Dämon, K., Eversloh, S., Sauberschwarz, L., & Weiß, L. (2023). NewWorkPlaybook – Mit sanfter Veränderung zu radikaler Verbesserung. München: Vahlen, 246 S., 29,80 €.

Das Thema New Work ist mehr denn je in aller Munde. Die Anzahl der Publikationen, Beratungsagenturen, Kongresse und Studien ist ausufernd und unübersichtlich geworden. Infolgedessen verschwimmt auch der Begriff zusehends. Er löst sich von seinem Schöpfer Frithjof Bergmann (2017) mit dessen Fokus auf den Sinn der eigenen Tätigkeit und wird zur Chiffre für allerlei Formen moderner Arbeitsplatzgestaltung, Managementpraxis, Wertschöpfungsprozesse und Change. Allen gemein ist: New Work setzt am Menschen an, sei es über die Gleichverteilung von Macht (Oestereich und Schröder 2019), Ganzheitlichkeit (Laloux und Kauschke 2015), Psychologisches Empowerment (Schermuly 2021) oder den Fokus auf die Mitarbeitenden (Brandes et al. 2015)Footnote 1.

In diesen Zirkel möchten sich die beiden Journalistinnen Kerstin Dämon und Saskia Eversloh mit den zwei Innovationsberatern Lucas Sauberschwarz und Lysander Weiß gerne einreihen. Das Autorenkollektiv verspricht mit ihrem NewWorkPlaybook eine „Anleitung zur Entwicklung individuell sinnvoller, zu Ihrem Unternehmen passender New Work-Projekte und -Instrumente (…), um eine nachhaltige Transformation einzuleiten“ (S. 15). Kern ihres Buches bilden 36 Tools inklusive Templates zum Download, die auf 136 Seiten dargestellt sind. Angereichert wird diese Werkzeugsammlung durch 15 Interviews mit Vertreter:innen namhafter Konzerne und einem Kleinunternehmer sowie eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien zur Notwendigkeit und Wirksamkeit personenorientierter Managementkonzepte. Als inneres Ordnungsprinzip dient zum einen ein Framework aus forschungsbasierten Faktoren für Mitarbeitendenzufriedenheit und zum anderen eine mehrteilige Schrittfolge, wie man sie aus dem frühen Changemanagement kennt. Hier liegt auch schon die große Stärke dieses Werks: Es erscheint in sich kohärent, die Teile wirken zusammenpassend und sinnergebend, sowohl für sich als auch in ihrer Gesamtheit. Die Inhalte sind breit gefächert und konsequent quellenbasiert hergeleitet, die Hilfsmittel sinnvoll zusammengestellt und anschaulich beschrieben. Zudem pflegen die Verfasser:innen einen angenehm distanzierten, bisweilen sogar kritischen Blick auf das Konzept des New Work.

Aus ihrer Sicht unterstützt das Buch Führungskräfte und HR-Verantwortliche bei deren Ziel „einer kontinuierlichen Veränderung, damit das Unternehmen immer die beste Version seiner selbst sein und den aktuellen Kunden- [hier: Mitarbeitende, Anm. d. A.] und Wettbewerbsanforderungen gerecht werden kann“ (S. 101). Diesen Anspruch unterstreichen sie mit ihrer biblischen Numerologie: 7 Dinge gilt es zu beachten auf einem Pfad von 7 Schritten mit jeweils 3 zu vollziehenden HandlungenFootnote 2.

„Reflexion statt Reflex!“ wird dem Lesenden mehrfach verordnet. Man solle nicht blindlings Erfolgsrezepte anderer Unternehmen in der eigenen Organisation kopieren und hoffen, dass sie die gleiche Wirkung entfalten. Das Mantra gilt allerdings auch für den Gebrauch dieses Buches. Die wundervolle Bebilderung durch Marc Parat täuscht über den inhaltlichen Mangel gekonnt hinweg.

Bei näherer Betrachtung handelt es sich nämlich mitnichten um ein NewWorkPlaybook als vielmehr um eine eklektizistische Zusammenstellung aus einem Lehrbuchkapitel für Arbeitsmotivation, einer Handreichung für Organisationsentwicklung, einer Projektmanagement Toolbox, einer losen Interviewsammlung und einer Seminararbeit zum titelgebenden Konstrukt. Die ersten zwei inhaltlichen Kapitel sind vollständig unabhängig von den hinteren zwei methodischen. Der mitgelieferte, unvalidierte Fragebogen für eine Mitarbeitendenerhebung („Audit“) ist das einzige originäre Instrument aus dem Feld des New Work. Darüber hinaus beschränkt man sich auf Verweise zu Büchern und Webseiten anderer Autor:innen. Alle anderen Verfahren entstammen dem klassischen Projekt- und Changemanagement. Das Buch hätte auch zur Einführung jedweder Innovation dienen können, das Narrativ ist letztlich unbedeutend. Genauso verhält es sich mit den sog. Best Practice-Beispielen. Die geführten Interviews sind so vage und kurz gehalten, dass sie für den Lesenden keinerlei Nutzen stiften.

Hinzu kommt, dass der propagierte Projektansatz alles andere als den Postulaten der Bergmann’schen Bewegung angemessen ist. Im hippen Schlauch des New Work-Begriffs wird teils sehr alter Wein eines Wasserfallkonzepts verkauft. Das Vorgehen und die Werkzeuge sind nur teilpartizipativ und streng sequenziell. Dieser One-size-fits-all Ansatz eignet sich noch am ehesten für die Einführung primär technischer bzw. organisatorischer Maßnahmen wie z. B. das mobile Arbeiten. Größere Vorhaben auf dem Niveau eines umfassenden Kulturwandels sind auf diese Weise nicht zu initiieren, sie entziehen sich der hier unterlegten top-down Steuerungslogik! Ein agiler, komplexer bottom-up Prozess, in dem die Mitarbeitenden ihre Organisation kollektiv, experimentell und fortlaufend selbst gestalten, den Wandel also zu ihrem Projekt machen, schaut gänzlich anders aus und erfordert andere Instrumente (z. B. von Ameln und Kramer 2007; Dittrich-Brauner et al. 2013)!

Es freut zu sehen, dass die zahlreichen Betriebswirtschaftsprofessor:innen mit ihren Testimonials und Interviews diesem Werk ihren unbedingten Segen geben. Anscheinend kommen die frühen, mechanistischen Ansätze des Changemanagements in diesem Feld immer noch gut an. Trotz der Anreicherung mit Beteiligungsmethoden bleibt das NewWorkPlaybook aber einem trivialisierenden Grundverständnis von der Steuerung und Messbarkeit organisationaler Veränderung verpflichtet. Ich empfehle den Sprung in die Neuzeit mit Publikationen zu den systemischen Grundlagen (Kühl und Muster 2016) und zu partizipativen (z. B. Grossmann et al. 2015) bzw. agilen (z. B. Oestereich und Schröder 2019), für die ganz Mutigen sogar gestaltpsychologischen (Nevis 2005) Formen des Wandels von sozialen Systemen.

So stellt sich im Fazit die Frage, wem dieses Werk unabhängig von Versprechen der Autor:innen etwas nützt. Einerseits ist das Vorgehen detailreich dargestellt, andererseits aber in der praktischen Anwendung hoch anspruchsvoll. In Frage kommen v. a. interne Personen mit beratender oder projektleitender Funktion. Sie finden im hinteren Teil dieses Buches eine hübsch gestaltete Anregung zur top-down Einführung neuer Managementmethoden mit partizipativen Einsprengseln in beispielhafter Reihenfolge.

Trotz der Inkongruenz von Anspruch und Werk möchte ich den Verfasser:innen beipflichten, wenn sie die Leserschaft auf S. 233 mit den Worten entlassen: „Mit Reflexion statt Reflex gelingt jeder Organisation (…) die radikale Verbesserung durch sanfte Veränderung.“