Wie Vertrauen in politischen Systemen (wieder)hergestellt werden kann, und ob politische Systeme Vertrauen zwar voraussetzen, es aber nicht selbst generieren, sind zentrale Forschungsfragen (S. 4), die Ian Stafford, Alistair Cole und Dominic Heinz in ihrer Monografie aufwerfen. Die Autoren interessieren sich insbesondere für den in der politikwissenschaftlichen Forschung bereits viel beachteten Zusammenhang zwischen Vertrauen und Transparenz. Der originäre Beitrag dieses Werks zur bestehenden Forschung liegt darin, dass die Autoren den Vertrauen-Transparenz-Nexus für den Kontext der Mehrebenengovernance konzeptualisieren und als Untersuchungseinheit nicht Nationalstaaten, sondern die subnationale Ebene wählen. In drei umfassenden empirischen Kapiteln zum Vereinigten Königreich, Deutschland und Frankreich konzentrieren sich die Autoren auf jeweils zwei Gebiete pro Land, nämlich Nordwestengland und Wales, Hessen und Sachsen-Anhalt sowie die Regionen Auvergne-Rhône-Alpes und Bretagne. Dem vorangestellt sind wiederum drei Kapitel, die den konzeptuellen Rahmen sowie das vergleichende Forschungsdesign entwickeln, und den interessierten Leser:innen einen konzisen und umfassenden Literaturbericht zur aktuellen Forschung an der Schnittstelle von Vertrauen und Transparenz bieten. Die Zielsetzung der vergleichenden Fallstudien formulieren die Autoren dahingehend, kontingente Generalisierungen bzw. typologische Theorien zu generieren (S. 5).

Der konzeptuelle Beitrag des Bandes liegt vorrangig in der sogenannten „Vertrauens-Transparenz Matrix“ (S. 37–42), nämlich einer Heuristik, die die Autoren für die vergleichende qualitative Analyse entwickeln. Diese Matrix konstituiert sich aus den zwei Dimensionen Vertrauen und Transparenz mit vier idealtypischen Konstellationen je nachdem, ob ein hohes oder niedriges Maß an Vertrauen bzw. Transparenz gegeben ist. Insofern wird nicht keineswegs angenommen, dass Transparenz eine notwendige Bedingung für die Vertrauensbildung darstellt, vielmehr soll die Beziehung einer empirischen Prüfung unterzogen werden. Die Konstellation mit einem hohen Maß an Vertrauen und Transparenz charakterisiert das Forschungsteam als „Synergie“, die Konstellation mit einem niedrigen Maß an Vertrauen und Transparenz als „duale Dysfunktionalität“. Die Konstellationen, die dazwischen liegen, werden als „blindes Vertrauen“ (hohes Maß an Vertrauen, niedriges Maß an Transparenz) und „zu vernachlässigende bzw. kontraproduktive Effekte“ (niedriges Maß an Vertrauen, hohes Maß an Transparenz) bezeichnet. Mit Bezug auf den ersten Fall, in dem sich Vertrauen und Transparenz gegenseitig verstärken, weisen die Autoren darauf hin, dass die Bereitstellung von Informationen nicht zwingend vertrauensbildend wirken muss – insbesondere dann, wenn etwa das Scheitern von politischen Maßnahmen offengelegt wird. In der Konstellation „blindes Vertrauen“ ist es in der Tat so, dass ein Mangel an Transparenz keinen negativen Effekt für politisches Vertrauen zeitigt. Umgekehrt führt ein hohes Maß an Transparenz nicht notwendigerweise zu einer positiven Wahrnehmung von politischen Akteuren oder Organisationen und kann sogar kontraproduktiv wirken.

Dem qualitativen Vergleich der sechs subnationalen Gebiete vorangestellt sind für alle drei Länder jeweils umfassende Analysen vorhandener Daten, die sich noch auf die nationale Ebene beziehen. Dabei werden Eurobarometererhebungen zum Vertrauen in politische Institutionen sowie das Edelman Trust Barometer berücksichtigt. Des Weiteren rekurrieren die Autoren auf die Daten des WJP-Open-Government-Indexes sowie die OUR-Daten der OECD mit dem Hinweis, dass diese ländervergleichenden Messungen auf einer sehr engen Auffassung von Transparenz basieren. Dieses Datenmaterial wird im abschließenden Kapitel noch einmal ländervergleichend zusammen ausgewertet. Hieraus zeichnet sich dahingehend ein deutlicher Kontrast ab, als dass das politische Vertrauen in Deutschland generell signifikant höher ist als in Frankreich und Großbritannien, während die Werte bei den quantitativen Transparenzindizes wiederum signifikant unter denen der beiden Vergleichsstaaten liegen. Gemein ist den drei Ländern hingegen ein allgemeiner Trend des Vertrauensverlustes bei gleichzeitigen Reformanstrengungen zur Erhöhung der Transparenz. Dieser Vertrauensverlust betrifft vor allem die nationale sowie die europäische Ebene, während das politische Vertrauen in die subnationale Ebene überwiegend höher ist.

Der Vergleich der subnationalen Ebene basiert vorrangig auf der Analyse von über 100 semistrukturierten Interviews, die die Autoren im Zeitraum von 2016–2018 durchgeführt haben. Für das Vereinigte Königreich ziehen die Autoren außerdem Daten des National Survey for Wales, der Welsh Election Study sowie des Centre for Cities heran. Für Frankreich konnte das Forschungsteam eine quantitative Erhebung im Rahmen des CEVIPOF-Survey-Barometers und des YouGov Survey durchführen, eine ähnliche Erhebung war aus Gründen begrenzter Ressourcen für die anderen beiden Länder nicht möglich (S. 147). Die Analyse von Hessen und Sachsen-Anhalt beruht ausschließlich auf qualitativem Interviewmaterial.

Der Befund unterscheidet sich aufgrund der stark divergierenden Gegebenheiten der territorialen Ordnung erheblich zwischen den Ländern – so ist es beispielsweise für die deutsche föderale Ordnung wenig überraschend, dass der Vertrauen-Transparenz-Nexus vor allem mit Bezug auf die Gestaltung von Gesetzgebungsprozessen und rechtlicher Normen thematisiert wurde und weniger mit Bezug auf Themen wie Partnerschaft und Kooperation, wie dies etwa auf der lokalen Ebene im Vereinigten Königreich der Fall war (S. 149). Die Autoren arbeiten aber auch divergierende Konstellationen hinsichtlich der eingangs entwickelten Matrix im Vergleich der sechs subnationalen Gebiete heraus: So zeichne sich beispielsweise Wales durch eine Konstellation aus, die einer „Synergie“ am nächsten komme, während der Befund für Sachsen-Anhalt auf eine „duale Dysfunktionalität“ hinweise (S. 148–149). Eine kontraproduktive Wirkung von erhöhter Transparenz wurde vor allem von Interviewpartner:innen in Frankreich thematisiert (S. 152). Als generell gültige Erklärungsfaktoren für die Varianz des Vertrauen-Transparenz-Nexus im subnationalen Vergleich arbeiten die Autoren historische Gegebenheiten, die Auswirkungen von Territorialreformen, den Formalisierungsgrad institutioneller Arrangements und das Ausmaß an politischem Konflikt heraus (S. 150–151).

Insgesamt handelt es sich um einen lesenswerten Beitrag zum Themenkomplex Vertrauen und Transparenz, der im Zuge der Covid-19-Pandemie sowie der aktuellen geopolitischen Lage in der disziplinären Forschung weiter an Bedeutung gewonnen hat. Mit Bezug auf den von den Autoren erhobenen Anspruch zur Überwindung des „methodologischen Nationalismus“ (S. 4) ist zu konstatieren, dass weitere Studien zur subnationalen Ebene vonnöten sind, um zunächst Datenmaterial zu generieren und somit einen systematischen Vergleich zu ermöglichen. Dieser Band liefert für die sechs untersuchten Gebiete in drei Ländern einen Beitrag zu einer Forschungsagenda, die in der Vergleichenden Politikwissenschaft noch mehr Aufmerksamkeit verdient.