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Bildungssprachförderlicher Unterricht in mehrsprachigen Lernkonstellationen

Academic discourse and joint construction in multilingual classrooms

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Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Schulleistungsstudien haben im vergangenen Jahrzehnt nicht nur auf die Abhängigkeit zwischen Bildungschancen und Herkunft aufmerksam gemacht, sondern auch auf den Zusammenhang von Schulerfolg und dem Verfügen über die ‚Sprache der Schule’. Die Heterogenität der Schülerschaft, vor allem im Hinblick auf unterschiedliche sprachliche Erfahrungen, Wissensbestände, Fähigkeiten und Interessen, erfordert im Unterricht, das Augenmerk auf die sogenannte Bildungssprache zu legen und diese explizit zum Gegenstand in Lehr-Lernprozessen zu machen. In diesem Beitrag werden die unterschiedlichen Dimensionen von Bildungssprache und ihre Rolle im erziehungswissenschaftlichen Kontext diskutiert. Ein Ansatz für bildungssprachförderlichen Unterricht, der auf einem sozialkonstruktivistischen Verständnis von Lernen basiert und in dem der bildungssprachliche Diskurs in ko-konstruktiven Prozessen im Mittelpunkt steht, wird genauer betrachtet. Die Analyse eines explorativ gewonnenen Beispiels aus dem Sachunterricht der Primarschule zeigt Potenziale des Ansatzes für bildungssprachliches Lernen auf, wobei eine systematische empirische Prüfung noch aussteht.

Abstract

As large-scale international school evaluation studies of the past decade show, there is a correlation between the academic success and the command of the language used in the classroom. The heterogeneity of linguistic experience, knowledge, ability, and interest in the mainstream classroom therefore requires special attention in the development of academic language and discourse, and presuppose explicit teaching and learning strategies. This contribution discusses “academic language” in its several dimensions and its impact on education research and practice. A strategy for arranging classroom activities is presented, based on socio-cultural theory, which enhances verbal interaction and teacher-guided talk, and integrates academic language and content learning through joint construction. It thus aims to give all students in multilingual settings access to academic language. Analyzing an example of classroom interaction in a German primary school, the paper reflects on the potentials of this strategy in multilingual classroom settings and urges for further systematic empirical research in this field.

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Notes

  1. Die Internetseite des Programms www.uni-hamburg.blk-foermig.de bietet einen ausführlichen Überblick über die Zielsetzungen, Organisation, Struktur sowie über die Programminhalte.

  2. Das Modellprogramm FörMig wurde geplant und aufgelegt in der Phase der Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern, die am Ende zur Förderalismusreform führte, die die Möglichkeit der Mitsprache des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an der Bildungsplanung der Länder im Schulsystem ausschließt. Der explizite Auftrag von FörMig war es vor diesem Hintergrund, die Praxis der Kooperation und Vernetzung an Schnittstellen des Bildungssystems zu optimieren. Unterrichtsentwicklung (und ihre empirische Prüfung) war demgegenüber – da hoheitliche Domäne allein der Bundesländer – nicht Teil des Auftrags.

  3. In diesem Sinne können auch die Analysen von Stanat und Müller (2005) interpretiert werden, in denen sich zeigte, dass die sprachlichen Vorteile, die Kinder in einem Sommercamp erzielten, nicht überdauerten. Die Programmevaluation des Modellprogramms FörMig ergab ebenfalls, dass diejenigen Projekte, die systematische Kombinationen von ergänzenden Fördermaßnahmen und einer generellen Förderung bildungssprachlicher Fähigkeiten im Regelunterricht die besten Erfolge erzielten. Lediglich für sog. Seiteneinsteiger, also Schülerinnen und Schüler, die im Schulalter neu zuwandern, hat sich in FörMig die Förderung über intensive ergänzende Sprachförderung bewährt (vgl. Gogolin et al. 2011, Kap. 7).

  4. Zum besseren Verständnis wird hier der Versuch erläutert: In eine Flasche oder ein Reagenzglas wird ein bis zwei Zentimeter hoch Essig eingefüllt. Mithilfe eines Trichters wird dann ein gehäufter Teelöffel Natron oder Backpulver in einen Luftballon eingefüllt und dieser anschließend über die Öffnung der Flasche oder des Reagenzglases gestülpt. Der Ballon wird nach oben gehalten, sodass das Pulver in die Flasche fallen kann. Das Natron setzt Kohlenstoffdioxid frei, das den Luftballon füllt, sodass dieser sich aufbläst.

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Lengyel, D. Bildungssprachförderlicher Unterricht in mehrsprachigen Lernkonstellationen. Z Erziehungswiss 13, 593–608 (2010). https://doi.org/10.1007/s11618-010-0164-1

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