Zusammenfassung
Der Artikel gibt zunächst eine Übersicht über den Forschungsstand zu Ursachen des universitären Studienabbruchs und Studienwechsels. Auf der Grundlage eines bereits vorliegenden, erfolgreich validierten Instruments der Hochschul-Informations-System GmbH (Heublein/Spangenberg/Sommer 2003) werden Skalen zur Erfassung von Studienabbruchgründen mit Zuschnitt auf die im Rahmen des Bologna-Prozesses implementierten neuen Bachelorstudiengänge entwickelt und im Hinblick auf Reliabilität und Validität überprüft. Anhand der Überprüfung eines Pfadmodells wird der Abbruch aufgrund der Studienbedingungen im Unterschied zum Abbruch aufgrund der Studienanforderungen erklärt.
Abstract
The article gives an overview of current state of research concerning study drop-out. Then, on basis of successfully validated scales from literature, a new instrument for measuring personal reasons for abandoning bachelor study programs is developed and tested for reliability and validity. A study drop-out, based on study conditions and study demands, will be tested by a path model.
Notes
Diese Empfehlung gründet u..a. auch darauf, dass in naturwissenschaftlich ausgerichteten Studiengängen, die klarere Orientierungshilfen bieten, Studienabbrüche früher erfolgen als in anderen Studiengängen (Gold 1999).
Aus diesem Grund „… können Studienabbrecherquoten nie mit letzter Gewissheit bestimmt werden“ (Lewin 1997, S. 351).
In der Untersuchung von Wittenberg/Rothe (1999) wird von einem Anteil von rund einem Drittel aktueller bzw. ehemaliger Scheinstudierenden am Gesamtrücklauf berichtet.
Ausgeklammert werden in der folgenden Darstellung Studien an Hochschulen der Bundeswehr, Untersuchungen zum Studienabbruch im Fernstudium sowie ältere Arbeiten aus den 1960er-.und 70er-Jahren. Die klassischen Untersuchungen zum Phänomen des Studienabbruchs aus dem anglo-amerikanischen Raum sind aus Gründen geringer Vergleichbarkeit der Studienbedingungen mit denen im europäischen Raum (z..B. Wohnen auf dem Campus) und damit auch der postulierten zentralen Faktoren der sozialen und akademischen Integration für den Studienerfolg hier ebenfalls eher von nachrangigem Interesse.
Nicht eindeutig sind im Übrigen auch die Befunde zum Zusammenhang zwischen Geschlecht und Abbruchneigung.
Wittenberg und Rothe (1999) allerdings fanden keine nennenswerten Unterschiede zwischen Studierenden, Wechslern und Exmatrikulierten hinsichtlich der Studienwahlmotive.
Brandstätter/Farthofer (2003) konnten für Studierende der Universität Linz keinen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der studienbegleitenden Erwerbstätigkeit und den finanziellen Ressourcen der Herkunftsfamilie ausmachen.
Nicht befragt wurden Fachwechsler innerhalb der Freien Universität Berlin.
Der insgesamt höhere Anteil von Exmatrikulationen aufgrund unzureichender Studienbedigungen in der Untersuchung an der Freien Universität Berlin als in der HIS-Studie (Heublein/Spangenberg/Sommer 2003) kann möglicherweise mit einer neuen Wertigkeit der Studienbedingungen im Bachelorstudium zusammenhängen, aber auch der Mitbefragung von Hochschulwechslern geschuldet sein.
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Blüthmann, I., Lepa, S. & Thiel, F. Studienabbruch und -wechsel in den neuen Bachelorstudiengängen. ZfE 11, 406–429 (2008). https://doi.org/10.1007/s11618-008-0038-y
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