung steigern kann [30].

Grundsätzlich gelten sportliche Aktivitäten ohne Kontakt, wie Joggen, Tanzen oder das Benutzen eines Heimtrainers, als uneingeschränkt erlaubt [31]. Die Sportarten, die die Sportler nach Implantation einer Schulterprothese wiederaufnehmen konnten, waren unterschiedlich. Sportarten mit geringer Belastung wie Fitness, Golf und Radfahren gehörten zu den am häufigsten genannten Aktivitäten, während Sportarten mit hoher Belastung wie Basketball und Fußball in der Studie weniger häufig genannt wurden [29, 30, 32, 33].

In Bezug auf die Rückkehr zum Sport nach einer anatomischen Schulterprothese ist es interessant festzustellen, dass Patienten nach einer anatomischen Prothese im Vergleich zur inversen Schulterprothese tendenziell schneller wieder sportlich aktiv werden [31, 34]. Hingegen zeigt sich eine bessere Rückkehr zum Sport bei der inversen Schulter-TP im Vergleich zur Hemiprothese. Dies liegt daran, dass die Autoren von signifikant weniger postoperativen Beschwerden nach RSA ausgehen und die Patienten mit den Ergebnissen nach RSA zufriedener sind [34].

In einem Review vom Franceschetti et al. [33] mit 6 Studien und insgesamt 457 Patienten zeigte sich, dass ein RTS auch nach inverser Schultertotalendoprothese (‑TEP) gut möglich und auch häufig ist. Bei einem mittleren RTS von 60–93 % nach durchschnittlich 5,3 Monaten verschlechterten sich die sportlichen Aktivitäten in 7,9 %, verbesserten sich in 39,6 % und blieben auf demselben Niveau in 55,2 % der Fälle. Eine Studie von Bühlhoff et al. [15] zeigte an 154 Patienten, dass die bereits vor dem Eingriff 57 sportlich aktiven Patienten zu 100 % zu einer sportlichen Betätigung zurückkehren konnten. Im Vergleich dazu zeigte die Studie von Schuhmann et al. [24], dass 89 % der Patienten nach der Operation weiterhin zu den gewohnten Sportarten zurückkehren. Bei etwa 8 % dieser Patienten konnte das Level auf Wettkampniveau weitergeführt werden. Die Wettkampfsportarten dabei waren Reiten, Joggen, Mountainbiking und Pontonier-Sport.

Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung des präoperativen sportlichen Aktivitätsniveaus bei der Vorhersage der postoperativen Rückkehr zum Sport. Es scheint, dass eine gute Ausgangsbasis an körperlicher Fitness vor der Operation die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Patienten nach einer Totalprothese wieder aktiv am Sport teilnehmen können.

Auch in der älteren Population konnte in einer Metaanalyse gezeigt werden, dass ein Großteil der Patienten (82 %) in der Lage ist, sportliche Aktivitäten in 75 % der Fälle auf mindestens präoperatives Niveau wieder aufzunehmen [35]. Die Studie untersuchte auch die Rückkehr zum Sport für spezifische Aktivitäten. Dabei lag Schwimmen bei einem RTS von 84 % gefolgt von Fitness (77 %), Golf (77 %) und Tennis (69 %; [35]). Ähnliche Ergebnisse konnten dabei in vergleichbaren Studien gezeigt werden [36, 37].

In einer neuen publizierten Studie von Kramer et al. [38] wurde bei Golfspielern mit fortgeschrittener Schultergelenkarthrose gezeigt, dass durch die Implantation einer Schulterprothese Schmerzen beim Golfschwung gelindert werden können. Obwohl nach einer anatomischen im Vergleich zur inversen Schulter-TP keine signifikanten Leistungsveränderungen festgestellt wurden, zeigte sich bei den Patienten, die sich einer inversen Schulter-TP unterzogen hatten, aufgrund der veränderten Mechanik, eine reduzierte Abschlagdistanz.

Langlebigkeit der Prothesen bei Sport

Die Langlebigkeit von Prothesen im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten ist ein wichtiges Thema. Es gibt verschiedene Faktoren, die die Haltbarkeit von Prothesen bei sportlichen Aktivitäten beeinflussen können.

Erstens hängt die Langlebigkeit der Prothese von der Art der Prothese selbst ab. Moderne Implantate sollten im Vergleich zu den anfänglich eingesetzten Prothesen robuster und durch weniger postoperativer Komplikationen langlebiger sein [39].

So sind Fortschritte in der Materialtechnologie und Tribologie erfolgt, wie z. B. die Verwendung von oberflächenstarken osteoinduktiven Materialien mit schneller ossärer Integration (z. B. trabekuläres Titan, Tantal), hochvernetztes Polyethlyen (PE), Vitamin-E-Stabilisation oder die Verwendung von abriebarmen Oberflächen/Materialien wie Keramik mit geringerem Verschleiß. So wurden die Materialbelastung durch Umkehrungen der Gleitpaarungen und bei inverser Konfiguration der PE-Abrieb durch schlankere Ausführung des Inlays verringert [40].

Neue Prothesendesigns und Prothesenplanungstools haben weiter dazu beigetragen, dass inverse Prothesen besser auf das Bewegungsausmaß und somit auf sportliche Aktivitäten abgestimmt werden können. Durch virtuelle Bewegungssimulationen sind bessere Anpassungen und Positionierungen der Prothesenkomponenten an die individuelle Anatomie und eine präzisere Wiederherstellung der Biomechanik möglich.

Eine große Rolle spielen Art und Intensität der sportlichen Aktivität (Tab. 2 und 3). Sportarten mit geringem Kontakt oder ohne direkte Krafteinwirkung auf die Gelenke, wie Schwimmen oder Radfahren, können in der Regel ohne größere Bedenken ausgeübt werden. Bei Sportarten mit höherer Belastung oder Kontaktsportarten, wie beispielsweise Fußball oder Basketball, besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Belastungen oder Traumata, die die Prothese oder relevante Weichteile wie die Rotatorenmanschette beeinträchtigen könnten [41].

Tab. 2 Liste von Leichtkontakt/Vollkontakt Sportarten
Tab. 3 Liste von Sportarten mit hohen/geringen Bewegungsausmaße

Auf die relevante Problematik progredienter oder traumatischer Läsion der Subscapularis (SSC)-Sehne nach Implantation einer Schulter-TEP sei hier besonders hingewiesen. Die Insuffizient/Ruptur der SSC-Sehne führt bei anatomischen Prothesen zu einer ventrosuperioren Instabilität und somit zum Versagen der zentrierendenen Bewegung [42]. In diesem Fall muss meist auf eine inverse Schulter-TEP gewechselt werden. Manche aktuell erhältliche schaftfreie Systeme erlauben es jedoch, die humerale Komponente zu belassen und lediglich den anatomischen Kopf auf eine inverse Konfiguration zu wechseln.

Eine Biomechanikstudie von Martinez et al. [43] zeigte die Auswirkung von Bewegung und statischen Belastungszyklen auf den Verschleiß von Implantaten einer inversen Schulterprothese. Bei Schulterprothesen mit glenoidaler Komponente (Glenosphere) aus Kobalt-Chrom-Legierung (CoCr), die mit einem Inlay der Oberarmkomponente (Liner) aus ultrahochmolekularem PE zusammenspielt, wurde festgestellt, dass der Verschleiß direkt proportional mit dem Gleitweg ist. Folglich führt mehr Bewegung zu einem größeren Verschleiß.

Die Umkehrung der Gleitpaarung bei inverser Prothese auf PE-Glenosphären und schlankere Inlays aus Metall oder Keramik soll einen frühzeitigen Verschleiß verringern und bei inferiorem Anschlagen der metallischen Komponente auch einen frühzeitigen PE-Abrieb vermindern ([40]; Abb. 3 und 4).

Abb. 3
figure 3

Röntgen einer anatomischen schaftfreien Schultertotalendoprothese (STEP) mit invertierter Gleitpaarung (Humeruskopf aus Polyethlyen [PE])

Abb. 4
figure 4

a Präoperatives Bild einer Rotatorenmanschettenarthropathie Hamada Grad 4b. b 1 Jahr postoperativ nach schaftfreier inverser Schulterprothese (LIMA SMR stemless®, Lima Corporate, Italien). Der rote Pfeil markiert das sog. „nocking“ einer metallenen Komponente an das inferiore Glenoid. Dadurch kommt es nicht zu einem Anstoßen des Polyethylens (PE) an das Glenoid und folglich zu weniger PE-Abrieb

Meinung der Autoren

Die Wahl zwischen einer inversen und einer anatomischen Prothese für Schulteroperationen hängt von diversen individuellen Faktoren ab. Für die Sportfähigkeit ist es wichtig zu verstehen, dass diese beiden Prothesentypen grundsätzlich unterschiedliche Eigenschaften und Anwendungen haben und daher nicht direkt miteinander verglichen werden können. Jedoch ist für beide Konfigurationen den Patienten eine adaptierte aber gute Sportfähigkeit in Aussicht zu stellen.

Eine genaue Aufklärung über die Leistungsfähigkeit und Belastungsgrenzen der jeweiligen Schulterprothese und individuellen Voraussetzungen ist jedenfalls empfohlen um Überlastungsprobleme oder Schäden zu vermeiden.

Speziell bei Patienten mit inverser Prothese sollte das Bewegungsmaximum am systembedingten Prothesenanschlag vermieden werden. Eine übermäßige Dauerbelastung des Deltoideus und der Restrotatoren, insbesondere des Infraspinatus (ISP) und des Teres minor, ist nicht empfehlenswert. Um die Stabilität zu gewährleisten und um eine bessere IRO-Kraft (Innenrotationskraft) zu erhalten, ist bei Implantation neben uneingeschränkter Beweglichkeit der Prothese der Erhalt oder eine Refixation des Subscapularis (SSC) von Bedeutung und sofern möglich anzustreben. Zudem sollte eine übermäßige Lateralisierung über das natürliche Drehzentrum hinaus vermieden werden, um das Akromion und die Deltoidinsertion nicht zu stark zu belasten. Wenn das Tuberculum majus oder die Außenrotatoren fehlen, ist es ratsam, die sportlichen Aktivitäten einzuschränken und sich auf realistische Ziele der Alltagsbewegungen zu konzentrieren.

Im Gegensatz zur inversen Prothese ermöglicht eine anatomische Prothese in der Regel eine Wiederherstellung des vollen Bewegungsumfangs der Schulter und eine annähernd freie Sportfähigkeit auch für Überkopfbewegungen. Hier sind ein zentrierter Bewegungslauf und eine freie ROM essenziell. Die Subscapularissehne sollte intakt sein, da sie für eine zentrierte Bewegung und den langfristigen Erfolg der Prothese entscheidend sind [42].

Die Verwendung von schaftfreien („stemless“) Prothesen bietet jedenfalls Vorteile und Erleichterungen bei der Implantation und präzisen Adaptation an die individuelle Anatomie. Die exakte Positionierung des Glenoids und die Beachtung entsprechender Weichteilspannung und Zentrierung sind unerlässlich, um Probleme wie Glenoiderosion, frühe Lockerungen, Verschleiß und frühere Revisionsoperationen zu vermeiden.

Bei anatomischen Schulterprothesen ist es besonders wichtig, mit intensiverem Sport erst nach vollständiger Verheilung der SSC-Sehne zu beginnen. Eine intakte Rotatorenmanschette inklusive der superioren Kapsel spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Prothese und die Stabilität des Schultergelenks.

Im Falle einer inversen schaftfreien Schulterprothese ist es ratsam, mit dem Sport erst nach vollständiger knöcherner Einheilung und Wiederaufbau der Stabilität zu beginnen. Eine Anpassung des Akromions und der Restmanschette kann erforderlich sein, um eine optimale Funktion der Prothese zu gewährleisten. Die Entstehung einer möglichen progredienten muskulären Erschöpfung der Weichteile („deltoid fatigue“) durch ein Überspannen oder permanent übermäßigen Zug an den Weichteilen und Nerven ist ebenfalls zu beachten [44].

Fazit für die Praxis

  • Schaftfreie Schulterprothesen zeigen sehr gute klinische Ergebnisse mit möglicher hoher Sportfähigkeit und ermöglichen eine bessere Erhaltung des Knochenstocks, anatomischere Passform und einfachere Revisionsmöglichkeiten.

  • Schaftassoziierte Komplikationen wie intraoperative Humerusschaftfrakturen, Lockerungen, Osteolysen, „stress shielding“ und traumatische periprothetische Frakturen können minimiert werden.

  • Der Bewegungsumfang der Schulter und der präoperative Aktivitätslevel ist ein prädiktiver Faktor für die Sportfähigkeit nach Schulterersatzoperationen.

  • Die Rückkehr zum Sport nach Schulterprothese variiert je nach Prothesentyp. Anatomische Totalprothesen zeigen tendenziell höhere Rückkehrquoten (92 %) im Vergleich zu inversen Schulterprothesen (75 %) und Hemiprothesen (71 %).

  • Sportliche Aktivitäten ohne Kontakt sind in der Regel uneingeschränkt erlaubt und werden häufig mit einer Schulterprothese wiederaufgenommen.

  • Die Beachtung individueller Voraussetzungen und gute Beratung ist erforderlich, um frühe Problementstehungen zu mindern.