Zusammenfassung
Der Beitrag befasst sich mit der hochschuldidaktischen Komponente im Projekt Soziale Kompetenzen für Auszubildende und Mediationstraining für Ausbilder*innen (SKM) und ihren Bezügen zum Konzept des Service Learning
Im Modul Professionalität durch erziehungswissenschaftliche Forschungs- und Methodenkompetenz begleiten vorbereitete Studierende der Erziehungswissenschaften zeitlich begrenzt Auszubildende mit Fluchterfahrung und Migrationshintergrund. Ziel ist es, mögliche Konflikte im Ausbildungsalltag sichtbar zu machen und eine Bearbeitung entweder selbst zu begleiten oder anzustoßen. Dazu führen Studierende Interviews, ermitteln konkrete individuelle Bedarfe und stellen ggf. nach Absprache mit ihren Coachees Kontakte zu Expert*innen her.
Fachdidaktisch modelliert wird das Coaching/Mentoring mit Methoden der politischen Bildung (z. B. Betzavta-Toleranztraining, Demokratie als Lebensform) sowie zur Gesprächsführung und Beratung. Durch engmaschige Supervisionen und Reflexionen wird Überforderung vermieden und der Lernerfolg gesichert. Studierende erfahren interethnische Begegnungen durch eine intensive Begleitung der Lehrenden in einem geschützten Raum. Ihr Engagement erleben sie als relevant und sinnvoll, da ihre Ergebnisse und Erfahrungen in die Projektaktivitäten einfließen. Gleichzeitig gewinnen zukünftige Pädagog*innen mehr Sicherheit und Professionalität für interkulturelle Interaktionen. Unter Berücksichtigung von Pazzinis Bildungsbegriff, bei dem der Bildungsprozess zeitlich und räumlich nicht automatisch mit Lehre einhergeht, wird der Lerninhalt außerhalb des Lernraums Universität für Studierende erfahrbar.
Abstract
The paper is concerned with teaching and learning in higher education as a part of the project Social Skills for trainees in the dual vocational education and training and mediation training for their instructors in relation to the concept of Service Learning
Prepared Students temporary accompany trainees with escape experience and migrant background in the module Competence in educational research and research methods. The goal is to make potential conflicts in daily working routine visible and to manage or initiate their regulation. Students conduct guided interviews, find out about the individual requirements and connect—if necessary—to experts in agreement with the coachees.
The learning content Coaching ist modelled to subject-related teaching and learning methods including approaches of political education (such as Betzavta-Method, democracy as a form of life) as well as methods for communication and consulting.
Close supervisions and reflexive elements prevent mental overload in the seminar and foster learning success. Students experience interethnic interaction while being supported by their lecturers in a protected area. Moreover they consider their engagement as relevant and meaningful work because the results become part of the project. As future educators they can confide more assured in their developed professionell intercultural competences. Considered to Pazzini’s educational concept, where education does not come along self-acting simultaneous and spacial with teaching, the learning content becomes experienced beyound the study room “University”.
Notes
Es beteiligten sich ausschließlich junge Männer am Projekt.
Im Beitrag steht die hochschuldidaktische Dimension des Projekts im Fokus, daher wird ihre Perspektive nur sehr verkürzt dargestellt. Weitere Publikationen sind geplant.
Evaluation N = 9.
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Rusert, K., Kart, M. & Stein, M. Erfahrungsräume für interkulturelle Interaktion. Gr Interakt Org 50, 381–392 (2019). https://doi.org/10.1007/s11612-019-00489-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s11612-019-00489-7
Schlüsselwörter
- Duale Berufsausbildung
- Auszubildende mit Fluchterfahrung
- pädagogische Professionalität
- Interkulturelle Kompetenz
- Interethnische Begegnung