Annelien de Dijns umfassenden Darstellung der Veränderung der westlichen Freiheitsvorstellung, die mehr als zwei Jahrtausende Ideengeschichte umfasst, und neben bekannten Theoretiker*innen auch politische Bewegungen und Parteiverständnisse referiert, verfolgt zwei Erzählstränge, die sich letztendlich auf die gängige Unterscheidung von positiver und negativer Freiheit beziehen, wie sie Benjamin Constant, Alexis de Tocqueville, Francis Lieber, Édouard René Lefebvre de Laboulaye, Johann Caspar Bluntschli und nicht zuletzt Isaiah Berlin als theoretische Differenzierung eingeführt haben. Laut Autorin wurde das ursprüngliche (westliche) Verständnis von Freiheit im alten Griechenland geboren und fiel dort zusammen mit der Rechtfertigung der Volksregierung oder Herrschaft des Volkes. Freiheit bedeutete die Abwesenheit von Fremdherrschaft und wurde mit Selbstregierung bzw. der Fähigkeit des Volkes, Kontrolle über die Art und Weise auszuüben, wie es regiert wurde, gleichgesetzt. Freiheit, in diesem positiven Sinne, bestimmte das Handeln der Athener Demokraten, römischen Plebejer, Florentiner Humanisten und amerikanischer Revolutionäre in ihrem Kampf gegen die bestehenden Machtstrukturen. Ihre Sprache der Freiheit war, wie die Autorin zeigt, überall dort anschlussfähig, wo soziale Gruppen und Bevölkerungen von der Politik weitgehend ausgeschlossen waren und für eine Öffnung von Staat und Verwaltung kämpften.

Der zweite Erzählstrang der Autorin ist wesentlich jünger und brachte, wie sie zeigen möchte, eine wesentliche Verschiebung mit sich. Er entstand, laut de Dijn, als Reaktion auf die Revolutionen des 17. und 18. Jahrhunderts und wurde von konservativen und konterrevolutionären Gegnern der Demokratie entwickelt, die eine Regierung in den Händen des Volkes fürchteten. Sie entwickelten das Narrativ, dass die wahre Freiheit nicht durch die Selbstregierung des Volkes gesichert werde, sondern nur durch den Schutz der Rechte des Einzelnen. Diese Erzählung besagte letztendlich, dass eine ungezügelte Demokratie eine Bedrohung für die Freiheit sei. Am häufigsten wurde diese Ansicht durch mögliche Umverteilungseffekte belegt. Mit anderen Worten: Soziale Gleichheit wurde nicht als Voraussetzung für Freiheit angesehen, sondern als eine direkte Bedrohung. Es wurde argumentiert, dass das Streben nach Gleichheit die Freiheit gefährde, indem individuelle Eigentumsrechte infrage gestellt und einem paternalistisch agierenden Staat das Wort geredet werde.

Eine solche Argumentation blieb freilich nicht unangefochten. Benachteiligte Gruppen und ethnische, religiöse oder nationale Minderheiten machten sich im 19. und 20. Jahrhundert daran, Mitspracherechte und Teilhaberechte auch für jene einzufordern, die bis dahin von den politischen Prozessen ausgeschlossen waren. Und doch konnte sich nach Ansicht der Autorin ab 1945 das negative Konzept der Freiheit durchsetzen, wonach jede Art von staatlicher Intervention eine Verletzung der Freiheit darstelle. Und hier liegt wohl auch die Kernbotschaft des Buches: Obwohl der Kalte Krieg längst vorbei sei, werde vor allem im angelsächsischen Raum weiterhin ein Freiheitsideal verteidigt, dass sich mehr mit der Begrenzung der Staatsmacht als mit der Stärkung der Kontrolle der Bevölkerung über die Regierung beschäftige. Mit de Dijns Worten: „Die heutige Freiheit ist eher ein Bollwerk gegen die Demokratie als ein Ideal, das eine Ausweitung der Kontrolle der Bevölkerung über die Regierung begünstigt“ (S. 343).

Die Fokussierung auf die politische Aussage des Werkes mag manche Schwächen des Werkes erklären. So ist das Buch eher ein großzügiges Narrativ als eine durchgehende Kritik an verschiedenen Interpretationsansätzen und viel zu locker für eine wissenschaftliche Analyse zu einem schwer fassbaren Thema. Auch bleibt die zugespitzte Gegenüberstellung der beiden Erzählstränge, zudem über diese großen Zeiträume hinweg, äußerst fraglich. Die Hauptstärke der Autorin ist indes ihre klarstellende Direktheit: Demokratische Freiheit bedeutet mehr als die Sicherung individueller Rechte und sollte nicht mit der Einschränkung, sondern mit der Kontrolle der Staatsmacht gleichgesetzt werden.