In Deutschland wurden in den letzten Jahren verstärkte bildungspolitische Bemühungen unternommen, die digitale Transformation im schulischen Bildungswesen voranzutreiben. Mit der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ hat die Kultusministerkonferenz der Länder 2016 eine umfassende Initiative ins Leben gerufen, welche die Vermittlung von Medienkompetenzen an Schülerinnen und Schülern als wesentliches Bildungsziel sowie die Nutzung der didaktischen Potenziale digitaler Medien für fachliches und überfachliches Lernen fordert. Den Kompetenzen der Lehrkräften wird für die Umsetzung dieser Strategie eine entscheidende Rolle zugeschrieben. Entsprechend sind in der Folge in den Ländern verstärkte Bemühungen sichtbar geworden, das Thema in der Aus‑, Fort- und Weiterbildung systematisch zu verankern und – teilweise in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaft – Qualifizierungsangebote zur Unterstützung der digitalen Transformation bereitzustellen. Der Bund unterstützt insbesondere die forschungsbasierte Entwicklung von Fortbildungsangeboten mit einem eigenen Programm zur Einrichtung sogenannter Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung mit einem Fördervolumen von insgesamt 203 Mio. € diese Bestrebungen (Kompetenzverbund lernen:digital). Neben vier fachlich bzw. für den Bereich der Schulentwicklung überfachlich organisierten Kompetenzzentren wurde im Rahmen des Programms eine Vernetzungs- und Transferstelle eingerichtet, deren Aufgabe u. a. darin besteht, die an Hochschulen und Forschungseinrichtungen entwickelten Weiterbildungsmaßnahmen in enger Abstimmung mit den Landesinstituten für Lehrekräftebildung in die Fläche zu tragen.

Neben diesen nationalen politischen Bemühungen haben aber auch globale Ereignisse zu einer Beschleunigung der digitalen Transformation in Deutschland beigetragen. Die schulische Situation während der COVID-19-Pandemie verdeutlichte unmissverständlich, dass Schulen in Deutschland schlecht auf die Notwendigkeit eines digitalen Unterrichts auf Distanz vorbereitet waren. Die Möglichkeit des Lernens in Präsenz war durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen jedoch nicht nur für Schülerinnen und Schülern nicht mehr verfügbar, sondern auch die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen durch Lehrkräfte konnte nur online erfolgen. Gleichzeitig hat Corona zu einer verstärkten Notwendigkeit geführt, dass Lehrkräfte Kompetenzen für die neue Situation des (digitalen) Lernens auf Distanz entwickeln. Dementsprechend haben in dieser Zeit sowohl Nachfrage als auch Angebote zu digitalisierungsbezogenen Professionalisierungsmaßnahmen zugenommen. Insgesamt haben bildungspolitische Maßnahmen und globale Phänomene maßgeblich dazu beigetragen, dass das Weiterbildungsangebot in Deutschland zunehmend auf digitalisierungsbezogene Kompetenzen ausgerichtet ist, aber auch verstärkt mittels digitaler Methoden und Medien umgesetzt wird.

Die Beträge des vorliegenden Themenhefts widmen sich der Frage, welche Auswirkungen diese Veränderungen im Weiterbildungsangebot auf die Zielgruppe der Lehrkräfte haben. Dabei handelt es sich um vertiefende empirische Momentaufnahmen eines sich verändernden Systems, in denen weniger globale Wirkungen von Fortbildungen im Vordergrund stehen als vielmehr Effekte von Inhalten, Formaten und Didaktik, die bezogen auf die Nutzung durch Lehrkräfte, das Engagement der Teilnehmenden und die (selbstberichtete) Unterrichtsqualität untersucht werden. Die hier berichteten Studien sind dabei anschlussfähig an zahlreiche empirische Arbeiten, die zeigen, dass sich die Fortbildungsteilnahme von Lehrkräften stark voneinander unterscheidet und dass die Teilnahmehäufigkeit von externen schulbezogenen Faktoren wie auch von individuellen Faktoren abhängig ist (z. B. Richter et al. 2013, 2019; Röhl et al. 2024). Allerdings ist bislang noch relativ wenig bekannt darüber, welche Merkmale der Fortbildungen selbst und der Lehrkräfte dazu beitragen, dass Lehrkräfte an digitalisierungsbezogenen Fortbildungen teilnehmen und welche Auswirkungen die digitale Implementierung von Fortbildungen hat. Entsprechend widmet sich der vorliegende Themenschwerpunkt diesen Forschungsdesiderata.

Im übergeordneten Stichwortbeitrag stellen Dirk Richter, Rebecca Lazarides und Katharina Scheiter unter dem Titel „Professionalisierung von Lehrkräften für die digitale Transformation“ eine Bestandsaufnahme bereit, die sich sowohl den digitalisierungsbezogenen Fortbildungen für Lehrkräfte als auch Online-Fortbildungen widmet. Entsprechend werden zum einen die Bedarfe digitalisierungsbezogener Fortbildungen als auch empirische Befunde zum Angebot, der Nutzung und den festgestellten Wirkungen dieser Angebote beschrieben. Zum anderen werden im Beitrag Umsetzungsmöglichkeiten, Chancen und Herausforderungen von Online-Fortbildungen diskutiert. Im Beitrag wird deutlich, dass zu beiden Schwerpunkten des vorliegenden Themenhefts eher fragmentarische Evidenz vorliegt, die zudem stark durch die besondere Situation der pandemiebedingten Umbrüche in Schule und Weiterbildung geprägt ist.

Die beiden folgenden empirischen Beiträge beschäftigen sich mit der Nutzung und den Wirkungen digitalisierungsbezogener Fortbildungen.

Isabell Runge, Rebecca Lazarides, Dirk Richter, Charlott Rubach und Katharina Scheiter analysieren in ihrer Studie „Lehrkräftefortbildungen im Kontext digitaler Medien: Welche Bedeutung haben Fortbildungsthemen für selbsteingeschätzte digitale Kompetenzen und selbsteingeschätztes digital gestütztes Unterrichtshandeln?“ anhand der im Rahmen einer Online-Befragung von 219 Lehrkräften erhobenen Selbstberichte von Lehrkräften die Zusammenhänge zwischen der inhaltlichen Schwerpunktsetzung digitalisierungsbezogener Fortbildungen, den digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und ihrem Unterrichtshandeln. In Einklang mit dem TPACK-Modell (Technological Pedagogical Content Knowledge; Mishra und Koehler 2006) können die Autor:innen zeigen, dass insbesondere die Teilnahme an Fortbildungen, die technologische mit pädagogischen Inhalten kombinierten, mit einem häufigeren selbstberichten Einsatz digitaler Medien zur kognitiven Aktivierung und konstruktiver Unterstützung assoziiert ist. Diese Zusammenhänge sind durch die selbsteingeschätzten digitalisierungsbezogenen Kompetenzen der Lehrkräfte vermittelt. Die Befunde unterstreichen, dass die Vermittlung von Medienkompetenzen bzw. technologischem Wissen für das Unterrichten mit digitalen Medien nicht hinreichend ist und vielmehr (fach-)didaktische Zielsetzungen die Auswahl und Nutzung digitaler Angebote leiten müssen.

Julia Gerick, Christiane Annemann, Theresa Niemann und Kerstin Drossel befassen sich in ihrem Beitrag „Digitalisierungsbezogene Lehrkräftefortbildungen – Analysen zu Zusammenhängen mit Lehrpersonen- und Schulmerkmalen sowie zum wahrgenommenen Fortbildungserfolg durch Lehrkräfte in Deutschland“ vor dem theoretischen Hintergrund des Angebots-Nutzungs-Modells zu Einflussfaktoren im Kontext von Lehrkräftefortbildungen von Lipowsky und Rzejak (2021) mit der Frage, wie mögliche Voraussetzungen für eine Teilnahme an digitalisierungsbezogenen Lehrkräftefortbildungen mit der tatsächlichen Teilnahme zusammenhängen und welche Zusammenhänge sich mit wahrgenommenen Erfolgen dieser Fortbildungen durch die Lehrkräfte zeigen. Dieser Fragestellung wird anhand der Daten der repräsentativen Lehrkräfte- und Schuldaten aus der International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2018; Eickelmann et al. 2019) nachgegangen. Die Ergebnisse linearer Strukturgleichungsmodellierungen zeigen, dass für die Teilnahme an digitalbezogenen Fortbildungen insbesondere schulbezogene Merkmale relevant sind. Dazu gehören digitalisierungsbezogene Lehrkräftekooperationen an der eigenen Schule, die Wahrnehmung der Qualität schulischer IT-Ausstattung, die wahrgenommene Entlastung durch die Fortbildungsmöglichkeiten und die digitalisierungsbezogene Prioritätensetzung der Schulleitung. Keine statistisch relevante Bedeutung hat die Berufserfahrung mit digitalen Medien oder das Erlernen digitalisierungsbezogener Inhalte in der Lehrkräfteausbildung. Zudem werden unterrichtsbezogene Faktoren identifiziert, die als relevant für die Fortbildungsteilnahme wahrgenommen wurden und zu denen die Nutzung digitaler Medien durch Lehrkräfte und die Förderung digitalbezogener Kompetenzen bei den Schülerinnen und Schülern gehören. Die Ergebnisse des Beitrags ermöglichen ein besseres Verständnis der zentralen Rolle, die der schulische Kontext für die Teilnahme von Lehrkräften an digitalisierungsbezogenen Professionalisierungsmaßnahmen spielt.

Die übrigen Beträge des Themenschwerpunkts widmen sich der Frage, welche Rolle digitale Formate für die Umsetzung von Fortbildungen spielen – die hier betrachteten Fortbildungsangebote können, müssen aber nicht notwendigerweise, Digitalität zum Gegenstand haben.

Birte Pöhler-Friedrich, Bettina Rösken-Winter und Victoria Shure bilden mit ihrem Beitrag zu „Mathematik-Fortbildungen in Präsenz und digital: Strukturierung, effektive Fortbildungsbestandteile und verwendete Moderationsstrategien durch Fortbildner:innen-Tandems“ den Auftakt, indem sie sich vertieft mit möglichen Unterschieden der didaktischen Gestaltung von online- und Präsenzfortbildungen auseinandersetzen. Die Studie analysiert acht aufgezeichnete Mathematik-Fortbildungen, die von zwei Fortbildner:innen-Tandems geleitet wurden, wobei der Fokus auf der Strukturierung und Phasierung der Fortbildungen sowie den eingesetzten Moderationsstrategien liegt. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Formate in vielen Aspekten ähnlich sind, jedoch im digitalen Format weniger Zeit für Aktivitäten und Diskussionen bleibt, da technische Erklärungen mehr Zeit in Anspruch nehmen. In Präsenz-Fortbildungen erhielten die Lehrkräfte tendenziell mehr Unterstützung, arbeiteten häufiger zusammen und es wurde mehr Zeit für Feedback und Reflexion eingeplant. Die Studie liefert wertvolle Einblicke in die erforderliche Vorbereitung von Fortbildner:innen auf digitale Formate.

Die drei abschließenden Beiträge des Themenschwerpunkts beschäftigen sich mit der Frage, welche Wirkungen Online- oder Präsenzfortbildungen erzielen. Diese Frage nach dem Output solcher Fortbildungen wird hier differenziert in Bezug auf motivationale sowie handlungs- und wissensbezogene Merkmale beantwortet.

Anke Wischgoll und Susanne Prediger befassen sich in ihrem Beitrag „Studying efficacy of particular design elements in online teacher professional development courses: The case of systematizing videos for enhancing teachers’ pedagogical content knowledge“ mit der Untersuchung der Wirksamkeit spezifischer Designelemente in der Systematisierungsphase von synchronen Online-Fortbildungen. Diese experimentelle Studie basiert auf Daten von 102 Mathematiklehrkräften, welche hinsichtlich ihres Zugewinns im fachdidaktischen Wissen und ihrer motivationalen und emotionalen Reaktionen auf die Fortbildung untersucht wurden. Die beteiligten Lehrkräfte nahmen hierfür an einer zweistündigen Online-Fortbildung zum Diagnostizieren und Fördern des Multiplikationsverständnisses teil. In der Systematisierungsphase der Fortbildung schaute eine Gruppe ein zusammenfassendes Video, während die andere Gruppe in Kleingruppen ihre individuellen Zusammenfassungen diskutierte. Die Ergebnisse zeigen, dass in beiden Experimentalgruppen vergleichbare Werte in den emotionalen und motivationalen Merkmalen erfasst wurden und signifikante Zuwächse im fachdidaktischen Wissen zu beobachten waren. Bei einer spezifischen Betrachtung der Teilgruppe mit geringem Vorwissen zeigten sich jedoch höhere Zuwächse bei der Gruppe, die das Video sahen, im Vergleich zur Diskussionsgruppe. Die Studie liefert damit Hinweise darauf, welche Effekte spezifische Arbeitsformen in Fortbildungen für Lehrkräfte mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen haben.

Tim Fütterer, Eric Richter und Dirk Richter gehen in ihrem Beitrag „Teachers’ engagement in online professional development—The interplay of professional development quality and teacher motivation“ der Frage nach, wie die Qualität von online-Fortbildungen und die Lernmotivation der Lehrkräfte mit dem Engagement der Lehrkräfte zusammenhängen. Auf der Basis von Daten von 593 Lehrkräften wurde mithilfe von Strukturgleichungsmodellen die Vorhersagekraft der wahrgenommenen Qualität (d. h. Klarheit und Strukturierheit, praktische Relevanz, kognitive Aktivierung und Zusammenarbeit) und der Lernmotivation der Lehrkräfte für ihr verhaltensmäßiges, affektives und kognitives Engagement während der online-Fortbildung untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Qualität das Engagement der Lehrkräfte positiv vorhersagt. Darüber hinaus ergeben sich unter Kontrolle der Qualität weitere Zusammenhänge zwischen der Lernmotivation der Lehrkräfte sowie dem verhaltensbezogenen und kognitiven Engagement. Teilweise finden sich schließlich Hinweise, dass eine hohe Qualität von Online-Fortbildungen eine geringe Lernmotivation der Lehrkräfte kompensieren kann. Die Befunde verweisen auf die Wichtigkeit qualitativ hochwertiger Online-Fortbildungen zur Sicherstellung eines hohen Engagements von Lehrkräften.

Tim Fütterer, Iris Backfisch und Andreas Lachner untersuchen in ihrem Beitrag „Teachers’ trajectories of technology integration during participation in an online professional development program“ basierend auf den Daten von 23 Lehrkräften, die an einer 3‑monatigen technologiebezogenen Onlinefortbildung teilnahmen, längsschnittlich die Veränderungsprozesse der selbstberichteten Integration von Technologien in den Unterricht (Häufigkeit und Reibungslosigkeit) und der Motivation, Technologien im Unterricht zu nutzen (Selbstwirksamkeit und Nutzenwahrnehmung). Der Beitrag zeichnet sich insbesondere durch die Nutzung eines mixed-methods Ansatzes aus, bei dem wöchentliche Tagebucheinträge von Lehrkräften und Reflexionen von Extremfällen miteinander kombiniert werden, um Veränderungsprozesse differenziert zu analysieren. Die Befunde von Modellen mit linearen gemischten Effekten zeigen eine Abnahme der Reibungslosigkeit der Technologieintegration im Verlauf der Fortbildung. Die Auswertung der Reflexionen von Extremfällen legt nahe, dass diese Abnahme der Reibungslosigkeit mit dem häufiger stattfindenden Einsatz neuer Technologien im Unterricht in Zusammenhang stehen könnte. Interessanterweise spielt die Art der eingesetzten Technologie dabei eine Rolle für das Ausmaß des Verlustes an Reibungslosigkeit der Integration neuer Technologien in den Unterricht. Der Beitrag erweitert den aktuellen Forschungsstand zu Veränderungsprozessen bei Lehrkräften während der Teilnahme an technologiebezogenen Fortbildungen und trägt dazu bei, die Voraussetzungen der Implementierung technologiegestützten Unterrichts besser zu verstehen.

Die Beiträge des vorliegenden Themenhefts stützen zum einen theoretische Modelle zur Integration digitaler Medien im Unterricht, indem sie die Wichtigkeit der Verknüpfung didaktischer und technologischer Merkmale für die inhaltliche Gestaltung von Fortbildung betonen. Zum anderen zeigen sie auf, dass Erkenntnisse z. B. zur Bedeutung von Tiefenstrukturmerkmalen des Lehr-Lernangebots, die im Zusammenhang mit Präsenzunterricht und -fortbildungen gewonnen wurden, auf den speziellen Anwendungsfall von Online-Fortbildungen übertragbar sind. Das instruktionale Design von Online-Fortbildungen spielt dabei eine besondere Rolle. Es lässt sich vermuten, dass Fortbildner:innen hier noch deutlichen Unterstützungsbedarf haben, wenn es um die Umsetzung digitaler, aber auch digitalisierungsbezogener Fortbildungen geht. Damit weisen die Beiträge auch praktische Implikationen auf, indem sie auf die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Professionalisierung des Weiterbildungspersonals im Kontext der digitalen Transformation des schulischen Bildungswesens verweisen.