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Kulturelle Diversität und Realitätsdeutungen – Zur Reichweite von Beratungskonzeptionen

Cultural diversity and interpretations of reality: range of validity of counseling conceptions

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Organisationsberatung, Supervision, Coaching Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Theoretische und praktische Konzeptionierungen von Beratung werden als soziale Realitätskonstruktionen und Beratungsprozesse als Diskurse über solche Konstruktionen betrachtet. Insbesondere in kulturdifferenten Konstellationen treffen unterschiedliche Vorstellungen über Menschenbilder, Persönlichkeit, Krankheit/Gesundheit und interpersönliche Beziehungen aufeinander, was für den Geltungsbereich von Beratungskonzepten von erheblicher Bedeutung ist.

Abstract

This article views theoretical and practical conceptions of counseling as social constructions of reality. A counseling process is a discourse on such different constructions and—especially in culturally diverse constellations—confronts different ideas e.g. about anthropology, personality, disease/wellness and interpersonal relations which is significant for the range of value of counseling conceptions.

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Notes

  1. Eine breit angelegte Verortung von Beratung in kulturdifferenten Konstellationen beinhaltet ethnographische und demographische Faktoren, solche des sozialen, Bildungs- und wirtschaftlichen Status, formale Zugehörigkeit zu einer Familie, Organisation usw. sowie das informelle Sich-zugehörig-Fühlen zu Ideen oder einer Lebensart. Zum Begriff „Profession“ und zum Professionalisierungsprozess vom Beratung siehe Rechtien (2009a, b) sowie die gesamte Ausgabe des Journal für Psychologie 17 (1) (www.JournalfürPsychologie.de).

  2. Um eine Analogie zu bemühen: Die Entfernungen vom Münsteraner Schloss zum Dom und zum Dresdner Zwinger sind sicher Spezialfälle räumlicher Distanz; vom Reisenden erfordern sie jedoch recht unterschiedliche Bewältigungsleistungen.

  3. So stellt der US-amerikanische Soziologe Wallerstein in seinem Werk „European Universalism“ fest, dass die von europäischer Kultur geprägten Mächte es als ihr selbstverständliches Recht betrachten, den in anderen Regionen der Welt lebenden Menschen ein Leben nach den Maßstäben der abendländischen Kultur zu vermitteln (deutsch: Pelzer 2010; Wallerstein 2006).

  4. Gründet auf der Vorstellung eines Kanons ästhetischer und moralisch-ethischer Werte und grenzt Bildungs- und Elitenkultur gegen Massen- oder Volkskultur an (Lüsebrink 2012, S. 11).

  5. Fasst Begriffe und Wirklichkeitsbereiche wie Handwerkerkultur, Unternehmenskultur, Gastronomiekultur usw. (ebd.).

  6. Nur am Rande sei angemerkt, dass auch kulturgebundene Rechtsüberzeugungen und Gerechtigkeitserwartungen zueinander in Konkurrenz treten (dazu Schulze 2014).

  7. Roth ist im schweizerischen Außenministerium als Asienberater tätig und war im diplomatischen Dienst in Beijing, Shanghai, Hongkong und Tokio.

  8. Dem australischen Linguisten Don Laycock sagte ein Bewohner einer durch eine Vielzahl von Sprachen ausgezeichneten Region Neuguineas: „Wenn wir alle auf die gleiche Art reden würden, wäre das schlecht, denn wir wollen wissen, woher jemand kommt“ (zit. nach Himmelmann 2014, S. 71).

  9. Aus dem von mir an der FernUniversität entwickelten Studiengang „Master of Counselling“ sind drei Berater(innen) in fremden Kulturen tätig: in Kenia, Brasilien und Rotchina.

  10. Auf die Tatsache, dass dieser Begriff in verschiedenen Beratungs- und Therapieformen zwar gleich klingt, aber unterschiedliche Phänomene meint, will ich hier nur hinweisen, aber nicht weiter eingehen (dazu z. B. Auckenthaler und Bischkopf 2014).

  11. Auf dieser Ebene liegen wohl auch die, allerdings nicht unumstrittenen, Ergebnisse der modern gewordenen „bildgebenden Verfahren“, die auf sog. „Spiegelneuronen“ hinweisen (Rizolatti et al. 2007; Rizzolatti und Sinigaglia 2008).

  12. Z. B. zwischen humanistischen, tiefenpsychologisch/psychoanalytischen und kognitiv-verhaltenstheoretisch fundierten Ansätzen.

  13. Dass Auffassungen hierzu nicht nur zwischen Kulturen differieren, zeigen die Veränderungen in der Auffassung etwa bezüglich sexueller Verhaltensnormen.

  14. Für eine erste Annäherung am Beispiel der personzentrierten Beratung: Hort 2009; Rechtien 2012; Spehr 2009.

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Rechtien, W. Kulturelle Diversität und Realitätsdeutungen – Zur Reichweite von Beratungskonzeptionen. Organisationsberat Superv Coach 21, 329–341 (2014). https://doi.org/10.1007/s11613-014-0380-2

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