Der Aufbau des Unterarms aus zwei Knochen und Gelenken ist evolutionär vor mehr als 3 Mio. Jahren entstanden, als die damaligen Lebewesen vom Meer aufs Land übersiedelten. Vorteile dieses anatomischen Aufbaus sind die hohe Stabilität bei nur geringem Gewicht, die große Beweglichkeit und gute Kraftübertragung, die mit nur einem Unterarmknochen nicht möglich wäre. Erst die Entwicklung der Rotationsfähigkeit des Unterarms machte die obere Extremität zu einem hocheffektiven Instrument, das die freie Positionierung der Hand im Raum ermöglichte und damit einen wichtigen Schritt in der Evolution des Menschen darstellte. Voraussetzung für diese besondere Funktionalität sind jedoch ein intaktes proximales und distales Radioulnargelenk (PRUG/DRUG). Kapandji verglich diese beiden Gelenke mit den Scharnieren einer Tür [1]: Wenn beide Scharniere nicht parallel ausgerichtet sind, ist ein Öffnen der Tür nicht möglich. Im Gegensatz zum PRUG ist das DRUG deutlich exponierter und somit verletzungsanfälliger. Aufgrund der nur geringen knöchernen Stabilisierung des DRUG spielen die Kapselbandanteile eine wichtige Rolle. Eine aktuelle Übersicht über die Anatomie und Biomechanik des DRUG wird von Schöll et al. in diesem Themenheft dargestellt. Hinsichtlich der Diagnostik spielt die klinische Untersuchung weiterhin die mit Abstand wichtigste Rolle, trotz Fortschritten in der CT- und MRT-Diagnostik. Kirchberger et al. beschreiben die häufigsten klinischen Tests zur Beurteilung der Stabilität des DRUG. Die Instabilität des DRUG wird am häufigsten durch TFCC-Läsionen (triangulärer fibrokartilaginärer Komplex) verursacht. Tünnerhoff erläutert die aktuelle Behandlungsstrategie zur traumatischen TFCC-Läsionen. Die Instabilität im DRUG, häufiger jedoch die distale Radiusfraktur kann eine Arthrose verursachen. Van Schoonhoven et al. geben eine komplette Übersicht zu diesem wichtigen Thema und runden somit den Themenkomplex zum DRUG ab.

Ellwein u. Lill stellen den aktuellen „state of the art“ der Versorgung von Unterarmschaftfrakturen dar. Diese sind aufgrund der komplexen Funktionseinheit des Unterarms als intraartikuläre Frakturen zu betrachten und erfordern eine anatomische und stabile Rekonstruktion. Fehlstellungen – ob angeboren oder erworben – führen schnell zu Beschwerden und Funktionseinbußen. Mader et al. geben einen Überblick über die Indikationen und Möglichkeiten operativer Korrektureingriffe bei Fehlstellung im Unterarmschaft. Aufgrund der Komplexität solcher Korrektureingriffe spielen hier computergestützte Verfahren eine zunehmende Rolle. Diese unterstützen nicht nur bei der präoperativen Planung, vielmehr können mittlerweile Guides generiert werden, die den operativen Eingriff deutlich erleichtern.

Während Pathologien des DRUG in den letzten Jahren intensiv erforscht wurden, ist über Pathologien des PRUG bisher wenig bekannt. Publikationen zum PRUG finden sich kaum. Dabei muss dem PRUG wahrscheinlich eine viel größere Bedeutung beigemessen werden, als bisher angenommen. Hackl et al. veranschaulichen in ihrer Originalarbeit die Problematik der Passgenauigkeit von Radiuskopfprothesen im PRUG. Diese Arbeit gibt neue Denkanstöße und soll für Probleme des PRUG sensibilisieren. In zukünftigen Studien sollten klinische Tests und radiologische Verfahren zur Diagnostik von PRUG-Pathologien erarbeitet und durch klinische Studien die Bedeutung des PRUG bei Bewegungseinschränkungen und Schmerzen des Ellenbogens geklärt werden.

figure b

Prof. Dr. med. Frank Unglaub

figure d

PD Dr. med. Klaus Burkhart

FormalPara Interessenkonflikt

F. Unglaub und K. Burkhart geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.