1 Hintergrund und Zielstellung des Beitrags

Dem Bildungswesen werden nicht unerhebliche Potenziale hinsichtlich seines Beitrags zur Demokratiebildung und Förderung sozialer, ökonomischer und kultureller Teilhabe zugeschrieben (z. B. Busse und Krebs 2022; Reichenbach und Pongratz 2009; Seeber und Seifried 2022). Im Zentrum korrespondierender bildungspraktischer Konzepte und Realisierungsformen steht die Partizipation der Lernenden, welche im Allgemeinen einen sozialen Aushandlungsprozess beschreibt, der durch einen möglichst sachbezogenen und sachkundigen, offenen, freiwilligen und kooperativen Dialog gekennzeichnet ist. Neben der Einflussnahme auf eine Entscheidung bzw. Handlung ist das gemeinsame Verantworten des Handlungsergebnisses ein zentrales Merkmal von Partizipation. Um Verantwortung übernehmen zu können, müssen Partizipierende informiert und aktiv eingebunden werden sowie einen entsprechenden Handlungs- und Entscheidungsfreiraum bzgl. externer Bedingungen ihres Wollens und Tuns haben (Habermas 1974; Heid 1991; Moser 2010; Oser und Biedermann 2007; Oser et al. 2000; Reichenbach 2007; zsf. Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023Footnote 1).

Im Kontext von Bildungseinrichtungen wird Partizipation als Beteiligung Lernender an „Entscheidungs- und Willensbildungsprozessen“ (Reichenbach 2007, S. 54) auf Schul- oder Klassenebene verstanden, welche einen Dialog zwischen Lernenden und anderen Entscheidungsträgern (z. B. Lehrpersonen) beinhaltet (Mager und Nowak 2012). Auf der Ebene konkreter Lehr-Lern-Arrangements, lassen sich die folgenden Felder benennen, im Rahmen derer den Lernenden grundsätzlich Einflussmöglichkeiten auf folgenreiche Entscheidungen zugestanden werden können: Lernziele und Lerninhalte, Aspekte der sozialen und didaktisch-methodischen Gestaltung, Strukturierung und Organisation der Lerngelegenheiten sowie die Prüfungsformen und Kriterien, nach welchen bestimmte Verhaltensweisen als Leistungen erfasst und bewertet werden (z. B. Hauk und Gröschner 2022; Heid 1992; Kraft 1999; Reisenauer 2020; Sembill 1999; Weinert 1982). Ein Literaturreview der Autoren (Kärner et al. 2023) fasst unterschiedliche Möglichkeiten und Realisierungsformen bildungspraktischer Partizipation zusammen, weist jedoch auch auf Forschungslücken theoretisch-konzeptioneller sowie empirischer Natur hin. Um bspw. empirisch zu ermitteln, in welchem Ausmaß (d. h. in quantifizierend-deskriptiver Hinsicht) Lernende an Entscheidungen partizipieren können oder inwiefern sich entsprechende Möglichkeitswahrnehmungen ggf. zwischen Lernenden und Lehrenden unterscheiden, sind Instrumente erforderlich, mit welchen sich die interessierenden Wahrnehmungsqualitäten hinreichend differenziert erfassen lassen. Wie in Abschn. 2.3 dargestellt wird, fehlt es jedoch an solchen Instrumenten.

Vor diesem Hintergrund scheint das Erfordernis der Entwicklung eines Fragebogeninstruments angezeigt, welches sowohl graduell unterscheidbare Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten als auch unterschiedliche partizipative Felder von Lehr-Lern-Arrangements beinhaltet sowie die Perspektiven von Lernenden und Lehrenden gleichermaßen berücksichtigt. Der vorliegende Beitrag hat eine solche Entwicklung zum Ziel und gliedert sich in die folgenden Abschnitte: Zunächst werden unterschiedliche Grade lernerseitiger Einflussmöglichkeiten (Abschn. 2.1) und partizipative Felder von Lehr-Lern-Arrangements (Abschn. 2.2) charakterisiert und es werden bestehende Instrumente zur Erfassung von lernerseitigen Partizipationswahrnehmungen und -möglichkeiten zusammenfassend vorgestellt (Abschn. 2.3), bevor die Fragestellung und die Annahmen zur Instrumentenentwicklung dargelegt werden (Abschn. 3). Abschn. 4 beinhaltet die Beschreibung der methodischen Vorgehensweise, wobei auf das Untersuchungsdesign, die Stichprobenbeschreibung und das Vorgehen bei der Itementwicklung sowie bei der Identifikation und Überprüfung der Faktorenstruktur eingegangen wird. Die deskriptiven Befunde für die Lernenden- und Lehrpersonenversion des Fragebogens werden in Abschn. 5 vorgestellt, bevor der Beitrag in Abschn. 6 mit der zusammenfassenden Diskussion der Studienergebnisse inhaltlich abgeschlossen wird. Die beiden finalen Fragebogenversionen (Lernende, Lehrende) und ergänzende Analysen finden sich in den Anhängen A1, A2 und A3 im Online-Zusatzmaterial (https://doi.org/10.1007/s11618-024-01235-6).

2 Partizipation im Unterricht

2.1 Konzeptualisierung lernerseitiger Einflussmöglichkeiten

Graduell differenzierbare Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten finden sich in unterschiedlichen Konzeptionen von Partizipation (z. B. Arnstein 1969; Biedermann 2006; Blandow et al. 1999; Hart 1992; Hollihn 1978; Mayrberger 2012; Oser et al. 2001; Ott et al. 2023; Sembill et al. 2007; zsf. Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023). Die einzelnen Grade lassen sich insb. hinsichtlich ihrer jeweiligen Ausprägungen der Einflussnahme auf Handlungen und Entscheidungen unterscheiden.Footnote 2 Wir legen unserer empirischen Modellierung das in Abb. 1 dargestellte Modell zugrunde (Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023, in Anlehnung an die vorgenannten Quellen), dessen Grade nachfolgend näher charakterisiert werden.

Abb. 1
figure 1

Grade und Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten. (Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023, in Anlehnung an die o. g. Quellen)

Zunächst ist die Fremdorganisation zu nennen, welche sich aus Perspektive der Lernenden durch nicht vorhandene Einflussmöglichkeiten auf relevante Entscheidungen auszeichnet. Die relative Entscheidungsmacht bzgl. der Gestaltungsparameter der externalen Bedingungen des Lernens liegt hierbei vollständig aufseiten der Lehrperson (vgl. Reinsvold und Cochran 2012; Seifried 2012; Sembill et al. 2007).

Scheinbeteiligung, als Vorform von Partizipation verstanden, zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass die Lehrperson selbst die relevanten Entscheidungen trifft, jedoch je nach eigenem Ermessen die Meinungen und Interessen der Lernenden erfragt und sporadisch mit in ihre Entscheidungsfindung einbezieht. Einen interessanten Befund hierzu liefern Meyer-Ahrens et al. (2010). Die Autor:innen untersuchten in ihrer quasi-experimentellen Studie Effekte von tatsächlicher versus scheinbarer Schülermitbestimmung auf emotional-motivationale Variablen, fanden jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Varianten, was die Autor:innen vermuten lässt, dass die subjektive Autonomiewahrnehmung der Proband:innen zumindest ebenso wichtig zu sein scheint wie die tatsächliche Umsetzung des Schülerwillens (zsf. Kärner et al. 2023).

Partizipation (im engeren Sinne als Beteiligung bzw. Teilhabe zu verstehen) lässt sich gemäß dem o. g. Modell in die Teilbereiche Mitwirkung, Mitbestimmung und Selbstbestimmung untergliedern. Bei allen Ausprägungen werden den Lernenden grundsätzlich Einflussmöglichkeiten auf unterrichtsrelevante Entscheidungen zugestanden, wobei der jeweilige Grad entsprechend variieren kann (z. B. relative Eigenständigkeit im Rahmen der Selbstbestimmung vs. Entscheidungsabhängigkeit von Peer- und Lehrpersonenmeinungen bei Mitbestimmung und Mitwirkung). Hinsichtlich der praktischen Umsetzung der lernerseitigen Einflussnahme weist die Literatur auf unterschiedliche Möglichkeiten hin. Erstens sind dies individuelle Entscheidungen in Form von Auswahlmöglichkeiten, aus verschiedenen, mitunter vorgegebenen Optionen oder die freie Wahlmöglichkeit ohne vorgegebene Optionen (z. B. Cook et al. 2021; Deed et al. 2014; Reeve et al. 2004). Zweitens ist dies die dialogisch-diskursive Entscheidungsfindung in Lerngruppen bzw. in der Klasse (z. B. Boatright und Allman 2018; Daher und Saifi 2018; Richter und Tjosvold 1980) und drittens die demokratische Abstimmung bzgl. unterschiedlicher Auswahlalternativen, der Bildung einer Mehrheitsmeinung und resultierendem Mehrheitsbeschluss (z. B. Bätz et al. 2009; Desch et al. 2016). Richter und Tjosvold (1980) beschreiben anschaulich ein mögliches Vorgehen bei einer diskursiven Entscheidungsfindung mit der Option eines abschließenden Mehrheitsbeschlusses: Die Schüler:innen planen gemeinsam mit ihrer Lehrkraft das Thema einer Stunde, wobei die Lehrkraft die Lernenden ermutigt, ihre Meinungen zu äußern, ein Brainstorming über mögliche Themen und Aktivitäten durchzuführen, die verschiedenen Möglichkeiten zu bewerten und gegeneinander abzuwägen und mittels Konsensfindung über das Thema und die Klassenaktivitäten zu entscheiden. Wenn nach einer Stunde kein Konsens erzielt wird, entscheidet die Mehrheit (zsf. Kärner et al. 2023).

Die relative Autonomie schließlich steht für Möglichkeiten, im Rahmen derer Lernende eigenständig die externalen Bedingungen ihres Lernens organisieren und selbstständig Entscheidungen treffen. Entsprechende unterrichtspraktische Realisierungsformen zeigen sich beispielsweise bei Dobson und Dobson (2021), welche von einem Unterrichtssetting berichten, in welchem Lernende zu Lehrenden werden und in diesem Zusammenhang ihren eigenen Unterricht organisieren oder bei Sembill (2004) zum selbstorganisierten Lernen, in dessen Rahmen die Schüler:innen eigenständig komplexe Problemstellungen bearbeiten und damit verbundene Aushandlungs- und Entscheidungsfindungsprozesse in Kleingruppen selbstständig organisieren.

Das in Abb. 1 dargestellte Modell ist dergestalt relationaler Natur, da die Perspektiven von Lehrenden und Lernenden gleichermaßen berücksichtigt werden und sich diese wechselseitig bedingen. So ist anzunehmen, dass zunehmende Einflussmöglichkeiten von Lernenden auf unterrichtsrelevante Entscheidungen mitunter mit einer empfundenen und/oder faktischen Verringerung von Einflussmöglichkeiten der Lehrpersonen einhergehen können; vice versa können zunehmende Einflussmöglichkeiten von Lehrpersonen mit einer Verringerung von Einflussmöglichkeiten der Lernenden einhergehen (Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023). In der Literatur finden sich im Zusammenhang mit den beiden Perspektiven Hinweise darauf, dass Lernende zwar vielfältige Mitbestimmungswünsche haben und diese auch äußern (z. B. bzgl. der Festlegung von Hausaufgaben oder der Auswahl von Unterrichtsthemen; Krammer und Auferbauer 2021), die wahrgenommenen Mitbestimmungsmöglichkeiten jedoch insgesamt weit weniger optimistisch beurteilt werden (z. B. Bron et al. 2018; Meusburger 2022; Müller-Kuhn et al. 2020). Betrachtet man weiterhin die Einschätzung von Lehrpersonen zu Partizipationsmöglichkeiten von Schüler:innen, so zeigt sich eine interessante Diskrepanz zwischen den beiden Perspektiven: Lehrkräfte schätzen diese systematisch höher ein als die Lernenden selbst (Fatke und Schneider 2005; zsf. Gamsjäger 2019).

Aufgrund des angenommenen rollenbezogenen wechselseitigen Zusammenhangs der Kategorien „Autonomie“ und „Heteronomie“ ist es erforderlich, deren wechselseitige Dynamik differenzierter und in Bezug auf die jeweiligen Realisierungsformen zu denken (hierzu ausführlich Heid et al. 2023 und Kärner et al. 2023). Insofern sind entsprechende graduelle Modelle weniger statisch zu denken, es wäre vielmehr der dynamische Prozesscharakter der einbezogenen Einflussgrade zu berücksichtigen (Hart 2008). Auch sind, abgesehen von den abstrakten (da sie sich nicht auf konkrete Inhalte beziehen) Kategorien individueller Einflussmöglichkeiten, weitere Facetten partizipativer Unterrichtspraxis zu berücksichtigen. Abs (2006) beispielsweise unterscheidet in seiner Modellierung drei Dimensionen, welche er als für die Charakterisierung partizipativer Praxis konstitutiv annimmt: Partizipationsformen stehen demnach für unterschiedliche Grade lernerseitiger Einflussmöglichkeiten (analog zur obigen Abb. 1); Partizipationsmodi beschreiben die konkrete Art und Weise, wie die partizipative Praxis realisiert wird (z. B. informell, simulierend); der Bereich bzw. die Reichweite der Partizipation als dritte Dimension steht für konkrete Inhaltsbereiche, auf welche partizipative Praxis abzielt (z. B. individuelle Angelegenheiten, Klassenangelegenheiten).

2.2 Partizipative unterrichtliche Gestaltungsfelder

Fragt man nach denjenigen Gegenstandsbereichen und Bedingungen des Lernens, an welchen Schüler:innen grundsätzlich partizipieren können, so können verschiedene entscheidungsrelevante Felder identifiziert werden (z. B. Abs und Moldenhauer 2022; Hauk und Gröschner 2022; Kraft 1999; Weinert 1982; zsf. Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023).

Dies sind erstens Entscheidungen, welche auf die Lernziele und Lerninhalte abzielen. Lernende können in Entscheidungen einbezogen werden bzw. diese selbstständig treffen, welche sich auf die Definition von Lernzielen beziehen. Entsprechende Ziele können sich in deren Konkretisierungsgrad unterscheiden und sich dementsprechend in Grob- (z. B. curriculare Ziele; z. B. Guadalupe und Curtner-Smith 2020; Leat und Reid 2012) und Feinziele (z. B. konkrete Unterrichtsstunden oder Aufgaben; z. B. Andrade und Du 2007; Chan et al. 2014; López-Pastor und Sicilia-Camacho 2017) untergliedern lassen. Hinsichtlich der Lerninhalte verhält es sich analog: auch hier können Lernende grundsätzlich an der Definition von längerfristig (z. B. Schulhalbjahr) zu planenden thematischen Schwerpunktsetzungen beteiligt werden (z. B. Biddulph 2011; Boatright und Allman 2018; Bron et al. 2018; Howley und O’Sullivan 2021) wie auch an der inhaltlichen Ausgestaltung enger umgrenzter thematischer Unterrichtseinheiten (z. B. Bätz et al. 2009) oder an konkreten Aufgabeninhalten (z. B. Deed et al. 2014; Dür und Griebler 2008; Gamsjäger 2019).

Zweitens sind es Entscheidungen, welche die Gestaltung, Strukturierung und Organisation von Lerngelegenheiten betreffen. Neben grundsätzlichen Entscheidungen, die die allgemeine unterrichtliche Zeitnutzung adressieren (z. B. Kögler 2015), stehen Fragen zur Diskussion, wie der Unterricht hinsichtlich verschiedener denkbarer Arbeits‑/Aktivitätsformen, Medien, Formen der Ergebnissicherung oder Lern- und Bearbeitungsmethoden (z. B. Bron et al. 2018; Deed et al. 2014; Desch et al. 2017; Gamsjäger und Wetzelhütter 2020; Granbom 2016; Griebler und Griebler 2012; Lazarides et al. 2015) methodisch gestaltet und strukturiert werden soll sowie hinsichtlich der Sozialformen, also der Art und Weise, wie die Akteure im Unterricht zusammenarbeiten sollen (z. B. Bätz et al. 2009).

Drittens stehen Entscheidungen zur Diskussion, welche die Prüfungsformen und die Bewertungskriterien betreffen. Hierbei weist die Literatur darauf hin, dass Lernende mitbestimmen können, welche Inhalte in Prüfungen auf welche Art und Weise geprüft werden (z. B. mündliche oder schriftliche Prüfung, Projektbericht) (z. B. Granbom 2016; Guadalupe und Curtner-Smith 2020; Tillema et al. 2011). Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten der lernerseitigen Einflussnahme auf Entscheidungen, welche die Kriterien betreffen, auf Basis derer Prüfungsleistungen bewertet werden. Dies kann bspw. durch den Einbezug der Lernenden in die Entwicklung und verbindliche Definition von Bewertungskriterien für die Notenvergabe erfolgen (z. B. Andrade und Du 2007; Dancer und Kamvounias 2005; Falchikov und Goldfinch 2000; Sanchez et al. 2017).

2.3 Instrumente zur Erfassung von lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten

Um einen Überblick über bestehende Instrumente zur Erfassung von lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten zu erhalten, beziehen wir uns zum einen auf unser Literaturreview (Kärner et al. 2023), zum anderen wurden für den vorliegenden Beitrag zusätzliche und weiterführende Recherchen durchgeführt.

Zunächst zu den Ergebnissen des Literaturreviews. Die gesichteten Instrumente umfassen hinsichtlich der Anzahl der jeweils verarbeiteten Items zwischen einem und 45 mit einem Median von sieben Items. Mehr oder weniger konkrete Bezüge zu partizipativen Handlungsfeldern finden sich für die partizipativen Felder Lernziele und Unterrichtsinhalte (z. B. „We can decide the scientific topic to discuss in the science classroom“ bei Daher und Saifi 2018), Unterrichtsgestaltung und -strukturierung (z. B. „Students have a say in choosing the learning methods to be used in lessons“ bei Bron et al. 2018) und Prüfungen und Bewertungskriterien (z. B. „Schüler dürfen bei der Notengebung mitentscheiden“ bei Helsper et al. 2004 in Referenz auf Krüger et al. 2000). Andere Instrumente fragen die wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten im Allgemeinen und ohne Bezug zu einem der genannten partizipativen Felder ab (z. B. „Entscheidungen, die alle betreffen, diskutieren wir gemeinsam“ bei Steinert et al. 2003). Betrachtet man die gesichteten Instrumente hinsichtlich der jeweiligen Abbildung unterschiedlicher Grade bzw. Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten, so ist festzustellen, dass in lediglich fünf Instrumenten explizit unterschiedliche graduelle Ausprägungen berücksichtigt werden (Gamsjäger 2019; Gamsjäger und Wetzelhütter 2020; Krammer und Auferbauer 2021; Meusburger 2022; Wetzelhütter und Bacher 2015). Hinsichtlich der Dimensionalitäten bestehender Fragebogeninstrumente zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Faktorielle Analysen von Krammer und Auferbauer (2021) bspw. legen eine zweidimensionale Skalenstruktur (vorhandene vs. keine Partizipationsmöglichkeiten) nahe. Dem entgegen stehen die Analysen von Wetzelhütter und Bacher (2015), die auf eine eindimensionale hierarchische Skala hinweisen, deren enthaltene Items inhaltlich durch unterschiedliche Beteiligungsintensitäten bzw. -qualitäten gekennzeichnet sind. Die eindimensionale Skalierung stützt die Vorstellung einer strikten Polarisierung von Selbst- und Fremdbestimmung, wenngleich eine solche theoretisch-konzeptionell in Zweifel gezogen werden kann (Heid et al. 2023; Kärner et al. 2023). Es kann zusammenfassend festgehalten werden, dass der Großteil der gefundenen Instrumente das interessierende Konstrukt in diesem Sinne einseitig abbildet, da keiner der Fragebögen neben verschiedenen graduell unterscheidbaren Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten gleichzeitig auch die relevanten partizipativen Felder in Bezug auf die Gestaltung und Organisation der externalen Bedingungen des Lernens sowie verschiedene Perspektiven berücksichtigt (zsf. Kärner et al. 2023).

Zusätzliche und weiterführende Recherchen nach bestehenden Fragebogeninstrumenten zur Erfassung lernerseitiger Partizipationsmöglichkeiten wurden über die Datenbank des Forschungsdatenzentrums Bildung durchgeführt (FDZ; https://www.fdz-bildung.de, Stand: 19.07.2023). Hierbei wurde unter dem Stichwort „Partizipation“ nach Skalen und Items aus Fragebögen gesucht, die über die Ergebnisse des o. g. Literaturreviews hinaus auch explizit die Lehrpersonensichtweise berücksichtigen. Die Suche ergab 22 Treffer in der FDZ-Datenbank, neun Treffer im Open-Access-Repositorium für sozial- und verhaltenswissenschaftliche Messinstrumente (ZIS) und vier Treffer im Open-Test-Archive der Datenbank des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID). Zusammenfassend zeigt sich in der Zusatzrecherche ein vergleichbares Bild zu den Ergebnissen des Literaturreviews: Lernerseitige Partizipationsmöglichkeiten werden tendenziell eher allgemein, d. h. von konkreten Partizipationsfeldern (z. B. Unterrichtsziele, Bewertungskriterien) abstrahiert, erfragt (z. B. „Schüler und Schülerinnen nehmen die in der Schule bestehenden Mitbestimmungsmöglichkeiten tatsächlich wahr“ bei Diedrich et al. 2012 oder „Schulen können besser werden, wenn Schüler/-innen in ihnen mitbestimmen“ bei Abs et al. 2021). Darüber hinaus wurde weder in der Zusatzsatzrecherche noch im ursprünglichen Literaturreview ein Instrument gefunden, welches der Erfassung von lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten sowohl aus der Perspektive von Lernenden als auch aus der Perspektive von Lehrenden dienlich ist und gleichzeitig sowohl unterschiedliche partizipative Felder als auch unterschiedliche Grade bzw. Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten differenziert abbildet.

3 Fragestellung und Annahmen

Die skizzierten Forschungsdesiderata motivieren zur Entwicklung eines Fragebogeninstruments, welches sowohl graduell unterscheidbare Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten (Abschn. 2.1) als auch unterschiedliche partizipative Gestaltungsfelder abbildet (Abschn. 2.2) und darüber hinaus die Perspektiven von Lernenden und Lehrenden gleichermaßen berücksichtigt. Die Fragestellung des vorliegenden Beitrags bezieht sich somit auf die Entwicklung eines Instruments, welches den genannten Anforderungen genügt. Als inhaltliche Validierungs- bzw. Plausibilitätskriterien für die Instrumentenentwicklung treffen wir die folgenden Annahmen:

  1. a.

    Wir nehmen an, dass sich bezogen auf das in Abb. 1 dargestellte Ausgangsmodell sowohl für die Perspektive der Lernenden als auch für die Perspektive der Lehrenden unterschiedliche Grade empirisch abbilden lassen, die sich in den Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten unterscheiden. Wir gehen also im Gegensatz zu den Ergebnissen bisheriger Arbeiten (z. B. Wetzelhütter und Bacher 2015) davon aus, dass sich ein mehrdimensionales Faktorenmodell empirisch abbilden lässt, welches neben den beiden „Extrembereichen“ (relative Autonomie vs. Heteronomie) mindestens eine dazwischenliegende Ausprägung beinhaltet.

  2. b.

    Bezugnehmend auf bisherige Befunde kann davon ausgegangen werden, dass in der lernerseitigen Wahrnehmung als fremdbestimmt wahrgenommene Qualitäten tendenziell häufiger vorzufinden sind bzw. in quantitativer Hinsicht höhere Zustimmungswerte erzielen werden, verglichen mit Qualitäten selbstbestimmter lernerseitiger Einflussmöglichkeiten (z. B. Bron et al. 2018; Meusburger 2022). Die befragten Schüler:innen werden also über alle Felder hinweg tendenziell eher geringe Partizipationsmöglichkeiten sehen, verglichen mit der wahrgenommenen Fremdbestimmung durch die Lehrpersonen.

  3. c.

    Weiterhin kann angenommen werden, dass sich die lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten zwischen verschiedenen unterrichtlichen Gestaltungsfeldern unterscheiden werden. So ist bspw. anzunehmen, dass im Hinblick auf die Unterrichtsmethoden und Sozialformen tendenziell mehr Einflussmöglichkeiten gesehen werden, verglichen mit den Prüfungsformen und Bewertungskriterien. Dies kann damit begründet werden, dass die Art und Weise, wie Leistungen in der Schule überprüft und bewertet werden sollen, stärker durch rechtliche Vorgaben reglementiert ist als dies beispielsweise für die Unterrichtsmethoden und Sozialformen der Fall ist (z. B. Avenarius und Hanschmann 2019; NVO 1983).

  4. d.

    Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Perspektiven von Lernenden und Lehrenden ist anzunehmen, dass Lehrpersonen die lernerseitigen Einflussmöglichkeiten in deskriptiver Hinsicht höher einschätzen als die Lernenden selbst (z. B. Fatke und Schneider 2005; zsf. Gamsjäger 2019).

4 Methodische Vorgehensweise

In diesem Abschnitt werden zunächst das Untersuchungsdesign sowie die zugrundeliegenden Stichproben, bestehend aus Schüler:innen (kurz: Lernende) sowie Lehrpersonen (kurz: Lehrende), beschrieben. Anschließend wird die Vorgehensweise bei der Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung von lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten aus der Perspektive von Lernenden und Lehrenden skizziert, welcher sowohl die beschriebenen Qualitäten (Abschn. 2.1, Abb. 1) als auch die relevanten unterrichtlichen Felder (Abschn. 2.2) empirisch abbildet. Abschließend werden die zugrundeliegende Analysestrategie und die eingesetzten Analyseverfahren beschrieben.

4.1 Untersuchungsdesign

Die Untersuchung setzt sich aus insgesamt drei Teilstudien zusammen. Die Planung und Gestaltung dieser drei Teilstudien erfolgte zeitlich und organisatorisch parallel, sodass sich diese in ihrer Gestaltung mit Ausnahme der befragten Proband:innen nicht voneinander unterscheiden. Bei allen drei Teilstudien handelt es sich um Fragebogenstudien, die einem Querschnittsdesign folgen und onlinebasiert und anonym durchgeführt wurden. Von allen teilnehmenden Personen wurde deren Einverständnis über die anonymisierte Erfassung und Verarbeitung ihrer Daten eingeholt und von den befragten Schüler:innen aus datenschutzrechtlichen Gründen zusätzlich die Bestätigung, dass diese zum Befragungszeitpunkt mindestens 16 Jahre alt waren. Die erfassten Daten lassen keine Rückschlüsse auf konkrete Personen und/oder Schulen zu. Die folgende Tab. 1 liefert einen Überblick über das jeweils durchführende Forschungsinstitut sowie die jeweiligen Erhebungszeiträume und Zielgruppen der drei Teilstudien.

Tab. 1 Übersicht über die drei Teilstudien

Die Teilstudien I und III wurden jeweils in Deutschland, Teilstudie II zudem auch in Österreich und der Schweiz durchgeführt. Für die Gewinnung der Proband:innen wurden die Fragebögen online über unterschiedliche Kanäle verteilt und zugänglich gemacht (siehe Tab. 2).

Tab. 2 Genutzte Kanäle zur Verteilung der Fragebögen

Um eine Teilnahme derselben Schüler:innen sowohl an Teilstudie I als auch an Teilstudie II zu verhindern, fand Teilstudie II zeitverzögert statt. Auch wurden andere Kanäle genutzt und alle teilnehmenden Proband:innen explizit danach gefragt, ob eine Teilnahme an dieser Studie bereits stattgefunden hat. Zudem wurden Lernende, die zum Befragungszeitpunkt keine Schule mehr besuchten (z. B. Studierende, Teilnehmende an Weiterbildungskursen, etc.) aus den Teilstudien I und II ausgeschlossen. Um die Ergebnisse der Teilstudien I und II möglichst gut mit denjenigen aus Teilstudie III vergleichen zu können, wurden in Teilstudie III nur Lehrpersonen berücksichtigt, die auf Ebene der Sekundarstufe I oder II unterrichten.

Das grundlegende Prinzip der Datenerhebungen basiert auf dem Schneeballprinzip, wobei Kontakte und Netzwerke dazu genutzt wurden, den Link zum Fragebogen zu verbreiten. Das Schneeballverfahren ist nach Döring und Bortz (2016, S. 308) gut geeignet, wenn die Populationsmitglieder von Interesse schwer erreichbar, jedoch untereinander gut vernetzt sind und über die entsprechenden sozialen Netzwerke weitere Befragungsteilnehmer:innen rekrutiert werden können. Die auf diese Weise gezogenen Stichproben sind jedoch nicht-probabilistischer Natur (sog. Gelegenheitsstichproben) und können somit keine Repräsentativität für sich beanspruchen (hierzu auch Abschn. 6.2). Die gewonnenen Stichproben und deren Charakteristika werden im nachfolgenden Abschnitt näher beschrieben.

4.2 Beschreibung der Stichproben

Da in den Teilstudien I und II jeweils Schüler:innen befragt wurden, wird die Stichprobe dieser beiden Teilstudien gesamthaft beschrieben (Tab. 3). Die befragten Schüler:innen sind im Mittel 19,8 Jahre (SD = 6,3) alt, was an dem relativ hohen Anteil an Personen aus Berufsschulen, beruflichen Gymnasien und allgemeinbildenden Gymnasien liegt. Es findet sich insgesamt ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Schüler:innen aus dem allgemein- und berufsbildenden Bereich. Der Großteil der Befragten ging zum Befragungszeitpunkt in Baden-Württemberg, Bayern oder Berlin zur Schule und ist weiblich (67 % vs. 33 % männlich). Die unterschiedlichen Gesamtzahlen der verschiedenen Stichprobenmerkmale sind auf fehlende Angaben einzelner Proband:innen zurückzuführen. Bezüglich der fehlenden Werte bei den interessierenden Items konnten statistisch keine systematischen Zusammenhänge mit soziodemografischen Angaben gefunden werden.

Tab. 3 Stichprobenbeschreibung (Teilstudien I und II: Schüler:innen der Sekundarstufen I und II) (n1 = 314)

Tab. 4 fasst die Merkmale der Lehrpersonenstichprobe zusammen. Die Befragten verfügen im Mittel über 11,3 Jahre (SD = 9,1) Berufserfahrung. Auch hier finden sich tendenziell mehr Frauen (62 %) als Männer (38 %) in der Stichprobe. Der Großteil der befragten Lehrpersonen war zum Befragungszeitpunkt an einer Schule in Baden-Württemberg tätig. Hinsichtlich der Schultypen finden sich am häufigsten allgemeinbildende Gymnasien, berufsbildende Gymnasien, Berufsschulen sowie (Werk‑)Realschulen.

Tab. 4 Stichprobenbeschreibung (Teilstudie III: Lehrpersonen der Sekundarstufen I und II) (n2 = 97)

4.3 Vorgehen bei der Itementwicklung

Basierend auf den modelltheoretischen Überlegungen (Abschn. 2.1) erfolgte ein mehrstufiger iterativer Prozess zur Entwicklung geeigneter inhaltsvalider Items (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Iterativer Entwicklungsprozess des Erhebungsinstruments zum Einsatz bei Lernenden und Lehrpersonen

Bezogen auf den in Abb. 2 dargestellten iterativen Entwicklungsprozess bildeten zunächst die Definitionen der Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten eine wichtige Ausgangsgrundlage (siehe Abschn. 2.1). Diesbezüglich konnten für jede Ausprägung charakteristische Schlüsselwörter bzw. -phrasen identifiziert werden, die die inhaltliche Breite der einzelnen Qualitäten möglichst umfänglich abbilden sollten. In Tab. 5 finden sich die wesentlichen Schlüsselwörter bzw. -phrasen, mit welchen der sukzessive Übergang vom zugeschriebenen Subjekt- zum Objektstatus des/der Lernenden semantisch zum Ausdruck gebracht werden soll. Wird das eigenständige Agieren von der Selbstorganisation bis hin zur Mitwirkung betont (wenngleich in unterschiedlichen „Wirkungsgraden“), so nimmt dieser Status spätestens ab der Einbeziehung sukzessive ab, bis der/die Lernende am Ende bei der Fremdorganisation angekommen lediglich als Objekt external gegebener Lernbedingungen gesehen und verstanden wird. Dieser Umstand darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Lernen, als interner und individueller Prozess verstanden, letztendlich eine eigenständige Handlung der Lernenden ist und bleibt, die von Lehrpersonen trotz ihres Einflusses auf die Gestaltung der externalen Lernbedingungen nicht erzwungen oder erübrigt werden kann (hierzu Heid 2019). Es ist wichtig zu beachten, dass ungeachtet der vermeintlichen Austauschbarkeit einzelner Qualitäten seitens der Lernenden, diese gleichzeitig vorhanden sein können, ohne in strikten Abstufungen erfolgen zu müssen (vgl. dazu auch Hart 2008 sowie die Abschn. 2.1 und 6.1).

Tab. 5 Schlüsselwörter und -phrasen für unterschiedliche Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten

Basierend auf den Itemformulierungen für die einzelnen Qualitäten wurden über alle sechs Felder (Unterrichtsinhalte, Unterrichtsziele, Unterrichtsmethoden, Sozialformen, Bewertungskriterien und Prüfungsmodalitäten; siehe Abschn. 2.2) hinweg möglichst inhaltsgleiche Formulierungen verwendet, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Dies führte zu mehrfachen Iterationen im Zuge der Revision der Formulierungen über die acht Qualitäten bzw. Grade hinweg, die schließlich in einer finalen Formulierung von insgesamt 20 Items pro Feld mündeten. Dabei wurden für alle Grade innerhalb eines Feldes je zwei Items formuliert, die den Inhalt der ihnen zugeordneten Ausprägung abdecken bzw. repräsentieren sollten. Für die beiden Extrembereiche – Selbstorganisation und Fremdorganisation – wurden jeweils vier Items formuliert, um eine breitere Grundlage an verschiedenen Items für die „Ränder“ des Kontinuums zu erhalten, die einen besonderen Stellenwert hinsichtlich der semantischen Polarität der wahrgenommenen Einflussmöglichkeiten einnehmen.Footnote 3 Unter Berücksichtigung der sechs Felder umfasst der zu pilotierende Fragebogen somit insgesamt 120 Items (20 Items für die jeweiligen Qualitäten lernerseitiger Einflussnahme für jedes der sechs Felder).Footnote 4 Die im März/April 2022 durchgeführte Pilotierung mit Studierenden der Wirtschaftspädagogik diente vor allem dem Zweck der inhaltlichen Verständlichkeit und sprachlichen Klarheit, Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit der Items. Auf dieser Grundlage mussten einzelne Items lediglich geringfügig umformuliert werden, was jedoch zu keinem Ausschluss oder Austausch einzelner Items führte. Im April 2022 wurde der Fragebogen für den Einsatz bei Lehrpersonen „übersetzt“, ohne jedoch die inhaltlichen Aussagen grundlegend zu verändern. Eine Gegenüberstellung der obigen Beispielitems für den Vergleich der Formulierungen der Lernenden- und Lehrenden-Items findet sich in Tab. 6.

Tab. 6 Parallelisierung der Fragebögen für Lernende und Lehrende

Eine Pilotierung des Fragebogens zur Erfassung lernerseitiger Partizipationsmöglichkeiten aus der Perspektive der Lehrenden fand nur noch im Zuge eines kurzen Testlaufs mit zwei Studierenden statt, wobei geprüft wurde, ob sich Items durch ihren Bezug zur Perspektive von Lehrpersonen inhaltlich wesentlich unterschieden, was jedoch bei keinem Item der Fall war. Die wesentliche Unterscheidung zwischen den beiden Fragebogenversionen liegt zusammenfassend darin, dass sich die von den Schüler:innen erfragte Wahrnehmung stets auf die Referenzfigur der eigenen Lehrpersonen bezieht, während sich die Wahrnehmung der Lehrpersonen auf die Referenzfigur ihrer Schüler:innen und ihres Unterrichts bezieht. Bei der Entwicklung der Fragebögen wurde bewusst kein bestimmter Unterricht, kein bestimmtes Fach, keine bestimmte Lehrperson und kein bestimmtes Ereignis als Referenzpunkt herangezogen. Stattdessen lag das Ziel der Entwicklung darin, die lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten möglichst allgemein und kontextunabhängig zu erfragen.Footnote 5 Entsprechend beziehen sich die Fragen stets auf eine abstrakte Vielzahl an Lehrpersonen, Themen, Zielen, Lernenden, etc.

4.4 Durchführung der Teilstudien

Die wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten wurden pro Feld abgefragt, wobei den Proband:innen sowohl die einzelnen Felder (blockweise Randomisierung) als auch die Reihenfolge der Items innerhalb der Felder je Fragebogenaufruf in randomisierter Reihenfolge präsentiert wurden. Dies führte zu einer gleichmäßigen Verteilung fehlender Werte, die aufgrund vorzeitiger Abbrüche zu erwarten waren. Darüber hinaus gab es keine systematischen Datenausfälle auf Item-Ebene (Item-Non-Response). Weiterhin wurden durch die randomisierte Itempräsentation etwaige Reihenfolge‑, Carry-Over‑/Übertragungs- oder Positionseffekte verhindert, welche zu künstlich erzeugten Zusammenhängen in den Daten hätten führen können. Die Bearbeitungszeit für den Fragebogen lag bei allen drei Teilstudien bei etwa 30 min. Proband:innen, die den Fragebogen lediglich durchklickten, ohne jedoch ernsthafte Antworten zu geben (sichtbar bspw. an einem homogenen Antwortverhalten; vgl. dazu Bais et al. 2020; Cornesse und Blom 2020; Leiner 2019), wurden von der Auswertung ausgeschlossen. Dies betraf gesamthaft acht Proband:innen der Teilstudien I und II. Insgesamt wurden die Fragebögen aus den Teilstudien I und II 1288 mal aufgerufen und von 708 Schüler:innen bearbeitet. Abzüglich der fehlerhaften oder komplett unvollständigen Bearbeitungen mündete dies in 314 verwertbaren Datensätzen. Von diesen haben 191 Schüler:innen den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Der Fragebogen aus Teilstudie III wurde insgesamt 393 mal aufgerufen und dabei von 160 Lehrpersonen bearbeitet. Abzüglich der fehlerhaften oder komplett unvollständigen Bearbeitungen mündete dies in 97 verwertbaren Datensätzen. Von diesen haben rund 92 Lehrende den Fragebogen vollständig ausgefüllt.

4.5 Identifikation und Überprüfung der Faktorenstruktur

Um auf Basis der erhobenen Daten zu überprüfen, inwieweit sich die konzeptionelle Modellierung (Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten und die partizipativen Unterrichtsfelder) auch empirisch abbilden lässt, wurde eine zweistufige Vorgehensweise gewählt: zunächst erfolgte die Identifikation der Faktorenstruktur mittels explorativer Faktorenanalyse (EFA) (Abschn. 4.5.1), anschließend wurden die faktoriellen Strukturen mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse (CFA) geprüft (Abschn. 4.5.2).

4.5.1 Explorative Faktorenanalyse

Die empirische Analyse erfolgte zunächst auf Grundlage mehrerer EFAs mittels Verwendung der Statistiksoftware SPSS 28 (IBM). Zur Durchführung der EFAs und der Interpretation der Ergebnisse dienten Handreichungen von Field (2018) sowie Rost und Schermer (1989). Auf dieser Grundlage wurde je Feld eine Hauptachsenanalyse mit anschließender Oblimin-Rotation durchgeführt. Dabei wurden für die Faktorenbildung folgende („harte“) Kriterien herangezogen (siehe auch Rost und Schermer 1989, S. 293):

  1. i)

    Eigenwert > 1

  2. ii)

    Scree-Test

  3. iii)

    Pro Komponente mindestens drei Markiervariablen

  4. iv)

    Faktorenladungen der einzelnen Items > 0,3

  5. v)

    Keine Mehrfach- bzw. Nebenladungen > 0,5

Ferner war es ein Analyseziel, eine inhaltliche Vergleichbarkeit der einzelnen Einflussgrade sowohl über die unterschiedlichen Felder als auch über die beiden Stichproben bzw. Perspektiven (Lernende und Lehrpersonen) hinweg zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund kamen zwei weitere Kriterien bei der Faktorenbildung hinzu, die jedoch im Gegensatz zu den Kriterien i bis v nicht als Ausschlusskriterien, sondern als inhaltliche Orientierung zu verstehen sind („weiche“ Kriterien). Das Ziel bestand darin, diese soweit wie möglich zu erfüllen:

  1. vi)

    Inhaltsgleiche Lösungen über alle Felder hinweg

  2. vii)

    Inhaltsgleiche Lösungen sowohl bei Lernenden als auch bei Lehrenden

Nach Anwendung der Kriterien i bis v verbleiben von den anfänglich 20 Items je Feld die in Tab. 7 hinterlegten Anzahlen an Items.

Tab. 7 Verbleibende Items nach EFA

Mit Ausnahme des Felds „Unterrichtsmethoden“ ergab sich ein annähernd konsistentes Bild zwischen den beiden Stichproben (Lernende, Lehrende). Dabei fiel auf, dass es nur sehr eingeschränkt möglich war, die Ausprägungen der wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten innerhalb des Felds „Unterrichtsmethoden“ bei Lernenden eindeutig zu differenzieren. Auffällig war zudem, dass sich aus den EFAs über alle Felder und Zielgruppen hinweg eine dreifaktorielle Lösung als dominant erwiesen hat (für einen Überblick siehe Tab. 8).

Tab. 8 Überblick über die Ergebnisse der EFAs über alle Felder

Auf Grundlage der Ergebnisse der verschiedenen EFAs zeigten sich teilweise nicht identische Lösungen vor allem für die Bereiche „Informierung“ und „Einbeziehung“ (siehe Tab. 8 sowie Abschn. 4.5.2 für entsprechende Implikationen für die konfirmatorische Prüfung der faktoriellen Strukturen). Auch zeigten sich vor allem für „nahe beieinander“ liegende Qualitäten, wie z. B. „Mitbestimmung“ und „Mitwirkung“, dass einzelne Items bei beiden Perspektiven und den sechs Feldern nicht immer eindeutig bzw. dem gleichen Faktor zugeordnet werden konnten. Ferner zeigte sich nicht über alle Felder und Einflussgrade hinweg, dass stets identische Items den entsprechenden Faktoren zugeordnet werden konnten. Von den insgesamt 36 gebildeten Faktoren (drei Faktoren pro Feld sowohl für Lernende als auch für Lehrpersonen) konnten in lediglich acht Fällen einzelne Items eines Faktors nicht berücksichtigt werden (siehe dazu auch Tab. 12 und 13), was vor allem die Bereiche „Informierung“ und „Einbeziehung“ betraf.

Trotz der oben beschriebenen kleineren Abweichungen in den inhaltlichen Item-Faktor-Zuordnungen lassen sich über alle Felder hinweg sowie für die beiden Perspektiven (Lernende, Lehrende) inhaltlich konsistente Faktoren identifizieren, welche sich in Referenz auf unser Ausgangsmodell (Abb. 1) inhaltlich mit Selbstbestimmte Teilhabe (Faktor 1), Bedingte Mitsprache (Faktor 2) und Fremdbestimmung (Faktor 3) bezeichnen lassen. Die drei gefundenen Faktoren schließen die in Abb. 3 dargestellten Ausprägungen ein.

Abb. 3
figure 3

Identifizierte Faktoren und korrespondierende Inhaltsqualitäten auf Grundlage der EFAs

4.5.2 Konfirmatorische Faktorenanalyse

Auf Grundlage der Ergebnisse der EFAs wurden für beide Stichproben je Feld CFAs zur Prüfung der faktoriellen Struktur durchgeführt. Das Ziel dieser Analysen bestand darin, die inhaltliche Struktur der drei Faktoren aus den EFAs zu bestätigen und gegen andere denkbare Modelle (1-Faktoren und 2‑Faktoren-Modell) zu testen. Das zugrundeliegende Messmodell findet sich in Abb. 4.

Abb. 4
figure 4

Messmodell der 3‑Faktoren-Lösung.

Hinweis: Die Items 1 bis 9 (Nummerierung entspricht nicht derjenigen in Tab. 8) sind über die Felder und Perspektiven hinweg inhaltsgleich (vgl. die Kriterien vi und vii in Abschn. 4.5.1)

Die CFAs wurden mit Hilfe des Programms MPlus Version 8 (Muthén und Muthén 1998–2017) durchgeführt. Für die Schätzung der Modellparamater wurden Maximum-Likelihood-Estimators mit robusten Standardfehlern verwendet (sog. „Sandwich Estimator“; Abk. MLR; siehe auch Finney und DiStefano 2006; Maydeu-Olivares 2017; Muthén und Muthén 1998–2017). Da es sich bei den verschiedenen Modellen um ineinander geschachtelte Modelle handelt, wurden als Kriterien für die Prüfung der Modellgüte ausschließlich Maße für den Gesamtmodell-Fit (z. B. Root Mean Square Error of Approximation, RMSEA) und keine Maße für Modellvergleiche nicht ineinander geschachtelter Modelle (z. B. Akaike-Informationskriterium, AIC) verwendet (für einen Überblick zur Modellgüte von Strukturgleichungsmodellen siehe z. B. West et al. 2012). Um ein möglichst sparsames Modell zu bestimmen, wurden CFA-Modelle gerechnet, die mit einer minimalen Anzahl an Items weiterhin eine angemessene Modellgüte erreichten. Entsprechend wurden für die drei latenten Variablen (Faktoren) „Selbstbestimmte Teilhabe“, „Bedingte Mitsprache“ und „Fremdbestimmung“ je drei Items ausgewählt, die diese inhaltlich in ihrer Breite abbilden und dabei ein noch identifizierbares Modell ermöglichen (siehe dazu Little 2013). Dabei konnten auch Items aus den Bereichen „Einbeziehung“ und „Informierung“ verwendet werden, ohne die Modellgüte zu verschlechtern (siehe hierzu die entsprechenden Anmerkungen in Abschn. 4.5.1). Die Mittelwerte und Varianzen der latenten Variablen im Messmodell wurden mit der Methode der Effektkodierung geschätzt (Little 2013), um zu vermeiden, dass ein willkürlich gewählter Indikator überrepräsentiert wird. Die drei gewählten Items je Faktor wurden aus jeweils einem der genannten Bereiche gewählt (siehe Tab. 8).

In den Tab. 9 und 10 finden sich die Modellvergleiche zwischen den auf Grundlage der jeweiligen EFAs vorgeschlagenen 3‑Faktormodellen und den zugehörigen 2‑ bzw. 1‑Faktormodellen. Die Modellvergleiche wurden dabei getrennt für Lernende und Lehrende und dort jeweils getrennt nach den einzelnen Partizipationsfeldern durchgeführt. Unterschiede zwischen den Model-Fit Indizes wurden auf Grundlage von Chi-Square Difference Tests mittels Satorra-Bentler Scaled Chi-Squares durchgeführt, die bei der Verwendung von MLR-Schätzern empfohlen werden (siehe dazu Satorra und Bentler 2001). Die Ergebnisse dieser Tests finden sich jeweils in der letzten Spalte von Tab. 9 bzw. Tab. 10 (TRd), wobei ein signifikantes Ergebnis bedeutet, dass das 3‑Faktormodell dem 2‑ bzw. 1‑Faktormodell gegenüber überlegen ist. Bei einem nicht signifikanten Ergebnis würde ein 3‑Faktormodell keine statistisch signifikante Überlegenheit gegenüber der entsprechenden Variante aufweisen.

Tab. 9 Modelltests und Modellvergleiche anhand von Fit-Indizes (Lernende)
Tab. 10 Modelltests und Modellvergleiche anhand von Fit-Indizes (Lehrende)

Auf Grundlage der durchgeführten CFAs inkl. entsprechender Modellvergleiche konnten die Item-Faktor-Zuordnungen über alle Felder für beide Perspektiven hinweg finalisiert werden. Die finalen Fragebögen finden sich im Online-Zusatzmaterial (https://doi.org/10.1007/s11618-024-01235-6).Footnote 6

5 Deskriptive und korrelative Ergebnisse

5.1 Skalenmittelwerte und Vergleiche zwischen Lernenden und Lehrenden

Abb. 5 stellt die Skalenmittelwerte und Standardabweichungen der wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten gegliedert nach den sechs unterrichtlichen Partizipationsfeldern und getrennt für Lernende und Lehrende dar. Auffällig sind dabei zum einen die über alle Felder hinweg tendenziell ansteigenden Ausprägungen bei den Lernenden und zu Teilen auch bei den Lehrenden in Richtung Fremdbestimmung. Insofern stimmen Schüler:innen und Lehrpersonen einer im Unterricht wahrzunehmenden Fremdbestimmung deutlich stärker zu als partizipativen Realisierungsformen. Dieses Bild verschwimmt bei den Lehrpersonen vor allem bei den Feldern „Unterrichtsinhalte“, „Unterrichtsziele“, „Unterrichtsmethoden“ und „Sozialformen“. Hier stimmen Lehrpersonen der mittleren Ausprägung, der bedingten Mitsprache, am stärksten zu. Dies verweist auf eine weitere Auffälligkeit, bei der Lehrpersonen die Partizipationsmöglichkeiten von Lernenden im Unterricht deutlich höher einschätzen als die Lernenden selbst. Die Unterschiede zwischen Lernenden und Lehrenden wurden mittels t‑Tests auf Signifikanz geprüft und es zeigen sich bis auf vier Ausnahmen (selbstbestimmte Teilhabe bei den Unterrichtsmethoden, Fremdbestimmung bei den Bewertungskriterien sowie selbstbestimmte Teilhabe und Fremdbestimmung bei den Prüfungsmodalitäten) signifikante Gruppenunterschiede mit variierenden Unterschieden in den jeweiligen Effektstärken (siehe Tab. 11).

Abb. 5
figure 5

Gegenüberstellung der Skalenmittelwerte für beide Perspektiven (die Fehlerbalken repräsentieren die jeweiligen Standardabweichungen)

Tab. 11 Deskriptive Skalenwerte, T‑Statistik und Cohen’s d

Die Tab. 12 und 13 erweitern die deskriptiven Befunde um detaillierte Skalen- und Itemkennzahlen für die beiden entwickelten Fragebögen. Für die Skalenbildung wurden, wie bereits beschrieben, durchgehend drei Items pro Faktor verwendet. Die verwertbaren Daten auf Itemebene umfassen 191 bis 218 Schüler:innen, was darauf zurückzuführen ist, dass ein Großteil der Proband:innen den Fragebogen nicht vollständig ausgefüllt hat. Die Unterschiede in der Anzahl an verwertbaren Daten lassen aufgrund der Randomisierung des Fragebogens keine Rückschlüsse auf systematische Ausfälle erkennen.Footnote 7 Die Trennschärfen weisen insgesamt angemessene Werte (rit > 0,3) auf. Eine Ausnahme stellen die beiden Items M/SAH_1 (Anhörung) zur bedingten Mitsprache hinsichtlich der Unterrichtsmethoden und Sozialformen im Fragebogen für die Lehrpersonen dar. Diese liegen leicht unterhalb der Grenze von rit = 0,3. In beiden Stichproben sind die Reliabilitäten der Skalen gemessen an den Cronbachs Alpha Werten als ausreichend bis sehr gut zu bewerten. Lediglich die Skala „Fremdbestimmung“ innerhalb der Unterrichtsmethoden im Fragebogen für die Lehrpersonen fällt mit 0,582 etwas ab. Die Itemschwierigkeiten streuen über alle Items gesehen relativ stark, wobei sich etwa 96 % der Items auf einem noch akzeptablen Niveau zwischen 0,20 und 0,78 bewegen (vgl. Lienert und Raatz 1998). Die über die drei Faktoren tendenziell abnehmenden Itemschwierigkeiten weisen zudem auf einen hierarchischen Zusammenhang zwischen den einzelnen Items bzw. Faktoren hin, wobei dieser – vor allem für die Lehrpersonen – nicht durchgehend konsistent ist. So zeigt sich bspw. auch eine zunehmende Itemschwierigkeit für die wahrgenommene Partizipation hinsichtlich der Unterrichtsmethoden bei den Schüler:innen. Für die Lehrpersonen zeigt sich darüber hinaus über fast alle Faktoren hinweg eine höhere Itemschwierigkeit für Items der selbstbestimmten Teilhabe und Fremdbestimmung und eine geringere Itemschwierigkeit für die bedingte Mitsprache (vgl. hierzu auch die Diskussion in Abschn. 6.1).

Tab. 12 Deskriptive Item- und Skalenkennwert für den Schüler:innen-Fragebogen
Tab. 13 Deskriptive Item- und Skalenkennwert für den Lehrpersonen-Fragebogen

5.2 Korrelative Ergebnisse

In Tab. 14 sind die latenten Skalenkorrelationen für die einzelnen Felder getrennt nach Lernenden und Lehrenden dargestellt. Auffällig zeigen sich die insgesamt hohen positiven Korrelationen zwischen der selbstbestimmten Teilhabe und der bedingten Mitsprache sowie die moderat bis starken negativen Korrelationen der beiden genannten Skalen mit der Fremdbestimmung. Die negativen Korrelationen zwischen der selbstbestimmten Teilhabe und der Fremdbestimmung fallen hierbei insgesamt etwas höher aus als die Korrelationen zwischen Fremdbestimmung und bedingter Mitsprache. Dies macht deutlich, dass die selbstbestimmte Teilhabe und die bedingte Mitsprache, trotz ihrer faktoranalytischen Trennung (vgl. Tab. 9 und 10), in der Wahrnehmung von Lernenden und Lehrenden insgesamt „nahe“ beieinander liegen. Ferner zeigt sich, dass sich zwischen der selbstbestimmten Teilhabe und der Fremdbestimmung nur teilweise stärkere negative Korrelationen finden, als es bei den Zusammenhängen zwischen bedingter Mitsprache und Fremdbestimmung der Fall ist. Auf Grundlage der Interpretation der latenten Korrelationen kann ein hierarchischer Zusammenhang zwischen selbstbestimmter Teilhabe, bedingter Mitsprache und Fremdbestimmung daher nur unter Einschränkungen vermutet werden, wobei auch die jeweiligen „Abstände“ zwischen den Faktoren nicht äquidistant sind (zur weiteren Relativierung einer streng hierarchischen Gesamtstruktur siehe die ergänzende Diskussion in Abschn. 6.1).

Tab. 14 Latente Korrelationen zwischen den Faktoren

6 Schlussteil

6.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

Wir haben in unserem Beitrag verschiedene Forschungsdesiderata aufgegriffen, die mit der Erforschung von Schüler:innen-Partizipation im Unterricht verbunden sind und konnten erstmalig ein fragebogenbasiertes Instrument zur Erfassung von lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten vorstellen, welches unterschiedliche graduelle Qualitäten partizipativer Einflussmöglichkeiten, verschiedene partizipative unterrichtliche Gestaltungsfelder sowie die Perspektiven von Lernenden und Lehrenden gleichermaßen berücksichtigt.

Entsprechend der in Abschn. 3 aufgeworfenen Annahmen, welche als inhaltliche Validierungs- bzw. Plausibilitätskriterien dienen, ist zunächst festzustellen, dass sich unterschiedliche Grade empirisch abbilden lassen, welche sich in den Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten unterscheiden. So konnten wir konsistent für die beiden Perspektiven sowie über die sechs Felder hinweg eine dreifaktorielle Skalenstruktur empirisch abbilden, deren Qualitäten sich inhaltlich mit (1) Selbstbestimmte Teilhabe, (2) Bedingte Mitsprache und (3) Fremdbestimmung bezeichnen lassen (vgl. Annahme (a) in Abschn. 3). Um diese Dreidimensionalität empirisch abzusichern, haben wir ergänzend zu den durchgeführten Satorra-Bentler Scaled Chi-Square Difference Tests (Tab. 9 und 10; 1‑Faktormodell vs. 2‑Faktormodell vs. 3‑Faktormodell) überprüft, inwiefern die drei identifizierten Faktoren (bzw. feingliedriger: die jeweils neun Items) anhand eindimensionaler hierarchischer Modelle abgebildet werden können. Dazu wurden, basierend auf der Item-Response-Theorie (IRT), für alle sechs Felder sog. General-Partial-Credit Modelle mit variierender Item-Schwierigkeit (sog. Item Locations) und konstanten Steigungen (sog. Item Discriminations) mittels Mplus (Muthén und Muthén 1998–2017) berechnet. Die Ergebnisse finden sich im Online-Zusatzmaterial in den Tabellen 15 und 16 (https://doi.org/10.1007/s11618-024-01235-6). Im Folgenden betrachten wir insb. die Item Locations, wobei grundsätzlich gilt, um von einer streng hierarchischen Skalenstruktur sprechen zu können: je höher der Rang, desto höher die Itemschwierigkeit, desto weniger oft wurden hohe Werte auf dem betreffenden Item gewählt bzw. desto seltener wurde dem betreffenden Item zugestimmt. Wir gehen von der folgenden Annahme aus, vor deren Hintergrund wir die Ergebnisse der General-Partial-Credit Modelle interpretieren und bewerten: Wenn sich die jeweils neun Items auf einer eindimensionalen hierarchischen Gesamtskala abbilden lassen, dann muss die empirisch ermittelte Item-Rangfolge (gemessen an den nach Größenordnung sortierten Item Locations, welche die IRT-skalierten Itemschwierigkeiten widerspiegeln) der inhaltlich-semantischen Rangfolge entsprechen, welche sich aus unserem konzeptionellen Modell (Abb. 1) auf Itemebene bzw. unserem mittels Faktorenanalysen ermittelten empirischen Modell (Abb. 3) auf Faktorenebene ergibt. Unter der Annahme einer eindimensionalen (strikt) hierarchischen Gesamtskala müsste sich somit auf Itemebene die folgende Rangfolge bezogen auf die Itemschwierigkeiten zeigen: Selbstorganisation > Selbstbestimmung > Mitbestimmung > Mitwirkung > Einbeziehung > Anhörung > Informierung > Fremdorganisation. Auf Faktorenebene müsste sich unter der Annahme einer eindimensionalen hierarchischen Gesamtskala die folgende Rangfolge bezogen auf die durchschnittlichen Itemschwierigkeiten je Faktor zeigen: Selbstbestimmte Teilhabe > Bedingte Mitsprache > Fremdbestimmung. Betrachten wir die Ergebnisse zunächst im Hinblick auf die Ränge der durchschnittlichen Itemschwierigkeiten je Faktor. Für die Schüler:innen-Daten zeigen sich insg. fünf erwartungskonforme Muster (mittlere Itemschwierigkeiten je Faktor: Selbstbestimmte Teilhabe > Bedingte Mitsprache > Fremdbestimmung) für die Felder „Unterrichtsinhalte“, „Unterrichtsziele“, „Sozialformen“, „Bewertungskriterien“ und „Prüfungsmodalitäten“. Für das Feld „Unterrichtsmethoden“ zeigt sich ein nicht erwartungskonformes Muster, und zwar folgendes: Bedingte Mitsprache > Selbstbestimmte Teilhabe > Fremdbestimmung. Für die Lehrer:innen-Daten zeigen sich zwei erwartungskonforme Muster für die Felder „Bewertungskriterien“ und „Prüfungsmodalitäten“. Für alle anderen Felder zeigen sich nicht erwartungskonforme Muster (Bedingte Mitsprache > Fremdbestimmung > Selbstbestimmte Teilhabe für die Felder „Unterrichtsinhalte“, „Unterrichtsziele“ und „Unterrichtsmethoden“ und Bedingte Mitsprache > Selbstbestimmte Teilhabe > Fremdbestimmung für das Feld „Sozialformen“). Betrachtet man die Rangfolge der Items für die Schüler:innen- und für die Lehrpersonen-Daten auf Itemebene, so zeigt sich für keine der zwölf Skalen eine erwartungskonforme streng hierarchische Struktur, da in keinem Fall die theoretisch postulierte semantische Reihung (Selbstorganisation > Selbstbestimmung > … > Fremdorganisation) konsequent eingehalten wird. Insgesamt decken sich diese Ergebnisse auch mit den der manifesten Berechnung der Itemschwierigkeiten in den Tab. 12 und 13 (hierzu Abschn. 5.1). Die Annahme einheitlicher bzw. durchgängiger eindimensionaler hierarchischer Gesamtskalen für die sechs Felder und die zwei Perspektiven ist somit gemessen an den Interpretationen der IRT-basierten Itemschwierigkeiten nicht haltbar. Zumindest nach dem aktuellen Stand der vorliegenden Daten und Analysen zeigen sich entsprechende Abweichungen zwischen der postulierten theoretischen Semantik und den empirischen Ergebnissen sowie, damit verbunden, unterschiedliche Muster, die in Abhängigkeit der Felder und Perspektiven variieren. Diese ergänzenden Analysen stützen zum einen die Beibehaltung der Annahme der drei identifizierten Faktoren, welche zwar in Zusammenhang stehen (Tab. 14), aber dennoch inhaltlich sinnvoll separierbare Qualitäten lernerseitiger Einflussmöglichkeiten abbilden. Zum anderen stützen die zusätzlichen Befunde die in der Literatur vorgebrachte Kritik an einem (statischen) „Stufenmodell“, welches implizit suggeriert, dass die verschiedenen partizipativen Grade (Abb. 1), vor- bzw. nachgelagerte Qualitäten vollständig ausschließen bzw. strikt aufeinander aufbauen (siehe dazu z. B. auch Hart 2008 und die Ausführungen in Abschn. 2.1). Gegen die Annahme eines statischen „Stufenmodells“ spricht auch die Einsicht, dass sich Schüler:innen durchaus fremdbestimmt fühlen können, wenngleich ihnen umfängliche Entscheidungsspielräume zugestanden werden. Das gleiche gilt für Situationen, in denen Schüler:innen frei entscheiden können, wie sie arbeiten möchten und dabei gleichzeitig aber externale Anweisungen erhalten. Fremd- und Selbstbestimmung schließen sich daher – zumindest basierend auf unseren Überlegungen und den vorliegenden empirischen Daten und Befunden – nicht zwingend und vollumfänglich aus. Vielmehr wäre in weiterführenden theoretischen sowie empirischen Arbeiten „über Anteile und Dynamik der Wechselbeziehung zwischen Fremd- und Selbstbestimmung differenziert(er) und mit Bezug auf jeweilige Realisierungsformen und Perspektiven nachzudenken“ (Kärner et al. 2023, S. 1091; hierzu auch Heid 2005 und Heid et al. 2023).

Bezugnehmend auf unsere Ergebnisse ist weiterhin festzustellen, dass die befragten Schüler:innen bei allen Feldern einer lehrpersonenseitigen Fremdbestimmung durchgängig höhere Zustimmungswerte geben als den beiden Ausprägungen partizipativer Einflussnahme (Abb. 5). Des Weiteren sind die lernerseitigen Zustimmungswerte bei der selbstbestimmten Teilhabe bis auf eine Ausnahme (Unterrichtsmethoden) verglichen mit der bedingten Mitsprache durchgängig am geringsten ausgeprägt (vgl. Annahme (b)).

Es bestätigt sich zudem, dass die lernerseitig wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten zwischen verschiedenen unterrichtlichen Gestaltungsfeldern plausibel in ihrer jeweiligen Höhe variieren (vgl. Annahme (c)). So schätzen Schüler:innen bspw. ihre Einflussmöglichkeiten auf die Bewertungskriterien und Prüfungsmodalitäten wesentlich geringer ein als auf die Unterrichtsmethode und Sozialformen; vice versa ist die wahrgenommene Fremdbestimmung im Hinblick auf die beiden erstgenannten Felder stärker ausgeprägt als bei den beiden letztgenannten Feldern. Ein analoges Muster zeigt sich in den Lehrpersonendaten, welches die getroffene Annahme zusätzlich untermauert.

Zu guter Letzt bestätigt sich auch die vierte Annahme (d): Lehrpersonen schätzen die lernerseitigen Einflussmöglichkeiten in deskriptiver Hinsicht teils deutlich höher ein als dies die Lernenden selbst tun. Analog zeigt sich bei der lernerseitig wahrgenommenen Fremdbestimmung durch die Lehrkraft bei vier von sechs Feldern (Ausnahmen: Bewertungskriterien und Prüfungsmodalitäten), dass die Lehrpersonen diese im Vergleich zu den Schüler:innen systematisch geringer ausgeprägt einschätzen (Abb. 5, Tab. 11).

Unsere Studie liefert damit die Grundlage für ein Instrument zur standardisierten Erfassung lernerseitiger Partizipationsmöglichkeiten im Unterricht, welches basierend auf den präsentierten Kennzahlen eine reliable Messung ermöglicht. Auf Basis des iterativen und an einem theoretisch-konzeptionellen Modell ausgerichteten Entwicklungsprozesses erweist sich das Instrument als inhaltsvalide. Die Bestätigung der vier Annahmen liefert zudem weitere wichtige Hinweise auf die Inhaltsvalidität des Instruments. Detaillierte Aussagen zur Konstruktvalidität und kriterialen Validität sind zu diesem Zeitpunkt und mit den vorliegenden Daten allerdings nur eingeschränkt möglich, was im folgenden Abschnitt näher erläutert werden soll.

6.2 Limitationen der Studie und Implikationen für weiterführende Studien

Wenngleich wir ein in inhaltlicher als auch statistischer Hinsicht stimmiges und praktikables Fragebogeninstrument entwickelt haben, so sind doch verschiedene Limitationen unserer Studie zu benennen.

Es handelt sich, wie in Abschn. 4.1 beschrieben, um Gelegenheitsstichproben. Dieser Umstand hat angesichts der intendierten (zunächst) kontextunabhängigen Natur unseres Instruments sicherlich den Vorteil, dass das entwickelte Instrument nicht per se aufgrund einer allzu homogenen Stichprobe auf einen bestimmten Schultyp o. ä. beschränkt ist. Wie die Inhalte der Tab. 3 und 4 veranschaulichen, sind bspw. sowohl allgemeinbildende als auch berufsbildende Schulen in beiden Stichproben in ähnlicher Häufigkeit vertreten. Nichtsdestotrotz sind die Stichproben nicht repräsentativ für entsprechende Schultypen, Bundesländer, Geschlechter oder Altersverteilungen. Dies hat wiederum zur Folge, dass die gewonnenen Daten zwar geeignet erscheinen, die im Beitrag vorgestellten strukturanalytischen Auswertungen durchzuführen und entsprechende Faktoren zu identifizieren, sie erlauben jedoch keine Verallgemeinerungen hinsichtlich der deskriptiven Ausprägungen der jeweiligen Skalen. Die in mehrerlei Hinsicht nicht repräsentative Stichprobe war auch ein Grund dafür, weshalb wir im Beitrag keine Unterschiedsanalysen hinsichtlich Bundesländern, Schularten, Geschlechtern oder Altersgruppen berichten, da derartige Analysen möglicherweise zu ungerechtfertigten Interpretationen und Schlussfolgerungen verleiten könnten. Folglich wären für weiterführende Studien entsprechende repräsentative Datenerhebungen und anschließende Analysen erforderlich.

Angesichts unseres Vorgehens bei der Datenerhebung ist im Allgemeinen festzustellen, dass im Rahmen von Online-Befragungen aus forschungsökonomischen und -pragmatischen Gründen vermehrt auf nicht-probabilistische Stichproben zurückgegriffen wird (z. B. Vehovar et al. 2016). Derartige Gründe können, wie im vorliegenden Fall, in der eingeschränkten Erreichbarkeit bzw. Verfügbarkeit der interessierenden Populationsmitglieder liegen (vgl. hierzu auch Ingenkamp 1983). Aus dem Schneeballverfahren resultierende Gelegenheits- bzw. Selbstselektionsstichproben weisen jedoch aufgrund der willkürlichen Auswahl leicht erreichbarer Befragungsteilnehmer:innen und der damit verbundenen Stichprobenverzerrung naturgemäß eine geringe globale Repräsentativität auf und sind in diesem Sinne nicht repräsentativ für die korrespondierende Zielpopulation (in unserem Fall grundsätzlich alle Lernenden und Lehrpersonen der Sekundarstufen I und II aller Schultypen). Weitere und mit diesem Umstand verbundene Einschränkungen ergeben sich hinsichtlich der statistischen Aussagekraft und der fehlenden Generalisierbarkeit der Ergebnisse. Dennoch können auf nicht-probabilistischen Stichproben basierende Studien sowohl für die Theoriebildung als auch für die Hypothesenprüfung nützlich sein, vorausgesetzt, dass die Einschränkungen, wie die willkürliche Gestaltung des Auswahlrahmens und -prozesses, berücksichtigt und transparent gemacht werden (Döring und Bortz 2016, S. 294 ff. u. 305 ff.).

Wir haben in unsere Erhebungen und somit in unsere Analysen keine inhaltlichen Drittvariablen integriert, von welchen aus der Literatur bekannt ist, dass sie mit lernerseitigen Partizipationsmöglichkeiten in Zusammenhang stehen (z. B. unterschiedliche Motivationsqualitäten, Facetten der Unterrichts- und Beziehungswahrnehmung, Leistungsmaße; hierzu Kärner et al. 2023). Ein Grund dafür war der Fragebogenumfang, der mit den interessierenden Partizipationsitems und den zusätzlichen soziodemografischen Angaben an sich schon relativ umfangreich war und wir Abbruchverhalten aufgrund von Ermüdungseffekten vorbeugen wollten. In weiterführenden Studien erscheint es daher angebracht, das entwickelte Instrument gemeinsam mit anderen sinnvollen Konstrukten ins Feld zu bringen, um bspw. auch dessen Inhalts- bzw. Kriteriumsvalidität näher und detaillierter zu überprüfen, welche bisher zunächst auf ausgewählten Plausibilitätsüberlegungen basiert (vgl. Abschn. 6.1). Darüber hinaus wären in Folgestudien weitere Variablen einzubeziehen, um Faktoren auf Individual‑, Klassen- und Schulebene zu identifizieren, welche zu besonders ausgeprägten bzw. zu besonders geringen Partizipationsmöglichkeiten beitragen. Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund der verhältnismäßig hohen Standardabweichungen angebracht (Abb. 5 bzw. Tab. 11), welche auf große Streuungen in den wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten zwischen den befragten Personen hindeuten und damit auch weiterführende Analysen zu interindividuellen Unterschieden (z. B. latente Clusteranalysen) lohnenswert erscheinen lassen.

Weiterhin hängen die Schüler:innen- und Lehrpersonendaten nicht systematisch bspw. über die Klasse oder Schule zusammen. Es liegen somit also keine hierarchisch strukturierten Daten vor. Die Daten und Auswertungen weisen zwar auf erwartungskonforme Muster und Unterschiede hin, es kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Wahrnehmungen der Schüler:innen in der Stichprobe strukturell mit den Wahrnehmungen der Lehrpersonen in der Stichprobe korrespondieren. Hierfür wären zukünftige systematische Erhebungen auf Klassenebene mit eindeutigen Zuordnungen der Schüler:innen zu den Lehrpersonen erforderlich, was damit auch den Raum für weiterführende Analysen (z. B. hierarchische Modelle, Intraklassenkorrelationen) öffnen würde.

6.3 Ausblick

Mit dem vorgestellten Instrument bietet sich die Möglichkeit, lernerseitige Partizipationsmöglichkeiten theoriegestützt und differenziert empirisch zu erfassen und zu untersuchen. Auch bietet das Instrument für Unterrichtspraktikerinnen und -praktiker die Möglichkeit, eigene Sichtweisen und Einschätzungen zu reflektieren sowie die lernerseitigen Sichtweisen, welche deren wahrgenommene unterrichtliche Einflussmöglichkeiten betreffen, bspw. mittels Schülerfeedback oder -evaluation, systematisch zu erfassen und in die Unterrichtsentwicklung einfließen zu lassen.

Über die genannten Limitationen und deren Implikationen hinaus ergeben sich für die Weiterentwicklung des vorgestellten Fragebogens unterschiedliche Anschlussfragen. Zum einen steht die Frage im Raum, inwiefern sich die identifizierte faktorielle Struktur auf anderen Bildungsstufen und Bereichen, wie z. B. der Hochschulbildung, der betrieblichen Bildung oder der Weiterbildung respektive Erwachsenenbildung wiederfindet und ob sich zwischen verschiedenen Kontexten entsprechende Unterschiede zeigen. Ferner sind grundlegende Fragen hinsichtlich des Zusammenhangs lernerseitiger Partizipationsmöglichkeiten und anderen lernbezogenen Prozessvariablen, wie z. B. den Lernstrategien oder der Lernmotivation, von Interesse. Die Beantwortung dieser Fragen würde zur Generalisierbarkeit unserer bisherigen Befunde, aber auch zur Erforschung von Interdependenzen mit anderen Prozessvariablen beitragen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere in entsprechenden Längsschnittdatenanalysen ein großes Potenzial gesehen, mittels welcher sich die Veränderung bzw. Veränderbarkeit von Partizipationswahrnehmungen sowie zeitbezogene Interaktionen mit anderen lernrelevanten Prozessvariablen untersuchen lassen.