Schreibarrangements im Deutsch- und im Türkischunterricht
Die Studie untersuchte die Textproduktion prozess- und produktbezogen: hinsichtlich der Revisionshandlungen und der Textqualität. Für die Didaktisierung und die Erhebung der Daten wurden verschiedene materialbasierte Schreibarrangements entwickelt. In allen Schreibarrangements ging es um Figurenbeschreibungen: Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, defizitäre Beschreibungen („Ausgangstexte“) von Superheld*innen und Superschurk*innen zu überarbeiten. Ihre Texte sollten es einer Leserin bzw. einem Leser, die bzw. der diese Figuren nicht kennt, ermöglichen, sie sich vorzustellen. Es wurde jedoch zugleich darauf aufmerksam gemacht, dass die Leserin bzw. der Leser fiktiv ist und es eigentlich darum geht, Schreibaufgaben für ein Schulbuch zu testen, an dem die Projektleiter*innen arbeiteten. Diese „Coverstory“ sollte die Glaubwürdigkeit des Vorhabens erhöhen.
Mit der Beschreibung wurde eine Textform ausgewählt, die für die Sekundarstufe I zentral ist, und mit den Superheld*innen/-schurk*innen ein Thema festgelegt, das in diesem Alter sehr beliebt ist. Der Ausgangstext sollte den Schüler*innen einen groben Eindruck vom erwarteten Text vermitteln und durch seine offenkundigen Defizite (als ‚Provokation‘) vor Augen führen, dass er dringend revidiert werden muss. Der Fokus der Textproduktion in den Schreibarrangements lag mithin auf der Revision, einer Tätigkeit, die in der Schreibforschung für den Erwerb von Schreibkompetenzen als zentral gilt, im schulischen Alltag aber nach wie vor selten geübt wird.
Ausgehend von Erkenntnissen zum Erwerb schriftlicher Beschreibungskompetenzen in der Sekundarstufe I wurden für die Schreibarrangements insgesamt acht Textprozeduren fokussiert und ausgewertet:
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1.
„Kategorisieren“ (die Figur vorstellen),
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2.
„Kontextuieren“ (die Umgebung der Figur beschreiben),
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3.
„Vergleichen“ (die Figur mit Dingen und Personen in Verbindung bringen),
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4.
„Strukturieren“ (die Figur in einer guten Reihenfolge beschreiben),
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5.
„Visualisieren“ (den Körper, die Kleidung und die Supergegenstände der Figur beschreiben),
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6.
„Verorten“ (den Platz der Supergegenstände beschreiben),
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7.
„Agentivieren“ (die Handlungsinstrumente und Handlungen der Figur beschreiben),
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8.
„Deuten“ (die Intentionen der Figur beschreiben).
Der Ausgangstext bestand aus acht Sätzen, in denen je eine Textprozedur – defizitär – realisiert wurde. Die Schüler*innen wurden mit diesem Text also implizit auf die Textprozeduren aufmerksam gemacht. Die explizite Vermittlung der Textprozeduren hingegen war Gegenstand der Intervention (s. Abschn. 5.2). Darüber hinaus waren die Textprozeduren für die Einschätzung der Textqualität maßgeblich (s. Abschn. 5.4).
Alle Schreibarrangements waren gleich aufgebaut. Dies wird in Tab. 1 am Beispiel der „Schemaprofilierung“ (s. unten) veranschaulicht. Im ersten Schritt lasen die Schüler*innen den Ausgangstext zur Figur und sollten überlegen, ob sie sich die Figur auf dieser Grundlage gut vorstellen konnten. Im zweiten Schritt betrachteten sie eine Zeichnung der Figur und sollten diese mit dem Ausgangstext abgleichen. Teil der Zeichnung waren „Textfelder“, in denen Informationen zur Figur gegeben wurden, die über das visuell Darstellbare hinausgingen („Supergegenstände“ und „Superkräfte“). Im dritten Schritt fand die Intervention statt: Die Interventionsgrupppen erhielten unterschiedliche textprozedurale Hilfen. Und im vierten und letzten Schritt revidierten die Schüler*innen den Ausgangstext.
Tab. 1 Schreibarrangement am Beispiel der Schemaprofilierung zum Superhelden „Rocket Rob“ und zur Superheldin „Rüzgarli Rana“ („Stürmische Rana“) Interventionsphase im Deutschunterricht
Für die Interventionsphase im DU (MZP 2 bis 5) wurden drei Interventionsgruppen (kurz: „IG“) und eine Kontrollgruppe (kurz: „KG“) gebildet. Diese Gruppen und die entsprechenden Schreibarrangements unterschieden sich allein hinsichtlich der acht oben genannten Textprozeduren. In den Interventionsgruppen wurden Hilfen zu Textprozeduren in unterschiedlich didaktisierter Form listenförmig angeboten („textprozedurale Profilierung“). Dabei wurde von den in Abschn. 2 erläuterten Komponenten ausgegangen, dem sprachenspezifischen „Ausdruck“ und dem sprachenübergreifenden „Schema“. In einer IG („Prozedurprofilierung“) wurden Ausdruck und Schema zusammen angeboten, in den beiden anderen IGs wurden, um eventuellen differentiellen Effekten nachzugehen, nur Ausdrücke oder nur Schemata angeboten. In der Kontrollgruppe wurden keine textprozeduralen Hilfen angeboten.
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1.
IG „Ausdrucksprofilierung“ (kurz: „AP“): nur Ausdruckshilfen (z. B. „… bei … handelt es sich um …“, „… ist kein … sondern …“)
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2.
IG „Schemaprofilierung“ (kurz: „SP“): nur Schemahilfen (z. B. „Stelle Rocket Rob vor.“)
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3.
IG „Prozedurprofilierung“ (kurz: „PP“): Kombinationen von Ausdrucks- und Schemahilfen (z. B. „Stelle Rocket Rob vor. Dafür kannst du z. B. schreiben: … bei … handelt es sich um …, … ist kein … sondern …“)
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4.
KG „Kontrollgruppe“: „Basisprofilierung“ (kurz: „BP“) ohne textprozedurale Hilfen
Das Gruppendesign lässt einen wesentlichen Unterschied zu Interventionsstudien erkennen, die in der Sprachdidaktik üblich sind (vgl. Marx und Steinhoff 2017a, S. 258 ff.). Die Interventionsgruppen wurden nicht mit regulärem Unterricht verglichen, sondern mit einer Kontrollgruppe, die, von den textprozeduralen Hilfen abgesehen, den gleichen Unterricht in den gleichen Klassen wie die Interventionsgruppen erhielt. Dieser Unterricht erfüllte wesentliche Merkmale von Schreibarrangements und unterstützte den Schreibprozess der Schüler*innen mithin nach neuesten Erkenntnissen der Schreibforschung. So wurde gewährleistet, dass die Ergebnisse tatsächlich auf die Intervention zurückgeführt werden können – und nicht z. B. auf die Neu- und Besonderheit des Schreibarrangements oder die Lehrperson.
Studiendesign
Die Daten wurden zwischen Dezember 2014 und April 2015 erhoben. Es gab 14 MZP: sieben im DU (Prätest [ausschließlich Basisprofilierung] – vier Interventionen [alle Profilierungen] – zwei Posttests [ausschließlich Basisprofilierung]) und sieben im TU (ausschließlich Basisprofilierung). Zwischen dem Prätest (DU) bzw. Erhebung 1 (TU) und der Intervention 1 (DU) bzw. Erhebung 2 (TU) lagen zwei Monate. Die Interventionen 1 bis 4 (DU) bzw. die Erhebungen 2 bis 5 (TU) fanden in einwöchigem Abstand statt. Es folgten im Abstand von einer und sechs Wochen die Posttests 1 und 2 (DU) bzw. die Erhebungen 6 und 7 (TU). Die Erhebungen im TU erfolgten stets in der gleichen Woche wie die Erhebungen im DU. Zu jedem MZP schrieben die Schüler*innen einen Text zu einer jeweils neuen Superfigur. Da es im DU und TU insgesamt 14 MZP gab, wurden also 14 Superheld*innen und -schurk*innen eingesetzt. Dabei wurde auf eine vergleichbare Komplexität geachtet (z. B. gleiche Anzahl an Kleidungsstücken).
Die Schüler*innen widmeten sich zu allen MZP der in Abschn. 5.1 erläuterten Aufgabe: Sie überarbeiteten defizitäre Beschreibungen von Superheld*innen und -schurk*innen. Der Prätest diente der Balancierung: Die dort erhobenen Schülertexte wurden global auf ihre Qualität geprüft und die Qualitätsurteile dann genutzt, um in jeder Klasse vier vergleichbar leistungsstarke Gruppen zu bilden. Die Schüler*innen wurden im DU zu allen MZP der gleichen Untersuchungsgruppe zugeordnet. Im TU partizipierten alle Schüler*innen an der Basisprofilierung (Kontrollbedingung).
Tab. 2 zeigt die Datenerhebung im Überblick:
Tab. 2 Datenerhebungsdesign Die Datenerhebung fand im Klassenverbund statt. Der Ablauf war bei allen Messzeitpunkten bis auf die Interventionsmaßnahme gleich: Die Schüler*innen wurden von der bzw. dem Versuchsleiter*in auf der Grundlage eines teilstandardisierten Leitfadens an den Schreibanlass erinnert und widmeten sich dann rein materialbasiert und in Einzelarbeit mit Stift und Papier dem Schreibarrangement. Zu Beginn der MZP 1 und 2 wurden überdies sowohl im DU als auch im TU Erklärvideos zum Überarbeiten gezeigt. In diesen zwei kurzen Videos, eines in deutscher, eines in türkischer Sprache, erklärt ein*e erwachsene*r Schreiber*in am Beispiel einer Zimmerbeschreibung in leicht zugänglicher Sprache, wie man einen Text überarbeitet. Damit wurde auf die während der Pilotierung gemachte Beobachtung reagiert, dass den Schüler*innen das Überarbeiten weitgehend unbekannt war, und ein weiterer Schreibmotivationsimpuls gesetzt. Die Videos wurden sowohl im DU als auch im TU direkt vor den beiden ersten Erhebungen gezeigt.
Um die Balancierung in den jeweiligen Gruppen zu prüfen sowie relevante Kontrollvariablen (Kovariaten) zu erheben, wurden zwischen den MZP 1 und 2 individuelle Merkmale und die Deutsch- sowie die Türkisch-Lesekompetenzen der Schüler*innen erhoben. Dazu wurden ein umfangreicher Schülerfragebogen, u. a. zu Familiensprache(n) und Literalitätserfahrungen (vgl. Rüßmann 2018, S. 126 ff. sowie Wenk 2018, S. 127 ff.), der Frankfurter Leseverständnistest 5–6 (FLVT) (vgl. Souvignier et al. 2008) und, in Ermangelung eines relevanten standardisierten Tests, ausgewählte Leseaufgaben der in zahlreichen Schulen eingesetzten telc-Tests für die GeR-Niveaus A1, A2 und B1 für Türkisch eingesetzt (vgl. telc o.J.). Die Mittelwertsunterschiede an allen diesen Testvariablen unterschieden sich zwischen den vier Untersuchungsgruppen nicht. Die Einzelergebnisse werden an anderer Stelle dargelegt (vgl. Marx und Steinhoff 2017b).
Datenauswertung
Der Erfolg von Fördermaßnahmen wird in der Schreibforschung i. d. R. am Schreibprodukt und vereinzelt am Schreibprozess festgemacht. Beim Schreibprodukt interessieren v. a. die Textqualität und die – oft mit höherer Qualität zunehmende – Textlänge, beim Schreibprozess insbesondere Textrevisionen, d. h. über formale Korrekturen hinausgehende Überarbeitungen (vgl. Anskeit 2019).
Gegenstand der Analyse im Rahmen der Fragestellungen 1 und 2 sind 614 deutsche Texte und 607 türkische Texte, die von 91 bilingualen Schüler*innen stammen, die sowohl im DU als auch im TU an mindestens fünf Erhebungen teilnahmen. 11 weitere Teilnehmende entsprachen dieser Anforderung nicht und wurden deshalb ausgeschlossen. Sie stammten aus allen Versuchsgruppen und ihre Ergebnisse wichen von denen weiterer Schüler*innen nicht signifikant ab. Gegenstand der Analyse im Rahmen der Fragestellung 3 sind 42 deutsche und 38 türkische Texte, die von den 22 Schüler*innen stammen, die an der Basisprofilierung im DU teilnahmen (s. oben, Abschn. 4). Die Texte wurden pseudonymisiert und wortorthographisch korrigiert und dann bezüglich der Textqualität sowie der Art und Anzahl der Revisionshandlungen analysiert.
Um die Textqualität zu untersuchen, wurde ein analytisch-kriteriales Rating durchgeführt, das „Textprozedurenrating“. Es basiert auf der in Abschn. 2 erwähnten Erkenntnis, dass der angemessene Gebrauch von Textprozeduren in engem Zusammenhang mit einer hohen Textqualität steht. Das Textprozedurenrating wurde eigens für das Projekt entwickelt und ermöglichte es, die Texte in direkter Relation zu aufgabenspezifischen Erwartungen einzuschätzen. Die Entwicklung solcher Ratings ist ein Desiderat der Schreibforschung; dort wird die Textqualität bislang meist aufgabenunabhängig bestimmt. Das Textprozedurenrating bezog sich auf 7 der 8 in der Intervention eingesetzten Textprozedurenschemata: Kontextuieren, Vergleichen, Strukturieren, Visualisieren, Verorten, Agentivieren und Deuten (s. Abschn. 5.1). Das achte Textprozedurenschema, das Kategorisieren, wurde ausgeklammert, weil es bereits im Ausgangstext eine für den Nachweis der Textqualitätsentwicklung zu hohe Qualität aufwies und schon bei der ersten Erhebung zu entsprechenden Deckeneffekten führte. Pro Schema wurden, je nach Qualität der Umsetzung, 0 bis 4 Punkte auf einer Ordinalskala vergeben. Das Rating wurde von jeweils zwei unabhängigen, geschulten, Deutsch bzw. Türkisch sprechenden Rater*innen anhand eines Ratingmanuals durchgeführt und erzielte eine gute Interraterreliabilität von к = 0,71 im DU und к = 0,79 im TU.
Gegenstand der Analyse der Forschungsfrage 3 sind die Revisionshandlungen. Darunter verstehen wir Modifikationen von Sätzen aus dem Ausgangstext (sowohl im Deutschen als auch Türkischen). Für deren Analyse wurde das Textkorpus in MAXQDA eingepflegt, annotiert und kategorisiert. In Fortführung einschlägiger Klassifikationen von Revisionen (vgl. Fix 2000) wurden die entsprechenden Textstellen direkt nach den folgenden fünf Typen von Revisionshandlungen bestimmt und analysiert (vgl. Marx und Steinhoff 2020, S. 13):
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1.
„Streichen“: Im Schülertext kommt ein Ausdrucksmuster aus dem Ausgangstext zur betreffenden Textprozedur nicht vor. (z. B. „Siyah Akba bir insan gibi.“; „Rocket Rob ähnelt einem Menschen.“)
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2.
„Übernehmen“: Im Schülertext ist das Ausdrucksmuster mit dem Ausdrucksmuster im Ausgangstext identisch (z. B. „Siyah Akba bir insan gibi.“; „Pollution Paul ähnelt einem Menschen.“).
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3.
„Verändern“: Im Schülertext ist das Ausdrucksmuster lexikalisch, morphologisch und/oder syntaktisch anders als im Ausgangstext und die Ausdrucksleerstellen sind inhaltlich ähnlich gefüllt (z. B. „Arkasında ağaçlar var.“; „Er sieht wie ein Mensch aus“).
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4.
„Ersetzen“: Im Schülertext wird das Ausdrucksmuster aus dem Ausgangstext gestrichen und durch ein anderes Ausdrucksmuster des gleichen Textprozedurenschemas ersetzt (z. B. „Siyah Akba’nın arkasında büyük ağaçlar var.“; „Er ist in nem Wald.“).
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5.
„Erweitern“: Im Schülertext wird das Ausdrucksmuster aus dem Ausgangstext mindestens zweimal aufgegriffen. Diese Kategorie ergibt sich nur in Kombination mit Übernehmen/Verändern/Ersetzen (pro Textprozedur mehrfach möglich) (z. B. „Siyah Akba, kötü kahraman. […] Siyah Akba bir oğlan vücudu ten rengi.“; „Pollution Paul ähnelt einem Menschen. […] Er hat weiße Zähne wie ein Superheld“).
Datenanalyse
Bei der Beantwortung der Fragestellung 1 – welchen differentiellen Einfluss die Interventionen im Deutschunterricht auf die Textqualität im Türkischen über den Mediator Textqualität im Deutschen hatten –, waren mit der Datenanalyse spezifische Probleme verbunden. Diese hängen mit der Natur des Nachweises von interlingualen Transfereffekten auf Grund (wiederholter) didaktischer Interventionen zusammen und sind bis dato kaum zufriedenstellend gelöst worden (für eine Diskussion dieser Problematik sowie eine ausführlichere Darstellung des hier aufgeführten Lösungsvorschlags vgl. Marx 2020; frühere Lösungsversuche sind in Marx und Steinhoff 2017b; Wenk et al. 2016 und Wenk 2018 nachzulesen). Zusammengefasst besteht das Problem darin, dass der Effekt der Intervention im Deutschunterricht in seiner Wirkung auf die Textqualität im Deutschen berücksichtigt werden muss, um über diese Wirkung (den Mediator) seinen Effekt auf die Textqualität im Türkischen zu untersuchen. Um das Problem für die hier behandelte Studie zu lösen, wurden Mediationsanalysen (vgl. Hayes 2018) durchgeführt.
In Mediationsanalysen wird der Effekt der Intervention im Deutschen auf die Textqualität im Türkischen in zwei voneinander unabhängige Pfade aufgeteilt: (1) den direkten Pfad der Intervention auf die türkischen Texte (c’) sowie (2) den indirekten Pfad der Intervention auf die türkischen Texte, der über die Verbesserung in den deutschen Texten erfolgt. Statistisch erfasst wird dieser indirekte Wirkmechanismus der Intervention durch das Produkt der Pfade a * b (a = Effekt der Intervention auf deutsche Texte; b = bereinigter Effekt dieses Mediators auf türkische Texte). Eine inferenzstatistische Absicherung des Effekts erfolgt über Bootstrapping-Verfahren. Der Wirkmechanismus wird in einem einfachen Mediationsmodell wie in Abb. 1 dargestellt:
Für die Interpretation wesentlich ist, ob der indirekte Effekt des Mediators (a * b) statistisch signifikant ist (s. Ergebnisdarstellung unten). Gemäß den Empfehlungen in Hayes (2018, S. 188) wurden separate Mediationsmodelle für jede der Interventionsgruppen mit Bezug zur Kontrollgruppe durchgeführt. 90 %-Konfidenzintervalle wurden auf Grund der explorativen Natur der Analysen gewählt.
Zur Beantwortung der Fragestellung 2 – ob ein Zusammenhang zwischen der Textqualität im Deutschen und Türkischen bestand – wurden die ordinalskalierten Rohwerte der Textqualität in beiden Sprachen zu den jeweils gleichen MZP mittels Spearman-Rangfolge-Korrelationen berechnet.
Zur Beantwortung der Fragestellung 3 – ob die Revisionshandlungen im Deutschen und Türkischen zusammenhingen – wurde mit dichotomen Daten gearbeitet. Das lag daran, dass pro Textprozedur in aller Regel nur eine Revisionshandlung vorgenommen wurde. Maßgeblich war, ob eine Revisionshandlung bei einer spezifischen Textprozedur vorkam (oder nicht). Die Analysen orientierten sich somit an der Auftretenswahrscheinlichkeit einer Revisionshandlung in den türkischen Texten in Abhängigkeit von der gewählten Revisionshandlung im Deutschen bei der gleichen Textprozedur. Die Analyse wurde für sechs der acht Textprozeduren durchgeführt; Visualisieren und Strukturieren wurden ausgeschlossen, da mit ihnen spezifische Auswertungsprobleme verbunden waren. (So wurden beim Visualisieren v. a. mehrere Gegenstände am Körper benannt, ohne dass sich die Handlung qualitativ änderte, während das Strukturieren v. a. auf Textebene stattfand und deshalb nicht hinreichend lokalisierbar war, vgl. Marx und Steinhoff 2020, S. 7). Anschließend wurden logistische Regressionen durchgeführt, mit denen das Vorkommen jeder der o. g. fünf Revisionshandlungen (Streichen, Übernehmen, Verändern, Ersetzen, Erweitern) in den türkischen Texten daraufhin geprüft wurde, ob die jeweilige Auftretenswahrscheinlichkeit durch die jeweilige Revisionshandlung im deutschen Text beeinflusst worden war. Die daraus resultierenden Odds-Ratios geben an, um wie viel die Wahrscheinlichkeit, dass eine Revisionshandlung vorkommt, durch das Vorkommen dieser Variablen erhöht (wenn die Ratio über 1 liegt) oder reduziert (wenn die Ratio zwischen 0 und 1 liegt) wird oder aber gleich bleibt (wenn die Ratio bei 1 liegt) (vgl. Marx und Steinhoff 2020, S. 14).