1 Thematische Hinführung – Ein Forschungsüberblick

In der Berufsbildungsforschung wird für verschiedene Berufe – insbesondere auf Basis theoretisch-fachdidaktischer Überlegungen – von einem Einfluss allgemeinen, schulischen Vorwissens im Sinne domänenübergreifender Kompetenz auf beruflich-spezifische Kompetenz ausgegangen. Dieser Einfluss ist mittlerweile auch empirisch für einige Ausbildungsberufe – mit jedoch tendenziell geringen Effektstärken – belegt. So zeigen die ULME III-Studien in diesem Zusammenhang für einzelne Berufe auf, dass allgemeine, mathematische und sprachliche Fähigkeiten als Prädiktoren für berufliche Kompetenzen angesehen werden können (vgl. Lehmann und Seeber 2007). Insbesondere für die gewerblich-technische sowie für die kaufmännische Berufsausbildung verdichten sich hier die Belege (vgl. z. B. Winther und Achtenhagen 2008; Nickolaus und Norwig 2009; Geißel et al. 2013). Eine Studie durch Lehmann und Peek (1999) zur Untersuchung der Outcomes beruflicher und allgemeiner Bildung anhand der IALS-Daten (International Adult Literacy Survey) legt zudem die These nahe, dass sich durch eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung die allgemeine Literalität der Teilnehmenden – im Vergleich zu Personen ohne beruflichen oder akademischen Bildungsweg – erhöht.

Neben diesem Einfluss domänenübergreifender, allgemeiner Kompetenzen wird zunehmend die Rolle domänenverbundener Kompetenzen für den Erwerb beruflich-spezifischer Kompetenz diskutiert. Während sich domänenübergreifende Kompetenzen auf ein weites Spektrum an allgemeinen Grundfertigkeiten wie die mathematische Fähigkeit, das Lese- und Schreibvermögen aber auch auf selbstregulative Kompetenzen oder die allgemeine Problemlösefähigkeit beziehen (z. B. Weinert 2001), fokussiert der Begriff domänenverbundener Kompetenz exklusiv auf jene allgemeinen Kompetenzaspekte, die für eine konkrete berufliche Domäne über Relevanz verfügen (vgl. Gelman und Greeno 1989, S. 142). Domänenverbundene Kompetenzen sind damit Teil der beruflichen Domäne. Sie werden in Verbindung mit domänenspezifischer Kompetenz – im Sinne spezifischer Regeln, Prinzipien und Handlungsschemata einer Berufsgruppe – dazu benötigt, unternehmenstypische Geschäftsvorfälle als konkrete Anforderungssituationen zu bewältigen. Im Vergleich zur Allgemeinbildung, in der zwischen fachlichen sowie fachübergreifenden Kompetenzklassen unterschieden wird (vgl. z. B. Weinert 2001; Leutner et al. 2004), wird damit für die berufliche Bildung eine „Zwischenebene“ eingefügt, mit der für die Analyse beruflicher Handlungen vorrangig domänenverbundene Kompetenzen in den Vordergrund rücken. Diese sind zwar immer auch Teil der domänenübergreifenden Kompetenzen, beziehen sich hier jedoch nur auf einen stark eingegrenzten, beruflich relevanten Zugangsbereich, der sich aus den konkreten beruflichen Anforderungssituationen ableiten lässt (vgl. Winther et al. 2013). Dieser Konzeption domänenverbundener Kompetenz in ökonomischen Kontexten wird in den wenigen bereits vorliegenden Forschungsarbeiten sowohl theoretisch als auch empirisch eine hohe prädiktive Kraft für die Entwicklung domänenspezifischer Kompetenz zugesprochen (vgl. Achtenhagen und Winther 2008; Winther et al. 2013). Dies ist insofern wenig überraschend, als dass damit lediglich jene allgemeinen Fähigkeiten erfasst werden, die auch aus einer wirtschaftsdidaktischen Perspektive relevant für den Erwerb domänenspezifischer Kompetenzen in kaufmännischen Handlungsfeldern sind.

Während erste existierende Entwicklungsbefunde in Bezug auf domänenspezifische Kompetenzen im Sinne eines beruflich-spezifischen Regel- bzw. Enkulturationswissens in beruflichen Praxisgemeinschaften (vgl. Lave und Wenger 1991) einen deutlichen Zuwachs an domänenspezifischer Kompetenz andeuten (vgl. Seeber und Lehmann 2011; Rosendahl und Straka 2011; Nickolaus et al. 2012), ist in Bezug auf die Konzeption domänenverbundener Kompetenzen weitgehend unklar, inwieweit auch diese sich im Ausbildungsverlauf entwickeln. Hier versucht der Beitrag auf Basis eines integrierten Assessments die Entwicklung beruflicher Kompetenz über den Zuwachs an domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz zu skizzieren.

2 Theoriebildung – Ein Modellierungsansatz

Konzeptionell wurde der Itementwicklung der Domänenbegriff in Anlehnung an Achtenhagen und Winther (2008) zu Grunde gelegt. Dieser wird als gleich (oder weniger) dem Handlungs- und Wissensspektrum eines Ausbildungsberufs definiert (Achtenhagen und Winther 2008, S. 121). Für die berufliche Kompetenzdiagnostik ist gemäß dieser Definition von den charakteristischen bzw. typischen beruflichen Arbeitsaufgaben des jeweiligen Berufsbildes auszugehen, die sowohl spezielle als auch allgemeine Fähigkeiten von den Berufstätigen erfordern. Hierdurch begründet sich berufliche Kompetenz aus dem Aktionsspektrum des jeweiligen Berufs sowie auf Basis der hierauf bezogenen Anforderungssituationen. Die Definition unterscheidet sich damit deutlich von einer Domänendefinition, die sich vorrangig auf die Fachsystematik berufsbezogener Fächer bezieht. Da der Beitrag auf eine empirische Beschreibung der beruflichen Kompetenz von Industriekaufleuten fokussiert, bildet der Ausbildungsberuf Industriekaufmann/Industriekauffrau den Bezugsbereich der Domäne. Bezüglich der Frage, wo die Grenze zur Einteilung in domänenspezifische und domänenverbundene Kompetenzen innerhalb dieser Domäne nun verläuft (denn beide Kompetenzaspekte formen die Domäne), wurde zwischen drei Kategorien der Spezifität von kaufmännisch-beruflichen Inhalten unterschieden (vgl. auch Klotz 2015; Klotz und Winther 2015): (1) domänenverbundenen Inhalten, (2) kaufmännisch-spezifischen Inhalten und (3) berufsspezifischen Inhalten.

2.1 Domänenverbundene Inhalte

Domänenverbundene bzw. berufsverbundene Inhalte beziehen sich auf verfügbare Repräsentationen, die sich zwar auf allgemeine Fähigkeiten beziehen lassen, aber konkret in beruflichen Handlungssituationen und insofern auch in berufstypischen Testaufgaben zum Tragen kommen (Gelman und Greeno 1989). Sie unterscheiden sich von Inhalten des allgemeinen Bildungsbereichs somit durch ihre berufliche Relevanz. Für den Bereich der beruflich-kaufmännischen Bildung wird in diesem Beitrag auf quantitative Werte und Verhältnisse (kaufmännische Numeralität) sowie auf text- und bildsprachliches Verständnis (kaufmännische Literalität) fokussiert. Kaufmännisch-curriculare Analysen (z. B. durch Preiß 2005) belegen, dass mathematische Anforderungen insbesondere der Wirtschaftsdidaktik immanent sind (z. B. Beziehungs- und Größenverständnis betriebswirtschaftlicher Zahlen, ökonomische Optimierungsprobleme, etc.). Sprachliches Vorwissen, welches im Begriff der „Literacy“ zum Ausdruck kommt (OECD/Statistics Canada 2000), ist hinsichtlich seines Bedeutungsgehalts ebenso für kaufmännische Berufe hervorzuheben: Betriebliche Unternehmensprozesse zeichnen sich durch einen hohen Kommunikationsgrad in deutscher und englischer Sprache sowohl innerhalb der Unternehmensbereiche als auch extern gegenüber Kunden und Partnern aus. Kaufmännische Literalität lässt sich daher insbesondere über das Leseverstehen und Verfassen ökonomischer Schrift- oder Bilddokumente (z. B. Wirtschaftsnachrichten, unternehmensinterne Berichterstattung, Schriftverkehr im Unternehmen, etc.) spezifizieren.

2.2 Kaufmännisch-spezifische Inhalte

Kaufmännisch-spezifische Inhalte operationalisieren sich über diejenigen Tätigkeiten, die für alle kaufmännischen Berufe benötigt werden und daher nicht nur für Industriekaufleute von Relevanz sind; sie sind spezifisch für alle Kaufmannsberufe. Diese Inhalte bestehen zum Beispiel in Kostenbestimmungen, Umsatz- und Rentabilitätsberechnungen, Lohn- und Gehaltsabrechnungen oder einkaufsbezogenen Aufgaben. Sie werden damit sowohl für Industriekaufleute als auch für verwandte Ausbildungsberufe (z. B. Bankkaufmann/Bankkauffrau) relevant und sind damit weniger spezifisch für einen konkreten kaufmännischen Ausbildungsberuf als die Kategorie berufsspezifischer Inhalte.

2.3 Berufsspezifische Inhalte

Berufsspezifische Inhalte sind als dritte Kategorie der Domänenspezifität auf die typischen Aufgaben eines konkreten Ausbildungsberufs bezogen. Für diesen Beitrag bestehen diese in den industriebezogenen Tätigkeiten von Industriekaufleuten, welche insbesondere im Bereich der Produktionswirtschaft zu suchen sind. Hier befassen sich Industriekaufleute u. a. mit der Bestimmung von Maschinenauslastungen, Stücklistenerstellungen oder mit Fragen der Produktionsüberwachung. Diese Tätigkeiten sind typisch für die Ausübung des Berufs Industriekaufmann/Industriekauffrau und beziehen sich exklusiv auf diesen Ausbildungsberuf. Für andere kaufmännische Berufe (z. B. Bankkaufmann/Bankkauffrau oder Bürokaufmann/Bürokauffrau) sind sie hingegen von untergeordneter Relevanz.

Für das Forschungsvorhaben wurden die Kategorien (2) und (3) als domänenspezifisch definiert. Beide Kategorien zusammen beschreiben, was an spezifischen Inhalten im Ausbildungsverlauf neu erlernt werden muss, um den Kaufmannsberuf Industriekaufmann/Industriekauffrau ausüben zu können. Sie wurden in dieser zusammengefassten Form auf der kognitiven Personenebene als domänenspezifische Kompetenz der Kategorie (1) domänenverbundener Kompetenz gegenübergestellt. Auf Basis dieser Überlegungen galt es zunächst innerhalb der Testkonstruktion Items zu entwickeln, die jeweils auf domänenverbundene oder auf domänenspezifische Kompetenz abzielen. Seeber et al. (2010, S. 5) geben in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass eine solche Aufteilung in domänenverbundene und domänenspezifische Kompetenzen weder überschneidungsfrei noch trennscharf ist, da domänenverbundene Grundkompetenzen naturgemäß auch bei der Lösung von domänenspezifischen Anforderungssituationen zum Einsatz kommen und deren Verhältnis untereinander daher ein noch weitgehend unbearbeitetes Forschungsfeld darstelle. In diesem Zusammenhang liegt u. E. die empirische Modellierung und Beschreibung über einen kumulativen Zusammenhang nahe (vgl. auch Klotz und Winther 2015): Die Herausforderung für die Abbildung domänenverbundener kaufmännischer Kompetenz im Sinne kaufmännischer Numeralität und Literalität liegt dabei vor allem darin, domänentypische, ökonomische Situationen so zu gestalten, dass sie nur mit Hilfe allgemeiner Reorganisationen sprachlicher und mathematischer Fähigkeiten gelöst werden können. Hierdurch wird deutlich gemacht, dass nicht Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie traditionell in den Curricula definiert werden, im Vordergrund stehen, sondern dass es um die funktionale Anwendung von allgemeinen Kenntnissen in der kaufmännischen Domäne geht. Umgekehrt besteht die Herausforderung bei der Modellierung domänenspezifischer Kompetenz darin, Aufgaben zu entwickeln, die zur Lösung ein Zurückgreifen auf berufliches Fach- und Erfahrungswissen zwingend erfordern.

Hinsichtlich dieser theoretischen Trennbarkeit domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz konnte in bereits vorliegenden Vorarbeiten die psychometrische Überlegenheit einer zweidimensionalen Struktur demonstriert werden (Klotz und Winther 2015): So erwies sich ein zweidimensionales Strukturmodell, bestehend aus domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz, einer eindimensionalen Lösung sowohl zu Beginn als auch zu Ende der beruflichen Erstausbildung überlegen (p < 0,001) und erscheint damit stabil über den Ausbildungsverlauf (konfigurale Messinvarianz). Hierauf aufbauend soll in diesem Beitrag aus einer Entwicklungsperspektive der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich domänenverbundene und domänenspezifische Kompetenzaspekte im Ausbildungsverlauf unterschiedlich entwickeln.

Theoretische und empirische Forschungsbefunde in Bezug auf domänenübergreifende allgemeine Fähigkeiten suggerieren, dass es während der beruflichen Erstausbildung zu einem Verfall von allgemeinen Kompetenzen kommt (z. B. Voss et al. 1986; Winther 2010). So beschreiben bereits Voss et al. (1986) über empirische Itemlösungsanalysen, dass Aufgaben, die sich durch allgemeine Inhalte auszeichnen, durch Lernende ohne ökonomisches Vorwissen insgesamt leichter zu lösen sind als durch Lernende mit ökonomischem Vorwissen. Für die theoretische Konzeption domänenverbundener Kompetenzen könnte sich in diesem Zusammenhang ein weniger gravierendes Bild ergeben, da es sich hierbei um beruflich notwendige Grundfähigkeiten handelt, die in beruflichen Anforderungssituationen auch weiterhin genutzt werden, wobei empirische Belege für diese Hypothese noch zu erbringen sind. Für die Formulierung der Hypothesen sind wir zunächst davon ausgegangen, dass sich domänenverbundene Kompetenzen im Gegensatz zu domänenübergreifenden allgemeinen Kompetenzen nicht signifikant im Ausbildungsverlauf verschlechtern – in Anbetracht der empirischen Befundlage für domänenübergreifende Kompetenzen allerdings auch nicht deutlich verbessern und somit konstant bleiben. Da die meisten Lernfelder vorrangig auf den Erwerb und die Anwendung spezifischer Berufsinhalte fokussieren, ist dagegen für domänenspezifische Kompetenz mit einem deutlichen Zuwachs im Ausbildungsverlauf zu rechnen. Dieser Zuwachs sollte damit signifikant höher ausfallen, als der (nicht vorhandene) Zuwachs auf der Skala domänenverbundener Kompetenz.

In Bezug auf theoretische Entwicklungsüberlegungen ist ferner zu explorieren, inwieweit bestimmte Kompetenzentwicklungsprozesse kontinuierlich, im Sinne einer steten Zunahme oder diskontinuierlich, im Sinne von Bewegungen zu einem neuen Gleichgewicht erfolgen (vgl. z. B. Minnameier 2003).Footnote 1 In diesem Zusammenhang sind insbesondere abnehmende Grenzerträge für kognitive Lehr-Lernprozesse theoretisch erwartbar (durch gegebene kognitive Voraussetzungen und curriculare Grenzen; vgl. z. B. Grant und Schwartz 2011; Kurzban et al. 2013) und durch eine voranschreitende Instrumentenentwicklung auch empirisch abbildbar (vgl. z. B. Rivkin und Schiman 2013). Für den Beitrag ergibt sich damit zusammenfassend die grundlegende Forschungsfrage nach der Entwicklungsdynamik domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz über den Verlauf der beruflichen Erstausbildung. Genauer verbinden sich damit die folgenden Unterfragen und überprüfbaren Hypothesen beruflicher Kompetenzentwicklung. Footnote 2

  1. 1.

    Wie (unterschiedlich) entwickeln sich im Verlauf der beruflichen Erstausbildung domänenverbundene und domänenspezifische Kompetenzen?

    1. a.

      Es lassen sich signifikante Zuwächse domänenspezifischer Kompetenz im Ausbildungsverlauf nachweisen.

    2. b.

      Es lassen sich keine signifikanten Zuwächse domänenverbundener Kompetenz im Ausbildungsverlauf nachweisen.

    3. c.

      Die Zuwächse auf der Skala domänenspezifischer Kompetenz fallen signifikant höher aus als die Kompetenzzuwächse auf der Skala domänenverbundener Kompetenz.

  2. 2.

    Stellen sich für den Erwerb domänenspezifischer und domänenverbundener Kompetenz abnehmende Grenzerträge ein?

    1. a.

      Es stellen sich abnehmende Grenzerträge für den Erwerb domänenspezifischer Kompetenz im Ausbildungsverlauf ein.

    2. b.

      Es stellen sich keine abnehmenden Grenzerträge für domänenverbundene Kompetenz im Ausbildungsverlauf ein (da auf dieser Skala gemäß Hypothese 1b. keine signifikanten Lernzuwächse erwartet werden).

3 Assessmententwicklung

Das Assessment zielte im Sinne beruflicher Kompetenzorientierung auf eine besonders handlungsnahe Abbildung der arbeitsplatzrelevanten Tätigkeiten von Auszubildenden im Berufsbild Industriekaufmann/Industriekauffrau. Die Entwicklung erfolgte zunächst über die Identifikation relevanter Arbeitstätigkeiten und -prozesse aus dem beruflichen Rahmenlehrplan. Die Zielformulierungen und inhaltlichen Ausdifferenzierungen der lernfeldorientierten Curricula übernahmen dabei eine zentrale Funktion bei der Beschreibung berufstypischer Aufgaben, da sie sowohl curriculare Lernzielbeschreibungen im Sinne normativer Leistungsniveaus als auch konkrete Lerninhalte enthalten. Für diese Lerninhalte waren stimulierende Itemstämme zu entwickeln sowie realistische Aufgabenformate zu wählen. Hinsichtlich des Aufgabenformats wurde einem „Constructed-Response-Format“ Vorzug gegenüber einem „Selected-Response-Format“ gegeben (vgl. u. a. Gronlund 1998), das heißt die Auszubildenden mussten ökonomische Lösungen selbst konstruieren und konnten dabei nicht aus einer Menge richtiger und falscher Antworten wählen (Ergänzungsaufgaben, Kurzantworten und Essay-Aufgaben; vgl. Linn und Gronlund 2000). Hinsichtlich einer realistischen Darstellung bzw. Abbildung der berufstypischen Anforderungssituationen in Testitems, mussten die Bezugsbereiche der kaufmännisch-beruflichen Domäne zudem berufstypisch situiert abgebildet werden, um den Auszubildenden zu ermöglichen, sich in die berufscharakteristische Situation hineinzuversetzen und sich dort mit ihrer (Berufs-)Rolle zu identifizieren (vgl. Müller und Reuter 2011, S. 21). Dafür war zunächst eine übergreifende Rahmensituation der Unternehmensbeschreibung zu entwickeln. Zur didaktischen Gestaltung berufstypischer Arbeits- und Geschäftsprozesse in der Prüfungssituation wurde im Sinne des Abbildungskriteriums einer authentischen Testkonstruktion das Unternehmen samt seiner marktfähigen Produkte in Form der Unternehmensumgebung „Ceraforma Keramik AG“ modelliert (siehe Anhang). Dann wurde vor dem modellierten Branchen- und Unternehmenshintergrund eine typische Situation beschrieben, aus der ein konkreter und explizit an die Testperson gerichteter Arbeitsauftrag – im Sinne einer Handlungsaufforderung – resultierte. Die aus Perspektive des schulischen und betrieblichen Lernortes als ausbildungsrelevant identifizierten Arbeitsaufgaben wurden innerhalb dieses Modellunternehmens linear-chronologisch zu Prozessabschnitten verknüpft. Dabei besteht in Prüfungskontexten ein besonderer Vorteil des Kriteriums der Geschäftsprozessorientierung darin, dass sich hierüber der durch die Ordnungsgrundlagen geforderte Aspekt der Kundenorientierung glaubwürdiger abbilden lässt, da Interaktionen dargestellt werden können. Der Kunde initiiert durch die Auftragserteilung den Geschäftsprozess und bestimmt über die in seiner Bestellung formulierten Anforderungen und Wünsche Art und Umfang dieses Prozesses (vgl. Speth 2003). Daneben lassen sich jedoch auch interne Geschäftsprozesse (insbesondere Steuerungs- und Unterstützungsprozesse) sowie Beziehungen mit Lieferanten, etc. oder gleich mehrere Interaktionen in Form umfassender Geschäftsprozesse modellieren. Der Prozess beginnt daher in der kaufmännischen Arbeitswelt, in der Entscheidungen zu weiteren Geschäftsvorfällen führen (vgl. Preiß 2005, S. 72). Um eine berufstypische Testkonstruktion auch im Sinne betriebsrelevanter Arbeitstätigkeiten zu gewährleisten, wurden die Lerninhalte dann in einem nächsten Schritt im November 2012 durch 24 berufliche Experten (zwölf unternehmerische Ausbilder und zwölf kaufmännische Lehrkräfte des IHK-Prüfungsausschusses) bewertet und diskutiert, um herauszufinden welche Arbeitstätigkeiten vorrangig als relevant erachtet und regelmäßig praktiziert werden und damit nicht nur als curricular valide, sondern auch als praktisch relevant gelten können. Im Anschluss daran fanden qualitative Partner- und Gruppendiskussionen sowie eine abschließende Plenumsdiskussion zur Aufgabenkonstruktion statt. Basierend auf den Expertenurteilen und -diskussionen wurden die Aufgabenbeschreibungen in einer weiteren Entwicklungsschleife beibehalten, adaptiert oder verworfen.Footnote 3 Im finalen Testinstrument wurden 46 Aufgaben (18 Items der Skala domänen-spezifischer Kompetenz und 28 Items der Skala domänenverbundener Kompetenz) in übergeordneten Geschäftsprozessen verankert. Im Anhang befinden sich zwei Aufgabenbeispiele für die beiden Kompetenzdimensionen domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz. Während sich Item 3.8 durch die Anwendung allgemeiner mathematischer Regeln (im Aufgabenbeispiel Prozent- und Dreisatzrechnung) bewältigen lässt (Abb. 2), müssen zur Lösung von Aufgabe 2.4 nicht nur allgemeine Regeln der Optimierungs- oder Vergleichsrechnung angewandt, sondern auch die kaufmännische Heuristik einer Beschaffungsrechnung beherrscht werden (Abb. 3). Auch müssen als weiteres spezifisches Element die unterschiedlichen Kostenarten erkannt und kaufmännisch richtig einbezogen werden.

Abb. 1
figure 1

Entwicklungsdynamik domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz

Abb. 2
figure 2

Beispielaufgabe für domänenverbundene Kompetenz (Inhalte: Prozentrechnung, Dreisatz)

Abb. 3
figure 3

Beispielaufgabe für domänenspezifische Kompetenz (Inhalte: Optimierungs- oder Vergleichsrechnung, Heuristik Beschaffungsrechnung, Kostenarten)

4 Datenerhebung und methodische Vorgehensweise

Das entwickelte kompetenzorientierte Assessment wurde in Form von zwei Testheften den Auszubildenden administriert: Auszubildende zu Ausbildungsbeginn erhielten Testitems, die überwiegend den domänenverbundenen Bereich (kaufmännische Literalität und Numeralität) abdecken (Testheft 1). Andernfalls wären durch einen zu großen Anteil domänenspezifischer Aufgaben – die zu Ausbildungsbeginn mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht gelöst werden – negative motivationale Effekte zu erwarten gewesen. Fortgeschrittene Auszubildende erhielten dagegen überwiegend domänenspezifische Aufgaben (Testheft 2). Von den 46 Items wurden 16 Items – dies entspricht etwa einem Drittel der Testaufgaben – durch beide Testgruppen bearbeitet. Davon waren sieben Aufgaben domänenverbunden und neun Aufgaben domänenspezifisch. Die Testaufgaben waren zuvor an N = 7 studentischen Hilfskräften im Sinne eines ersten Pretestings erprobt worden. Die Testzeit betrug 125 Minuten. Nach dem pseudo-längsschnittlichen Einsatz des Instruments im Jahr 2013 an vier kaufmännischen Berufskollegs in Hannover, München, Bielefeld und Paderborn lagen N = 877 Testhefte vor. Tab. 1 enthält grundlegende Informationen zur Testgruppe.

Tab. 1 Stichprobenbeschreibung

Die Quote fehlender Werte im Datensatz ist mit 3,37 % relativ gering. Da die Testzeit in allen Klassen als ausreichend eingestuft wurde und die Auszubildenden das Assessment voll durchlaufen haben, sind fehlende Werte als Wissensdefizit interpretiert und entsprechend mit Null kodiert worden. Zur Vorbereitung der Dateneingabe wurde, den Empfehlungen Wilsons (2005) folgend, ein Kodierschema zur Korrektur der Testhefte entwickelt (Scoring-Guide). Dieses basiert auf den innerhalb der Testkonstruktion konzipierten Lösungs- und Fehlerräumen der Aufgaben. Zu Beginn des Korrekturprozesses wurde es um weitere plausible Schülerantworten erweitert. Die Auswertungsobjektivität im Sinne einer Übereinstimmung unterschiedlicher Korrekturpersonen bei Bewertung der Testaufgaben anhand des Scoring-Guides wurde über den Intraklassenkorrelationskoeffizienten (ICC [3;1]) für 16 % der gesamten Datenbasis ermittelt (140 Testbögen) und ist für beide Testhefte ausreichend hoch (ICCTestheft 1: 0,900; ICCTestheft 2: 0,930).Footnote 4

Im Rahmen der Auswertung der Datenbasis wurden die Scores der Antworten in die Software Acer ConQuest implementiert (vgl. Briggs und Wilson 2003; Wu et al. 1997) und im Ausbildungsverlauf analysiert. So kann in einer vereinfachenden Gleichung der durchschnittliche Kompetenzstand (θ) einer Kohorte i als Funktion der bereits stattgefundenen Instruktionsmenge (I) in Form des Ausbildungszeitpunktes (T) modelliert werden:

$$\mathrm{\theta }_{\mathrm{i}}\ =\text{f}\left (\mathrm{I}_{\mathrm{T}}\right )$$

Grundsätzlich ermöglicht die Eigenschaft spezifischer Objektivität in IRT-Modellen dabei eine Analyse der Differenzen in der Kompetenzausprägung aller Personen, unabhängig davon, welche Items den Teilpopulationen vorgegeben wurden und damit eine Analyse auf Basis von Items des Testheftes 1 und des Testheftes 2 (vgl. z. B. Wilson 2005). Über den im Samplingprozess modellierten „Link“ kann dann die Existenz von Lernfortschritten auf Trait-Ebene überprüft werden. Dabei ist IT im Hinblick auf die Beobachtung der Kompetenzentwicklung über drei Zeitpunkte ein polytomer Gruppenindikator mit drei Ausprägungen, womit sich die in Tab. 2 formulierten Gleichungen ergeben.

Tab. 2 Funktionsgleichungen auf Basis des Rasch-Modells

5 Ergebnisse – Analyse der Kompetenzentwicklung

Das zweidimensionale Modell liefert ausreichend gute Model Infit-Indizes für die einzelnen Testaufgaben und gute Reliabilitätswerte für beide Dimensionen kaufmännischer Kompetenz.Footnote 5 Bei Anwendung der beschriebenen Funktionsgleichungen ergeben sich für beide Skalen kaufmännisch-beruflicher Kompetenz signifikante Leistungsunterschiede im Ausbildungsverlauf zugunsten fortgeschrittener Lerner (Tab. 3 und Tab. 4). Erwartungskonform sind Lernprogressionen auf Gruppenebene für die Skala domänenspezifischer Kompetenz statistisch signifikant nachweisbar (Annahme der Hypothese 1a.). Auch auf der Skala domänenverbundener Kompetenz kommt es zu signifikanten Lernprogressionen (Ablehnung der Hypothese 1b.). Darüber hinaus beträgt der Zuwachs auf der Skala kaufmännisch-spezifischer Kompetenz über den gesamten Ausbildungsverlauf 1,767 Logits, während der Zuwachs auf der Skala domänenverbundener Kompetenz mit 0,908 Logits etwa nur halb so hoch ausfällt. Die Zuwachsdifferenz auf den beiden Skalen beträgt damit 0,859 Logits (Annahme der Hypothese 1c.).

Tab. 3 Domänenspezifische Kompetenz im Ausbildungsverlauf
Tab. 4 Domänenverbundene Kompetenz im Ausbildungsverlauf

Für die jeweiligen Skalenzuwächse ist auffällig, dass sich in Bezug auf die Skala kaufmännisch-spezifischer Kompetenz keine abnehmenden Erträge des Kompetenzerwerbs abzeichnen. Im Gegenteil ereignet sich hier im zweiten Jahr durchschnittlich mehr Lernzuwachs als noch im ersten Jahr. Dieses Phänomen eines zunehmenden Grenzertrages ist statistisch signifikant (dCohen = 2,982; p = 0,000) (Ablehnung der Hypothese 2a.). Footnote 6 Damit nimmt der Kompetenzerwerb in Bezug auf berufsspezifisches Wissen und Können im Ausbildungsverlauf zu.

Anders verhält es sich mit der Skala kaufmännisch-verbundener Kompetenz. Hier zeigen die Entwicklungszuwächse für domänenverbundene Kompetenz, dass etwa drei Viertel des Lernfortschrittes für diese Kompetenzdimension bereits im ersten Ausbildungsjahr stattfindet und danach nur noch geringe Zuwächse zu verzeichnen sind. Der Effekt eines abnehmenden Grenzertrages ist auch hier signifikant nachweisbar (dCohen = −1,147; p = 0,000) (Ablehnung der Hypothese 2b.).

Damit lassen sich graphisch zusammenfassend die in Abb. 1 dargestellten Lernzuwächse kaufmännischer Kompetenz auf den Skalen domänenverbundener und domänenspezifischer Kompetenz skizzieren.

Die Gegenläufigkeit der Entwicklungsdynamik ist dabei auffallend und zunächst überraschend. Der für die Stichprobe identifizierte Zuwachs an spezifischer Kompetenz – und insbesondere der starke Zuwachs zu Ende der Ausbildung – ist jedoch bei genauerer Durchsicht des Rahmenlehrplans durch die höhere curriculare Gewichtung spezifischer Inhalte, die sich im Curriculum verstärkt zu Mitte und zu Ende der Ausbildung befinden, erklärbar. Im Zusammenhang mit der abnehmenden Entwicklungsdynamik auf der Skala domänenverbundener Kompetenz lässt sich festhalten, dass die mathematischen Kompetenzen in der kaufmännischen Domäne einem fachlich stark eingegrenzten Inhaltsbereich zuzuordnen sind und sich darüber hinaus auf einem tendenziell niedrigem Kompetenzniveau befinden (Winther et al. 2013, S. 156). Diese Begrenztheit des beruflichen Anforderungsspektrums führt zu einer Deckelung der curricularen Anforderungen für domänenverbundene Kompetenz und könnte letztlich ursächlich für die beobachteten abnehmenden Lernerträge im Ausbildungsverlauf sein. Die frei werdende Unterrichtszeit zu Ausbildungsmitte und -ende wird dann zusätzlich für den Erwerb domänenspezifischer Kompetenz genutzt, was in Verbindung mit der curricularen Schwerpunktsetzung auf domänenspezifische Inhalte als Erklärung für den zunehmenden Lerngrenzertrag für die Skala domänenspezifischer Kompetenz wahrscheinlich erscheint.

6 Zusammenfassung, Diskussion und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Befunde der Analyse von Lernzuwächsen über den Verlauf der beruflichen Erstausbildung festhalten, dass sich sowohl die Dimension kaufmännisch-spezifischer als auch die Dimension kaufmännisch-verbundener Kompetenz auf Gruppenebene deutlich entwickeln. Während ein Wachstumsbefund für domänenspezifische Kompetenz weitgehend erwartungskonform und unstrittig ist, erscheint er für domänenverbundene Kompetenz einigermaßen verblüffend. Insbesondere da sich die domänenverbundene Kompetenz nicht nur nicht vermindert, sondern sich deutlich erhöht. Damit lässt sich für die Skala kaufmännisch-verbundener Kompetenz konstatieren, dass die Annahme, Items, die sich durch allgemeine Inhalte auszeichnen, ließen sich durch Lernende ohne ökonomisches Vorwissen leichter lösen (vgl. u. a. Voss et al. 1986) anhand der getesteten Stichprobe von 886 Auszubildenden zu verwerfen ist. Das Phänomen „trägen Wissens“ (Reinmann-Rothmeier und Mandl 1993; „inert knowledge“ nach Bransford et al. 1990) tritt damit scheinbar nicht für jene allgemeinen Kenntnisse und Fertigkeiten auf, die Teil der beruflichen Domäne sind (theoretische Konzeption domänenverbundener Kompetenz). Vielmehr erscheint es wahrscheinlich, dass sich solche allgemeinen Fähigkeiten in Enkulturationsprozessen durch praktische Erfahrungen mit spezifischem Wissen zu einer elaborierten Handlungsbasis verbinden (vgl. z. B. Mandl et al. 1993). Für den beobachteten Zuwachs domänenverbundener Kompetenz erscheinen dabei zwei theoretische Erklärungsansätze plausibel:

Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte (1) in der jüngst geführten und evtl. nun fruchtenden Diskussion um mangelnde berufliche mathematische und sprachliche Eingangskompetenzen (vgl. zusammenfassend Frommberger 2010) und damit verbunden einem stärkeren Fokus der Lehrkräfte auf die Schaffung einer einheitlichen Vorwissensbasis zu Beginn der Ausbildung durch Wiederholung berufsrelevanter allgemeiner Konzepte begründet liegen. In diesem Zusammenhang sind auch die abnehmenden Entwicklungszuwächse für domänenverbundene Kompetenz zu interpretieren. Etwa drei Viertel des Lernzuwachses für diese Kompetenzdimension findet bereits im ersten Ausbildungsjahr statt, womit sich Aufholungsprozesse in der beruflichen Erstausbildung andeuten. Danach sind nur noch geringe Zuwächse zu verzeichnen, was im Hinblick auf den fachlich stark eingeschränkten Zugangsbereich erklärbar ist: So können z. B. hinsichtlich der numerischen Fähigkeiten lediglich wenige Operationen identifiziert werden, die im kaufmännischen Bereich permanent benötigt werden (z. B. Grundrechenarten, Dreisatz, Prozentrechnung und Optimierungsprobleme).

Des Weiteren lässt sich (2) berufliches Lernen als ein im höchsten Maße problemorientierter Prozess charakterisieren, der sich in erfahrungsbasierten Lernzyklen vollzieht (vgl. Kolb 1984 bezugnehmend auf John Dewey 1916) und insbesondere auch in einem Verstehen allgemeiner Konzepte anhand der gemachten beruflichen Lernerfahrungen mündet („Lernen am Problem“). Diese theoretische Überlegung ist insbesondere für die Wirtschaftsdidaktik im Rahmen der „Management Learning“-Forschung stark präsent (vgl. Kolb und Kolb 2009). So könnte der Zuwachs an domänenverbundener Kompetenz ebenso plausibel über die Darbietung konkreter ökonomischer Problemkontexte in der beruflichen Erstausbildung erklärt werden, anhand derer auch allgemeine Konzepte leichter erlernt werden könnten. Auch ein Blick in den Rahmenlehrplan bestärkt diese Vermutung. So fokussiert die curriculare Zielsetzung durchaus auch eine Erweiterung domänenverbundener Kompetenzen über beruflich-spezifische Problemstellungen: „Die Berufsschule hat eine berufliche Grund- und Fachbildung zum Ziel und erweitert die vorher erworbene allgemeine Bildung“ (KMK-Rahmenlehrplan 2002, S. 3). Dabei werden im berufsschulischen Unterricht auch allgemeine Lernbestandteile (Mathematik, Deutsch, Fremdsprachen) in den Lernfeldern vermittelt, die auf relevante ökonomische Problemstellungen bezogen werden. So lautet beispielsweise ein Lernziel des Lernfeldes 10 „Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren“: „Die Schülerinnen und Schüler nutzen Instrumente und Methoden der Kommunikation für die Vertragsanbahnung und den Abschluss und beherrschen auch fremdsprachige kaufmännische Korrespondenz“ (KMK-Rahmenlehrplan 2002, S. 18). Damit werden im Beispiel mit dem Erlernen spezifischer Inhalte (kaufmännische Korrespondenz, kaufmännischer Vertragsabschluss) zusätzlich auch allgemeine Deutsch- und Fremdsprachenkompetenzen geschult. Die Befunde eines Anwachsens domänenspezifischer Kompetenz wären dann darauf zurückzuführen, dass bestimmte allgemeine Lerninhalte – die eigentlich schon zu Beginn der beruflichen Erstausbildung hätten vorhanden sein müssten – erst im beruflichen Unterricht erfolgreich anhand konkreter beruflicher Probleme transportiert wurden.

Limitationen der Studie sind zum einen in der Möglichkeit einer Fehlinterpretation fehlender Werte zu sehen. So ist es denkbar, dass die Nicht-Bearbeitung von Aufgaben auch bei ausreichender Testzeit nicht mangelnde Fähigkeit indiziert, sondern möglicherweise mangelnde Antwortmotivation bei den Befragten oder für einzelne Auszubildende unverständliche Fragestellungen. Wobei mögliche Verzerrungen durch die äußerst geringe Quote fehlender Werte tendenziell gering ausfallen dürften. Die gewonnenen Befunde sind ferner insofern als unvollständig zu charakterisieren, als dass die Lernzuwächse pseudo-längsschnittlich und somit im vertikalen Querschnitt auf Gruppenebene überprüft wurden. Dies war zunächst eine bewusste Entscheidung, da Kohortenveränderungen durchaus auch im Querschnitt abbildbar sind (von Davier et al. 2006) und damit insbesondere in Bezug auf Kompetenzassessments die Problematik von Übungs- und Lerneffekten entfällt (z. B. Salthouse und Tucker-Drob 2008). Allerdings lassen sich damit weitere spannende Fragen nach individuellen Entwicklungsverläufen und hier ggf. nach Differenzen im Sinne von individuellen Mustern sowie Fragen der kausalen Einflussbedingungen nicht beantworten. Die im vertikalen Querschnitt gewonnenen Befunde deuten u. E. jedoch insgesamt darauf hin, dass der mit einem echten Längsschnittdesign verbundene höhere ökonomische Aufwand lohnenswert ist – wobei dann die Frage der Testadaption bei Testwiederholungen zur Vermeidung von Validitätsverletzungen zu diskutieren sein wird.