Hintergrund

Bei externen Bestrahlungen kommt es bei der Mehrzahl der Patienten und abhängig von Bestrahlungsdosis und Dauer sowie von der bestrahlten Hautregion zu mehr oder weniger ausgeprägten Hautreaktionen im Bestrahlungsfeld: überwiegend leicht- bis mäßiggradig mit Rötung, Juckreiz, Brennen, Schmerzen und trockener Schuppung, teilweise aber auch höhergradig mit Blasenbildung und Erosion bis zur Ulzeration. Nach Beendigung der Therapie klingen sie meist innerhalb von 3 bis 4 Wochen ab. Nur wenige Maßnahmen zur Vorbeugung einer Strahlendermatitis sind durch aussagekräftige klinische Studien belegt. Die aktuelle S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie [1] empfiehlt v. a. eine mehr oder weniger fetthaltige Emulsion (Basiscreme) oder eine hydrophile harnstoffhaltige Lipolotion.

Für die Behandlung der manifesten Dermatitis ist die Evidenzlage noch geringer. Das Radiaderm™ R1-und-R2-Hautpflegesystem, hergestellt und vermarktet von der in New Jersey, USA, ansässigen Firma Water-Jel Technologies LLC, ist in den USA als Medizinprodukt zur Prävention von radiogener Dermatitis klassifiziert und dort rezeptfrei verfügbar. Water-Jel Technologies ist auf die Herstellung von Materialien zur Erstversorgung von Brandverletzungen spezialisiert [2]. Das für die topische Anwendung bei externer Bestrahlung entwickelte Radiaderm-System besteht aus zwei Komponenten, einem wasserhaltigen kühlenden Gel (R1) und einer pflegenden Feuchtigkeitslotion (R2). Postulierter wirksamer Inhaltsstoff ist Laktokin, ein Milchprotein.

Positive Berichte — aber wenige Daten aus kontrollierter Prüfung

Aufgrund spärlicher Studiendaten stellt sich die Evidenzlage zur Wirksamkeit von Radiaderm™ im Vergleich zu etablierten lokalen Maßnahmen bisher schwach dar. Eine erste prospektive randomisierte Studie — mit Förderung durch Water Jel — wurde 2015 veröffentlicht [3]. Ansonsten hat der Hersteller auf einer europäischen Website diverse positive Fallberichte und Mitteilungen zu klinischen Verläufen sowie vorläufige, als Poster dargestellte Ergebnisse einer weiteren randomisierten Studie bei Bestrahlungen im Kopf-Hals-Bereich eingestellt [4]. Ein deutscher Review zur Prophylaxe der Strahlendermatitis enthält ebenfalls eine detaillierte Kasuistik [5]. Insbesondere die dokumentierten Resultate der Studie von Manas et al. bei 98 Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und Brustkrebs legen nahe, dass Radiaderm™ tatsächlich präventiv und mildernd bei Strahlendermatitis wirksam ist: Die mit R1 und R2 behandelten Patienten entwickelten signifikant seltener und ggf. später eine radiogene Dermatitis, und die Schwergrade der Hautveränderungen waren im Vergleich zur Standardtherapie, einer Lotion mit 5 % Harnstoff, deutlich geringer. R1 und R2 waren gut verträglich; Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet. Eine abschließende Beurteilung von Radiaderm™ R1 und R2 ist jedoch auf dieser Datenbasis nicht möglich.

In Deutschland ist das Produkt nicht am Markt und nicht als erstattungsfähiges Medizinprodukt gelistet, kann aber online von einem Webshop des Herstellers bezogen werden. Die Kosten für ein Set R1 und R2 sind im Vergleich zu den üblichen lokalen Maßnahmen hoch: Sie betragen für eine 6 wöchige Anwendung rund 85 € und sind damit deutlich höher als die konventioneller topischer Anwendungen. Der Mengenbedarf ist dabei je nach Größe des Bestrahlungsfelds unterschiedlich.