Wir können gegenwärtig eine Neujustierung des Verhältnisses von Demokratie, Staatsfinanzierung und internationaler Politik beobachten. Insbesondere die Doppelkrise von Demokratie und Kapitalismus, wie sie auch in dieser Zeitschrift verhandelt worden ist (Biebricher und Vogelmann 2014; Rittberger und Schimmelfennig 2015), hat einen Kristallisationspunkt in den öffentlichen Finanzen gefunden, der sich in zahlreichen gesellschaftlichen und politischen Kontroversen und Konflikten widerspiegelt. Während in Deutschland die „schwarze Null“ (Haffert 2016) zur festen Zielgröße geworden ist, vor deren Hintergrund im Wahlkampfjahr über die Verwendung ‚sprudelnder Steuereinnahmen‘ gestritten wurde, könnte die Diskrepanz zu vielen Ländern Europas eklatanter kaum sein. In unheiliger Allianz mit der Flüchtlingspolitik hat die Krise der Staatsfinanzierung als Krise des weiteren Finanzsystems zu schwerwiegenden Turbulenzen in den europäischen Parteiensystemen und den sie tragenden Demokratien geführt. Und wer die internationale Dimension der aktuellen Herausforderungen für den Nexus von Staatsfinanzierung und Demokratie in den kapitalistisch organisierten Gesellschaften zu vergessen droht, wird durch regelmäßige Skandale wie die Lux Leaks, Panama Papers oder Paradise Papers daran erinnert.

Diese zum Teil neuen, teilweise aber auch durch die andauernde Krise nur zugespitzten Entwicklungen stoßen in der Öffentlichkeit auf großes Interesse und werden populärwissenschaftlich breit rezipiert. Seltener finden sie sich allerdings in der fachinternen, politikwissenschaftlichen Debatte wieder – ein Desiderat, das dieses Schwerpunktheft mit einem Konzept aufgreift, das trotz seiner demokratietheoretischen Relevanz in der Disziplin kaum Gehör findet: dem des Steuerstaates.

1 Der Steuerstaat …

Steuerpolitik organisiert heute nicht nur „die Sekundärverteilung in der Gesellschaft“ (Bieling 2015, S. 5), sondern der „Steuerstaat als Staatsform“ (Isensee 1977) wirkt auch auf alle Einzelheiten der ‚primären‘ Verteilung, d. h. der markt- und vermögensvermittelten Verhältnisse, ein. Der Steuerstaat ist der funktionale Begleiter des kapitalistischen Wirtschaftsmodells (Weber 2014 [1919/20]; Schumpeter 1918). Die Steuer als voraussetzungslose, d. h. nicht an konkrete Gegenleistungen gebundene Zwangsabgabe ermöglicht den umfassenden Schutz des Privateigentums (statt vieler: Preuß 1981) und ist politisch auf den ökonomisch erfolgreichen Einsatz des privaten Kapitals angewiesen (Huhnholz 2017). Steuerstaat und Wirtschaftsbürger bilden eine fundamental auf Wirtschaftswachstum konditionierte „Erwerbsgemeinschaft“ (Kirchhof 1996, S. 33).

Neben diese politökonomische Dimension tritt auch eine demokratietheoretische. Als „Staatsspiegel“ (Reimer 2013, S. 125) lässt jede Fiskalverfassung Rückschlüsse auf Umfang und Zustand politischer Rechte und bürgerliche Freiheiten zu (Gould und Baker 2002; Mann 1978; Priddat 2009, S. 31–32). Insbesondere die Steuer gilt für verschiedenste Theorietraditionen als geradezu perfektes ökonomisches Partizipationsmedium der repräsentativen Demokratie (z. B. Hettich und Winer 1999; Levi 1988; Ross 2004). Die markante Revolutionslosung No taxation without representation! kommt bis weit in unsere Zeit hinein einem demokratischen Glaubensbekenntnis gleich (Huhnholz 2015).

Der Steuerstaat ist somit derjenige Staat, der sich durch die hoheitliche Auferlegung von Geldleistungspflichten auf privatwirtschaftliche Gewinne und deren Verwendung finanziert (vgl. Schumpeter 1918; Grauhan und Hickel 1978). Gleichwohl lässt der vorliegende Schwerpunkt eine breitere Definition der Steuerstaatlichkeit zu, um einerseits das erweiterte – und letztlich steuerstaatlich rückversicherte – fiskale Budget wie Sozialversicherungsbeiträge und Kredite zu berücksichtigen und andererseits die Ausgaben des Staates in den Blick zu nehmen.Footnote 1 Damit berücksichtigen wir nicht nur die gängige Forschungspraxis, die moderne Wohlfahrtsstaaten nahezu intuitiv mit Steuerstaaten gleichsetzt (Wagschal 2003; Steinmo 1993), sondern kommen auch Kritiken an einer Überhöhung der Steuerstaatsnorm entgegen (Gawel 2000; Knill 2013; Sacksofsky und Wieland 2000), die noch immer in einem „innigen wechselseitigen Funktionalzusammenhang“ (so bereits Goldscheid 1976 [1926], S. 254–255) mit den im Folgenden herausgestellten Demokratieproblemen gesehen werden müssen.

2 … und seine alten und neuen Demokratieprobleme

Die Problematisierung des Verhältnisses von Demokratie und Steuerstaat zieht in der Regel zwei Wirkungsweisen in Betracht. Entweder die Frage, welche Probleme der kapitalistisch fundierte Steuerstaat für das Funktionieren der Demokratie verursacht, oder, umgekehrt, wie die Demokratie den Steuerstaat gefährden könnte.

In der politikwissenschaftlichen und politökonomischen Literatur wurde bis in die achtziger und neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts von der public choice-Schule vor allem die zweite Perspektive stark gemacht. Ihr Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass bei öffentlichen Gütern eine individuelle Zurechnung von Kosten und Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger nicht möglich (und in vielen Fällen auch nicht wünschenswert) ist.Footnote 2 Bei Downs (1960) führt dies dazu, dass es unter der Annahme stimmenmaximierender Parteien und „rational ignoranter“ Wählerinnen und Wähler zu einem Gleichgewicht im politischen Wettbewerb kommt, in dem der öffentliche Haushalt systematisch zu klein (gemessen an den Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger) ist. Demgegenüber sieht der deutlich größere Teil der public choice-Literatur unter der Annahme budgetmaximierender Politiker und Bürokraten, die unter dem Einfluss partikularer Interessen (rent-seeking) und umverteilungsfreundlicher (einfacher) Mehrheiten stehen, die Gefahr, dass der Steuerstaat zu groß wird und in die Verschuldung ausweicht (Buchanan und Tullock 1962; Brennan und Buchanan 1980 – dazu Huhnholz 2018a in diesem Heft).

Die neo-marxistische Literatur der 1970er-Jahre vertritt ebenfalls die These, dass die demokratisch vermittelten, sozialpolitischen Ansprüche der Bürger die öffentlich abschöpfbare Finanzkraft der kapitalistischen Wirtschaft übersteigen. Allerdings sieht sie darin, anders als die public choice-Tradition, keinen Defekt der Demokratie, sondern „Strukturprobleme des kapitalistischen Staates“ (Offe 1972), der tief in Marktprozesse eingreifen muss, um deren Funktionieren zu sichern. Dies wiederum verursache „Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus“ (Habermas 1973 – dazu Buggeln 2018 in diesem Heft).

Seit den 1990er-Jahren und verstärkt seit den 2000er-Jahren treten neben diese älteren Debatten neue Demokratieprobleme des Steuerstaates, in denen die erste Perspektive – Gefährdung der Demokratie durch den Kapitalismus – eingenommen wird. Drei (miteinander verbundene) Themenkomplexe sind hier einschlägig.

Erstens dreht sich ein großer Literaturstrang um die Folgen der Globalisierung für die politische Handlungsfähigkeit von Nationalstaaten. Die Befürchtung ist, dass die ‚entgrenzte‘ Wirtschaft nicht mehr durch eine nationalstaatlich ‚begrenzte‘ Politik reguliert werden kann, oder gar unter die Aufsicht transnationaler Finanzakteure ohne demokratische Legitimation oder Kontrolle gestellt wird (z. B. Strange 1996; Genschel und Uhl 2006; zuletzt z. B. Offe 2016). Die Steuerstaaten seien angesichts international mobilen Kapitals in einen schädlichen Standortwettbewerb geraten (z. B. Rixen 2011 – dazu auch Rixen 2018 sowie Wollner 2018 in diesem Heft). Umverteilung und andere kollektive, aber nicht marktlich zu befriedigende Interessen müssten um den Preis des wirtschaftlichen Niedergangs der Standortwettbewerbslogik untergeordnet werden, worin ein Verlust des Gehaltes nationalstaatlich verfasster Demokratie zu sehen sei (z. B. Streeck 1998). Demgegenüber wurde von anderen Autoren betont, dass die national verfasste Demokratie den Marktkräften der Globalisierung durchaus wirksam standhalten könne und das gefürchtete ‚race to the bottom‘ sowie der damit einhergehende Kontrollverlust ausbliebe (für einen Überblick, siehe Genschel 2003).

Andererseits kann der wirtschaftlichen auch eine politische bzw. institutionelle Globalisierung bzw. Internationalisierung an die Seite gestellt werden. Im Zuge internationaler Kooperation und Institutionenbildung könnte ein „Regieren jenseits des Nationalstaates“ (Zürn 1998) möglich werden, das die auf nationalstaatlicher Ebene verlorene Handlungsfähigkeit auf internationaler Ebene zurückholt, und so im besten Falle den demokratischen Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger zur Durchsetzung verhilft. Insbesondere die Europäische Union biete sich hierfür in besonderer Weise an (z. B. Habermas 1998, 2013). Allerdings sind gegen diese Vorstellung skeptische Stimmen laut geworden, die zum einen darauf hinweisen, dass gerade in der EU, aber auch in anderen durchschlagskräftigen Institutionen, eine Agenda der negativen Integration zu Lasten der positiven vorherrsche und mithin die soziale Demokratie zu Lasten der liberalen Rechtsstaatlichkeit geschwächt werde (Scharpf 1999; Höpner und Schäfer 2012). Des Weiteren stellten sich angesichts des notwendigen Regierens auf mehreren Ebenen häufig Politikverflechtungsfallen und Demokratiedefizite ein (dazu Mertens 2018 in diesem Heft).

Zweitens ergeben sich aus einer in den letzten beiden Jahrzehnten in fast allen Industrieländern angewachsenen ökonomischen Ungleichheit Demokratieprobleme. Es ist gezeigt worden, dass es reicheren Menschen besser als ärmeren gelingt, ihre politischen Präferenzen in der Politik durchzusetzen (Gilens 2012) und dass die Wahl- und politische Beteiligung mit wachsender Ungleichheit abnimmt, wobei sich vor allem die einkommensschwachen Gruppen aus der politischen Beteiligung zurückziehen (Schäfer 2013). Der Steuerstaat ist in diese Entwicklungen besonders verwickelt. Einerseits ist der Anstieg der Ungleichheit durch die in den letzten drei Dekaden verfolgten Politiken der Liberalisierung, des Umbaus des Sozialstaates und der Steuersenkung mitverursacht worden (Piketty 2014; siehe auch Rixen 2018 in diesem Heft). Einige Beobachter haben bereits die Befürchtung geäußert, dass man es hier mit einem sich selbst verstärkenden Zirkel aus regressiveren Sozial- und Steuerpolitiken, wachsender Ungleichheit sowie sinkender und verzerrter demokratischer Teilhabe zu tun habe (Stiglitz 2008). Andererseits gilt die Steuer- und Finanzpolitik von Steuerstaaten weiterhin als zentrales, wenn nicht als einziges Element in einer politischen Strategie gegen die wachsende Ungleichheit (Piketty 2014; Atkinson 2015), was möglicherweise aber nicht nur für Demokratien, sondern auch für Autokratien gilt (dazu Seelkopf 2018 in diesem Heft).

Drittens und letztens hat die globale und europäische Finanzkrise die Thematik der Instabilität des Kapitalismus erneut auf die Tagesordnung gebracht. Zwar diagnostizierte man zu Beginn der Krise die Rückkehr des zuvor verabschiedeten starken, d. h. handlungsmächtigen und interventionswilligen Staates (pars pro toto Hassel und Lütz 2010). Aber gerade in fiskalischer Hinsicht blieb immer weniger verborgen, dass der Staat, der derzeit wiederkommt, nicht derselbe ist, den man für verschwunden oder gar überwunden hielt (Buggeln 2012; Genschel und Schwarz 2013; Streeck und Mertens 2010). Neben die direkten finanzpolitischen Effekte der Krise trat die Inanspruchnahme der Staatshaushalte durch die Rettung ‚systemrelevanter‘ Finanzinstitutionen und in Folge dessen der europäisch-koordinierte Umbau des institutionellen Handlungsrahmens des Steuerstaates. Die daraus resultierenden Krisendiagnosen sind kontrovers verhandelt worden (Biebricher und Vogelmann 2014; Enderlein 2013; Streeck 2013), aber klar scheint, dass die Prozesse der ‚Verrechtlichung‘ und ‚Technokratisierung‘ vor allem der Einschränkung des fiskalisch-vermittelten demokratischen Handlungsspielraums Vorschub geleistet haben (zum Begriff der „fiskalischen Demokratie“ siehe Genschel und Schwarz 2013; Streeck und Mertens 2013; sowie Rixen 2018; Mertens 2018 und Huhnholz 2018a je in diesem Heft).

Die hier dargelegten Trends geben Anlass genug, den Steuerstaat wieder ins Zentrum politikwissenschaftlicher Analyse zu rücken. Zwar sah man den Steuerstaat seit jeher in der Krise (Drüen 2015; Grauhan und Hickel 1978; Herbert und Stiefel 1997; Huhnholz 2018b; Schumpeter 1918), weil sowohl die normative Voraussetzungslosigkeit der Steuer wie auch die Umverteilungsmacht des Steuerstaates zu schleichenden (Isensee 1977) oder gar offenen Verfassungstransformationen einladen (Abendroth 1968 [1954]). Doch die gegenwärtige Doppelkrise offenbart die Notwendigkeit zu politologischer Steuer- und Staatsfinanzforschung in besonderem Maße. Bislang wurde die Nachfrage insbesondere durch die Staatstätigkeitsforschung mit diversen Schwerpunktheften bedient: Während in der moderne staat erörtert wurde, ob Demokratien sparen können (Zohlnhöfer 2012), wurde anderorts festgestellt, dass sich die „öffentlichen Finanzen im Umbruch“ (Wagschal 2014) und die „Schuldenkrise im Wandel“ (Enderlein 2014) befänden. Nur am Rande des politologischen Mainstreams wurde der dort deutliche politikfeldspezifische Zuschnitt um staats- und demokratietheoretische sowie steuer- und verteilungspolitische Fragen erweitert.Footnote 3 Dieser Erweiterung nimmt sich auch der vorliegende Schwerpunkt an, der die genannten Problemstellungen mit einem breit gefächerten Blick aus den Teildisziplinen der Politikwissenschaft untermauert und untersucht.

3 Überblick über die Beiträge

Dem vorgenannten Anspruch, verschiedene Teildisziplinen der Politikwissenschaft zu den Demokratieproblemen des Steuerstaates zu Wort kommen zu lassen, hätte in Deutschland allerdings lange Zeit nicht nachgekommen werden können. Zu abseitig schien der jungen Disziplin eine Auseinandersetzung mit den öffentlichen Finanzen in ihrer Gründungsphase, wie Marc Buggeln aus wirtschafts- und wissenschaftshistorischer Sicht im ersten Beitrag des Schwerpunktheftes nachzeichnet. Erst die neomarxistischen Diskussionen über den Staat im Spätkapitalismus in den 1970er-Jahren und die Etablierung der Vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung in den 1980er-Jahren legten Grundsteine für eine etwas facettenreichere politologische Forschungsprogrammatik zum Fiskal- und Steuerstaat.

Dass und warum die Steuerstaatsfrage gleichwohl niemals konzeptionell in die moderne Politikwissenschaft übernommen worden ist, erläutert der Beitrag von Sebastian Huhnholz. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in den historisch, ökonomisch und gesellschaftspolitisch reflektierten Sozialwissenschaften zwar verschiedene Staatsfinanzierungsmodelle als signifikante Indikatoren unterschiedlicher politischer Regime verstanden. Insbesondere für Demokratien ließe sich damit fiskalische Souveränität als ein für die freiheitliche Regimesouveränität unerlässliches Gut bestimmen. Die Evidenz einer ‚politischen‘ Identität der Fiskalverfassung ist aber nach dem Zweiten Weltkrieg nicht in eine alsbald wohlfahrtsstaatliche Politologie überführt worden, die nun verstärkt auf die innerdemokratische Distribution öffentlicher Güter blickte. Huhnholz plädiert dafür, die Demokratie selbst stärker als fiskalisch zu schützendes öffentliches Gut zu erfassen, um gegenwärtigen Trends, die eine umfassende Autorität über das Staatsbudget untergraben, zukünftig systematischer demokratietheoretischer Kritik zu unterwerfen und das Thema Steuerstaat für die Politikwissenschaft zu reklamieren.

Dabei sind nicht alle Facetten des Steuerstaates, das zeigt Laura Seelkopf in ihrem Artikel, exklusive Domänen westlicher Demokratien. In einem systematischen Vergleich von 138 Ländern über die letzten 30 Jahre erweist sich der Eindruck, dass Demokratien die ‚besseren‘, d. h. progressiveren Steuerstaaten sind, als korrekturbedürftig. Autokratien, wenngleich unter anderen Legitimations- und Wettbewerbsanforderungen stehend, nutzen durchaus progressive Besteuerungsmaßnahmen und haben lange Zeit auch hohe Steuereinnahmen verbuchen können. Obgleich diese Parallele zu entwickelten Demokratien seit dem Ende des Kalten Krieges abgenommen hat, wirft Seelkopfs Beitrag die grundsätzliche Frage auf, ob Repression und Repräsentation äquivalente Prinzipien der Steuerstaatlichkeit sein können. Eine Frage, die angesichts der oben angedeuteten politischen Transformationen in der OECD-Welt eine unerwartete Dringlichkeit entwickeln könnte.

Politischen Dringlichkeiten wenden sich dann auch die Beiträge von Daniel Mertens und Thomas Rixen zu. So greift Mertens die weiterhin akute Krisensituation der Europäischen Union und insbesondere der Eurozone auf und unterzieht die auf ihre Lösung zielenden Vorschläge für eine weitere Vertiefung hin zur Fiskalunion einer demokratiepolitischen Diskussion. Die fiskalische Integration in Europa, so zeigt der Beitrag, hat die nationalen Steuerstaaten vor wachsende Herausforderungen gestellt, und weitere Integrationsschritte in diesem souveränitätssensiblen Bereich sind angesichts ihrer (für einige Länder fatalen) Eingriffstiefe höchst prekär. Die Effizienzkriterien und Stabilisierungsfunktion einer Fiskalunion, die bislang die Debatte bestimmen, sind daher nicht ausreichend, um die steigenden Legitimitätsanforderungen hinreichend zu beantworten. Rixen plädiert in seinem Beitrag für eine internationale Lösung zur Wahrung der fiskalischen Selbstbestimmung. Vor dem Hintergrund des die Handlungsfreiheit demokratischer Steuerstaaten einschränkenden Steuerwettbewerbs zeichnet er die normativen Grundlagen und legitimatorischen Erfordernisse nach, die eine internationale Koordinierung der Steuerpolitik unter den Bedingungen der Globalisierung zu erfüllen hat. Der Artikel kommt zu dem Ergebnis, dass eine spezifische Institutionalisierung der Steuerpolitik auf globaler Ebene in Form einer International Tax Organisation für die Staaten autonomie- und demokratieschonend sowie ökonomisch vorteilhaft sein kann. Er plädiert für die Aufnahme eines Reformdiskurses trotz aller gegenwärtigen Widrigkeiten.

Der Frage nach den normativen Grundlagen nationaler Steuerpolitik in einer internationalisierten Wirtschaft geht abschließend Gabriel Wollner nach. Aus dem Blickwinkel der analytischen Philosophie prüft er die Prämissen und Anforderungen, die fiskalische Interventionen und Selbstbestimmung rechtfertigen. Die Globalisierung interpretiert Wollner als Bedrohung für die institutionelle Form des demokratischen Steuerstaates, der nur mit einer ambitionierten Gegenstrategie zur Demokratisierung der Wirtschaft insgesamt beizukommen sei. In diesem Sinne ist der demokratische Steuerstaat eine historisch spezifische Erscheinung des nationalstaatlich gerahmten Kapitalismus, dessen Zukunft ungewiss und umstritten ist. Für eine normativ bewusste, theoretisch gehaltvolle und empirisch informierte Politikwissenschaft Aufruf genug, das Fiskalische nicht mehr aus den Augen zu verlieren.