1 Einleitung

Social Media beherrschen nicht nur die private Kommunikation, sondern haben zunehmend auch Einfluss auf die wissenschaftliche Kommunikation. „Das Internet und mit ihm die sogenannten Social Media haben die öffentliche, private und politische Kommunikation wie auch die Wissenschaftskommunikation revolutioniert“, verlautbart die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften in einer Stellungnahme zu Social Media und digitaler Wissenschaftskommunikation (acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften et al. 2017, S. 6). Revolutioniert wurden dabei nicht nur die Kommunikationsart – die im Sinne des Public Understanding of Science/Public Engagement of Science partizipativer und dialogischer geworden ist –, sondern vor allem auch die Möglichkeiten der Beteiligung an Wissenschaftskommunikation und damit die Zusammensetzung der Kommunikationsakteure (vgl. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften et al. 2017, S. 6). Der geringe zeitliche und finanzielle Aufwand (vgl. Könneker 2017, S. 455) sowie die Selbstthematisierung, „ohne dem journalistischen Selektionsprozess der Massenmedien unterworfen zu sein“ (Metag und Schäfer 2017, S. 165), werden als Vorteile gesehen, mit Social Media öffentlich auf Wissenschaftsthemen aufmerksam zu machen und sie zu kommunizieren. Wissenschaftskommunikation ist nach der „AEIOU“-Definition von Burns et al. (2003, S. 191) ein Zusammenspiel verschiedener Kommunikationsformen und Medienformate, um „Awareness“, „Enjoyment“, „Interest“ „Opinions“ und „Understanding“ für oder gegenüber Wissenschaft zu erzeugen. Sie kann dabei nach Schäfer (2017a) in interne und externe Wissenschaftskommunikation unterteilt werden. Interne Wissenschaftskommunikation beschreibt die Kommunikation innerhalb der Scientific Community, entweder formell (über Fachzeitschriften, Fachtagungen) oder informell über persönliche Gespräche, E‑Mails oder auch Social Media. Externe Wissenschaftskommunikation richtet sich an Personen(gruppen) außerhalb der Scientific Community und kann fremd- oder selbstvermittelt sein. Bei der selbstvermittelten externen Wissenschaftskommunikation unterscheidet Schäfer (2017a) zwischen primär interessengeleiteter Kommunikation, wie zum Beispiel über PR-Abteilungen, und nicht primär interessengeleiteter Kommunikation. In letzterem Fall initiieren Wissenschaftler*innen selbst die Kommunikation als kommunikativen Selbstzweck (vgl. Schäfer 2017a). Während Wissenschaftler*innen Online-Medien für interne Wissenschaftskommunikation teilweise intensiv verwenden, ist die Nutzung von Online-Kanälen für die wissenschaftsexterne Kommunikation jedoch kaum verbreitet (vgl. Schäfer 2017b, S. 279). Verschiedene Forschungsarbeiten (vgl. Donk 2012; Pscheida et al. 2014; Lo 2016; Scheu und Schedifka 2018) befassten sich bereits mit möglichen Einflussfaktoren. Unsere Arbeit möchte daran anknüpfen und die gefundenen Einflussfaktoren für die wissenschaftsexterne Kommunikation in einer umfassend angelegten Studie replizieren und verifizieren.

2 Außenkommunikation und Social-Media-Nutzung von Wissenschaftler*innen

Um sinnvolle Strategien für eine nachhaltige Nutzung von Social Media durch Wissenschaftler*innen in der externen Wissenschaftskommunikation zu erarbeiten, ist es wichtig, Einflussfaktoren bei der Social-Media-Nutzung zu kennen und quantifizieren zu können. Ähnlich wie bei der Online-Kommunikation von Hochschulen (vgl. Metag und Schäfer 2017, S. 168) liegt auch für Einflüsse auf die individuelle Wissenschaftskommunikation von Wissenschaftler*innen in den Social Media bisher noch kein etabliertes theoretisches Modell vor. Die Forschung hat sich der Thematik bisher zwar qualitativ angenähert, aber die Einflussfaktoren noch nicht quantitativ und systematisch erfasst.

Betrachtet man Motivationsfaktoren für die Außenkommunikation von Wissenschaftler*innen im Allgemeinen, erweist sich die Theory of Planned Behavior (TPB) als passendes Modell (vgl. z. B. Poliakoff und Webb 2016; Dudo und Besley 2016; Besley et al. 2018). Die aus der Psychologie stammende Theorie des geplanten Verhaltens beschreibt ein Modell zur Vorhersage von Verhalten und ist eine Weiterentwicklung der Theorie of Reasoned Action (TRA). „In fact, the theory of planned behavior differs from the theory of reasoned action in its addition of perceived behavioral control.“ (Ajzen 1991, S. 183) Während es logisch erscheint, dass reale, mehr oder weniger selbst kontrollierbare Faktoren (z. B. Ressourcen wie Zeit, Geld oder Fähigkeiten) das Verhalten beeinflussen, wurde mit der TPB zusätzlich der Einfluss der wahrgenommen Verhaltenskontrolle beschreiben. Die Einstellung gegenüber einem Verhalten sowie subjektive Normen und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle erklären die Motivation, die hinter einer Verhaltensweise steht. Die Faktoren beeinflussen sich dabei gegenseitig. Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle kann zudem direkt auf die Verhaltensweise Einfluss nehmen. Im Allgemeinen ist ein Verhalten der Theorie zufolge umso wahrscheinlicher, je stärker die Motivation für und/oder je stärker die wahrgenommene Kontrolle über das Verhalten ist (vgl. Ajzen 1991, S. 181–184).

Als Motivationsfaktoren für Außenkommunikation im Allgemeinen werden zum Beispiel Legitimationsgründe genannt: Wissenschaft verteidigen, informieren, begeistern oder Vertrauen schaffen (vgl. Dudo und Besley 2016), Kompetenz beweisen, Transparenz herstellen oder Werte vermitteln (vgl. Besley et al. 2018) sowie Inhalte verbreiten, Verbesserungen herbeiführen oder Rechtfertigung der Ausgabe öffentlicher Gelder (vgl. Scheu und Schedifka 2018). Schäfer (2017b, S. 279) verweist im Bereich der Online-Kommunikation zusätzlich auf die Motivation, falsche, pseudowissenschaftliche oder einseitig interpretierte Informationen richtigstellen zu wollen. In Bezug auf öffentliche Kommunikation sehen Wissenschaftler*innen sich selbst daher auch als Mediatoren, Multiplikatoren oder Gatekeeper (vgl. Jünger und Fähnrich 2020, S. 391).

Auch die Außenkommunikation von Wissenschaftler*innen in unterschiedlichen digitalen Kommunikationskanälen wurde bereits in einigen Studien untersucht. Allerdings fehlt bisher eine systematische Darstellung der Einflussfaktoren bei der Social-Media-Nutzung von Wissenschaftler*innen unter Berücksichtigung einer klar definierten Menge an Social-Media-Kanälen. Schäfer (2017b) stellte fest, dass die vielfältigen Studien zur Nutzung von Online-Kommunikation von Wissenschaftler*innen nur „begrenzt vergleich- oder generalisierbar“ (Schäfer 2017b, S. 278) sind. Gründe hierfür sind unterschiedliche Definitionen von Social Media sowie starke Fluktuationen im Bereich der „neuen“ oder „digitalen“ Medien. Beispielsweise zählen Bader et al. (2012) Mailinglisten und Blogs zu den digitalen Kommunikationsmedien, während aktuellere Studien (vgl. Scheu und Schedifka 2018) hauptsächlich Social Media wie Twitter, Facebook etc. einbeziehen. Konnten im Jahr 2010 noch StudiVZ oder MySpace (vgl. Perez 2010) oder im Jahr 2014 noch Google+ (vgl. Pscheida et al. 2014) zu den Social Media gezählt werden, waren diese bereits wenige Jahre später nicht mehr am Markt.

Je nach Plattform, ob Facebook, Twitter, Blogs, YouTube oder andere, gibt es eigene Präferenzen bei Nutzungsmotivation und Anwendungen. So werden in der internen Wissenschaftskommunikation Social Media am häufigsten für Kommunikation und den Austausch von Informationen genutzt, während Weblogs, Mikroblogs oder auch Facebook hauptsächlich zu Recherchezwecken hinzugezogen werden (vgl. Collins et al. 2016). Für die externe Wissenschaftskommunikation sind Social Media wie Web- und Mikroblogs sowie Video- und Foto-Community-Portale laut Pscheida et al. (2014, S. 27) weniger relevant. Es zeigt sich auch, dass Plattformen wie Facebook, die nicht primär auf wissenschaftliche, sondern private Kommunikation ausgerichtet sind (vgl. Pscheida et al. 2014; Collins et al. 2016), häufig nur dann für Wissenschaftskommunikation genutzt werden, wenn sie auch im beruflichen und akademischen Kontext Anwendung finden (vgl. Pscheida et al. 2014, S. 31). Für interne Wissenschaftskommunikation wird dann eher auf ResearchGate, Academia oder Mendeley zurückgegriffen (vgl. Focke 2017, S. 215). Twitter wird in der wissenschaftsinternen Kommunikation vor allem genutzt, um eigene oder andere Forschungsergebnisse publik zu machen, über Konferenzen zu berichten oder sich mit anderen Wissenschaftler*innen auszutauschen (vgl. Collins et al. 2016; Rauchfleisch 2017; Jünger und Fähnrich 2020). Dabei verbleibt die öffentlichkeitswirksame Kommunikation von Wissenschaftler*innen auf Twitter trotz der den Social Media inhärenten dialogischen und interaktiven Ausrichtung stark unidirektional (vgl. Davies und Hara 2017, S. 565). YouTube ist in der internen Wissenschaftskommunikation kaum verbreitet. Der Zeit- und Arbeitsaufwand für die Produktion von Videos ist hierfür vermutlich ausschlaggebend (vgl. Geipel 2018, S. 191). Wissenschafts-Blogs hingegen haben eine Doppelrolle in der Wissenschaftskommunikation, da Wissenschaftler*innen mit Blogs sowohl ihre Forschungen der Öffentlichkeit präsentieren und zu Diskussionen anregen, als auch ihre Forschungsergebnisse wissenschaftsintern publik machen können (vgl. Mahrt und Puschmann 2014, S. 6). Entsprechend populär ist diese Form der digitalen Wissenschaftskommunikation, auch wenn aufgrund von Zeitmangel relativ wenige Wissenschaftler*innen selbst bloggen (vgl. Bonetta 2007, S. 444). Es mangelt noch an fundierten Studien zur Nutzung von Instagram und Snapchat für die Wissenschaftskommunikation.

Obwohl Social Media insbesondere in der externen Wissenschaftskommunikation wenig genutzt werden, zeigte sich, dass Wissenschaftler*innen generell für die Nutzung von Social Media aufgeschlossen sind, wenig Berührungsängste haben (vgl. Pscheida et al. 2014, S. 45) und Soziale Medien als Kommunikationsmittel grundsätzlich positiv bewerten (vgl. Scheu und Schedifka 2018, S. 194). Gegen eine Nutzung von Social Media in der Wissenschaftskommunikation sprechen der bereits beschriebene Zeitaufwand, die als gering empfundene Nützlichkeit und die Sorge über einen möglichen Missbrauch persönlicher Daten (vgl. Bader et al. 2012; Pscheida et al. 2014; Schäfer 2017b).

3 Einflussfaktoren bei der Social-Media-Nutzung

Als Einflussfaktoren für die Nutzung spezieller digitaler Kommunikationsmedien werden zunächst Alter und Disziplinzugehörigkeit näher betrachtet (vgl. Donk 2012, S. 186). So zeigt sich zum Beispiel in Interviews, dass Wissenschaftler*innen aus Disziplinen, die durch eine gesellschaftlich ausgerichtete Sozialisation geprägt sind (zum Beispiel Geschichts- oder Erziehungswissenschaftler*innen bzw. Vertreter*innen der Volkswirtschaftslehre) Social Media eher aktiv und eher mit einer wissenschaftsexternen Ausrichtung nutzen als Wissenschaftler*innen anderer Disziplinen (vgl. Scheu und Schedifka 2018, S. 202–203).

Die Disziplinzugehörigkeit wird wiederum von dem konkreten Forschungsfeld (anwendungsorientierte Projekte sind eher Gegenstand der Kommunikation, wettbewerbsorientierte Forschungsfelder eher weniger), dem beruflichen Kontext (Wissenschaftler*innen auf einer niedrigeren Qualifikationsstufe nutzen Social Media vergleichsweise intensiver, vor allem zur Förderung ihrer Karrierechancen) und den persönlichen Eigenschaften (Technikaffinität und normative Einstellung zur Wissenschaftskommunikation) beeinflusst (vgl. Scheu und Schedifka 2018, S. 202–204).

Donk (2012, S. 192) weist darauf hin, dass von einer positiven Einstellung gegenüber Technik im Allgemeinen nicht gleichzeitig auf eine positive Einstellung gegenüber Social Media geschlossen werden kann. Daher gilt auch die Einstellung zu Social Media als Einflussfaktor. Pscheida et al. (2014, S. 45) resümieren, dass Wissenschaftler*innen sich überwiegend aufgeschlossen im Umgang mit Social-Media-Anwendungen zeigen und wenig Berührungsängste haben – während sie vor allem Datenschutzaspekte als Gründe für die Nichtnutzung online-basierter Anwendungen angeben. In Hinblick auf mögliche Korrelationen der Einflussfaktoren konnten die Autoren zeigen, dass Interesse an technischen Neuheiten im Allgemeinen zur Nutzung und Beschäftigung mit den Kommunikationsmitteln anregt (vgl. Pscheida et al. 2014, S. 46).

Auch generelle Persönlichkeitsprädispositionen zählen in Anlehnung an die Bedeutung der Persönlichkeitsfaktoren innerhalb der Theory of Planned Behavior als Einflussfaktoren. Correa et al. (2010, S. 251–252) konnten zeigen, dass Personen, die extrovertierter sind als andere, häufiger Social-Media-Anwendungen nutzen. Dies traf auch auf emotional instabile Personen sowie offenere bzw. kreativere und innovativere Personen zu (vgl. auch Ryan und Xenos 2011). Hughes et al. (2012) zeigten, dass Emotionalität bzw. Neurotizismus die Facebook-Nutzung für soziale Zwecke gut erklären konnte. Für die Facebook-Nutzung zum Zweck der Information hingegen spielen neben Neurotizismus auch Extraversion und Offenheit eine Rolle (vgl. Hughes et al. 2012, S. 566–567). Im Allgemeinen, so die Autoren, korrelierten Persönlichkeitsprädispositionen zwar mit der Nutzung von Sozialen Netzwerken, allerdings seien diese Korrelationen „not straightforward or as influential as some previous research has suggested“ (Hughes et al. 2012, S. 268). Zudem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es netzwerkspezifische Nutzungsunterschiede gibt, die auf weitere Einflussfaktoren neben den Persönlichkeitsprädispositionen verweisen. So zeigen Liu und Campbell (2017), dass der Einfluss der bisher als stark identifizierten Faktoren Extraversion und Offenheit wesentlich geringer sein könnte als erwartet. Die angenommene starke Korrelation scheine eher durch die Varianz zustande zu kommen, die Extraversion mit anderen Persönlichkeitsfaktoren teile: „Controlling for correlations between personality factors in regression analysis resulted in a significant drop in the strength of the association.“ (Liu und Campbell 2017, S. 235) Stattdessen vermuten die Autoren, dass durch reziproke Effekte der Social-Media-Nutzung bestimmte Persönlichkeitsmerkmale verstärkt werden (vgl. Liu und Campbell 2017, S. 237).

Wie schon erwähnt, zählt das Alter der Wissenschaftler*innen ebenfalls zu den Einflussfaktoren. „Respondents preferring to write for online media were significantly younger on average […]. They were more likely in earlier stages of their career […] and without a management position […]“, resümiert Lo (2016, S. 154). Eine Befragung unter Neurowissenschaftlern von Allgaier et al. (2013b, S. 77) zeigte zudem, dass viele Befragte „zwar das Wirkungspotential der neuen Medien [sehen]“, diese aber selbst nicht intensiv nutzen. Unterschiede konnten die Autoren hier zu jüngeren sowie US-amerikanischen Wissenschaftler*innen feststellen. Diese beiden Gruppen nutzen „neue“ Medien häufiger und schreiben ihnen auch ein stärkeres Wirkungspotenzial zu als deutsche und ältere Wissenschaftler*innen (vgl. Allgaier et al. 2013b, S. 77). Einen signifikanten Einfluss des Geschlechts auf Kommunikationspräferenzen in den Social Media konnten die genannten Autoren allerdings nicht feststellen. Hinweise geben Pscheida et al. (2014, S. 46): Die Autoren konnten zeigen, dass sich Wissenschaftler stärker mit neuen Technologien beschäftigen als Wissenschaftlerinnen.

In der Literatur wird der Tätigkeitsschwerpunkt (hauptsächlich Lehre oder hauptsächlich Forschung bzw. beides gleichermaßen) ebenfalls als Einflussfaktor untersucht. Bader et al. (2012, S. 13) weisen darauf hin, dass digitale Medien dann genutzt werden, „wenn sich diese Nutzung in ihre schon etablierte wissenschaftliche Praxis einbetten lässt, d. h. zur (besseren) Lösung schon existierender kommunikativer Aufgaben beiträgt“ und „die Nutzung auf erkennbare Art und Weise die wissenschaftliche Praxis effektiver macht und deren Möglichkeiten erweitert“. Weiterhin zeigen Pscheida et al. (2014, S. 33), dass insbesondere jene Befragten, die sowohl in Forschung als auch in Lehre eingebunden sind, wenig experimentierfreudig in Hinblick auf „neue“ Kommunikationsformen sind, da sie dafür keine Zeit haben. Auch konnten die Autoren zeigen, dass onlinebasierte Tools eher für die Forschung relevant sind und insbesondere Soziale Netzwerke sowie Mikroblogs im Lehrkontext „eine stark untergeordnete Rolle“ (Pscheida et al. 2014, S. 30) spielen.

In Zusammenhang mit dem Einfluss der Hochschule auf die Social-Media-Nutzung von Wissenschaftler*innen ist die Studie von Metag und Schäfer (2017) interessant. Die Autoren identifizierten fünf verschiedene Hochschul-Kommunikationstypen: Social-Media-Spezialisten, Allrounder, Verweigerer, Traditionelle und Mainstream. Social-Media-Spezialisten sind im Vergleich zu allen anderen Hochschulen am stärksten in den Social Media präsent, während die „Verweigerer“ nur wenig Online-Kommunikation betreiben (vgl. Metag und Schäfer 2017, S. 177). Wie Maasen und Wenninger (2017, S. 310) darstellen, positionieren sich institutionell gut vernetzte Wissenschaftler*innen grundsätzlich positiv gegenüber der Social-Media-Nutzung. Zudem konnten Friedrichsmeier et al. (2015, S. 146) zeigen, dass die öffentliche Hochschulkommunikation sich aus den Kommunikationsleistungen des Hochschulpersonals und der PR-Abteilungen der Hochschule zusammensetzt. Interessant ist daher in diesem Zusammenhang, ob die Social-Media-Aktivität der Hochschule die Kommunikation der dort beschäftigten Wissenschaftler*innen beeinflusst.

In Anlehnung an die beispielhafte Einteilung der Einflussfaktoren von Scheu und Schedifka (2018, S. 207) und unter Berücksichtigung der oben genannten weiteren möglichen Faktoren werden die Einflussfaktoren für die Social-Media-Nutzung von Wissenschaftlern folgendermaßen kategorisiert:

  • Persönliche Eigenschaften der Befragten: Alter und Geschlecht (Soziodemografie), Big-Five-Persönlichkeitsfaktoren (Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit, Offenheit, Gewissenhaftigkeit), Technikaffinität und -abneigung;

  • Disziplinzugehörigkeit: Fachbereich, Anwendungsbezug und Kompetitivität des Forschungsfeldes;

  • Beruflicher Kontext der Befragten: Qualifikationsstufe und Social-Media-Aktivität der Hochschule.

Replikation und Verifikation dieser Einflussfaktoren ist das Ziel der diesem Artikel zugrunde liegenden Forschungsarbeit. Dabei prüfen wir, wie Social Media von Wissenschaftler*innen genutzt werden und inwieweit die bereits erfassten Einflussfaktoren mit der Social-Media-Nutzung zum Zweck der Wissenschaftskommunikation korrelieren. Die grundlegende Forschungsfrage für diese Studie lautet daher: Wie nutzen Wissenschaftler*innen Social Media und welche Einflussfaktoren erklären die für Externe sichtbare Wissenschaftskommunikation von Wissenschaftler*innen in den Social Media?

4 Methode

Als Erhebungsinstrument diente eine standardisierte Online-Befragung, die mit Hilfe des Tools SoSciSurvey konzipiert wurde. Der Fragebogen wurde sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache verfasst, da Deutsch angesichts des teilweisen hohen Anteils ausländischer Doktorand*innen (zum Beispiel FU Berlin: 35 %; vgl. Freie Universität Berlin o.J.) nicht vorauszusetzen war. Mit einem funktionellen Pretest und einem Pretest nach dem Think-Aloud-Verfahren wurde der Fragebogen geprüft und im Anschluss angepasst.

4.1 Operationalisierung

4.1.1 Nutzung von Social Media

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die nicht primär interessengeleitete, externe Wissenschaftskommunikation in den Social Media untersucht. Mit Rückbezug auf Scheu und Schedifka (2018) sowie Pscheida et al. (2014) gehörten dazu Facebook (vgl. Focke 2017), Twitter (vgl. Rauchfleisch 2017), Instagram (vgl. Scheu und Schedifka 2018), YouTube (vgl. Geipel 2017) und Snapchat (vgl. wissenschaftskommunikation.de o.J.) sowie Blogs (vgl. Bonetta 2007; Allgaier et al. 2013b; Mahrt und Puschmann 2014; Wenninger 2016) und Podcasts. Plattformen wie ResearchGate und Academia, aber auch LinkedIn oder Xing, die eher zur wissenschaftsinternen Kommunikation genutzt werden (vgl. Focke 2017), blieben unberücksichtigt.

In einem ersten Schritt fragten wir nach der Nutzungshäufigkeit (täglich, mehrfach wöchentlich, wöchentlich, monatlich, seltener, nie oder kenne ich nicht). Gaben die Befragten an, mindestens „selten“ darauf zuzugreifen, sollten sie anschließend mit sieben Items den Nutzungszweck des jeweiligen Kanals näher definieren. Wie bereits erwähnt, geht es in dieser Auswertung primär um die Nutzung von Social Media für die wissenschaftsexterne Kommunikation bzw. um von Externen wahrnehmbare wissenschaftliche Kommunikation. Da in den Social Media allerdings die Grenzen zwischen privater, wissenschaftsinterner und wissenschaftsexterner Kommunikation verschwimmen, ist nach Jünger und Fähnrich (2020) davon auszugehen, dass die öffentliche Sichtbarkeit einer Wissenschaftlerin/eines Wissenschaftlers in den Social Media als Wissenschaftskommunikation im Sinne des Public Engagement gelten kann (vgl. Jünger und Fähnrich 2020, S. 392–393). Daher wurde nicht nur die wissenschaftsexterne Kommunikation mit Laien und/oder wissenschaftsexternen Expert*innen, sondern auch die private und berufliche Nutzung von Social Media erfasst.

Folgende Antwortmöglichkeiten waren für die Spezifizierung des Nutzungszwecks gegeben:

  • „für private Zwecke, um mit Freunden und Verwandten in Kontakt zu bleiben“, „um mich allgemein über politische, kulturelle und andere Themen des öffentlichen Lebens zu informieren“, „um mich über öffentlich zugängliche Themen mit Bezug zur Wissenschaft oder meinem Fachgebiet zu informieren“ (private Nutzung);

  • „um in beruflicher Hinsicht mit anderen Wissenschaftler*innen zu kommunizieren“, „um in beruflicher Hinsicht mit Kolleg*innen aus meinem direkten beruflichen Umfeld zu kommunizieren“, „um in beruflicher Hinsicht mit Studierenden zu kommunizieren“ (berufliche Nutzung);

  • „um mit wissenschaftsexternen Expert*innen (z. B. Journalist*innen), um mit interessierten Laien über meine Forschung oder mein Forschungsgebiet zu kommunizieren“ (wissenschaftsexterne Kommunikation).

4.1.2 Einflussfaktoren

Beruflicher Kontext

Um die Rahmenbedingungen der Wissenschaftler*innen zu erfassen, wurde gefragt, welchem Fachbereich sich die Befragten zuordnen und in welcher Funktion sie derzeitig an der Hochschule tätig sind (Doktorand*in und/oder wissenschaftliche/r Mitarbeiter*in; Postdoktorand*in; Akademische/r Rat/Rätin; Privatdozent*in; Juniorprofessor*in; Professor*in; nichtwissenschaftliches Personal; studentische/wissenschaftliche Hilfskraft). Die Befragten sollten zudem angeben, an welcher Universität sie beschäftigt sind. Sodann wurden nach Metag und Schäfer (2017) unterschieden, ob die Hochschulen zu den Social-Media-Experten, Allroundern, Mainstream, Traditionellen oder den Verweigerern gehören (institutioneller Kontext).

Disziplinzugehörigkeit

Zusätzlich haben wir die Disziplin (Geistes- und Sozialwissenschaft, Lebenswissenschaft, Naturwissenschaft, Ingenieurswissenschaft) erfasst. Weiterhin sollten die Befragten angeben, inwiefern sie ihren Forschungsbereich als kompetitiv einschätzen und ob der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf Grundlagenforschung, angewandter Forschung oder beidem gleichermaßen liegt.

Persönlichkeitsprädispositionen

Um persönlichkeitsrelevante Faktoren wie die Einstellungen zur Social-Media-Nutzung zu analysieren, wurden von Pscheida et al. (2014, S. 44–45) drei Einflussfaktoren entnommen und über eine fünfstufige Likert-Skala (von „stimme gar nicht zu“ bis „stimme voll und ganz zu“) abgefragt: Curiosity (vgl. auch Kashdan und Fincham 2004), Privacy Concerns (vgl. auch Xu et al. 2011) und Computer Anxiety (vgl. auch Venkatesh und Bala 2008). Die interne Konsistenz der jeweiligen Skalen wurden mit Cronbachs Alpha geprüft. Curiosity (Cronbachs Alpha = 0,861) bezieht sich mit vier Items auf eine technikaffine Neugierde in Bezug auf technische Neuerungen: „Ich informiere mich so häufig wie möglich über technische Neuheiten, wie z. B. Smartphones, Computer, Software, Internet-Applikationen“, „Ich überlege häufig, wie ich technische Neuheiten für mich nutzen kann“, „Wenn mich eine technische Neuheit interessiert, dann informiere ich mich gründlich darüber“, „Freunde oder Bekannte beschreiben mich als technikinteressiert“. Privacy Concerns benennt mit vier Items Sorgen um Daten und Nutzungsbedingungen: „Ich mache mir Sorgen, dass Daten, die ich im Internet bereitstelle, missbraucht werden könnten“, „Ich stelle ungern Informationen ins Internet, weil ich nicht weiß, was Andere mit ihnen machen könnten“, „Ich veröffentliche ungern Daten im Internet, weil diese in einer Weise verwendet werden könnten, die ich nicht vorhersehen kann“, „Ich kenne die Nutzungsbedingungen der Social-Media-Kanäle, die ich nutze“. Computer Anxiety bezieht sich ebenfalls mit vier Items konkret auf Ängste im Umgang mit Social Media: „Es macht mich nervös, mit Social Media zu arbeiten“, „Der Gedanke, dass es beim fehlerhaften Gebrauch von Social Media zu Datenverlust kommen könnte, ängstigt mich“, „Wenn ich Social Media nutze, habe ich Angst, Fehler zu machen, die ich nicht mehr korrigieren kann“, „Social Media wirken auf mich etwas einschüchternd“. Privacy Concerns und Computer Anxiety luden auf einen Faktor, daher wurden die beiden Konstrukte als Computer Anxiety zusammengefasst (Cronbachs Alpha = 0,740). Im Folgenden unterscheiden wir diese Konstrukte als Technikaffinität und Technikabneigung.

Zudem wurden mit der Big-5-Kurzskala (BFI-10) von Rammstedt et al. (2013) die Persönlichkeitsdimensionen Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit gemessen.

4.2 Auswahl und Stichprobe

Aufgrund der zu vermutenden Einflussfaktoren ergaben sich als Anforderungen an die Grundgesamtheit zwei Kriterien: (1) Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und (2) Berücksichtigung von jungen Wissenschaftler*innen (Doktoranden und PostDocs). Eine Rekrutierung über Publikationen (vgl. Allgaier et al. 2013a; Van Noorden 2014) oder Fachgruppen (vgl. Dudo und Besley 2016) war ungeeignet, da vor allem junge Wissenschaftler*innen dort möglicherweise noch nicht so präsent sind. Pscheida et al. (2014, S. 5) rekrutierten Wissenschaftler*innen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland über die Kontaktaufnahme mit den Presse- und Öffentlichkeitsabteilungen, sowie Rektorate und Prorektorate der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Ihre Bereitschaft zur Teilnahme erklärten allerdings nur knapp 25 % der angefragten Hochschulen, weshalb es sinnvoller erschien, diese Methode zu adaptieren, aber die Anzahl der Universitäten zu beschränken und zusätzlich zu den Rektoraten die Dekanate, Dekanatssekretariate sowie Institute und Institutssekretariate anzuschreiben. Für diese Studie kamen daher in einem bewussten Auswahlverfahren mit der Auswahl typischer Fälle Hochschulen in Betracht, die sich nach Forschungsprofilen bzw. Selbstbeschreibungen als deutsche Volluniversitäten bezeichnen. Laut Definition der Hochschulrektorenkonferenz gelten als „Volluniversität“ Hochschulen, die „die gesamte Breite der Natur- und Geisteswissenschaften berücksichtigen“ (Hochschulrektorenkonferenz 2020) und keinen (profilierenden) einzelnen Schwerpunkt aufweisen. Weiterhin achteten wir darauf, dass von jedem Kommunikationstyp (vgl. Metag und Schäfer 2017) mindestens eine Hochschule vertreten ist. 21 deutsche Universitäten erfüllten diese Kriterien. Im ersten Schritt wurden nur die Fakultätsdekane und die Dekanatssekretariate der 21 Hochschulen angeschrieben, im zweiten Schritt und nach einer Laufzeit von 13 Tagen kontaktierten wir für Universitäten, die eine geringe Response Rate aufwiesen, zusätzlich die Institute und verschickten eine Erinnerungsmail an die Dekanate aller Universitäten.

Insgesamt sind an den ausgewählten Hochschulen ca. 84.000 Wissenschaftler*innen beschäftigt. Da unklar bleibt, welche und wie viele Mitarbeiter*innen die Aufforderung zur Teilnahme durch ihre Fakultäten und Institute erhalten haben, kann eine genaue Grundgesamtheit nicht bestimmt werden. Jedoch ging es uns darum, hinsichtlich der Einflussfaktoren ein möglichst breites Spektrum an Wissenschaftler*innen in Bezug auf Fachbereiche, Qualifikationsstufen, Alter und Geschlecht zu erfassen.

5 Ergebnisse

5.1 Deskription der Stichprobe

Insgesamt konnten über den Erhebungszeitraum im Juli 2019 1606 Datensätze gewonnen werden, 1431 Befragte nutzten dabei die deutsche und 175 Befragte die englische Version des Fragebogens. Von den 1606 Datensätzen wurden 1128 Fragebögen abgeschlossen (1016 deutsch, 112 englisch). Das Durchschnittsalter der Befragten ist 37 Jahre (M = 37,0; SD = 11,4), wobei die/der jüngste Teilnehmer*in 22 und die/der älteste Teilnehmer*in 78 Jahre alt ist. Hinsichtlich des Geschlechts ist das Sample relativ ausgewogen, etwa 50 % der Befragten sind männlich und circa 48 % weiblich. Die größte Gruppe innerhalb der Stichprobe bestreitet der wissenschaftliche Mittelbau. Studierende, Auszubildende oder technische Angestellte wurden sowie das nicht-wissenschaftlichen Personal aus dem Datensatz ausgeschlossen, so dass die Stichprobe insgesamt 1028 gültige Fälle enthält. In Bezug auf die Fachbereiche sind Lebens- und Naturwissenschaftler im Sample zu je etwa 23 % vertreten, während Ingenieurswissenschaftler mit elf Prozent den kleinsten und Geistes- und Sozialwissenschaftler mit 42 % den größten Anteil am Sample stellen. Von den Befragten, die entweder ausschließlich in der Forschung (41 % des Samples) oder in Forschung und Lehre gleichermaßen (51 %) tätig sind, gaben 36 % an, in der Grundlagenforschung tätig zu sein. Etwa ein Drittel ist in der angewandten Forschung und ein weiteres Drittel in der angewandten Forschung und der Grundlagenforschung gleichermaßen tätig. Dabei schätzen 42 % der Wissenschaftler*innen ihr Forschungsgebiet als (eher) nicht wettbewerbsorientiert ein, 29 % fanden, ihr Forschungsgebiet sei gleich wettbewerbsorientiert zu anderen Forschungsgebieten, und ebenfalls 29 % hielten ihr Forschungsgebiet für (eher) wettbewerbsorientiert.

5.2 Social-Media-Nutzung

Bei Betrachtung der Nutzungshäufigkeiten der unterschiedlichen Social-Media-Kanäle zeigt sich, dass YouTube der am meisten genutzte Kanal ist (ca. 94 % der Befragten nutzen YouTube mindestens selten). Facebook ist das am zweithäufigsten genutzte Medium in der Auswahl: Knapp 60 % der Befragten nutzen Facebook mindestens selten. Auch Podcasts (60 %) und Blogs (58 %) werden von mehr als der Hälfte der Befragten genutzt, Twitter von 37 % der Wissenschaftler*innen mindestens selten. Instagram befindet sich mit etwa 35 % in der Nutzungshäufigkeit nur knapp hinter dem Microblogging-Dienst. Weit abgeschlagen folgt mit nur knapp 6 % Snapchat. Wenig überraschend, sind die Gründe für die Nutzung je nach Social Media unterschiedlich. Tab. 1 zeigt die kumulierten Prozente einer wöchentlichen Nutzung oder häufiger (wöchentlich, mehrmals wöchentlich, täglich). Entweder überwiegt die private Nutzung, um mit Freunden und Verwandten in Kontakt zu bleiben (Facebook, Instagram, Snapchat), oder die Nutzung, um sich allgemein über politische und kulturelle Themen sowie über spezifische Wissenschaftsthemen zu informieren (Blogs, Twitter, YouTube, Podcasts). Snapchat wird wöchentlich oder häufiger lediglich für private Zwecke genutzt. Zur Wissenschaftskommunikation werden die Social-Media-Angebote insgesamt eher selten genutzt. Eine Ausnahme ist hier Twitter: Um mit wissenschaftsexternen Expert*innen (16,1 %) oder interessierten Laien zu kommunizieren (14,5 %), ist Twitter der Social-Media-Kanal, der am häufigsten genutzt wird. Facebook oder Blogs werden zur Kommunikation mit wissenschaftsexternen Expert*innen nur noch von knapp 4 % genutzt, ähnlich wie die Kommunikation mit Laien (Facebook: 5,1 %; Blogs: 4,2 %; hier auch Instagram: 4,0 %). Eine Kommunikation über Podcasts oder YouTube findet nur bei weniger als 2,5 % der Befragten statt.

Tab. 1 Gründe zur Nutzung von Social Media

5.3 Einflussfaktoren

Im nächsten Schritt wird mit einer binär logistischen Regression geprüft, welche Einflussfaktoren die Social-Media-Nutzung von Wissenschaftler*innen erklären können. Als Prädiktoren haben wir die oben genannten Variablen in jeweils drei Blöcken persönliche Eigenschaften, Disziplinzugehörigkeit, beruflicher Kontext aufgenommen. Als abhängige Variable werden die Items, die sich auf eine berufliche Kommunikation der Wissenschaftler*innen (mit Kolleg*innen, mit anderen Wissenschaftler*innen) oder auf die eher nach außen gerichtete Kommunikation (mit Studierenden, wissenschaftsexternen Expert*innen, Laien) wie in Abschn. 4.1.1 beschrieben zusammengefasst. Die interne Konsistenz der jeweiligen Konstrukte wurden mit Cronbachs Alpha geprüft und als ausreichend reliabel eingeschätzt (Facebook-Nutzung beruflich: Cronbachs Alpha = 0,753; Facebook-Nutzung Wissenschaftskommunikation: Cronbachs Alpha = 0,787; Twitter-Nutzung beruflich: Cronbachs Alpha = 0,818; Twitter-Nutzung Wissenschaftskommunikation: Cronbachs Alpha = 0,828). Da, wie oben bereits gezeigt, lediglich Twitter und Facebook für Wissenschaftskommunikation verwendet werden, werden im Folgenden auch nur die Regressionen für diese beiden Social-Media-Kanäle erstellt.

Die Tab. 2 zeigt die Regression auf die abhängige Variable der Nutzung von Facebook für die berufliche und wissenschaftsexterne Kommunikation. Für die berufliche Kommunikation zeigt sich, dass tendenziell Frauen (B = 0,499, p = 0,048) und ältere Personen Facebook nutzen (B = 0,046, p = 0,005). Die Arbeit in der angewandten Forschung hat einen negativen Koeffizienten (B = −0,725, p = 0,008). Stattdessen scheint die Einschätzung der Kompetitivität des Forschungsfeldes eher ausschlaggebend zu sein (B = 0,320, p = 0,004). Andere Variablen wie die Qualifikationsstufe, Persönlichkeitsprädispositionen oder auch Qualifikationsstufe haben keinen Einfluss auf die abhängige Variable. Mit jedem weiteren Variablenblock erhöht sich die Erklärleistung des Modells auf R2 = 0,166 (Nagelkerke).

Tab. 2 Einflussfaktoren bei der Nutzung von Facebook zur beruflichen und zur wissenschaftsexternen Kommunikation

Das Modell der Facebook-Nutzung in Bezug auf die Kommunikation mit z. B. wissenschaftsexternen Expert*innen und Laien hat mit einem Nagelkerke R2 = 0,198 eine etwas stärkere Erklärkraft als das vorherige Modell für die berufliche Kommunikation. Geschlecht hat diesmal keinen Einfluss, jedoch wieder geringfügig das Alter (B = 0,047; p = 0,011). In diesem Modell wird auch Extraversion signifikant (B = 0,305; p = 0,037). Personen, die eher extrovertiert sind, nutzen Facebook also eher für die nach außen gerichtete Kommunikation. Erneut wird auch die Wettbewerbsorientierung signifikant (B = 0,410; p = 0,002). Wird das eigene Feld eher kompetitiv eingeschätzt, ist die Nutzung von Facebook für nach außen gerichtete Kommunikation wahrscheinlicher. Alle anderen Prädiktoren haben in diesem Modell keinen Einfluss.

Tab. 3 zeigt die Regression auf die berufliche Kommunikation (R2 = 0,229; Nagelkerke) sowie die wissenschaftsexterne Kommunikation (R2 = 0,22; Nagelkerke) von Twitter. Zwei Aspekte scheinen für die berufliche Kommunikation ausschlaggebend zu sein: Zum einen die Qualifikationsstufe „Juniorprofessor*in“ oder „Privatdozent*in“ (B = 1,858; p = 0,047) und zum anderen erneut die Kompetitivität des Forschungsfeldes (B = 0,426; p = 0,001). Diese Personengruppe tendiert daher eher als andere zu einer beruflichen Kommunikation auf Twitter mit anderen Kolleg*innen und/oder Wissenschaftler*innen.

Tab. 3 Einflussfaktoren bei der Nutzung von Twitter zur beruflichen und wissenschaftsexternen Kommunikation

Ähnlich wie bei der beruflichen Kommunikation ist auch für die nach außen gerichtete Kommunikation auf Twitter mit zum Beispiel Laien und wissenschaftsexternen Expert*innen erneut die Kompetitivität ein relevanter Faktor (B = 0,34; p = 0,010). Die Arbeit in der Grundlagenforschung ist hier signifikant, jedoch mit einem negativen Koeffizienten (B = −0,707; p = 0,036). Wer in diesem Feld arbeitet, nutzt Twitter eher nicht für die externe Kommunikation.

6 Diskussion

Ziel der Studie war es, den Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Social-Media-Nutzung unter anderem bei der (Wissenschafts‑)Kommunikation von Wissenschaftler*innen zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass in der Regel die private Nutzung (Kommunikation mit Freunden, Bekannten etc.) überwiegt. Lediglich Facebook und Twitter wurden von mehr als fünf Prozent für die Kommunikation mit anderen Wissenschaftler*innen, Kolleg*innen oder für die Kommunikation mit wissenschaftsexternen Expert*innen und Laien genutzt. Auch Van Noorden (2014, S. 127–129) konnte zeigen, dass neben beruflichen Netzwerken Facebook und Twitter wahrgenommen und – im Fall von Twitter – im professionellen Kontext häufig von Wissenschaftler*innen genutzt werden, um Diskussionen zu verfolgen, wissenschaftliche Inhalte zu kommentieren und eigene Inhalte zu posten. Wir haben im Anschluss nur für Facebook und Twitter die Einflussfaktoren auf ihre Zusammenhänge mit der Nutzung überprüft und deren Erklärkraft mit einer binär-logistischen Regressionsanalyse getestet. In den Modellen zeigte sich, dass nur wenige Faktoren signifikant sind.

6.1 Einfluss der Disziplinzugehörigkeit: Anwendungsbezug und Kompetitivität

Bisherige qualitative Studien zeigten, dass die Nutzung von Social Media sich stark an der Disziplinzugehörigkeit orientiert (vgl. Scheu und Schedifka 2018, S. 207) und auch die Motivation zur Außenkommunikation im Allgemeinen durch das Forschungsfeld beeinflusst wird (vgl. u. a. Kyvik 2005, Bentley und Kyvik 2011, S. 55). Dies konnte für die vorliegende Studie allerdings nur bedingt bestätigt werden. Das Forschungsfeld, also die Zugehörigkeit zu Lebens‑, Natur‑, Ingenieurs‑, Geistes- oder Sozialwissenschaften, hat keinen Einfluss auf die Kommunikation per Twitter und Facebook. Es zeigte sich, dass weder der Tätigkeitsschwerpunkt (Lehre bzw. Forschung) noch die Tätigkeit in der Grundlagenforschung diesen Einfluss verstärkt. In diesem Punkt widersprechen die Ergebnisse der bisherigen Forschung zu digitalen Medien (vgl. Pscheida et al. 2014, S. 33) und zum Public Engagement von Wissenschaftler*innen (vgl. Bauer und Jensen 2011, S. 6). Eindeutig zeigte sich allerdings, dass die Einschätzung, ob das eigene Forschungsgebiet eher wettbewerbsorientiert ist oder nicht, einen Einfluss besitzt. Wird es als eher kompetitiv eingeschätzt, ist damit eher eine Kommunikation auf Facebook und Twitter verbunden. Damit stützen die Ergebnisse der quantitativen Studie allerdings nicht die Befunde der qualitativen Studie von Scheu und Schedifka (2018, S. 203).

6.2 Kaum Einfluss des beruflichen Kontextes

Nach den Modellen scheint die Qualifikationsstufe in der vorliegenden Stichprobe keinen wesentlichen Einfluss auf die Nutzung von Facebook und Twitter für die berufliche oder nach außen gerichtete Wissenschaftskommunikation zu haben. Allenfalls die Personengruppe der Juniorprofessor*innen und Privatdozent*innen nutzte eher Twitter zur beruflichen Kommunikation mit anderen Kolleg*innen und/oder Wissenschaftler*innen. Auch hier zeigen sich eher Übereinstimmungen mit Studien zur allgemeinen Außenkommunikation als solche, die sich spezifisch mit der Social-Media-Nutzung beschäftigen (vgl. Poliakoff und Webb 2016; Bauer und Jensen 2011). Was die Social-Media-Aktivität der Hochschule betrifft, liegen keine signifikanten Zusammenhänge zwischen dem Social-Media-Typ der Hochschule und der Social-Media-Nutzung der dort beschäftigten Wissenschaftler*innen vor.

6.3 Kaum Einfluss von Alter, kein Einfluss von Persönlichkeitsprädispositionen oder Geschlecht

In Bezug auf das Alter bestätigen die Ergebnisse bereits bekannte Muster der Social-Media-Nutzung eher nicht (vgl. Donk 2012; Allgaier et al. 2013b; Scheu und Schedifka 2018): Alter zeigte sich nur dann als signifikant, wenn Facebook untersucht wurde. In diesem Falle sind es nicht die jüngeren Wissenschaftler*innen, sondern die älteren, die Facebook zur beruflichen und wissenschaftsexternen Kommunikation nutzen. Möglicherweise liegt das daran, dass Facebook insbesondere in Deutschland zunehmend weniger genutzt wird und bei jüngeren Personen von anderen Kanälen abgelöst wurde (Meedia 2014). Das Geschlecht stellte sich nur im Modell der beruflichen Kommunikation auf Facebook als signifikant heraus. Davon abgesehen ist die Kommunikation sowohl im beruflichen als auch wissenschaftsexternen Kontext nicht vom Geschlecht abhängig. Die Argumentation von Pscheida et al. (2014, S. 46), dass Wissenschaftler sich stärker mit neuen Technologien beschäftigen würden als Wissenschaftlerinnen, kann daher nicht gestützt werden. Allerdings sind auch hier die Ergebnisse eher konsistent mit der Forschung zum Public Engagement von Wissenschaftler*innen im Allgemeinen als mit jener zur Social-Media-Nutzung (vgl. Bauer und Jensen 2011; Dudo 2012).

Der von Pscheida et al. (2014) gefundene Einfluss der „Computer Anxiety“ konnte ebenfalls nicht bestätigt werden. Technikaffinität oder -abneigung hatte keinen Einfluss. Dies gilt auch für die Big-Five-Persönlichkeitsfaktoren, wenn alle Variablen in das Modell eingeschlossen sind. Typische Variablen wie Extraversion sind in den Fällen eher nicht ausschlaggebend. Auch dass neurotisches Verhalten zu höherer Social-Media-Nutzung beitragen kann (vgl. Correa et al. 2010; Ryan and Xenos 2011; Hughes et al. 2012) konnte nicht bestätigt werden.

Die eher geringen R‑Quadrat-Werte in allen Modellen legen nahe, dass die unabhängigen Variablen nicht in der Lage sind, die abhängigen Variablen ausreichend gut zu erklären. Somit bedarf es weiterer Forschung, die andere Faktoren der Social-Media-Nutzung wie zum Beispiel Ziel- und Zweckgebundenheit der Nutzung integrieren sollte, um ein differenzierteres Bild der Motivationen zur Nutzung oder auch Nicht-Nutzung von Social Media zeichnen zu können. Ferner konnte diese Studie erneut zeigen, dass sich die Nutzung von Social Media im Sinne einer Kommunikation mit anderen aktuell nur auf wenige Anwendungen überhaupt beschränkt (Twitter, Facebook).

Wenn König (2017) gefolgt werden soll, dass sich Wissenschaftler*innen im Sinne der dialogischen Wissenschaftsvermittlung generell mehr mit der Fachcommunity und der interessierten Öffentlichkeit auseinandersetzen sollen, dann muss herausgefunden werden, woran dieser Dialog scheitert. Fortschritte in der (Medien‑)Technologie und die damit verbundene Diversifizierung von Kommunikationswegen erfordern die Entwicklung komplexerer Erklärungsansätze, als sie die derzeitigen Modelle des Public Understanding oder Public Engagement of Science bieten (vgl. Bucchi und Trench 2016, S. 163). Zwar wäre es möglich, dass Wissenschaftler*innen Social Media nur sehr eingeschränkt zum Zweck der (quasi-öffentlichen) Wissenschaftskommunikation nutzen, Schulungen, Workshops oder Seminare zu diesem Thema anzubieten, um Missverständnisse in Bezug auf die Nachteile von Social Media abzubauen (vgl. Collins et al. 2016, S. 8). Jedoch scheint es weniger daran zu liegen, dass Wissenschaftler*innen nicht wissen, wie sie mit Social Media umzugehen haben, sondern daran, dass weitere Einflussfaktoren die Motivation zur Nutzung beeinflussen. Eine Möglichkeit wäre, dass dies (viel mehr als bisher betrachtet) Motive der Nicht-Nutzung sind. Die in dieser Studie qualitativ über offene Antworten erhobenen Gründe für eine Nicht-Nutzung von Social Media könnten daher zum Beispiel für quantitative Analysen im Zusammenhang mit den hier getesteten Einflussfaktoren verwendet werden. So wird oftmals Zeit als Grund für die Nicht-Nutzung von Social Media angeführt. Andere Autoren konnten aber zum Beispiel zeigen, dass dieser Faktor für die allgemeine Außenkommunikation keine Rolle spielt (vgl. Poliakoff und Webb 2016, S. 254). In diesem Zusammenhang erscheint es insgesamt sinnvoll, verstärkt Faktoren zu betrachten, die die Außenkommunikation von Wissenschaftler*innen im Allgemeinen beeinflussen, und sich nicht auf jene zu beschränken, die speziell auf die Social-Media-Nutzung von Wissenschaftler*innen Einfluss nehmen. Poliakoff und Webb (2016) zählen hierzu zum Beispiel die Erfahrungen von Wissenschaftler*innen mit der eigenen Außenkommunikation („attitude“), das wahrgenommene Engagement von Kolleg*innen („descriptive norms“) und, ob die Wissenschaftler*innen die Partizipation als selbstbestimmt wahrnehmen („perceived behavioral control“). Diese Einstellungen könnten sich als wesentlich einflussreicher auf die Social-Media-Nutzung erweisen als die hier untersuchten Faktoren. Ein weiterer Faktor, der in zukünftigen Studien berücksichtigt werden sollte, ist Nationalität (vgl. Bentley und Kyvik 2011).

Auch wenn diese Studie wie viele andere Untersuchungen in diesem Themenbereich in ihrer Aussagekraft limitiert ist und in erster Linie auf weitere Forschung verweisen muss (vgl. Davies und Hara 2017, S. 564), liefern die vorliegenden Ergebnisse doch wichtige Erkenntnisse und damit weitere Forschungsansätze zum Verständnis der komplexen Kommunikationsbeziehungen zwischen Wissenschaftler*innen und der Gesellschaft in Zeiten sich ständig wandelnder Kommunikationsmedien.