„Er ist selbstsicher, kennt keine Zweifel, fühlt sich jeder Situation gewachsen“ – so beschreibt der Psychoanalytiker und Sozialphilosoph Erich Fromm (1900–1980) den narzisstischen Menschen (Fromm 2005). Wie verhält sich jedoch ein narzisstischer Klient im Coaching – also in einer Situation, die auf individuelles Wachstum und Veränderung abzielt (Stober 2006)? Coaching ist „eine intensive und systematische Förderung ergebnisorientierter Problem- und Selbstreflexionen sowie Beratung von Personen oder Gruppen zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung“ (Greif 2005, S. 59). Diese Definition impliziert Freiwilligkeit, Offenheit und die Bereitschaft des Klienten für ein Coaching – wovon im Normalfall aufgrund einer Veränderungsmotivation des Klienten ausgegangen werden kann. Narzisstische Züge, wie Mangel an Selbsteinsicht, Problemeinsicht und Kritikfähigkeit sowie eine geringe Änderungsbereitschaft, hemmen jedoch diese drei grundlegenden Aspekte und schaffen dadurch im Coaching-Prozess wenig Raum für Wachstum und Leistungssteigerung (Mansi 2009).

1 Schwierigkeiten im Coaching

In benachbarten Disziplinen, wie z. B. in der Psychotherapie, haben sich Forscher und Praktiker bereits seit längerer Zeit mit Schwierigkeiten beschäftigt, um Prozesse, Strategien und Erfolgsergebnisse der Therapie gewährleisten und verbessern zu können (Seligman und Gaaserud 1994). Im Coaching werden Schwierigkeiten jedoch bisher als Tabuthema behandelt. Daher gibt es aktuell kaum Forschung und somit wenig Anhaltspunkte für Coaches, um erfolgreich mit schwierigen Klienten umgehen zu können. Für ein nachhaltig erfolgreiches Coaching ist es jedoch wichtig, negative Effekte zu reflektieren und sich bewusst mit möglichen Ursachen auseinanderzusetzen, um negative Effekte zu vermeiden, abzuwenden oder in Chancen bzw. bewältigbare Herausforderungen im Coaching umzuwandeln (Schermuly 2015).

Negative Effekte werden definiert als die „schädlichen bzw. unerwünschten Folgen, die unmittelbar durch das Coaching verursacht werden und parallel dazu oder im Anschluss daran auftreten“ (Schermuly 2015, S. 416). Wirft man einen genaueren Blick auf die Coach-Klienten-Interaktion, lässt sich erkennen, dass diese negativen Effekte häufiger von Coaches als von Klienten berichtet werden (Schermuly 2014; Schermuly und Bohnhardt 2014; Graßmann und Schermuly 2018). Darüber hinaus werden diese negativen Effekte mit Stresserleben, emotionaler Erschöpfung und einem verringerten Kompetenzgefühl verbunden (Schermuly 2014), deren Auswirkungen noch bis zu zwei Monaten nach Abschluss des Coachings anhalten können (Graßmann et al. 2019).

Coaches sehen die Ursachen von negativen Effekten vorrangig durch den Klienten ausgelöst und beschreiben häufig ein fehlendes Problembewusstsein des Klienten als Ursache (Schermuly 2015). Des Weiteren erleben Coaches mehr negative Effekte, wenn die Qualität der Beziehung zu ihren Klienten niedrig ist (Graßmann und Schermuly 2018). Auch in der Psychotherapie gilt eine solche „Resistenz“ und Vermeidung von Selbstoffenbarung und Veränderung seitens des Klienten als große Herausforderung (Seligman und Gaaserud 1994). Nach Paulhus (1998) zeigen Narzissten solche herausfordernden Eigenschaften, wie z. B. die Tendenz zum Selbstbetrug und mangelnde Selbsteinsicht.

Diese Annahme könnte vor allem für den Coaching-Bereich als problematisch eingestuft werden: Bei einer Befragung zu schwierigen Coaching-Klienten berichteten 80 % der Coaches von narzisstischen Tendenzen (Graßmann et al. 2020), und auch in einer nachfolgenden Studie zur dunklen Triade schilderten 78 % der befragten Coaches narzisstische Tendenzen ihrer Klienten (Diller et al. 2020a).

2 Narzisstische Tendenzen beim Klienten

Der Begriff Narzissmus geht auf die mythologische Figur von Narziss zurück, der sich in sein eigenes, im Wasser reflektiertes Spiegelbild verliebte und dieses solange anschaute, bis er aufgrund dessen verstarb. Heute versteht man unter Narzissmus eine Persönlichkeitseigenschaft, welche in stark ausgeprägter, also klinisch relevanter Form auch als „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert werden kann (American Psychiatric Association 2013). Die Persönlichkeitseigenschaft Narzissmus ist gekennzeichnet durch ein stetiges Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen, ein Verlangen nach Anerkennung und Bewunderung und damit einhergehender Vulnerabilität gegenüber Kritik (Brummelman et al. 2016) sowie ein Betonen der eigenen Großartigkeit. Personen mit narzisstischen TendenzenFootnote 1 können als anspruchsvoll und dominant beschrieben werden (Mathieu und St-Jean 2013; Paulhus und Williams 2002). Aus der Persönlichkeitsforschung weiß man zudem, dass narzisstische Personen geringe Werte im Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsmerkmal Verträglichkeit aufweisen. Das bedeutet, dass damit assoziierte Eigenschaften wie Höflichkeit, Flexibilität, Vertrauenswürdigkeit, Kooperationsbereitschaft und Toleranz bei narzisstischen Personen seltener vorkommen (Barrick und Mount 1991). Obwohl der Narzissmus auch mit positiven Eigenschaften wie charismatischer Ausstrahlung zusammenhängt (Rosenthal und Pittinsky 2006), können narzisstische Personen aufgrund des Geltungsdranges, der hohen Vulnerabilität und fehlenden Verträglichkeit als „schwierig“ bezeichnet werden, was sich vor allem in der Interaktion mit ihren Mitmenschen zeigt. Im beruflichen Setting stellen die maladaptiven Verhaltensweisen von narzisstischen Personen besondere Nachteile dar, da sie rücksichtslos, feindselig und arrogant auftreten können (Furnham et al. 2013; Paulhus 1998).

Da narzisstische Personen beruflich mit interpersonellen Problemen zu kämpfen haben (Harms et al. 2011) und Organisationen Coaches oft engagieren, um Führungskräfte gerade in diesen Bereichen zu coachen (Liljenstrand und Nebeker 2008), können solche Klienten im Coaching gehäuft auftreten. Darüber hinaus gelangen narzisstische Personen häufig in Führungspositionen (Harms et al. 2011), wobei Coachings zum Großteil für Führungskräfte angeboten werden (Diller et al. 2020c). In den Studien zu schwierigen Klienten (Graßmann et al. 2020) sowie zu Klienten mit narzisstischen, machiavellistischen und psychopathischen Tendenzen (Diller et al. 2020a) stellte sich heraus, dass mehr als 2/3 der Coaches auch von narzisstischen Klienten berichteten.

Die Ergebnisse von Diller et al. (2020a) verdeutlichen zudem, dass narzisstische Klienten von Coaches als schwierig erlebt wurden: Unter den größten Schwierigkeiten beschrieben die Coaches eine narzisstische Resistenz – also eine Veränderungsvermeidung aufgrund von Uneinsichtigkeit und eine Idealisierung des eigenen Verhaltens. So schrieben Coaches z. B.: „Der Klient war zwar bereit, ein Coaching zu machen, hatte aber das Gefühl, dass [er] immer und jederzeit alles richtig macht.“ An zweithäufigster Stelle nannten Coaches die Einnahme der Opferrolle seitens Klienten bzw. Schuldzuweisungen als Schwierigkeit im Coaching. Diese Kategorie beinhaltete Klienten-Beschreibungen von Coaches, in welchen sich Klienten als Opfer sahen und die eigentlichen Probleme, derentwegen sie im Coaching waren, bei anderen anstatt bei sich selbst suchten: „Eine Klientin, die in narzisstischer Haltung kam und sich als Opfer anderer Menschen sah, die ihr nicht das Wasser reichen konnten und ihr Unmögliches abverlangten.“ Die dritthäufigste Kategorie an Schwierigkeiten mit Klienten im Coaching umfasste Beachtung und Aufmerksamkeit. In dieser Kategorie beschrieben Coaches vor allem ein Streben des Klienten nach Aufmerksamkeit durch Erzählungen, ohne dass der Klient eine tatsächliche aktive Veränderung im Coaching anstrebt: „Der Klient möchte viel erzählen, aber nichts tun.“ Zusammengefasst zeigten sich narzisstische Klienten im Coaching resistent, die Schuld bei anderen sehend und strebend nach Beachtung. Daher stellt sich die Frage, wie es einem Coach geht, wenn dieser auf einen solchen Klienten trifft.

3 Coaches im Umgang mit narzisstischen Klienten

Trifft ein Coach nun auf einen Klienten, der sich kontinuierlich resistent und uneinsichtig zeigt, führt dies beim Coach zu einer erlebten negativen Diskrepanz zwischen eigenen Erwartungen und der Realität (Diller et al. 2020b, Studie 3). Erlebte negative Diskrepanzen können durch Unsicherheit (Hogg et al. 2007), Verlust von Kontrolle (Greenaway et al. 2015) oder Angriffe auf das Selbstbewusstsein durch relationale Abwertungen (Vandellen et al. 2011) ausgelöst werden. Aufgrund der antisozialen und resistenten Verhaltensweisen von narzisstischen Personen (Paulhus und Williams 2002) ist es möglich, dass der Coach eine solche Unsicherheit, Kontrollverlust oder relationale Abwertung erfährt. Die zwei folgenden Modelle sollen erklären, was passiert, wenn Coaches diese negativen Diskrepanzen erleben.

Das General Process Model of Threat and Defense nach Jonas et al. (2014) beschreibt, wie Menschen mit negativen Diskrepanzen und somit Bedrohungen umgehen. Wird eine solche Diskrepanz oder Bedrohung wahrgenommen, führt dies im ersten Schritt zur Aktivierung des Behavioral Inhibition Systems (BIS) (Gray und McNaughton 2000; McNaughton und Corr 2004). Dieses System zeichnet sich aus durch erhöhte Wachsamkeit, ängstliche Erregung, Vermeidungsmotivation sowie Verhaltenshemmung. Erst wenn die BIS-Aktivierung abnimmt, kann ein weiteres System – das Behavioral Approach System (BAS) – starten. Dieses zweite System soll dabei helfen, direkte oder indirekte Lösungen für die negative Diskrepanz zu finden. Wird die erlebte Diskrepanz als „zu bewältigen“ wahrgenommen, werden mögliche Lösungen angestrebt. Sind jedoch keine direkten Lösungswege vorhanden, so reagieren Menschen mit kompensatorischen Verteidigungsstrategien, welche die Diskrepanz indirekt lösen oder lindern, wie z. B. negative Gefühle auf andere Weise zu beseitigen.

Erinnert man sich nun an den Coach, kann ein narzisstischer Klient eine negative Diskrepanz auslösen: Der Coach ist mit dem Ziel ins Coaching gekommen, seinen Klienten zu unterstützen, und hat eventuell durchaus positive Erwartungen an das Coaching, abhängig von früheren Erfolgserlebnissen als Coach und seinem damit verbundenen bisherigen Kompetenzerleben. Im Coaching erlebt der Coach durch die Verhaltensweisen des Klienten jedoch Unsicherheit, Kontrollverlust oder Angriffe auf das Selbstbewusstsein. Diese Diskrepanz kann zu einer BIS-Aktivierung führen, die mit negativen Emotionen wie Ängstlichkeit, einer behavioralen Hemmung und Vigilanz für weitere Gefahrensignale verbunden ist. Diller et al. (2020b, Studie 3) zeigten, dass ein abwertender und resistenter Klient zu einer negativen Diskrepanz zwischen erwartetem und wahrgenommenem Zustand und zu einer ängstlichen Hemmung führte. Diese ängstliche Hemmung zeigte sich auch in der Studie von Diller et al. (2020a).

Eine weitere Erklärung, welche Emotionen diese Klienten in Coaches auslösen, bietet die Persönlichkeits-System-Interaktionen-Theorie (PSI-Theorie). Die PSI-Theorie unterscheidet vier verschiedene psychische Systeme: das Objekterkennungssystem (OES), das Extensionsgedächtnis (EG), das Intentionsgedächtnis (IG) und die intuitive Verhaltenssteuerung (IVS). Das Objekterkennungssystem (OES) wird aktiviert, wenn einzelne Sinneseindrücke wahrgenommen werden sollen, die als unstimmig oder unerwartet wahrgenommen werden. Das Extensionsgedächtnis (EG) wird als ein ganzheitliches Erfahrungssystem beschrieben, welches dem Individuum alle Lebenserfahrungen, die in der jeweiligen Situation relevant sein könnten, in Form eines Überblicks darbietet. Das EG ermöglicht unter anderem das Verstehen anderer Menschen und des eigenen Selbst.

In Stress- und Angstsituationen oder in anderen negativen Gefühlssituationen kann jedoch der Zugang zum EG und damit zu dem eigenen Erfahrungsschatz gehemmt werden, sodass Veränderungsoptionen einer Situation schlechter erkannt werden, als wenn man sich in einem weniger angespannten Zustand befindet (Quirin und Kuhl 2009). Erfährt ein Coach negativen Affekt durch die Begegnung mit einem narzisstischen Klienten, kann dies den Zugang zu seinem Extensionsgedächtnis und damit zu seinem Selbst hemmen. Mögliche Lösungen, um erfolgreich mit einem schwierigen Klienten umzugehen, sind durch den negativen Affekt schwerer zugänglich. Dies kann dazu führen, dass der Coach nur noch auf die Unstimmigkeiten achtet, die der Klient signalisiert und die mögliche eigene Fehler implizieren, und dass er die aktuelle Situation nicht in Bezug zu seinem sonstigen Wissen und den sonstigen Erfahrungen im bisherigen (Berufs‑)Leben setzen kann.

Die beiden weiteren Systeme sind das Intentionsgedächtnis (IG) und die intuitive Verhaltenssteuerung (IVS): Das IG ist zuständig für die Planung von Verhalten und hemmt das IVS, um impulsivem Verhalten und unüberlegten Entscheidungen vorzubeugen. Ist eine Handlung jedoch automatisiert und sofort anwendbar, wird das IVS aktiviert, welches für spontanes und intuitiv ablaufendes Verhalten steht (Kuhl 2004; Kuhl und Kaschel 2004). In Bezug auf einen schwierigen Klienten kann es sein, dass Coaches in solchen stressauslösenden Situationen stärker mit der Aktivierung eigener Muster reagieren (bei aktivem IVS) oder ihr Handeln und ihre Reaktion zunächst mal wie gebremst bzw. eingefroren erscheint und sie ihr IG aktivieren, um zu überlegen, was in einer solchen schwierigen Situation eine angemessene rationale Reaktionsweise sei. Da sie möglicherweise jedoch noch zu wenig Erfahrungen mit derart schwierigen Klienten gesammelt haben, können sie hierfür noch keine angemessenen Pläne abrufen, die sie schon gar nicht in automatisierte und sofort anwendbare Verhaltensweisen überführen könnten – die Coaches bleiben also eher im IG und somit in der Hemmung sowie einer gewünschten guten Planung von Verhalten. Zusammengefasst würde das bedeuten, dass beim Coach vor allem das Objekterkennungssystem (OES) und das Intentionsgedächtnis (IG) aktiviert wären. Zum einen liegt somit ein hoher Fokus auf den Unstimmigkeiten beim Klienten, einhergehend mit negativem Affekt, zum anderen wird versucht, die negativen Gefühle zu unterdrücken und das eigene Verhalten gut zu durchdenken, um, zurück zum OES, keine Fehler zu machen. Findet der Coach keine Verhaltensstrategie, kann es sogar sein, dass der Coach in seinem Verhalten gehemmt bleibt.

Beide vorgestellten Modelle verdeutlichen die Problematik, die narzisstische Klienten auslösen können: einen negativen, hemmenden und angstauslösenden Effekt, der auch über längere Zeit bestehen kann. Dauert dieser Effekt der BIS-Aktivierung an, kann dies zu Disstress führen – also zu negativem Stress sowie zu Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit, da man nicht mehr aus der Spirale herauskommt (Mirowsky und Ross 2003). Sowohl die Studie von Diller et al. (2020a) als auch die Forschung von Diller et al. (2020b) zeigten eben genau diese BIS-Aktivierung: Coaches fühlten sich umso mehr im BIS und erlebten umso mehr Disstress, je höher sie die Ausprägungen von Narzissmus bei ihren Klienten einschätzten. Darüber hinaus waren die Ergebnisse bei Diller et al. (2020a) zu erfolgreichen sowie nicht erfolgreichen Coaching-Strategien im Umgang mit Klienten mit narzisstischen, machiavellistischen und psychopathischen Tendenzen widersprüchlich. Daher blieb unklar, wie Coaches am besten mit narzisstischen Klienten umgehen können.

4 Achtsamkeitsübungen für Coaches als erfolgreiche Strategie

Eine Strategie, die nicht widersprüchlich genannt und nur als erfolgreich aufgeführt wurde, waren Achtsamkeitsstrategien (Diller et al. 2020a). Dieses Ergebnis deckt sich mit einer Studie von Stewart et al. (2008), bei der emotionale Stabilität, die mit ruhigem Verhalten einhergeht, mit Coaching-Erfolg korrelierte. Auch andere Forschung zeigt, dass Achtsamkeit ein Erleben von Bedrohung und Stress reduzieren kann (Brown et al. 2007; Karremans und Papies 2017; Sedlmeier et al. 2017). Ebenso ist in der klinischen Psychologie bekannt, dass die Achtsamkeit des Therapeuten die Beziehung zwischen Therapeut und Klienten stärkt (Ryan et al. 2012). In einer Studie von Diller et al. (2020d) konnte zudem festgestellt werden, dass eine Achtsamkeits-Intervention nicht nur zu mehr Achtsamkeit, sondern auch zu weniger ängstlicher Hemmung führte – ein förderlicher Effekt auf die Emotionsregulation. Die Emotionsregulation konnte in früherer Forschung bereits als hilfreicher Faktor für den Coaching-Prozess identifiziert werden (de Haan et al. 2011).

Emotionsregulation spielt zudem eine wichtige Rolle im intensiven personalen Kontakt (Sell et al. 2017), und das authentische Wiedergeben der eigenen Emotionen kann nicht nur für den Coach, sondern auch für den Klienten und die gemeinsame Coaching-Beziehung positive Folgen haben (West-Leuer 2015). Die Arbeit von Diller et al. (2020d) zeigte außerdem, dass Achtsamkeit den Zugang zum Selbst und damit auch die Aktivierung des Extensionsgedächtnisses fördern kann. Dies könnte dazu führen, dass Veränderungs- und somit Handlungsoptionen als Coach wieder besser erkannt werden.

5 Fazit

In den vergangenen Jahren richtete sich die Aufmerksamkeit von Forschern vermehrt auf Erfolgsfaktoren im Coaching, und bekannte Coaching-Forscher wie Greif (2005), Behrendt (2014) oder Schermuly (2015) formulierten die Wichtigkeit, erlebte Schwierigkeiten im Coaching nicht als Tabuthema zu behandeln. Die vorliegende Arbeit untersucht daher Schwierigkeiten im Coaching mit Konzentration auf den Umgang mit narzisstischen Klienten. Obwohl Narzissmus vor allem im Zusammenhang mit Führung im letzten Jahrzehnt umfassend untersucht wurde (Fatfouta 2019), gab es nur wenig Literatur zu Narzissmus im Coaching von Führungskräften oder anderen Personen in Form von Fallberichten und Theorien (Rosenbach 2018; Berglas 2002; Wasylyshyn et al. 2012). Eine empirische Untersuchung, wie narzisstische Klienten den Coach beeinflussen, ist daher neuartig, und die drei Coaching-Studien zum Umgang mit narzisstischen Klienten (Diller et al. 2020a, 2020b, 2020d) sind ein erster Schritt, um Dynamiken mit schwierigen Klienten-Fällen im Coaching besser zu verstehen. Zukünftige Forschung sollte weitere Dynamiken aufdecken und sich darüber hinaus mit effektiven Strategien zum erfolgreichen Umgang mit solchen Klienten beschäftigen. Dabei sind besonders Strategien aus der Bedrohungsforschung spannend, die helfen können, das BAS zu aktivieren. Forschung aus diesem Bereich legt nahe, dass vor allem die Stärkung des Selbstbewusstseins und Selbstmitgefühls hilft, erlebte Bedrohung abzuschwächen (Jonas et al. 2014; Greenberg et al. 1992; Neff et al. 2007; Neff und Vonk 2009). Darüber hinaus sollten Coach-unterstützende Maßnahmen, wie z. B. eine Zusatzschulung oder Supervision, in deren Wirksamkeit für den Umgang mit solchen Klienten untersucht werden.

Narzissmus ist zudem nicht allein zu betrachten: Narzissmus ist Teil des Konstrukts der „dunklen Triade“, welches drei sozial abweichende und interpersonal schwierige Persönlichkeitstendenzen beschreibt (Paulhus und Williams 2002). Dieses Konstrukt – bestehend aus Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie – gewinnt in den Medien immer wiederkehrende Aufmerksamkeit (z. B. Voigt 2012; Schwertfeger 2013). Dabei ist es wichtig, dass die drei Persönlichkeitstendenzen miteinander zusammenhängen und daher oft nicht allein auftreten (Diller et al. 2020). Auch in der Studie von Diller et al. (2020a) zeigte sich, dass Coaches ebenso „Mischformen“ angaben (16,7 %) – also Klienten, welche nicht nur über narzisstische, sondern auch psychopathische und/oder machiavellistische Tendenzen verfügten. Neben der näheren Untersuchung des Einflusses von narzisstischen Klienten auf den Coaching-Prozess und den diesbezüglich vorgeschlagenen Bewältigungsmechanismen sollte künftige Forschung sich daher auch den anderen Konstrukten der dunklen Triade sowie möglichen Mischformen und deren Einfluss auf Coaching-Interaktionen widmen.