Die Studie ist die vierte eines Forschungsprogramms in der die Durchführbarkeit und Effektivität eines Präsentationstrainings untersucht wurde. Sie ist eine Replikationsstudie der vorausgegangenen Effektivitätsstudie, d. h. das Training wurde erneut von geschulten Kursleitungen aus der Praxis angeboten. Diese erhielten eine Schulung sowie ein Kursmanual um die Durchführungstreue zu erhöhen. Um sich den Bedingungen einer direkten Replikation möglichst gut anzunähern wurden zudem die Zielgruppe, der Trainingskontext sowie das Design der Studie und die Instrumente zur Erfassung der Zielvariablen parallel gehalten (Erdfelder und Ulrich 2018). Zur Überprüfung der Interventionseffekte wurde ein cluster-randomisiertes Design mit Wartekontrollgruppe und Prä- und Posttest verwendet. Die Angemessenheit der Präsentationsfähigkeiten wurde mittels Videoratings und Sprechangst mit Fragebögen erfasst.
Durchführungstreue
Um die Effektivität einer Intervention überprüfen zu können ist es notwendig, dass Kursleitungen die Intervention wie intendiert durchführen (Petermann 2014). In der vorliegenden Studie wurden die Quantität (Einhaltung) und die Qualität der eingesetzten Kurselemente erfasst. Für die Einhaltung berichteten die Kursleitungen, dass sie im Mittel 86,71 % (SD = 9,18) der Kurselemente eingesetzt haben. Setzt man das Ergebnis mit der Einhaltung in anderen Studien in Bezug, dann ist es als hoch einzuschätzen (vgl. Durlak und DuPre 2008). Zudem ist das Ergebnis vergleichbar zur Einhaltung in der vorherigen Effektivitätsstudie (M = 85,33 %; Herbein et al. 2018b). Für die Qualität fanden sich mittlere bis hohe Werte in der aktuellen Studie. Dabei sind sie, im Vergleich zur Effektivitätsstudie 1, tendenziell etwas höher.
Um nach der ersten Effektivitätsstudie 2015 die Durchführungstreue für einzelne Kurselemente zu erhöhen, wurde das Kurskonzept, basierend auf den Rückmeldungen der Kursleitungen, leicht adaptiert. Die Rückmeldungen betrafen beispielsweise Aspekte der Machbarkeit, d. h. die Umsetzbarkeit im spezifischen Kontext und unter den gegebenen Rahmenbedingungen (z. B. zeitliche Probleme), oder die Akzeptanz (z. B. Einschätzung der Komplexität des Trainings; Petermann 2014; Hebbecker und Souvignier 2018). Ziel war es, durch eine erhöhte Akzeptanz und Machbarkeit, eine höhere Durchführungstreue zu erreichen. Da in der Effektivitätsstudie 1 vor allem die Kurselemente zur Präsentationsgliederung, zum Videofeedback und zur Vorbereitung der Abschlusspräsentation in reduziertem Umfang oder mit geringerer Qualität eingesetzt worden waren, wurden der Aufbau der Übungen, das Material und die zur Verfügung stehenden Zeitfenster angepasst. Die Kursleitungen berichten hierfür nun eine tendenziell höhere Einhaltung und Qualität. Schwieriger scheint die Durchführung der 9. Kurssitzung zu sein, die ebenfalls für die Effektivitätsstudie 2 umstrukturiert worden war. Hier ist als nächstes zu prüfen, welche Faktoren die Implementation erschwert haben könnten (z. B. zeitliche Umsetzbarkeit, Interesse der Kinder, Schwierigkeit der Aufgaben).
Zusätzlich zur Einschätzung der Durchführungstreue durch die Kursleitungen wurden die Kinder gebeten, Rückmeldungen zum Kurs zu geben, um ihre Akzeptanz des Kurses einzuschätzen und um potentielle Änderungen in den Kursinhalten und Methoden abzuleiten. Die Kinder hatten Spaß am Kurs, berichteten in hohem Maße Neues gelernt zu haben und gaben dem Kurs nur sehr gute oder gute Noten. Damit scheint der Kurs Inhalte zu adressieren, die für die Zielgruppe ansprechend und passend sind.
Effektivität des Trainings
Replikation der Ergebnisse auf Präsentationsfähigkeiten
Für die Interventionseffekte konnten in dieser Studie Präsentationsfähigkeiten aller vier Dimensionen, nonverbal-visuell, nonverbal-auditiv, Organisation und Sprachgebrauch, erhoben werden. Erfasst wurde dabei die Angemessenheit, d. h. Passung der gezeigten Fähigkeit zum Kontext. Signifikante Effekte zeigten sich für Körperspannung (nonverbal-visuell) und persönliche Ansprache (Sprachgebrauch). Auf allen anderen Variablen waren die Effekte nicht signifikant. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Ergebnisse der ersten Effektivitätsstudie zu replizieren, in welcher sich signifikante Effekte auf die Angemessenheit der organisatorischen Fähigkeiten (Sprechdauer, Länge der Einleitung, Länge des Schlusses und Hörerbezug) sowie Gesamtauftreten gezeigt hatten (Herbein et al. 2018b; siehe Tab. 8). In der vorliegenden Studie fanden sich auf diesen Variablen geringere, nicht signifikante Effekte (d zwischen 0,03 und 0,69). Für die nonverbalen Fähigkeiten, visuell und auditiv, fanden sich – bis auf Körperspannung in Effektivitätsstudie 2 – in keiner der beiden Studien signifikante Effekte (d für Effektivitätsstudie 1 zwischen 0,03 und 0,50, für Effektivitätsstudie 2 zwischen −0,37 und 0,66; Tab. 8).
Tab. 8 Übersicht über die Interventionseffekte der Wirksamkeitsstudie und der zwei Effektivitätsstudien In beiden Effektivitätsstudien fanden sich geringe Effekte auf nonverbale Fähigkeiten. Ein ähnliches Muster berichten Studien zur Förderung von PK im Hochschulkontext, nämlich signifikante Effekte auf die organisatorischen Fähigkeiten und keine signifikanten Effekte auf nonverbale Fähigkeiten (vgl. De Grez et al. 2009a, b). Mögliche Gründe für fehlende Interventionseffekte können
- a)
die fehlende Wirksamkeit des Trainings,
- b)
Mängel in der Implementation oder
- c)
eine fehlerhafte Studiendurchführung sein (Gräsel und Parchmann 2004; Greene 2015).
Besteht die Annahme, dass die fehlenden Effekte auf die Unwirksamkeit der gewählten Kernkomponenten oder auf eine ungeeignete Operationalisierung der Trainingsaktivitäten zurückzuführen ist, dann ist ein weiterer Einsatz des Trainings ohne grundlegende Überarbeitung nicht gerechtfertigt. Da jedoch in der ersten Wirksamkeitsstudie des Präsentationstrainings unter kontrollierten Bedingungen positive Effekte auf die nonverbalen Fähigkeiten gefunden wurden (Herbein et al. 2018a) und da die Effektstärken in den Effektivitätsstudien zwar nicht mehr signifikant, aber auf einem Teil immer noch klein ausfielen, ist es sinnvoll, noch weitere Faktoren zu diskutieren, die Ursache für die fehlenden Effekte sein könnten.
Die Effektivität einer Intervention kann auch durch die Art der Implementation sowie Charakteristika der Trainerperson beeinflusst werden (Humphrey et al. 2016). Für die Implementation können implementationsnahe und -ferne Faktoren unterschieden werden (Souvignier und Mokhlesgerami 2005; Humphrey et al. 2016), wobei erstere die Dimensionen der Durchführungstreue umfassen (vgl. Humphrey et al. 2016). Für die Einhaltung und Qualität berichteten die Kursleitungen hohe Werte in beiden Studien. Ergänzend ist deshalb als nächstes genauer zu überprüfen, inwieweit die Kursleitungen die eingesetzten Kurselemente adaptierten. Studien haben gezeigt, dass Interventionen dann am effektivsten sind, wenn sie mit hoher Durchführungstreue implementiert werden (Durlak und DuPre 2008; O’Donnell 2008; Nelson et al. 2012). Dennoch müssen Adaptionen nicht automatisch zu einer Reduktion der Effektivität des Trainings führen. Gezielte Adaptionen können beispielsweise eingesetzt werden um die Praktikabilität oder die Passung zur Zielgruppe zu erhöhen (z. B. durch die Verwendung von Beispielen aus den Interessensbereichen der Kinder; Blase und Fixsen 2013). Die zugrundeliegenden Kernkomponenten werden dabei jedoch weiterhin praktisch umgesetzt. Bei dem vorliegenden Training handelt es sich um eine Multikomponenten-Intervention. Um für den Einsatz des Trainings in der Praxis festzulegen, wo gezielte Adaptionen möglich sind und wo Lehrpersonen Prioritäten setzen können, muss genauer überprüft werden, welche (Kombination der) Komponenten die größten Interventionseffekte hervorrufen (Nelson et al. 2012; Blase und Fixsen 2013; Abry et al. 2015). Dazu können verschiedene Vorgehensweisen genutzt werden. Die Wirksamkeit einzelner Komponenten lassen sich beispielsweise in mehrarmigen, randomisierten kontrollierten Studien überprüfen (Montgomery et al. 2003), welche es erlauben, Kombinationen von bestimmten Kernkomponenten oder einzelne Komponenten gegeneinander zu testen (vgl. Spörer et al. 2009; Supanc et al. 2017).
Zu den implementationsfernen Aspekten zählt die Unterrichtsqualität (Souvignier und Mokhlesgerami 2005). Um Kursleitungen, v. a. mit wenig Lehrerfahrung, bestmöglich zu unterstützen das Training flüssig und strukturiert durchzuführen, ist der Ablauf jeder Kurseinheiten detailliert vorstrukturiert (vgl. Grossman und Thompson 2008). Dennoch kann es die Klassenführung negativ beeinflussen, wenn Kursleitungen mit dem Ablauf der Einheit nicht vertraut sind oder sich zu eng am Manual orientieren. Zukünftige Studien sollten deshalb, über die Durchführungstreue hinaus, die Unterrichtsqualität mit berücksichtigen und deren Einfluss auf die Wirksamkeit der Intervention untersuchen.
Weiterhin könnte die Effektivität des Trainings durch Eigenschaften der Kursleitungen beeinflusst werden (Humphrey et al. 2016), z. B. durch deren fachliche Expertise und praktische Erfahrung im Präsentieren. Die Kursleitungen sind ein Vorbild, an dem sich die Kinder orientieren und von dem sie lernen können (Staton und Tomlinson 2001). Das könnte besonders relevant für den Erwerb nonverbaler Fähigkeiten sein. Während des Trainings ist die Kursleitung zum einen ein positives Beispiel für den angemessenen Gebrauch nonverbaler Fähigkeiten, zum anderen kann sie gezielt verschiedene Extreme im Verhalten demonstrieren und anschließend die Wirkung diskutieren. Dadurch können die Kinder ihr Verhaltensrepertoire erweitern und den angemessenen Einsatz der Fähigkeiten reflektieren. Zukünftige Studien sollten demnach auch die Eigenschaften der Kursleitungen und deren Einfluss auf die Interventionseffekte berücksichtigen.
Mit Bezug zu Einschränkungen, die aus der Art der Studiendurchführung resultieren, muss hier die Erfassung der Durchführungstreue diskutiert werden. Da in den bestehenden Studien lediglich Selbsteinschätzungen der Lehrpersonen verwendet wurden, um die Einhaltung und die Qualität einzuschätzen, muss diskutiert werden, inwieweit soziale Erwünschtheit die Beantwortung der Fragebögen beeinflusst haben könnte. Zukünftige Studien sollten bei der Erfassung der Durchführungstreue weitere Perspektiven, wie externe Beobachter oder Videoratings, berücksichtigen.
Für die Interventionseffekte auf die organisatorischen Fähigkeiten fanden sich in der aktuellen Studie, im Vergleich zur Effektivitätsstudie 1 und der Wirksamkeitsstudie, geringere Effekte. Die Gründe könnten hier ebenfalls in der Art der Implementation, der Unterrichtsqualität und in Unterschieden in den Kursleitercharakteristika liegen.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Von der kontrollierten Wirksamkeitsstudie, über die Effektivitätsstudie 1 zur Effektivitätsstudie 2 nahmen die Interventionseffekte kontinuierlich ab. (Dabei ist jedoch bei der Diskussion der Ergebnisse zu berücksichtigen, dass sich das Design der Wirksamkeitsstudie vom Design der anderen beiden Studien unterschied. Die Kinder der Kontrollgruppe besuchten hier einen alternativen Kurs zum Thema Wissenschaftsverständnis.) Obwohl in der vorliegenden Studie nur zwei der Interventionseffekte auf die Präsentationsfähigkeiten signifikant wurden, sind die Effektstärken dennoch auf sechs von 18 Zielvariablen klein – wobei ein negativer Effekt für Sprechflüssigkeit gefunden wurde – und auf vier moderat ausgeprägt. Zusammen mit dem Ergebnismuster der Effektivitätsstudie 1 lassen sich deshalb Hinweise ableiten, dass das Training, als extracurriculares Förderprogramm im Rahmen der Hector Kinderakademien, tendenziell wirksam ist. Aufgrund von methodischen Einschränkungen in der vorliegenden Studie sind jedoch weitere Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit notwendig, um aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten.
Replikation der Ergebnisse auf Sprechangst
In der vorliegenden Effektivitätsstudie fanden sich keine Effekte auf Sprechangst, weder auf die kognitiven noch auf die körperlichen Symptome. Diese Ergebnisse sind parallel zur Wirksamkeitsstudie. Im Vergleich dazu hatten sich in der Effektivitätsstudie 1 signifikante Effekte gezeigt. Dabei war bei keiner der Studien ein Bodeneffekt für die Ausprägung der Sprechangst zum Prätest zu finden. Ein Grund für die reduzierten Interventionseffekte könnte sein, dass die Kurseinheit zur Sprechangst angepasst worden war. Die Kursleitungen hatten zurückgemeldet, dass Sprechangst für die Kinder keine große Relevanz hat, eher auf Desinteresse stößt und deshalb schwierig umzusetzen war. Aus Sicht der Forschung und sprecherzieherischen Praxis stellt Sprechangst jedoch eine Kernvariable dar, die in einem Präsentationstraining nicht zu vernachlässigen ist. Obwohl Kinder das Sprechen vor anderen noch positiver wahrnehmen oder beim Halten einer Spontanrede eine geringere biologischen Stressempfindlichkeit zeigen als Jugendliche (vgl. Sumter et al. 2010) ist es sinnvoll, bereits Kinder im Grundschulalter weiter in ihrer Sicherheit im Umgang mit der Präsentationssituation zu stärken, um zukünftiger Sprechangst entgegenzuwirken (Boyce et al. 2007; Klippert 2010). Zudem ist es das Ziel, Kinder die von Sprechangst betroffen sind früh zu erkennen, um eine Verstärkung der Angst zu verhindern. Aus diesem Grund wurden trotz der Rückmeldungen der Kursleitungen die Kernübungen aus der Effektivitätsstudie 1 beibehalten, jedoch der zeitliche Umfang von 90 auf 45 min gekürzt. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse ist zu überlegen, wie der Umgang mit Lampenfieber wieder stärker in den Kurs integriert werden kann, dabei jedoch besser zum Bedarf der Zielgruppe passt.
Stärken und Grenzen der Studie
Ziel der Studie war es, die vorausgegangene Effektivitätsstudie zu replizieren und den Einsatz des Präsentationstrainings in der Praxis sowie dessen Effektivität erneut zu überprüfen. Ein Scaling-up des Trainings, im Sinne eines flächendeckenden Einsatzes oder der Übertragung in einen anderen Kontext, wurde noch nicht in Betracht gezogen, da sich die vorherige Effektivitätsstudie nur auf eine kleine Stichprobe gestützt hatte. Einschränkend ist für die vorliegende Studie jedoch zu sagen, dass sich trotz sorgfältiger Planung, verschiedene Herausforderungen in der Studiendurchführung ergaben. Infolgedessen ist die Diskussion der Ergebnisse in der vorliegenden Studie erneut nur im selben Maß möglich, wie in der vorausgegangenen Studie.
Erstens war es nicht möglich, die geplante Stichprobengröße zu erreichen, die in einer Poweranalyse ermittelt worden war. Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Teilnehmer/inne/n für Studien im Feld sind nicht untypisch (vgl. Friedman et al. 2010). Beispielsweise erfordert die Teilnahme an randomisierten kontrollierten Studien, bei denen die Teilnehmenden erst nach dem Prätest erfahren, ob sie die Intervention sofort oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten, viel zeitliche Flexibilität und kurzfristige Organisation. Da dies in der Praxis, im Zusammenhang mit der Nachmittagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter, für Eltern nicht immer gut zu ermöglichen ist, könnte das ein Grund für die geringe Teilnehmerzahl in der vorliegenden Studie sein (NKinder = 65). Als Konsequenz auf die geringen Anmeldezahlen zu den einzelnen Kursen konnte nur an zwei Akademien eine Blockrandomisierung, und damit eine zufällige Zuteilung der einzelnen Kinder zu Interventions- und Kontrollgruppe, durchgeführt werden. Die anderen acht Kurse wurden cluster-randomisiert, das heißt alle Kinder wurden komplett, entweder der einen oder anderen Gruppe, zugeordnet (vgl. Spybrook et al. 2014). Folglich liegen nur für fünf der zehn Kursleitungen Rückmeldungen zur Durchführungstreue vor, denn alle anderen boten den Kurs lediglich für die Wartekontrollgruppe an. Dazu kommt die relativ hohe Anzahl an Missings zum Posttest, was als Einschränkung der Studie zu diskutieren ist. Da jedoch kein differentieller Ausfall vorlag (What Works Clearinghouse 2014) wurde angenommen, dass die fehlenden Werte zufällig entstanden. Dementsprechend wurde FIML verwendet, um diese zu schätzen.
Zweitens ist bezüglich des Designs zu diskutieren, dass keine Langzeiteffekte des Trainings erfasst wurden. Dies ist jedoch notwendig, um Aussagen über die Langfristigkeit der Effekte treffen zu können und um die Relevanz der Intervention zu stützen (Gottfredson et al. 2015). Da im vorliegenden Fall ein Wartekontrollgruppendesign verwendet wurde, bei dem die Kontrollgruppe direkt nach dem Posttest das Training erhielt, war ein längerfristiges Follow-up nicht möglich. Ein Design, bei dem das Training der Kontrollgruppe erst im nächsten Schulhalbjahr angeboten wird, schied aus, da die an der Studie teilnehmenden Viertklässler/innen dann bereits an eine weiterführende Schule gewechselt hätten.
Drittens basierte die Erfassung der Durchführungstreue auf Selbstberichten der Kursleitungen. Dieses Vorgehen wird häufig eingesetzt (vgl. z. B. Spörer et al. 2009; Hebbecker und Souvignier 2018). Ein Vorteil von Selbstberichten ist, dass sie eine relativ ökonomische Erfassungsmethode darstellen, die kontinuierlich und über den ganzen Kurs hinweg möglich ist. Alternative Erfassungen der Durchführungstreue, über Beobachter oder Videoaufnahmen, sind hingegen relativ zeit- und kostenaufwändig (Petermann 2014). Zudem könnten diese das Commitment und die Akzeptanz der Lehrpersonen gegenüber der Studie reduzieren (James Bell Associates 2009) und/oder ein Gefühl der Kontrolle entstehen lassen (Krainer et al. 2012). Dazu kommt, dass wiederholte Beobachtungen notwendig sind, um valide Informationen zu erhalten. Trotz der Nachteile von Beobachtungen und Videoaufzeichnungen ist die alleinige Konzentration auf Selbstberichte in dieser Studie zu diskutieren, da diese beispielsweise anfällig für sozial erwünschte Antworten sind (Petermann 2014). Zudem wurden nur zwei Dimensionen der Durchführungstreue erfasst. Mit dem Schwerpunkt auf Quantität und Qualität sind zwar zwei relevante Dimensionen des Verhaltens der Kursleitung berücksichtigt (Odom et al. 2010; Greene 2015), die zusätzliche Erfassung der Adaption würde jedoch einen vertieften Einblick in die Implementation erlauben. Dazu kommt, dass neben der in dieser Studie erfassten Durchführungstreue, verschiedene weitere Faktoren zur Implementation gehören. Das sind beispielsweise die von den Lehrpersonen wahrgenommene Akzeptanz und Machbarkeit sowie die Angemessenheit einer Intervention (Petermann 2014; Hebbecker und Souvignier 2018). Um detaillierter zu erfassen, in welchem Ausmaß die Implementation des Präsentationstrainings gelingt, sollten zukünftige Studien neben der Durchführbarkeit auch Akzeptanz, Machbarkeit und Angemessenheit erheben. Diese bilden zusammen mit der Durchführungstreue, die Basis für eine gelungene Implementation (Souvignier und Philipp 2016). Ausgehend von den Ergebnissen kann das Trainingsmaterial weiter angepasst und optimiert werden.
Eine Stärke der Studie ist die Erfassung der Präsentationskompetenz mit Videoratings, da diese zuverlässiger sind als Selbstberichte der Sprecherin/des Sprechers (Carrell und Willmington 1996). Die Erfassung der PK über Videoratings gelang in der aktuellen Effektivitätsstudie besser als in den vorherigen Studien. Um die Überprüfung der Effektivität über alle Studien hinweg möglichst parallel zu halten, wurde der Beobachtungsbogen nur in geringem Ausmaß adaptiert. Da sich jedoch in der Vergangenheit Schwierigkeiten, v. a. bei der Erfassung der nonverbal-auditiven Präsentationsfähigkeiten und des Sprachgebrauchs gezeigt hatten – nicht nur im Rahmen dieses Forschungsprogramms, sondern auch in anderen Studien zu PK (vgl. Cheng und Warren 2005; Joe et al. 2015) – wurde die Raterschulung optimiert. Final konnte in der vorliegenden Studie auf 18 Items eine ICC > 0,60 erlangt werden. In Effektivitätsstudie 1 waren es nur 11 (Herbein et al. 2018b). Außerdem konnten in der momentanen Studie das erste Mal auch Effekte auf Items zum Sprachgebrauch erfasst und diskutiert werden. Trotz dieser Verbesserungen in der Erfassung ist es weiterhin notwendig, das Instrument zu optimieren, um langfristig alle Präsentationsfähigkeiten erheben zu können. Zudem ist die Überprüfung der Validität des Instrumentes ein erforderlicher weiterer Schritt.
Fazit
Die vorliegende Studie ist die vierte in einem systematischen Forschungsprogramm, in dem ein Training zur Förderung der Präsentationskompetenz schrittweise entwickelt, in der Praxis implementiert und dessen Wirksamkeit überprüft wurde. Ziel der Studie war eine Replikation der Effektivitätsstudie 1, da deren Ergebnisse auf einer relativ kleinen Stichprobe beruhten (vgl. Erdfelder und Ulrich 2018). Das Präsentationstraining richtet sich an Kinder im Grundschulalter, die für die Teilnahme an einem extracurricularen Enrichment-Programm nominiert sind. Die Ergebnisse der drei vorliegenden Studien zum Präsentationstraining geben Hinweise darauf, dass das Training für diese spezifische Zielgruppe und die Förderung im Rahmen der Hector Kinderakademien durchführbar und tendenziell wirksam ist.
Obwohl auch die Ergebnisse der zweiten Effektivitätsstudie auf einer kleinen Stichprobe basieren, lassen sich Schlüsse für die weitere Forschung und Implementation in der Praxis ableiten. Unter stark kontrollierten Bedingungen (Wirksamkeitsstudie) zeigten sich Hinweise auf die Effektivität des Trainings, sowohl auf nonverbale und organisatorische Präsentationsfähigkeiten als auch auf das Gesamtauftreten. Beim Schritt weiter in die Praxis (Effektivitätsstudien) reduzierten sich die Interventionseffekte. Gleichzeitig berichteten die Kursleitungen jedoch eine hohe Durchführbarkeit. Im Sinne der Implementationsforschung sind nun beispielsweise die Qualität der Implementation sowie Faktoren, die die Implementation beeinflussen, weiter zu untersuchen (Century und Cassata 2016; Humphrey et al. 2016). Daran orientiert können Anpassungen für das Unterstützungssystem für die Kursleitungen abgeleitet werden. Ziel könnte dabei die Erhöhung des fachlichen oder praktischen Wissens zu Präsentation sein, um so die Durchführbarkeit des Kurses weiter zu optimieren und die Effektivität des Kurses in der Praxis zu steigern. Zudem kann auch überlegt werden, den flächendeckenden Einsatz des Trainings durch die Ausbildung von Multiplikatoren zu unterstützen, die das Training an weitere Kursleitungen aus der Praxis weitergeben. Dabei wäre jedoch erneut zu überprüfen, inwieweit das veränderte Unterstützungssystem die erfolgreiche Implementation des Trainings beeinflusst.
Basierend auf Ergebnissen weiterer, intensiver Forschung zur Implementation und Effektivität des Trainings, kann langfristig ein Scaling-up in einen anderen Kontext angestrebt werden. Um beispielsweise die Präsentationskompetenz besonders begabter und hochbegabter Kinder im Regelunterricht zu fördern, könnten die Kursmaterialien für die veränderten Rahmenbedingungen des Lernkontexts angepasst und erneut, in mehrschrittigen Verfahren, überprüft werden. Ein ähnliches Vorgehen wäre zu wählen, wenn eine Ausweitung auf eine andere Zielgruppe angestrebt wird, beispielsweise die Förderung älterer Schüler/innen in Arbeitsgruppen oder an Projekttagen.